Diskussion um die Flughafensicherheit ­ Sicherheitsmängel am Hamburger Flughafen?

In diesen Wochen ist die Diskussion um die Sicherheit auch deutscher Flughäfen voll entbrannt. Auch der Hamburger Flughafen hat in diesem Zusammenhang für Schlagzeilen gesorgt. Neben der Debatte um einzelne Sicherheitsmaßnahmen und -standards wird auch über die Beschäftigungsbedingungen für die Beschäftigten der Fluggastkontrollen gestritten. So haben noch im Dezember 2009 Beschäftigte der Hamburger Fluggastkontrolle (FIS GmbH) und Vertreter von ver.di beim Arbeitsgericht Hamburg 150 Klagen eingereicht. Hintergrund ist der Verdacht auf illegale und verdeckte Leiharbeit bei der Fluggastkontrolle am Hamburger Flughafen. Bereits im September 2009 hat ein Beschäftigter von FIS mit ver.di-Unterstützung Klage beim Arbeitsgericht Hamburg erhoben. In diesem Pilotverfahren begehrt der Kläger die Beschäftigung bei der Bundespolizei und Nachzahlung von circa 25. Euro aufgrund illegaler Leiharbeit.

Nicht zuletzt, da die Freie und Hansestadt Hamburg 51 Prozent der Anteile an der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) hält, ist zu hinterfragen, inwieweit Senat und Behörden in diesem sensiblen Feld ihrer Verantwortung nachkommen.

Wir fragen den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Bundespolizei und der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) wie folgt:

1. Welche luftsicherheitsbehördlichen Aufgaben werden seitens welcher Hamburger Behörden im Einzelnen wahrgenommen (bitte für die verschiedenen Befugnisse gemäß LuftSiG einzeln benennen)?

Die Aufgaben des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) sind in die Bereiche „Durchführung von Fluggastkontrollen" und „Durchführung von Personal- und Warenkontrollen" zu gliedern. Es wird daher auf folgende inhaltlich unterschiedliche Zuständigkeiten hingewiesen: Für die Fluggast- und Gepäckkontrolle am Flughafen Hamburg ist die Bundespolizei zuständig (§ 5 LuftSiG). Für die Überwachung der Einhaltung der Eigensicherungsverpflichtung des Flughafenbetreibers ist die Behörde für Wirtschaft und Arbeit als Luftsicherheitsbehörde in Hamburg zuständig. Hierzu gehören auch die Personal- und Warenkontrollen, die in vergleichbarer Form wie die Fluggastkontrollen zu leisten sind (§ 8 Absatz 1 LuftSiG). Zudem führt die Behörde für Wirtschaft und Arbeit als Luftsicherheitsbehörde alle den Flughafen Hamburg betreffenden Zuverlässigkeitsüberprüfungen durch (§ 7 LuftSiG).

2. Welche Daten werden seitens der zuständigen Behörden im Zusammenhang mit den Zuverlässigkeitsprüfungen nach § 7 LuftSiG statistisch erhoben? Wie stellen sich hierbei wesentliche Entwicklungstendenzen der vergangenen Jahre dar? Welche Auffälligkeiten sind festzustellen? Insbesondere: Wie hat sich die Fallzahl bei den nachträglichen Zuverlässigkeitszweifeln entwickelt? Welche Konsequenzen wurden beziehungsweise werden daran geknüpft?

Statistisch erfasst wird die Anzahl der jährlich nach § 7 LuftSiG durchgeführten Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Die Entwicklung der Antragszahlen der letzten Jahre beinhaltet sowohl Erst- als auch Wiederholungsanträge und stellt sich wie folgt dar: 2007 = 11.602 Überprüfungsverfahren 2008 = 10.026 Überprüfungsverfahren 2009 = 9.778 Überprüfungsverfahren.

Seit 2001 bestand eine einjährige Frist für Wiederholungsüberprüfungen. Diese Überprüfungsintervalle sind stufenweise verändert worden: Nach § 9 der LuftsicherheitsZuverlässigkeits-Überprüfungsverordnung ist von 2. Juni 2007 bis 31. Dezember 2008 eine zweijährige Frist und ab 1. Januar 2009 eine fünfjährige Frist vorgeschrieben.

Versagungsgründe für eine Zuverlässigkeit ergeben sich in der Hauptsache bei den Erstüberprüfungen; diese betragen durchschnittlich circa 30 Fälle im Jahr.

Es fallen jährlich zwei bis drei Ablehnungsfälle bei Wiederholungsüberprüfungen an, zu denen auch die Fälle nachträglicher Zuverlässigkeitszweifel zählen. Die Ablehnungen haben jeweils zur Konsequenz, dass der Zutritt zu Sicherheitsbereichen nicht mehr gestattet wird. Die Abnahme der Fallzahlen erklärt sich zum einen aus den verlängerten Fristen für eine Wiederholungsüberprüfung und zum anderen durch den derzeitigen Rückgang des Luftverkehrs aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation und damit dem Rückgang der zu überprüfenden Personen.

3. Auf welchem Stand basiert der Luftsicherheitsplan nach § 8 Absatz 1 LuftSiG für den Flughafen Hamburg?

Auf dem Stand vom 16. Januar 2006.

4. Inwieweit sind aktuell welche Ergänzungen erforderlich/geplant/in der Prüfung und warum?

Der Antrag der FHG auf Zulassung der neuen Ausweisordnung als Bestandteil des Luftsicherheitsplans vom 7. Januar 2010 wird derzeit geprüft. Hintergrund des Antrages ist die Präzisierung von Zugangsregelungen. Unter anderem sind neue Ausweise für Fahrgenehmigungen entwickelt worden.

