Arbeitsamt

Ärztliche Abschiebehilfe

Der 102. Deutsche Ärztetag hat in Cottbus folgenden Beschluß auf Antrag des Hamburger Delegierten Professor W. Kahlke gefaßt: „Abschiebehilfe durch Ärzte in Form von Flugbegleitung, zwangsweiser Verabreichung von Psychopharmaka oder Ausstellung einer Reisefähigkeitsbescheinigung unter Mißachtung fachärztlich festgestellter Abschiebehindernisse wie z.B.in Behandlung stehende Traumatisierungen sind mit den in der Ärztlichen Berufsordnung verankerten ethischen Grundsätzen nicht vereinbar."

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Sieht der Senat ein medizinethisches und/oder juristisches Problem in der medizinischen Zwangsbehandlung von Abschiebehäftlingen?

a) Wenn ja, welche Konsequenzen zieht er daraus?

b) Wenn nein, welche Position vertritt der Senat?

Soweit erforderlich, werden seit vielen Jahren in Einzelfällen Abschiebungen mit ärztlicher Begleitung durchgeführt. Eine medizinische Zwangsbehandlung der Betroffenen findet nicht statt. Vielmehr handelte es sich um ärztliche Behandlungsangebote sowie die Sicherung einer medizinischen Betreuung im Notfall während der Durchführung der Abschiebung. Die Durchführung von Abschiebungen in ärztlicher Begleitung wurde verwaltungsgerichtlich für zulässig erklärt (siehe auch zuletzt Beschluß desVerwaltungsgerichts Hamburg vom 23. März 1999, Az.: 15 VG 5653/98).

2. Sind Amtsärzt/innen der ärztlichen Berufsordnung unterworfen? Wenn nein, wie verhält es sich?

Gemäß § 14 Absatz 1 Satz 1 des Hamburgischen Ärztegesetzes sind die Ärzte, die in der Freien und Hansestadt Hamburg nicht nur gelegentlich den ärztlichen Beruf ausüben, Mitglieder der Ärztekammer Hamburg. Als solche unterliegen die Amtsärztinnen und Amtsärzte der Berufsordnung der Ärztekammer Hamburg.

3. Hat der Senat bzw. die Innenbehörde zur Frage der medizinischen Unterstützung/Begleitung von Abschiebungen Gespräche mit der Ärztekammer, insbesondere mit ihrem Präsidenten Dr. Montgomery, geführt?

a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Ja, diese Frage wurde zwischen der für Abschiebungen zuständigen Behörde und dem geschäftsführenden Arzt der Ärztekammer Hamburg erörtert, mit dem Ergebnis, dass grundsätzlich keine Bedenken gegen eine ärztliche Begleitung von Abschiebungen bestehen.

3. b) Wenn nein, warum nicht?

Entfällt.

4. Trifft es zu, dass 1998 und 1999 ärztliche Gutachten zur Aussetzung der Abschiebungen (Reiseunfähigkeitsbescheinigungen) ohne oder trotz amtsärztlicher Überprüfungen übergangen, d.h. außer acht gelassen wurden?

a) Wenn ja, in wieviel Fällen und warum? (Bitte jeden Einzelfall anonymisiert aufführen.)

b) Wenn nein, wie verhält es sich?

Es entspricht der ständigen Verwaltungspraxis der für Abschiebungen zuständigen Behörde, privatärztliche Atteste, in denen gesundheitliche Störungen, die einer Abschiebung entgegenstehen könnten, bescheinigt werden, grundsätzlich amtsärztlich überprüfen zu lassen.Von einer Überprüfung wird abgesehen, wenn einer attestierten Erkrankung entweder keine Relevanz für die ausländerrechtliche Entscheidung zukommt, der Erkrankung bereits durch die Aussetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen Rechnung getragen wird oder ein durch die Erkrankung bedingtes Abschiebungshindernis durch geeignete Vorkehrungen während des Vollzugs der Abschiebung und ggf. auch nach Ankunft im Zielland überwunden werden kann. Eine Erfassung dieser Fälle erfolgt nicht.

5. Trifft es zu, dass die Innenbehörde Anzeigen geschaltet hat, um Ärzt/innen einzustellen, die Abschiebungen begleiten?

a) Wenn nein, wie verhält es sich?

Nein; siehe Antwort zu 7.

