Gesetz zur Aufhebung des Landespflegegeldgesetzes (LPG) und zur Schaffung einer Besitzstandsregelung für blinde und schwerstbehinderte Menschen

Der Senat überreicht der Bürgerschaft (Landtag) den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Landespflegegeldgesetzes und zur Schaffung einer Besitzstandsregelung für blinde und schwerstbehinderte Menschen mit der Bitte um Beschlussfassung. Die Bürgerschaft wird gebeten, das Gesetz in 1. und 2. Lesung in der Sitzungswoche vom 19. Juni bis 21. Juni 2001 zu verabschieden, damit es zum 1. Juli 2001 in Kraft treten kann.

Das Landespflegegeldgesetz aus dem Jahr 1972 ist in den vergangenen 28 Jahren in seiner Zielsetzung und seit 1982 hinsichtlich seiner finanziellen Leistungen (750 DM monatlich) für den Personenkreis der blinden und schwerstbehinderten Menschen unverändert geblieben. Bundesgesetzliche Regelungen des BSHG, des SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) und insbesondere des SGB XI (Pflegeversicherung) haben inzwischen erhebliche Verbesserungen bewirkt. Die Leistungen der Pflegeversicherung, die Leistungen für Schwerstbehinderte und Pflegebedürftige nach dem BSHG und die Leistungen der Blindenhilfe nach dem BSHG sind heute so bemessen, dass die einkommens- und vermögensunabhängig gewährten Leistungen des aus Landesmitteln finanzierten Landspflegegeldgesetzes nicht zuletzt auch aus finanzpolitischen Erwägungen verzichtbar sind.

Nach der Einführung der Pflegeversicherung haben alle Länder die landesgesetzlichen Regelungen überprüft und angepasst. Mit Ausnahme von gibt es bundesweit keine Leistungsgesetze für Schwerstbehinderte aus Landesmitteln. Brandenburg gewährt Schwerstbehinderten (enger Personenkreis), die keine Leistungen nach dem SGB XI beanspruchen können, ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 360 DM. Alle anderen Länder gewähren blinden Menschen weiterhin ein Landesblindengeld, entweder in Höhe der Blindenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (zurzeit 1.088 DM) oder einen geringeren Pauschalbetrag (zwischen 980 und 650 DM).

Das Landespflegegeldgesetz für Schwerstbehinderte und Blinde soll aufgehoben werden, da die behinderungsbedingten Mehraufwendungen weitestgehend durch das Pflegeversicherungsgesetz oder durch das Bundessozialhilfegesetz - unter Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen - für blinde und behinderte Menschen gewährt werden. Zur Vermeidung von sozialen Härten wird für blinde und schwerstbehinderte Menschen, die aktuell Landespflegegeld beziehen, eine unbefristete finanzielle Besitzstandsregelung eingeführt.

Im Einzelnen sind folgende Regelungen vorgesehen:

- Das Landespflegegeldgesetz für blinde und schwerstbehinderte Menschen wird aufgehoben.

- Blinde und Schwerstbehinderte - im eigenen Haushalt --, die bis zum Inkrafttreten des Aufhebungsgesetzes Landespflegegeld erhalten haben oder beanspruchen können, bekommen aus Gründen des Besitzstandes ein Landespflegegeld in Höhe der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes gezahlten Leistung weiter.

- Blinde und Schwerstbehinderte in stationären Einrichtungen mit Sozialhilfefinanzierung erhalten kein Landespflegegeld.

- Die vollständige Anrechnung von Leistungen nach dem SGB XI auf das Landespflegegeld wird gesetzlich geregelt.

Die Deputation für Soziales, Jugend und Senioren hat am 8. Mai 2001 - vorbehaltlich einer parlamentarischen Anhörung - der Aufhebung des Landespflegegeldgesetzes und der Schaffung einer Besitzstandsregelung für Blinde und Schwerstbehinderte zugestimmt.

Die Aufhebung des Landespflegegeldgesetzes und die Einführung der Besitzstandsregelung für Blinde und Schwerstbehinderte führt aktuell nicht zu Einsparungen. Diese werden langfristig dadurch erzielt, dass keine Neuansprüche auf Landespflegegeld entstehen. Neuanträge werden künftig im Rahmen des BSHG gestellt werden. In Abhängigkeit von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Einzelfall wird dann die Hilfe in voller Höhe oder anteilig gewährt. Die künftige Fallzahlentwicklung kann derzeit nicht benannt werden.

Bremisches Gesetz über die Aufhebung des Landespflegegeldgesetzes

Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:

Artikel 1:

Aufhebung des Landespflegegeldgesetzes:

Das Landespflegegeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. April 1984 (Brem.GBl. S. 111 - 2161-c-1), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. März 1987 (Brem.GBl. S. 59), wird aufgehoben.

