Fortbildung

Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2010

Für stationäre Hilfen an geistig und mehrfach behinderte Menschen hat die BSG eine Vielzahl von Vergütungsvereinbarungen getroffen. Insgesamt erhalten die Anbieter jährlich rund 135 Mio. Euro aus dem Haushalt. Die Vergütungssätze bestehen jeweils aus Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale) und die Betreuungsmaßnahmen (Maßnahmepauschale) sowie einem Investitionsbetrag. Die Maßnahmepauschale wird nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf kalkuliert und müsste daher pro Hilfebedarfsgruppe in vergleichbarer Höhe ausfallen. Der Rechnungshof hat aber festgestellt, dass die von ihm untersuchten 38 Einrichtungen sehr unterschiedlich vergütet werden.

Zwischen den niedrigsten und den höchsten Sätzen liegen je nach Hilfebedarfsgruppe Spannen von 88 bis 535%. Dies lässt vermuten, dass jedenfalls bei den Anbietern mit höheren Vergütungen zum Teil erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven vorhanden sind.

Die BSG hat die Angemessenheit dieser Vergütungen im Hinblick auf eine wirtschaftliche und sparsame Betriebsführung bislang nicht geprüft. In den Jahren 1993 bis 1996, 1998 bis 2000, 2002, 2003 sowie 2008 wurden lediglich pauschale Fortschreibungen zwischen jeweils 1 bis 3,6% vorgenommen. In den Jahren 1997, 2001 und 2004 bis 2007 erfolgten keine Erhöhungen der Vergütungen.

Pauschale Fortschreibungen der Vergütungshöhe können angesichts der gesetzlichen Vorgaben allenfalls ausnahmsweise gerechtfertigt sein und müssen dann auf einer geordneten Basis aufsetzen. Der Rechnungshof hat daher beanstandet, dass die BSG pauschale Fortschreibungen der Entgelte vereinbart hat, ohne zuvor die Wirtschaftlichkeit der fortzuschreibenden Vergütungen im Einzelnen festgestellt zu haben. Angesichts der sehr unterschiedlichen Höhe der Vergütungen hätte zumindest bei den überdurchschnittlich teuren Angeboten in der jeweiligen Hilfebedarfsgruppe eine Überprüfung vorgenommen werden müssen, ob die Kalkulation einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung entspricht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die einzelnen Fortschreibungen für sich betrachtet überwiegend maßvoll ausgefallen und in einzelnen Jahren sogar vollständig unterblieben sind. Der Rechnungshof hat die BSG aufgefordert, ihrer Verpflichtung nachzukommen, die Vergütungsvereinbarungen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen.

Qualitätssicherung Maßstäbe und Kennzahlen

Die mit den einzelnen Einrichtungen und Diensten geschlossenen Vereinbarungen sehen eine jährliche Berichterstattung durch einen als Formblatt vorgegebenen Qualitätssicherungsbericht vor, der Angaben über die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sowie über Maßnahmen der Qualitätssicherung zu enthalten hat.

Bei der Anzahl der abgefragten Angaben ist ein deutliches Übergewicht im Bereich der Struktur- und Prozessqualität erkennbar.

Von größerer Bedeutung für den Erfolg einer Maßnahme ist jedoch die Ergebnisqualität, auf die deshalb das Hauptaugenmerk gerichtet werden sollte. Den übrigen Qualitätsmerkmalen kommt insoweit nur eine dienende Funktion zu. Außerdem sollten generell nur solche Daten abgefordert werden, die zur Beurteilung der Qualität einer Einrichtung oder eines Dienstes notwendig sind und für die es Maßstäbe gibt, welche im Streitfall auch einer Überprüfung standhalten.

