Jobcenter

Der Rechnungshof stellte fest, dass zwar Unterhaltsansprüche gegen die Unterhaltspflichtigen auf die Freie und Hansestadt Hamburg übergingen, aber nur in 4 Prozent der UVG-Leistungsfälle ein vollständiger Rückgriff gelänge, da auch die Unterhaltspflichtigen häufig Sozialleistungsempfänger seien. Somit entfalle hier auch der von der Behörde wiederholt betonte erzieherische Effekt des Rückgriffs.

Bezug nehmend auf die nicht beantworteten Fragen in der Stellungnahme der Behörde auf die Berichtsbitte des Unterausschusses stellte der Rechnungshof fest, dass von der Behörde zu erläutern sei, warum ihrer Ansicht nach eine nach Leistungsgewährung und Rückforderungsverfahren getrennte Kostenermittlung erforderlich und der Anteil derer, die parallele Leistungen nach dem SGB und dem UVG erhielten, nicht bekannt sei, zumal die Behörde 2008 in der Sitzung des Unterausschusses diesen Anteil bereits auf 66 Prozent beziffert hätte.

Der Rechnungshof machte deutlich, dass die familienpolitische Argumentation der Behörde, nach der das UVG ein Abgleiten von Kindern in die Sozialhilfe verhindere, nicht nachvollziehbar sei, zumal sich die Empfehlungen des Rechnungshofs nur auf die Fälle bezögen, in denen ohnehin SGB-Leistungen gezahlt würden. Die erzieherische Wirkung gegenüber Unterhaltspflichtigen bliebe auch ohne das UVG bestehen, weil ein Sozialleistungsbezug nicht zum Wegfall der Unterhaltsverpflichtung führe. Der Rechnungshof kritisierte, dass die Behörde sich in Bund-Länder-Besprechungen zum UVG positioniere, ohne ausreichende Kenntnis über die Kosten des UVG sowie den Parallelbezug von UVG- und SGB-Leistungen zu haben. Im Hinblick auf das zweite Projekt „Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen" auf Bundesebene, das nach Aussage der Behörde den Unterhaltsvorschuss als einen Teil familienpolitischer Leistungen einbeziehen werde, sei es unabdingbar, dass Hamburg die Kosten sowie den Umfang des Parallelbezugs kenne, um sich inhaltlich positionieren zu können.

Er wies abschließend darauf hin, dass inzwischen auch der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung in einem Gutachten zur Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen zwischen Bund und Ländern den Bund aufgefordert habe, eine Mitfinanzierung des Unterhaltsvorschusses zu beenden.

Die Senatsvertreter hoben einleitend hervor, dass sich nach einer Besprechung auf Bund-Länder-Ebene keine Mehrheit für eine Änderung des UVG im Sinne von Vorschlägen der Rechnungshöfe ergeben habe. Sie betonten die erzieherische Signalwirkung des UVG gegenüber den Unterhaltspflichtigen und unterstrichen, dass es aus ordnungspolitischen Gründen wichtig sei, an der Subsidiarität der Leistungen nach SGB II und XII festzuhalten.

Die Senatsvertreter berichteten, dass die Fragen des Unterausschusses nicht beantwortet worden seien, weil erste Ermittlungen ergeben hätten, dass eine Kostenermittlung für Leistungs- und Rückgriffsverfahren getrennt erfolgen müsse. Unterhaltsansprüche müssten immer durchgesetzt werden. Würden UVG-Leistungen nicht gewährt und ein Rückgriff der Jugendämter dann nicht mehr nötig, verlagere sich die Aufgabe.

Andere, zum Beispiel Job-Center oder Hilfebedürftige, die durch Beistände unterstützt würden, müssten dann die Unterhaltsansprüche durchsetzen. Eine Einsparung sei deshalb lediglich im Bewilligungsverfahren möglich. Die seriöse Erhebung der Kosten, getrennt nach Gewährungs- und Rückgriffsanteilen, erfordere aufwendige Einzelfallauswertungen. Diese seien vor dem Hintergrund des fehlenden politischen Änderungswillens unterblieben.

Die Senatsvertreter räumten ein, dass das Nebeneinander von UVG- und SGBLeistungen zu Doppelarbeit führe. Sie erklärten, dass alleinerziehende Elternteile, die Sozialleistungen erhielten, auch ohne UVG-Bezug einen ähnlich hohen bürokratischen Aufwand hätten, wenn Sozialleistungen beantragt und Unterhaltsansprüche durchgesetzt werden müssten. Dieses relativiere zumindest den Umfang der Doppelarbeit.

