Unterrichtsausfall weil Lehrer Abi-Arbeiten korrigieren?

Im kommenden Jahr werden, bedingt durch den doppelten Abiturientenjahrgang, voraussichtlich rund 13.000 Schülerinnen und Schüler ihre Abiturprüfungen ablegen. Das sind erheblich mehr als in diesem Jahr, in dem es nur rund 7.500 Abiturienten gab. Dabei kam es laut Zeitungsberichten auch in diesem Jahr genau wie in den Vorjahren schon zu Unterrichtsausfällen, weil Lehrer mit der Prüfungsaufsicht und der Korrektur von Abiturarbeiten überlastet waren. Im kommenden Jahr wird es nach Aussagen von Betroffenen wegen der Arbeitsbelastungen durch die Abiturprüfungen noch mehr Unterrichtsausfall geben.

Ich frage deshalb den Senat:

1. Wie viel Arbeitszeit ist im Rahmen des Lehrerarbeitszeitmodells für eine schriftliche Abi-Prüfung und eine mündliche Abi-Prüfung (Konzeption, Überwachung und Auswertung der Arbeit) pro Schüler eingeplant?

In der Lehrerarbeitszeitverordnung wird zu Arbeitszeiten im Rahmen der Abiturprüfungen keine Aussage gemacht. Im Bericht der 2. Hamburger Lehrerarbeitszeitkommission vom 17. Februar 2003, Anlage 4, Seiten 4 und 5 wird im Zusammenhang mit der Berechnung der Jahresarbeitszeit für Leistungs- und Grundkurse der Anteil für die schriftliche und mündliche Prüfung als Referent und Korreferent beziehungsweise Referentin und Korreferentin ausgewiesen. Die Berechnungen erfolgten pro Kurs, unabhängig von der Zahl der Schülerinnen und Schüler. Bei überfrequenten Kursen obliegt es der Schulleitung, einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen.

In einem fünfstündigen Leistungskurs werden für die Themenstellung acht Zeitstunden, für die Korrektur und eventuell mündliche Prüfung 40 Zeitstunden berechnet, insgesamt für die Studienstufe also 48 Zeitstunden.

Beim Korreferenten beziehungsweise bei der Korreferentin entfällt die Themenstellung, sodass die Arbeitszeit mit 40 Stunden für beide Semester veranschlagt wird.

Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Unterrichtsstunden entfallen in den Vorbereitungszeiten und in den Prüfungszeiten für den Referenten beziehungsweise die Referentin, sodass hier zusätzlich eine Zeitressource zur Korrektur entsteht.

Bei zentral gestellten Prüfungsaufgaben entfällt außerdem die Themenstellung und steht als Arbeitszeit zur Verfügung.

In einem zwei- beziehungsweise dreistündigen Grundkurs werden für die Themenstellung acht Zeitstunden, für die Korrektur und eine eventuell mündliche Prüfung 20 Zeitstunden für die Studienstufe berechnet, insgesamt also 28 Stunden veranschlagt. Für das Korreferat werden ebenfalls 20 Stunden berechnet, obwohl die Zweitkorrektur nur im vierten Semester anfällt.

Für die Fächer Bildende Kunst und Sport gilt eine andere Berechung (vergleiche Bericht der 2. Hamburger Lehrerarbeitszeitkommission, Anlage 4, Seite 5.).

2. Woran liegt es, dass die auf dem Papier rechnerisch eigentlich vorhandene Arbeitskapazität der Lehrer für die Prüfung nicht ausreicht?

3. Seit wann sind der zuständigen Behörde Unterrichtsausfälle wegen Arbeitsüberlastung der Lehrer im Zusammenhang mit Abiturprüfungen bekannt?

Der zuständigen Behörde sind keine Unterrichtsausfälle wegen unauskömmlicher Arbeitskapazitäten im Zusammenhang mit Abiturprüfungen bekannt.

4. Wie hat die zuständige Behörde bisher auf das Problem „Unterrichtsausfall in Zusammenhang mit Abiturprüfungen" reagiert?

Hat es bisher schon solche Gespräche zwischen BSB und Schulleitungen gegeben mit dem Ziel, die Probleme der bisherigen beziehungsweise der kommenden Abiturprüfungen zu bewältigen?

Welche besonderen Probleme sind dabei erörtert worden?