Artikel 2:

Übergangsregelungen:

Das Landespflegegeldgesetz gilt für diejenigen Blinden und Schwerstbehinderten, die bis zum 30. Juni 2001 Leistungen nach diesem Gesetz erhalten haben oder deren Antrag bis zum genannten Zeitpunkt gestellt, aber noch nicht beschieden wurde, mit folgenden Maßgaben fort:

1. § 1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen, sind Blinden gleichgestellt.

b) Absatz 3 Halbsatz 1 wird wie folgt gefasst:

(3) Schwerstbehindert sind folgende Personen:

2. § 2 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird die Angabe DM 750 durch die Angabe 383,50 Euro ersetzt.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Blinde und Schwerstbehinderte, die sich voll für Rechnung eines öffentlichen Kostenträgers in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befinden, erhalten kein Pflegegeld.

c) Absatz 3 Satz 3 wird aufgehoben.

3. § 4 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1 und wie folgt gefasst:

(1) Leistungen, die Berechtigte zum Ausgleich ihrer durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften, insbesondere nach den §§ 36 bis 39 und §§ 41 bis 43 a des Elften Buches Sozialgesetzbuch erhalten oder erhalten haben, werden vollständig auf das Landespflegegeld angerechnet. Satz 1 gilt entsprechend für Pflegeleistungen aus einer privaten Pflegeversicherung oder aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

(2) Wer nach diesem Gesetz anspruchsberechtigt ist und vor In-Kraft-Treten des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. April 1995 Landespflegegeld und Pflegegeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch bezogen hat, erhält weiterhin Landespflegegeld in der am 30. Juni 2001 gezahlten oder zu zahlenden Höhe. Auf das Landespflegegeld sind künftige Erhöhungen der Pflegeversicherungsleistungen vollständig anzurechnen. Das gilt auch bei einer Änderung der Pflegestufe.

4. § 6 Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben.

Artikel 3:

In-Kraft-Treten:

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2001 in Kraft, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Artikel 2 Nr. 2 Buchstabe a tritt am 1. Januar 2002 in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil:

Das Landespflegegeldgesetz aus dem Jahre 1972 ist in den vergangenen 28 Jahren in seiner Zielsetzung und seit 1982 hinsichtlich seiner finanziellen Leistungen für Blinde und Schwerstbehinderte unverändert geblieben. Bundesgesetzliche Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes, des Fünften Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Krankenversicherung) und insbesondere des Elften Sozialgesetzbuches (Soziale Pflegeversicherung) haben für den Personenkreis der Schwerstbehinderten hinsichtlich der Leistungsgewährung für Pflegebedarfe - durch teilweise erheblich höhere Leistungen - Verbesserungen bewirkt. Alle ambulanten und stationären Pflegeleistungen werden vollständig als Leistungen zum Ausgleich behinderungsbedingter Mehraufwendungen angerechnet und mindern das Landespflegegeld, so dass sich ein erheblich geringerer oder auch gar kein Zahlbetrag ergibt. Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Pauschalsumme aus Landesmitteln ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen zum Ausgleich behinderungsbedingter Mehraufwendungen ist daher nicht mehr gegeben.

Dies gilt in gleicher Weise für Blinde, soweit sie pflegebedürftig sind, und den pflegerischen Bedarf durch die Leistungen des Pflegeversicherungsgesetzes abdecken.

Blinde haben zwar nach wie vor einen weitergehenden Hilfebedarf im täglichen Leben aufgrund blindheitsbedingter Mehraufwendungen. Diesen Mehraufwendungen wird aber durch die Blindenhilfe des Bundessozialhilfegesetzes Rechnung getragen, die mit ihren vergleichsweise hohen Einkommens- und Vermögensgrenzen auch höheren Einkommen den Zugang zur Blindenhilfe ermöglicht.

Aus diesen Gründen wird das Landespflegegeldgesetz aufgehoben, so dass Ansprüche auf Landespflegegeld für künftige blinde und schwerstbehinderte Personen nicht mehr entstehen. Dieser Personenkreis hat dann ausschließlich Leistungsansprüche nach dem SGB XI und/oder nach dem BSHG. Wegen des Vertrauensschutzes sowie zur Vermeidung sozialer Härten und einer finanziellen Schlechterstellung wird jedoch den derzeitigen Leistungsbeziehern das Landespflegegeld unbefristet weitergezahlt.

In die Übergangsregelung wird zur rechtlichen Klarstellung die vollständige Anrechnung der Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz und der finanzielle Besitzstand zum Zeitpunkt 31. März 1995 für Leistungsbezieher nach dem damaligen Fünften Sozialgesetzbuch aufgenommen. Blinde und Schwerstbehinderte, die vollständig auf Rechnung des öffentlichen Kostenträgers stationär versorgt werden, erhalten kein Landespflegegeld mehr. Die bisherige Regelung, mindestens 50 % des Landespflegegeldes zu zahlen, führt durch die vollständige Anrechnung auf die Leistungen für Blinde und Schwerstbehinderte nach dem Bundessozialhilfegesetz zu keiner finanziellen Besserstellung und kann daher entfallen.