Arbeitssituation am Landgericht
Das Landgericht Hamburg hat im laufenden Haushaltsjahr einen erheblichen Sparbeitrag erbringen müssen. Für das Haushaltsjahr 2000 ist eine vergleichbare Belastung zu erwarten.
Das wird zu weiteren Personalverkürzungen und vermutlich zu einer Beeinträchtigung der Effektivität und Qualität der Rechtsprechung führen.
Wir fragen den Senat:
1. Wie hat sich in den Jahren 1990 bis 1998 die Zahl der Richter, Geschäftsstellenmitarbeiter, Protokollführer, Gerichtswachtmeister und sonstigen nicht richterlichen Mitarbeiter beim Landgericht in Zivilsachen entwickelt? Die Zahlen berücksichtigen nicht die Zahl der Justizwachtmeister, da bei dieser Funktionsgruppe zum Teil keine Verfahrensdifferenzierung vorgenommen wird. Bei der Angabe über die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine Differenzierung nach Funktionsgruppen nicht vorgenommen worden, da sie mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht geleistet werden kann.
2. Wie hat sich in den Jahren 1990 bis 1998 die Zahl der Spruchkörper des Landgerichtes in Zivilsachen entwickelt, und mit welchen Justizsachen sind sie befaßt?
Von 1990 bis 1996 bestanden am Landgericht Hamburg 34 Zivilkammern sowie 18 Kammern für Handelssachen, in den Jahren 1997 und 1998 bestanden ebenfalls 34 Zivilkammern, jedoch nur 17 Kammern für Handelssachen:
Die übrigen Zivilkammern waren für allgemeine Zivilsachen zuständig.
3. Wie haben sich in den Jahren 1990 bis 1998 die Eingangs- und Erledigungszahlen in den verschiedenen Justizsachen (mit Ausnahme der Strafsachen) entwickelt? Wie haben sich die Bestände entwickelt?
Die Zivilverfahren des Landgerichts (einschließlich der Verfahren vor den Kammern für Handelssachen) haben sich zwischen 1990 und 1998 entsprechend der nachfolgenden Tabelle entwickelt:
Erledigungen und Bestände in Beschwerdeverfahren werden statistisch nicht erfaßt. Eine Differenzierung der Verfahren nach Verfahrensarten ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht leistbar.
4. Wie hat sich in den Jahren 1990 bis 1998 die Verfahrensdauer in den verschiedenen Justizbereichen des Landgerichtes (außer Strafsachen) entwickelt?
Die durchschnittliche Verfahrensdauer beiVerfahren vor dem Landgericht hat sich im erfragten Zeitraum wie folgt entwickelt (Angabe in Monaten. Für Beschwerdeverfahren wurden entsprechende Daten nicht erhoben):
5. Wie hat sich in den Jahren 1990 bis 1998 die Arbeitsbelastung der Richter in den verschiedenen Verfahrensarten außer Strafverfahren entwickelt? Welcher Pensenschlüssel dient als Vergleichsmaßstab? Wie sind die vergleichbaren Belastungszahlen in den Landgerichtsbezirken Köln, Frankfurt/Main, München, Berlin?
Die Belastung der Richterinnen und Richter hat sich im erfragten Zeitraum entsprechend der nachfolgenden Tabelle entwickelt (abschließende Daten für 1998 liegen noch nicht vor):
Die Erledigungs- und Bestandszahlen pro Richter werden in Beschwerdeverfahren statistisch nicht erhoben.
6. Wie viele Sitzungssäle stehen dem Landgericht an den vier Standorten Zivil- und Strafjustizgebäude, DAG-Haus und Kapstadtring zur Verfügung? Wie ist der Auslastungsgrad dieser Sitzungssäle in den oben genannten Gebäuden? Wie viele Sitzungssäle sind in welchen Gebäuden in gleicher Weise für Zivil- und Strafsachen verwendbar und wechselseitig austauschbar?