6. Welche Lösungen sind angedacht oder bereits beschlossen?

Die zuständige Behörde hat bereits im Schuljahr 2008/2009 im Rahmen von Schulleiterdienstbesprechungen und Sitzungen der Oberstufenkoordinatorinnen und -koordinatoren auf die Notwendigkeit hingewiesen, im Hinblick auf die Abiturprüfungen im Schuljahr 2009/2010 langfristig zu planen und insbesondere Eltern und Schülerinnen und Schüler in den Diskussions- und Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Bei dem Doppeljahrgang ergibt sich in einer Phase zwischen Februar und Mai durch die Korrektur der schriftlichen Arbeiten und Ende Juni durch die mündlichen Prüfungen eine hohe Belastung für Lehrkräfte, die in der Studienstufe unterrichten. Auf der Schulleiterkonferenz der Gymnasien am 21. September 2009 wurden vom Leiter der Fachaufsicht Gymnasien Empfehlungen für die Organisation des Prüfungsverlaufs im Doppeljahrgang formuliert. In der Sitzung der Oberstufenkoordinatorinnen und -koordinatoren der Gymnasien und der Abteilungsleitungen Oberstufe der Gesamtschulen am 11. November 2009 wurde ebenfalls über weitere Organisationsformen im Rahmen der Abiturprüfungen beraten mit dem Ziel, die Arbeitsbelastungen für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen zu mindern und gleichzeitig keinen Unterricht ausfallen zu lassen:

- Die mündlichen Prüfungen werden auf mehrere Tage verteilt. Im Schuljahr 2009/2010 steht ein verlängerter Zeitraum (vom 10. Juni bis zum 24. Juni 2010) für die Durchführung der Abiturprüfungen zur Verfügung.

- Die mündlichen Prüfungen werden bis in den späten Nachmittag angesetzt.

- Durch den Einsatz von neuen Prüfungsvorsitzenden aus dem Kreis bewährter Fachleiter beziehungsweise Fachleiterinnen können zusätzliche Prüfungsausschüsse gebildet werden, die das parallele Prüfen ermöglichen.

- Gymnasien planen ihre Projektwochen oder die Betriebspraktika für den Zeitraum der Abiturprüfungen.

Darüber hinaus besteht ein vielfältiges Veranstaltungsangebot, das ein Lernen am anderen Ort ermöglicht.

Treffen Meldungen zu, dass zusätzliches Personal für die Abiturprüfungen eingesetzt werden soll?

Wenn ja: Woher soll das Personal kommen und wofür genau, in welchem Umfang und für welche Arbeitsaufgaben soll es eingesetzt werden?

Für die Abiturprüfungen selbst soll kein zusätzliches Personal eingesetzt werden. Im Rahmen der Schulleiterkonferenzen wurden die Schulleitungen allerdings darauf hingewiesen, dass eine wirksame Entlastung von Lehrkräften, die ein hohes Korrekturaufkommen durch den Doppeljahrgang haben, nur dadurch erreicht werden könne, wenn sie im vierten Halbjahr der Studienstufe von einigen Unterrichtsverpflichtungen entbunden werden und für das gesamte Halbjahr befristet Lehrkräfte eingestellt und aus den Vertretungs- und Organisationsmitteln bezahlt werden. Der Einsatz dieser Lehrkräfte an den Schulen kann unterschiedlich gestaltet werden. Er kann die Vertretung einzelner Stunden ebenso umfassen wie einen mittelfristigen Einsatz als Fachlehrer.

Darüber hinaus wurden die Schulleitungen darauf hingewiesen, dass bei Teilzeitkräften die Möglichkeit besteht, das Deputat zu erhöhen.

8. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur Verhinderung von Unterrichtsausfall in Zusammenhang mit den Abiturprüfungen will die zuständige Behörde in 2010 (doppelter Abiturientenjahrgang) ergreifen?

Siehe Antwort zu 4.

Laut Pressemeldungen hat die Schulbehörde den Gymnasien auch vorgeschlagen, die Probleme dadurch zu lösen, indem sie unterrichtsfreie Tage festlegen, an denen die Schüler zu Hause lernen sollen. Treffen diese Meldungen zu?

Wenn ja: Mit welcher Begründung hält die zuständige Behörde das für welche Jahrgänge für eine pädagogisch sinnvolle Lösung?

Ja. Die zuständige Behörde hält die Gewährung von unterrichtsfreien Tagen dann für eine sinnvolle Lösung, wenn diese von den Schülerinnen und Schülern gezielt für Aufgaben im Rahmen des Projektunterrichts und des eigenständigen Lernens genutzt werden, zum Beispiel auch in Bibliotheken und Bücherhallen. Die zuständige Behörde begrüßt es auch, wenn Gymnasien ihre Betriebspraktika in den Klassen 9 und 10 in die Phase der Abiturprüfungen verlegen beziehungsweise größere Veranstaltungen der Schulen an einem anderen Ort stattfinden. In jedem Fall sind die Gymnasien gehalten, die geplanten Maßnahmen in den schulischen Gremien abzustimmen.