5. b) Wenn ja:

i) In welchen Medien wurde mit welchem Wortlaut inseriert?

ii) Was haben diese Anzeigen gekostet?

iii) Wie viele Bewerbungen gingen ein?

Entfällt.

6. Trifft es zu, dass die BAGS bei ihr oder dem Landesbetrieb „pflegen & wohnen" angestellte Ärzt/innen für (amts-)ärztliche Begutachtungen und/oder Begleitungen von Abschiebungen der Innenbehörde zur Verfügung überstellt hat?

a) Wenn ja, wie viele Ärzt/innen wurden überstellt?

b) Wurde das Prinzip der Freiwilligkeit gewahrt?

c) Wenn nein, wie verhält es sich?

Nein, sie ist jedoch bereit, der Behörde für Inneres zwei Ärztinnen auf freiwilliger Basis für den genannten Zweck unter dortiger Verantwortung und gegen Erstattung der Personalkosten zu überlassen.

7. Trifft es zu, dass die Innenbehörde beim Arbeitsamt nachgefragt hat, arbeitslose Ärzt/innen für die Begleitung von Abschiebungen einzustellen? Wenn nein, wie verhält es sich?

Ja.

8. Bei Bejahung einer oder aller Fragen 5 bis 7 bitte folgende Fragen beantworten:

a) Nach welchen Kriterien wurde über die Einstellung von wem entschieden?

Bewerber müssen über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Arzt verfügen. Mit dem Leiter der Ausländerabteilung des Einwohner-Zentralamtes und dem Leiter des Abschnitts für Rückführungsangelegenheiten haben Vorstellungsgespräche stattgefunden.

8. b) Wie viele Ärzt/innen wurden wann mit welcher Art von Dienstvertrag und Vergütung von wem angestellt?

Es stehen neun Ärztinnen und Ärzte zur Begleitung von Abschiebungen auf der Basis von Honorarverträgen zur Verfügung. Die Höhe des Honorars richtet sich nach dem Zielland der Abschiebung.

8. c) Welche Qualifikation, d.h. Facharztweiterbildung, besitzen diese Ärzt/innen?

Es handelt sich um approbierte Allgemeinmediziner, die ­ ohne Fachärzte zu sein ­ in der Mehrzahl über fachärztliche Berufserfahrungen in verschiedenen Bereichen verfügen. Darüber hinaus besitzen mehrere der Ärztinnen und Ärzte unterschiedliche Fremdsprachenkenntnisse.

8. d) Wie lautet die exakte Aufgabenbeschreibung dieser Ärzt/innen?

Die Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte besteht in der aus medizinischen Gründen vorsorglich erforderlichen Begleitung und Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung während der Abschiebung sowie einer ggf. erforderlichen Übergabe an weiterbehandelnde Ärzte im Zielland

8. e) Wie werden sie auf diese Aufgabe vorbereitet?

Die Grundaufgabenstellung wurde den Ärztinnen und Ärzten im Rahmen eines ausführlichen Gespräches mit dem Leiter der Ausländerabteilung des Einwohner-Zentralamtes und dem Leiter des dazugehörigen Rückführungsabschnittes erläutert. Darüber hinaus richtet sich die Vorbereitung nach Art und Umständen des jeweiligen Einzelfalles.

8. f) Mit welchen medizinischen Instrumenten und Pharmaka werden diese Ärzt/innen ausgestattet?

Den Ärztinnen und Ärzten steht eine medizinische Grundausstattung zur Notfallversorgung zur Verfügung, die nach einem Anforderungskatalog eines der für begleitete Abschiebungen zur Verfügung stehenden Ärzte zusammengestellt wurde und je nach Art und Umständen des Einzelfalles bedarfsgerecht entsprechend ergänzt werden kann.

8. h) Wie wird diese ärztliche Tätigkeit dokumentiert?

Nach Rückkehr wird durch die begleitende Ärztin oder den Arzt ein Bericht gefertigt.

8. i) Wie häufig sind diese Ärzt/innen bisher eingesetzt worden?

Statistiken über die ärztliche Begleitung derVorjahre sind nicht geführt worden.In diesem Jahr handelte es sich bislang um drei Fälle.

8. j) Wer übt in welcher Form die Fach- und Dienstaufsicht aus?

Die vertragsgemäße Aufgabenerfüllung wird von der Ausländerabteilung des Einwohner-Zentralamtes überwacht.