HSH Nordbank ­ D & O-Versicherungen ohne Selbstbehalt

Laut § 93 Absatz 2 des Aktiengesetzes sind Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist es streitig, ob sie bei der Pflichtverletzung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Aufgrund von § 116 des Aktiengesetzes gilt entsprechendes für Sorgfaltspflichtverletzungen und Verantwortlichkeiten von Aufsichtsratsmitgliedern.

Gemäß Ziffer 3.8 der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 14. Juni 2007 beziehungsweise vom 8. Juni 2008 soll beim Abschluss einer D & O-Versicherung (Directors and Officers-Liability Insurance, auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) ein angemessener Selbstbehalt vereinbart werden.

Laut Geschäftsbericht der HSH Nordbank für das Jahr 2008 (Seite 216) hat die HSH Nordbank zwar eine D & O-Versicherung abgeschlossen, allerdings sieht die derzeit gültige Police einen Selbstbehalt nicht vor. Im Geschäftsbericht für das Jahr 2007 findet sich die gleiche Einschränkung.

Auf die geringe Akzeptanz des vom Corporate Governance Kodex geforderten Selbstbehalts hat der Gesetzgeber mit einer Änderung des § 93 Absatz 2 des Aktiengesetzes reagiert. Der Beschluss sieht vor, dass bei Abschluss einer D & O-Versicherung künftig ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der jährlichen Festvergütung des Vorstandsmitglieds zwingend vorzusehen ist.

Ich frage den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der HSH Nordbank (HSH) wie folgt:

In seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage in Drs. 19/4461 erklärt der Senat, nach Auffassung der HSH seien Selbstbehalte zum Zeitpunkt des Policenabschlusses noch nicht marktüblich gewesen. Auch die aktuelle Police umfasse keinen Selbstbehalt. Ein Selbstbehalt würde entsprechend den neuen gesetzlichen Anforderungen im Rahmen der Folgepolice verankert.

1. Welche Bedeutung misst die Bank den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex zu?

Nach Auskunft der HSH achtet diese die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) und misst ihnen eine hohe Bedeutung zu.

Sie hat sich ­ als nicht börsennotiertes Unternehmen ­ bereits im Jahr 2005 freiwillig den Regelungen des DCGK unterworfen. Damit hat die Bank gezeigt, dass sie die Ziele des DCGK mit seinen das Gesetz ergänzenden Empfehlungen und Anregungen grundsätzlich unterstützt.

2. War die Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex, beim Abschluss einer D & O-Versicherung einen angemessenen Selbstbehalt zu vereinbaren, bis einschließlich Mai 2009 für Unternehmen praktisch nicht umsetzbar?

3. Wurden zum Zeitpunkt des Abschlusses der D & O-Versicherung für den Zeitraum

a. 1. Mai 2008 bis zum 30. April 2009,

b. 23. Mai 2009 bis 22. Mai 2010 am Markt Policen mit einen Selbstbehalt angeboten?

Eine D & O-Versicherung mit Selbstbehalt war und ist grundsätzlich per vertraglicher Zusatzvereinbarung umsetzbar. Allerdings war eine solche nach Bekunden der Bank bislang nicht marktüblich (siehe auch Drs. 19/4461). Eine Vertragsklausel, welche einen Selbstbehalt vorsieht, hätte gesondert vereinbart werden müssen.

Der Bundesgesetzgeber hat mit Artikel 2 des Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31. Juli 2009 auf das Marktverhalten reagiert und einen Selbstbehalt nunmehr durch die damit erfolgte Anpassung des Aktiengesetzes für alle Aktiengesellschaften zwingend vorgeschrieben. Entsprechend sehen die neuen Versicherungspolicen einen Selbstbehalt bei einer D & O-Versicherung standardmäßig vor.

4. Was bedeutet die Aussage in Drs. 19/4461, Selbstbehalte waren zum Zeitpunkt des Policenabschlusses noch nicht marktüblich?

Nach Auskunft der Bank war ein Selbstbehalt bei vergleichbaren Unternehmen nicht üblich, das heißt es war bislang bei der Mehrzahl der nicht an einer Börse gelisteten Aktiengesellschaften die Empfehlung mangels Pflichtigkeit nicht übernommen worden und daher nach den Vorgaben des DCGK nur eine Stellungnahme im jeweiligen Jahresabschluss erfolgt. So wurden auch vor der kürzlich erfolgten Änderung des Aktiengesetzes D & O-Policen standardmäßig ohne einen Selbstbehalt angeboten.

5. Bietet der aktuelle Versicherungsgeber auch D & O-Versicherungen mit Selbstbeteiligung an?

Siehe Antwort zu 2.

6. Haben Vertreter des Anteilseigners Freie und Hansestadt Hamburg beziehungsweise die zuständige Beteiligungsverwaltung gegenüber der Bank eine Police mit Selbstbehalt angeregt?

7. Haben Vertreter des Anteilseigners Freie und Hansestadt Hamburg beziehungsweise die zuständige Beteiligungsverwaltung gegenüber der Bank die Tatsache, dass wiederholt entgegen dem Corporate Governance Kodex kein Selbstbehalt vereinbart ist, hinterfragt?

Nein, es handelt sich um eine Frage der eigenverantwortlichen Wahrnehmung der Geschäfte der Bank.

Laut Senatsantwort in Drs. 19/4461 ist in der bis zum 22. Mai 2009 laufenden Versicherungspolice eine Rückwärtsdeckung verankert.

8. Bis zu welchem historischen Zeitpunkt ist eine Rückwärtsdeckung durch die aktuelle Versicherungspolice oder welchen anderen fortgeltenden Versicherungsschutz gesichert?

Nach Auskunft der HSH gilt die Rückwärtsdeckung grundsätzlich unbegrenzt auch für die Vorgängerinstitute (Hamburgische Landesbank und Landesbank Schleswig-Holstein).

Laut Senatsantwort hat die Bank „der Versicherung Umstände angezeigt, die möglicherweise zu einer Inanspruchnahme von versicherten Personen führen könnten."

9. Wann hat die Bank der Versicherung diese Umstände angezeigt?

Die Anzeige erfolgte vorsorglich mittels „Warranty Statement" (Mitteilung an die Versicherung) kurz vor Ablauf der Deckung der alten D & O-Police.

10. Sind in dieser Anzeige durch die Bank einzelne versicherte Personen genannt, auf die sich eine mögliche Inanspruchnahme des Versicherungsschutzes bezieht?

Wenn ja, wie viele Personen sind genannt?

Das „Warranty Statement" bezieht sich grundsätzlich auf alle Organe und Leitenden Angestellten der Bank.

11. Beziehen sich die von der Bank angezeigten Umstände, auf Gegenstände beziehungsweise Ergebnisse der Untersuchungen durch Freshfields Bruckhaus Deringer?

Ja, die angezeigten Umstände beziehen sich unter anderem auf die dem Gutachten von Freshfields Bruckhaus Deringer zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle. Das „Warranty Statement" ist im Sinne einer vorsorglichen Anzeige zu verstehen.

12. Haben einzelne Personen gegenüber den vorgesehenen Stellen in der Bank eine mögliche Inanspruchnahme des Versicherungsschutzes gemeldet?

Die Bank hat mitgeteilt, hiervon keine Kenntnis zu haben, da sich die versicherten Personen direkt an den Versicherer wenden würden, ohne hierbei die Bank einbinden zu müssen.