7. In wie vielen Fällen konnten in den Jahren 1995 bis 1998 Zivilverfahren aus Mangel an verfügbaren Sitzungssälen nicht gemäß dem Stand des Prozesses terminiert werden? In wie vielen Fällen hat sich der Auslastungsgrad dadurch reduziert, dass Prozesse kurzfristig abgesagt wurden?
Dem Landgericht stehen für Zivil- und Strafverfahren
im Ziviljustizgebäude 29 Sitzungssäle (davon drei nur für Einzelrichtersachen),
im Strafjustizgebäude 14 Sitzungssäle,
im DAG-Gebäude (Johannes-Brahms-Platz 1) drei Sitzungssäle und
im Kapstadtring 1 (bis zum 31. Mai 1999) zehn Sitzungssäle, nach Umbau und Einzug der Sozialgerichtsbarkeit acht Sitzungssäle zur Verfügung.
Laufende Statistiken über die Auslastung der Sitzungssäle werden nicht geführt. Lediglich in Strafverfahren sind anlaß- und gebäudebezogene Erhebungen zur Saalauslastung über einen begrenzten Zeitraum durchgeführt worden. So wurde im Gebäude Kapstadtring, das bislang zehn Sitzungssäle für das Landgericht aufwies, von Oktober bis Dezember 1997 die Anzahl der Sitzungen pro Tag ermittelt. Diese Erhebung ergab, dass an 50 Prozent der Tage sechs Sitzungssäle, an weiteren 30 Prozent acht Säle belegt wurden. An 7 Prozent der gezählten Tage fanden zehn oder mehr Sitzungen am Tag statt. Auch im Strafjustizgebäude finden an einzelnen Tagen mehr Sitzungen statt, als dem Landgericht Säle zur Verfügung stehen. In diesen Fällen erfolgt der Sitzungsbetrieb durch eine Inanspruchnahme von Sitzungssälen des Amtsgerichts. Gleiches gilt für das DAG-Gebäude.
Dabei ist zu beachten, dass die für Strafverfahren zur Verfügung stehende Saalkapazität am Spitzenbedarf ausgerichtet werden muß, da die Anzahl der Sitzungen in diesem Bereich besonders schwer kalkulierbar ist.
Die Säle im Strafjustizgebäude, DAG-Haus und Kapstadtring sind grundsätzlich auch für Sitzungen in Zivilsachen nutzbar. Von den Sitzungssälen des Ziviljustizgebäudes sind aus Ausstattungsgründen jedoch nur zwei für die Durchführung von Hauptverhandlungen in Strafsachen verwendbar.
Es ist bislang nicht vorgekommen, dass Zivilverfahren aus Mangel an Sitzungssälen nicht terminiert werden konnten. Üblicherweise terminiert der Kammervorsitzende ohne Festlegung eines Sitzungssaals. Es obliegt sodann der Landgerichtsverwaltung, jeder terminierten Sitzung einen Saal zuzuweisen. Sollte es dazu kommen, dass mehr Sitzungen terminiert werden, als dem Landgericht Säle zur Verfügung stehen, werden Einzelrichtersitzungen ggf. auch in anderen Räumen abgehalten. Statistische Erhebungen, wie häufig Prozesse kurzfristig abgesagt wurden und dadurch „gebuchte" Säle frei blieben, sind nicht vorhanden und mit vertretbarem Aufwand nicht zu ermitteln.
8. Wie hoch ist die Sparauflage des Landgerichtes (getrennt nach Zivil- und Strafgericht) für das Jahr 1999, und mit welchen Kürzungen der Personal- und Sachhaushalte ist sie erfüllt worden? Sind Spruchkörper gestrichen worden? Wenn ja, welche?
Das Landgericht wird für 1999 im Personalhaushalt voraussichtlich einen Betrag in Höhe von rund 1,42 Millionen DM als Konsolidierungsbeitrag zu erbringen haben, von denen bisher rund 1,157 Millionen DM durch Stellenstreichungen konkretisiert werden konnten.