Die Senatsvertreter legten dar, dass aufgrund von Abstimmungsproblemen eine aktuelle Anzahl der Leistungsfälle mit Parallelbezug nach UVG und SGB II derzeit nicht genannt werden könne. Sie sagten zu, dem Rechnungshof über die Anzahl zu berichten.

Der Rechnungshof stellte fest, dass die Kostenanteile für das UVG schon aus Gründen der Personalbedarfsbemessung ermittelbar sein müssten, und fragte, warum man nicht zumindest die gesamten Kosten ermittelt habe, wenn eine getrennte Ermittlung schwierig sei.

Die Senatsvertreter verwiesen auf die durch den Rechnungshof ermittelten Kosten in Höhe von rund 3,6 Millionen Euro und führten aus, dass der Auftrag des Unterausschusses dahingehend verstanden worden sei, die Kosten für Rückgriffe getrennt zu ermitteln. Sie räumten ein, dass dieses nicht geschehen sei, und erklärten, Untersuchungen vornehmen zu wollen und dem Rechnungshof das Ergebnis mitzuteilen.

Der Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE fragte, ob auf Bundesebene Änderungen angestrebt würden. Die Senatsvertreter erklärten, dass ihnen ein Änderungswille bisher nicht bekannt sei, das Projekt aber erst in der nächsten Legislaturperiode starten solle.

Die Vorsitzende fragte, ob andere Rechnungshöfe den „Unterhaltsvorschuss" geprüft hätten. Der Rechnungshof bejahte dies und stellte heraus, dass diejenigen Rechnungshöfe, die die Parallelität der Leistungsansprüche thematisiert hätten, zu vergleichbaren Ergebnissen wie der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg gekommen seien.

Der Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE wies darauf hin, dass überlegt werden könne, entweder ein Verfahren zur Kostenermittlung festzulegen, damit Hamburg im Bund initiativ werden könne, oder zur nächsten Sitzung des Unterausschusses erneut den Sachstand berichten zu lassen, auch bezüglich des Projektfortschritts beim Bund.

· Der Unterausschuss schlägt dem Haushaltsausschuss vor, der Bürgerschaft Kenntnisnahme zu empfehlen.

4. Wahrung des Budgetrechts und sachgerechter Beteiligung der Bürgerschaft Abgeordnete aller Fraktionen beanstanden die Häufigkeit und das Gewicht der in diesem und in vorangegangenen Jahresberichten angesprochenen Mängel bei der Beteiligung der Bürgerschaft (vergleiche in der Anlage 3 genannte Beispiele).

Der Rechnungshof habe zudem wiederholt festgestellt, dass Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fehlten oder nicht in der sachlich gebotenen Weise durchgeführt und dokumentiert worden seien.

· Der Unterausschuss bekräftigt vor dem Hintergrund der zahlreichen und erheblichen Beanstandungen, dass

- das Budgetrecht der Bürgerschaft zu beachten ist und eine wirksame und sachgerechte Beteiligung der Bürgerschaft im Entscheidungsprozess sichergestellt wird,

- entsprechend Artikel 17 des Haushaltsbeschlusses 2009/2010 die nach § 7 LHO gebotenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vollständig transparent und in einem für die Strukturierung des Entscheidungsprozesses notwendigen quantitativen und qualitativen Umfang gegenüber der Bürgerschaft darzustellen sind.

III. Beratung im Haushaltsausschuss am 29. September 2009

Die Schriftführerin des Unterausschusses „Prüfung der Haushaltsrechnung" dankte im Namen der CDU-Fraktion dem Rechnungshof und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete Arbeit. Sie hob Bedeutung und Auswirkungen des Neuen Haushaltswesens für die künftige Arbeit der Verwaltung hervor, hierzu gehöre auch die Festlegung konkreter Ziele und Maßstäbe als Grundlage nachvollziehbarer Ergebnisse. Die festgestellten Probleme bei der Umsetzung einer Globalrichtlinie durch die Bezirke hätten unterstrichen, dass hier zur Durchsetzung des erklärten Senatswillens praxisgerechtere Regelungen notwendig seien. Sie bedauerte die auch in diesem Jahr wieder vorgekommenen Verstöße gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft. Vor dem Hintergrund der Häufigkeit und des Gewichts dieser Feststellungen habe der Unterausschuss seinem Bericht eine Liste mit einschlägigen Verstößen als Anlage 3 beigefügt. Sie appellierte an die Verwaltung, künftig das Budgetrecht des Parlaments durchgängig zu beachten.

