Grundschule

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2010

Fördermaßnahme für sinnesgeschädigte Kinder

Sinnesgeschädigte Kinder werden insbesondere an der Schule für Blinde und Sehbehinderte sowie in einer Gesamtschule unterrichtet. Zur Förderung dieser Schülerinnen und Schüler wird der Gesamtschule im Rahmen einer Fördermaßnahme seit Jahren pauschal eine Lehrerkapazität im Umfang von 299,38 Stunden WAZ11 zugewiesen. Bei einer seit 2003 relativ konstanten Anzahl von zehn Schülerinnen und Schülern entspricht das rund 30 Stunden WAZ pro Kind. Diese pauschaliert zugewiesenen Ressourcen sind damit zehnmal so hoch wie der Unterrichtsbedarf von Schülerinnen und Schülern einer regulären Gesamtschule und noch dreieinhalbmal so hoch wie der anhand von Bedarfsgrundlagen im Lehrerstellenplan berechnete Unterrichtsbedarf für Schülerinnen und Schüler der Schule für Blinde und Sehbehinderte. Die Förderung löste damit im Schuljahr 2008/2009 einen um mehr als 300.000 Euro höheren Finanzbedarf aus, als für die entsprechende Maßnahme an der Schule für Blinde und Sehbehinderte angefallen wäre. Selbst wenn man mit der BSB für diese Schule zusätzliche Sonderbedarfe sowie eine Beschulung in Kleinklassen und zusätzliches pädagogisch-therapeutisches Fachpersonal ansetzen und ­ zu Unrecht ­ außer Acht lassen würde, dass diese Fördermaßnahmen offenbar nicht tatsächlich erfolgen, ergäbe sich auch nach den Berechnungen der BSB noch ein Einsparvolumen von 92.000 Euro.

Nachfolgende Grafik zeigt die unterschiedliche Höhe bei der Ressourcenzuweisung für Schülerinnen und Schüler der Schule für Blinde und Sehbehinderte und der Fördermaßnahme im Verhältnis zu Gesamtschulen.

Quelle: Eigene Berechnung

Die BSB hat bei der Zuweisung für die Fördermaßnahme nicht berücksichtigt, dass es Bedarfsgrundlagen für einen vergleichbaren Förderbedarf gibt, und versäumt, sich hieran zu orientieren.

Diese Zuweisung entspricht rund 6,42 Lehrerstellen; eine Lehrerstelle entspricht 46,57 WAZ (Berechnung: 299,38 WAZ: 46,57 WAZ = 6,42 Stellen).

Die BSB hat den höheren Finanzbedarf der Fördermaßnahme an der Gesamtschule eingeräumt. Sie hat zugesagt, dass sie die Möglichkeiten einer schülerbezogenen Zuweisung prüfen werde.

Klassenbildung

Die tatsächliche Klassengröße bei den in die Erhebung einbezogenen Gesamtschulen hatte eine Schwankungsbreite von 14 bis 30

Schülerinnen und Schülern. Die durchschnittliche Klassengröße betrug 24,5 Schülerinnen und Schüler.

Bei der Berechnung der Lehrerkapazität für den Unterrichtsbedarf geht die BSB bisher von einer Basisfrequenz pro Klasse aus. Diese Frequenz definiert, welche durchschnittliche Anzahl von Schülerinnen und Schülern pro Klasse erforderlich ist, um den Unterricht nach der Stundentafel mit den dafür zugewiesenen Lehrern erteilen zu können.

Bisher durfte die tatsächliche Klassenbildung von den Basisfrequenzen abweichen. Es oblag den Schulen, besondere Belange der einzelnen Schulklassen zu berücksichtigen.

Wurden Klassen mit einer Anzahl von Schülerinnen und Schülern oberhalb der Basisfrequenz gebildet, konnten andere Klassen

­ den Erfordernissen entsprechend ­ unterhalb der Basisfrequenz eingerichtet oder Lehrerressourcen für spezielle Fördermaßnahmen eingesetzt werden.

Die im Rahmen der aktuellen Schulreform festgelegte Höchstgrenze von 25 Schülerinnen und Schülern pro Klasse13 schränkt die schulorganisatorischen Handlungsspielräume, zum Beispiel für Teilung und Differenzierung, ein, sofern die bisherigen Bedarfsgrundlagen unverändert bleiben. Inwieweit eine Veränderung der Bedarfsgrundlagen geplant ist, um beispielsweise bisherige Handlungsspielräume zur Reduzierung von Klassengrößen beibehalten zu können, und deshalb zusätzliche Kosten aus der Festschreibung von Höchstgrenzen erwachsen werden, ist bisher nicht dargelegt worden. Ein höherer Lehrerbedarf ­ und damit höhere Personalkosten ­ anlässlich der Schulreform ist über die Bewilligungen im Grundschulbereich hinaus bisher nur für sozial stark belastete Schülerschaften der Klassenstufen 5 und 6 der Primarschule angekündigt worden.