Die Entscheidung über die Verteilung dieser Summe einschließlich der Frage einer Streichung von Spruchkörpern trifft das Landgericht selbst. Nach Auskunft seiner Präsidentin ist beabsichtigt, 1999 eine Kammer für Handelssachen und eine Große Strafkammer zu schließen; darüber hinaus wird eine halbe Zivilkammer eingespart, indem eine bislang mitVollzeitkräften besetzte Kammer lediglich mitTeilzeitkräften weitergeführt wird.
Im Sach- und Fachhaushalt sind die Konsolidierungsbeiträge bereichsweise nicht konkretisierbar. Der von Senat und Bürgerschaft beschlossene Sach- und Fachhaushalt wird jeweils nach Bedarf und Erfordernis auf die Dienststellen verteilt.
9. Wie hoch ist die mutmaßliche Sparauflage des Landgerichtes (getrennt nach Zivil- und Strafgericht) für das Jahr 2000? Welche Kürzungen im Personal- und Sachhaushalt des Landgerichtes (getrennt nach Zivil- und Strafsachen) sind zur Erfüllung der Sparauflage notwendig, und wie sind diese mit dem Gebot der Aufrechterhaltung der Qualität der Rechtsprechung des Landgerichtes vereinbar? Sind Streichungen von Spruchkörpern zu erwarten? Wenn ja, welche?
Über mutmaßliche Sparauflagen in einzelnen Dienststellen für das Jahr 2000 liegen dem Senat noch keine Erkenntnisse vor. Der Bürgerschaft wird im Zusammenhang mit den Beratungen über den Haushalt 2000 einzelplanbezogen berichtet werden.
10. Wie viele Tandem-Geschäftsstellen gibt es beim Landgericht für Zivilsachen und beim Landgericht für Strafsachen? Wie viele sind jeweils im Aufbau begriffen? Wann wird die Umstellung aller Geschäftsstellen auf die Tandem-Organisation abgeschlossen sein?
Es gibt zur Zeit sechs vollständig umgesetzte TANDEM-Geschäftsstellen im Ziviljustizgebäude, TANDEM VII befindet sich in der Einführungsphase. Ein weiteres letztes TANDEM VIII (mit dem die letzten noch verbleibenden konventionellen Geschäftsstellen zu einer TANDEM-Einheit zusammengefaßt werden sollen) ist für das Jahr 2000 geplant. Im Strafjustizgebäude steht die Einführung vernetzter EDVArbeitsplätze in weiten Bereichen noch bevor. Umgesetzt ist dies im Bereich der Strafvollstreckungskammern (Projekt ASTRA);noch in 1999 soll die Umsetzung im Bereich der Geschäftsstellen der Betäubungsmittelkammern beginnen. Die übrigen Bereiche sollen bis 2002 abgeschlossen sein.
11. Wie viele Mitarbeiter verfügen beim Landgericht in Zivilsachen über einen PC? Für wie viele Mitarbeiter ist die Anschaffung eines PCs vorgesehen (bitte aufgeschlüsselt nach nicht-richterlichem und richterlichem Dienst)? Wie sind die einzelnen Abteilungen, Spruchkörper und Geschäftsstellen miteinander vernetzt?
Zur Zeit sind am Landgericht 174 PC im Zivilbereich im Einsatz.Es wird eineVollausstattung angestrebt.
Die Vollausstattung im nichtrichterlichen Bereich wird mit TANDEM VIII abgeschlossen sein. Der richterliche Bereich wird voraussichtlich Ende 1999 voll ausgestattet sein, d.h., dass jeder Richter, der einen PC beantragt hat, dann auch über solchen verfügen wird. Anschaffungen erfolgen danach im wesentlichen nur noch im Rahmen laufender Ersatzbeschaffungen.
Innerhalb des Ziviljustizgebäudes können Daten über die bestehende strukturierte Verkabelung ausgetauscht werden.