Die Vorsitzende des Unterausschusses „Prüfung der Haushaltsführung" stellte die intensiven und sachbezogenen Beratungen im Unterausschuss heraus. Sie schloss sich dem Dank an den Rechnungshof und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an und betonte den fachlichen Informationswert des vorliegenden Berichts. Besonders wichtige Beratungsergebnisse sehe sie zum einen in den Beschlüssen des Unterausschusses, die Bilanzierung der Verkaufserlöse einer Tochter der HGV im Konzernabschluss der Stadt von der Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Rechnungshof zu überprüfen und gegebenenfalls durch Anpassung sicherzustellen, dass im Zweifel eine eher vorsichtige Bilanzierung gewählt werde. Zum anderen seien das empfohlene Ersuchen an den Senat, der Bürgerschaft die Bilanzierungsrichtlinie zugänglich zu machen, sowie die Wahrung des Budgetrechts des Parlaments von hoher Bedeutung.

Allein im Jahresbericht 2009 des Rechnungshofs seien sieben Verstöße gegen das Budgetrecht aufgeführt worden; auch in den vorhergehenden Jahren seien es nicht wenige gewesen, wie die Anlage 3 des Berichts des Unterausschusses aufzeige.

Die Vorsitzende fuhr fort, zum Teil kontroverse, aber auch konstruktive Diskussionen habe diesmal der Neubau der HafenCity Universität ausgelöst. Hervorzuheben sei hier die begleitende Beratung des Rechnungshofs. Wie schon beispielsweise bei dem ÖPP-Modell Hamburg-Süd und bei der Doppik würde die konstruktive Begleitung des Rechnungshofs zur Wahrung der Rechte des Parlaments beitragen. Der Unterausschuss habe in seinem Beschluss zum Neubau der HafenCity Universität seiner Erwartung Ausdruck verliehen, eine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von der Behörde für Wissenschaft und Forschung vor der 2. Lesung der Bürgerschaftsdrucksache 19/2731 vom 7. April 2009 zu erhalten. Es sei zwar keine neue Bürgerschaftsdrucksache vorgelegt worden, aber eine Nutzen-Kosten-Untersuchung der Behörde. Aus diesem Vorgang sei für die Zukunft zu lernen, dass Wirtschaftlichkeitsabwägungen immer in den Bürgerschaftsdrucksachen hinreichend darzustellen seien.

Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE schlossen sich dem Dank an den Rechnungshof an. Sie betonten ihre Skepsis gegenüber einer möglichen Verringerung der festgestellten Verstöße gegen das Budgetrecht durch das Neue Haushaltswesen, hier bedürfe es künftig einer anderen Einstellung der Behörden. Am Beispiel des beanstandeten Budgetverstoßes bei der Verlagerung der Schule Chemnitzstraße sei deutlich geworden, dass die Verwaltung unter politischem Einfluss gehandelt habe. Dies sei ein wichtiger Punkt für die Fraktion, weil es sich hierbei eben nicht nur um eine allein haushaltsrechtliche Angelegenheit handele. Zum Thema „HafenCity Universität" sei die Fraktion vom Vorgehen des Senats enttäuscht. Im Gegensatz zur Meinung der Vorsitzenden des Unterausschusses sei für sie der nachgelieferte Wirtschaftlichkeitsnachweis nicht akzeptabel gewesen. Hier wäre eine selbstkritischere Haltung angezeigt gewesen. Skeptisch sei die Fraktion auch hinsichtlich der künftigen Einhaltung der Anforderungen an ÖPP-Projekte. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob die Hinweise des Unterausschusses bei der künftigen Senatsarbeit angemessen berücksichtigt würden.

Die Abgeordneten der GAL richteten ebenfalls ihren Dank an den Rechnungshof und bestätigten die von den Vorrednern genannten Themen als „Knackpunkte" der Beratungen im Unterausschuss. Wichtig sei aber auch, dass die Abgeordneten ihre Blicke stärker als bisher auf auszugliedernde Bereiche richteten. So sei in der Diskussion um die Umwandlung des Planetariums Hamburg in einen Landesbetrieb deutlich geworden, dass politischer Wille und Vorgaben manchmal schwer gegen die Verwaltung durchzusetzen seien.