Vgl. § 87 Absatz 1 HmbSG vom 16. April 1997 (HmbGVBl. S. 97), in der Fassung vom 16. Juni 2009 (HmbGVBl. S. 171) sowie Bürgerschaftsdrucksache 17/2875 „Stellungnahme des Senats zum Ersuchen der Bürgerschaft vom 19. September 2002 (Drucksache 17/1379) ­ Veränderung der Pflichtstundenregelung differenziert nach Unterrichtsfächern ­ vom 10. Juni 2003.

Vgl. § 87 Absatz 1 HmbSG vom 16. April 1997 (HmbGVBl. S. 97), zuletzt geändert am 20. Oktober 2009 (HmbGVBl. S. 373).

Vgl. BSB, Hamburger Bildungsoffensive, Rahmenkonzepte für Primarschule, Stadtteilschule und das sechsstufige Gymnasium, S. 11 ff., Stand: Februar 2009.

Höchstgrenzen in Klassen schränken Handlungsspielräume von Schulen ein Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2010

Der Rechnungshof hat die BSB darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht die bisherige Zuweisungspraxis auf der Grundlage von Basisfrequenzen ­ ohne Höchstgrenzen für Klassengrößen vorzugeben ­ der Leitidee der selbstverantworteten Schule eher Rechnung trägt als eine zentral vorgegebene und verbindliche Verringerung der zulässigen Klassengröße. Er erwartet, dass der zusätzliche bereits angekündigte Personalbedarf zeitnah konkretisiert wird, und geht davon aus, dass darüber hinausgehende Ressourcenerhöhungen nicht geplant sind.

Die BSB hat zugesagt, alle im Rahmen der Schulreform gegebenenfalls notwendigen Veränderungen von Bedarfsgrundlagen der Bürgerschaft bei der Aufstellung des Haushaltsplan-Entwurfs 2011/2012 bzw. im Rahmen einer eigenständigen Drucksache vorzulegen.

Ziel- und Leistungsvereinbarungen

Das Schulgesetz sieht zur Steuerung selbstverantworteter Schulen den Einsatz von Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen Schulleitung und der Schulaufsicht vor.

Die zu vereinbarenden Ziele basieren auf dem Orientierungsrahmen Qualitätsentwicklung an Hamburger Schulen (Orientierungsrahmen Schulqualität).

Auf Grundlage eines gemeinsamen Qualitätsverständnisses strebt die BSB mit der Einführung von Ziel- und Leistungsvereinbarungen ein hamburgweit verbindliches Berichtswesen an, das Schulen in ihrer Entwicklung unterstützt, Steuerungsentscheidungen der Behörde absichert und der Schulinspektion Daten zur Evaluation von Schulen bereitstellt.

Die Enquête-Kommission „Konsequenzen der neuen Pisa-Studie für Hamburgs Schulentwicklung" (Enquête-Kommission) hat die Ergänzung des Orientierungsrahmens um messbare Ziele empfohlen und konkrete Kennzahlen vorgeschlagen, die geeignet sein können, Wirkungen und Ergebnisse sowie den Grad der Zielerreichung von Leistungen des Bildungssystems messbar zu machen.

Seit Einführung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen zum Schuljahr 2007/2008 vereinbart jede Schule mit der BSB mindestens vier Ziele über eine Laufzeit von in der Regel zwei Jahren, die aus 48 Qualitätsmerkmalen des Orientierungsrahmens Schulqualität entnommen werden.

Der Rechnungshof hält die Anwendung des Instruments der Zielund Leistungsvereinbarung in seiner bisherigen Ausprägung für ungeeignet, die Schulqualität umfassend bewerten bzw. verbessern zu können. Bei Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die vier

§ 85 Absatz 1 Satz 3 HmbSG vom 16. April 1997 (HmbGVBl. S. 97), zuletzt geändert am 20. Oktober 2009 (HmbGVbl. S. 373).

Orientierungsrahmen, Qualitätsentwicklung an Hamburger Schulen, Hrsg. BSB 2006, S. 13.

Vgl. Bürgerschaftsdrucksache, 18/6000, Ziffern 3.2 und 3.3, vom 16. März 2007.