5. Wurden nach Zulassung des Luftsicherheitsplanes nachträgliche Auflagen erteilt? Wann, welche und warum?

Nein.

6. Inwieweit hat es darüber hinaus Verpflichtungen nach § 8 Absatz 1 LuftSiG für den Flughafen Hamburg gegeben? Wann, welche und warum?

Jede bauliche, technische, organisatorische und personelle Veränderung, die sich auf Sicherungsmaßnahmen des Flughafens bezieht, wird mit der Luftsicherheitsbehörde abgestimmt und entsprechende Regelungen werden getroffen. Im Übrigen werden die zur Beantwortung benötigten Daten statistisch nicht gesondert erfasst. Eine Einzelfallauszählung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

7. Wie stellt sich die konkrete Kompetenz- und Kostenverteilung für die Sicherungsmaßnahmen auf dem Hamburger Flughafen zwischen den verschiedenen staatlichen beziehungsweise nicht staatlichen Akteuren im Einzelnen dar?

Die Bundespolizei nimmt auf dem Flughafen Hamburg die Aufgaben gemäß § 5 LuftSiG wahr. Zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bundespolizeidirektion Hannover. Der

Zuständigkeit der Bundespolizei obliegen die Passagier-, Handgepäck- und die Reisegepäckkontrollen. Die Kosten für die Luftsicherheitsgebühren werden pro abgefertigten Passagier durch die Bundespolizeidirektion Hannover berechnet und durch das Bundespolizeipräsidium bei den Fluggesellschaften geltend gemacht.

Die gesetzliche Grundlage für die Eigensicherungspflichten des Flugplatzbetreibers finden sich in § 8 LuftSiG. Die FHG erhebt von den Fluggesellschaften ein Sicherheitsentgelt. Das Sicherheitsentgelt dient zum Ausgleich der Kosten für Leistungen nach dem Luftsicherheitsgesetz und der EG-Verordnungen für Sicherheit in der zivilen Luftfahrt. Das Sicherheitsentgelt bemisst sich nach der Anzahl der bei dem Start an Bord des Luftfahrzeuges befindlichen Fluggäste. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.

8. Inwieweit werden auf welcher Grundlage für welche sicherheitsrelevanten Aufgaben am Hamburger Flughafen Privatfirmen eingesetzt?

Zur Erfüllung der Kontrollpflichten gemäß § 5 LuftSiG setzt die Bundespolizei entsprechend § 5 Absatz 5 LuftSiG Luftsicherheitsassistenten eines privaten Sicherheitsdienstleisters sowie eigene Luftsicherheitsassistenten ein. Die Sicherungsmaßnahmen des Flugplatzbetreibers nach § 8 Absatz 1 LuftSiG werden überwiegend durch Luftsicherheitskontrollkräfte von Privatfirmen erbracht. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.

9. Um welche Firmen handelt es sich dabei jeweils und hat es in den vergangenen drei Jahren Wechsel gegeben?

Zur Wahrnehmung der Aufgaben des § 5 LuftSiG wird derzeit die Firma Flug- und Industriesicherheit Service- und Beratungs GmbH (FIS) eingesetzt. Nach der Neuausschreibung der Sicherheitsdienstleistungen durch das Beschaffungsamt (BeschA) des Bundesministeriums des Innern im Sommer 2009 erhielt die Firma Deutsche Schutzund Wachdienst GmbH + Co. KG den Zuschlag und wird am 1. April 2010 die Arbeit aufnehmen. Der geschlossene Vertrag gilt bis zum 31. Dezember 2015.

Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 8 Absatz 1 LuftSiG hat die FHG die SECURITAS Transport Aviation Beteiligungs GmbH, Berlin, seit dem 1. Juli 2009 verpflichtet. In den Vorjahren war die FIS eingesetzt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.

10. Wie viele Mitarbeiter werden jeweils für welche Aufgaben eingesetzt?

Inwieweit reicht die Zahl der Mitarbeiter für die steigenden Sicherheitsanforderungen aus?

Zur Wahrnehmung der Aufgaben des § 5 LuftSiG werden derzeit circa 520 Luftsicherheitsassistentinnen und Luftsicherheitsassistenten der Firma FIS und Angestellte der Bundespolizei am Flughafen Hamburg eingesetzt.

Zur Wahrnehmung der Aufgaben des § 8 Absatz 1 LuftSiG werden derzeit circa 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FHG und 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beauftragten Firma SECURITAS eingesetzt.

Die Anzahl des eingesetzten Personals entspricht den steigenden Sicherheitsanforderungen und internationalen Standards. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.

11. Inwieweit stehen diese Mitarbeiter unter welcher staatlichen Aufsicht?

Wie wird diese wahrgenommen? Wie ist insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen gestaltet?

Inwieweit werden hier Dienstpläne koordiniert und die Zusammenarbeit aufeinander abgestimmt?

Die Erfüllung der Aufgaben nach § 5 LuftSiG durch die Firma FIS steht unter Aufsicht der Bundespolizeiinspektion Hamburg-Flughafen. Die Bundespolizei fordert von der Firma FIS die Kontrollstunden im Voraus auf Grundlage der Passagierprognose an.

Das Sicherheitsunternehmen plant anhand der Anforderungen der Bundespolizei den Personalansatz. Zudem findet eine unternehmenseigene Qualitätskontrolle statt. Aufgrund der Zuständigkeit der Bundespolizei werden ständig Beamte zur Sicherung des Kontrollvorgangs, zur Fachaufsicht in der Luftsicherheitskontrolle, zur Entscheidung von Widersprüchen von Bürgern und zur Bewältigung von polizeitaktischen Maßnahmen eingesetzt.