Im Rahmen der Berichterstattung werden Angaben zu einer Reihe von Punkten verlangt, obwohl weder in den jeweiligen Einzelverträgen noch in sonstiger Weise Maßstäbe zu ihrer Beurteilung festgelegt sind. Wann zum Beispiel

­ eine Konzeption fachlich fundiert ist,

­ Gemeinschafts- und Therapieräume ausreichend sind,

­ Fortbildungen nach Art und Anzahl bedarfsgerecht sind,

­ ausreichend viele und geeignete Kooperationspartner gewählt wurden,

­ die Anzahl von Dienst- und Fachbesprechungen bzw. Supervisionen ausreicht und

­ welche internen und externen Qualitätssicherungsmaßnah men mindestens zu ergreifen sind, bleibt offen. Darüber hinaus bleibt ungeklärt, wie der Zielerreichungsgrad der Leistungen/Maßnahmen sowie der Zufriedenheitsgrad der Leistungsberechtigten gemessen werden soll, zumal bisher noch nicht einmal festgelegt ist, welche Ziele angestrebt werden. Diese Punkte bedürften ­ sofern sie nach einer kritischen inhaltlichen Überprüfung durch die Behörde weiter für erforderlich gehalten werden ­ einer Konkretisierung, um zu einem nachprüfbaren Qualitätsurteil kommen zu können.

Unzureichende Berücksichtigung der Ergebnis qualität in den Qualitätssicherungsberichten Fehlende Beurteilungsmaßstäbe Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Jahresbericht 2010

Weiter sollte eine einheitliche Erhebungsmethodik für alle Anbieter vertraglich vereinbart werden. Derzeit ist für die Angaben zur Ergebnisqualität nicht gewährleistet, dass vergleichbare Daten geliefert werden. Den einzelnen Anbietern bleibt es überlassen, zum Beispiel Kundenbefragungen nach ihren eigenen Vorstellungen zu formulieren. Auf diese Weise kann eine einheitliche, für ein Benchmarking taugliche Kennzahl nicht entstehen. Vergleichsmöglichkeiten sind notwendig, um praxisgerechte Bewertungsmaßstäbe herauszubilden und die Grundlage für einen Qualitätswettbewerb unter den Anbietern zu schaffen.

Der Rechnungshof hat die BSG aufgefordert, unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Gesichtspunkte Umfang und Inhalt der Qualitätssicherungsberichte einer grundsätzlichen Prüfung zu unterziehen.

Verwaltungsverfahren

Für die geprüften Einrichtungen der Eingliederungshilfe und der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten hätten für das Kalenderjahr 2006 insgesamt 53 Qualitätssicherungsberichte vorgelegt werden müssen. In elf Fällen (21%) hatten die Anbieter dies versäumt. Mahnungen seitens der BSG sind unterblieben. Von den verbleibenden 42 Fällen deckte der vorgelegte Bericht in 23 Fällen (weitere 41%) nicht wie vorgesehen das Kalenderjahr, sondern einen abweichenden Zeitraum (häufig vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres) ab.

Es verblieben 19 Fälle, in denen der Qualitätssicherungsbericht für das vollständige Kalenderjahr 2006 vorgelegt wurde. Von diesen gingen fünf Berichte verspätet ein. Die Anbieter sind ihren Verpflichtungen demnach nur in 14 Fällen (26%) vollständig und rechtzeitig nachgekommen.

Unter den 19 für das Kalenderjahr 2006 vorgelegten Qualitätssicherungsberichten ist in einem Fall eine Prüfung nicht dokumentiert.

Das Aktenexemplar enthält auch sonst keinerlei Bearbeitungsspuren. Von den 18 verbliebenen Qualitätssicherungsberichten wurden nur zwei innerhalb der durch eine interne Dienstanweisung vorgegebenen Vier-Wochen-Frist geprüft.

Mithin wurde nur in zwei von 53 Fällen (4%) das gesamte für Qualitätssicherungsberichte vorgesehene Verwaltungsverfahren regelkonform durchlaufen. Eine solch geringe Quote ist nicht hinnehmbar.

Fehlende oder offensichtlich unzureichende Angaben sind in keinem geprüften Fall zum Anlass genommen worden, den Qualitätssicherungsbericht zu beanstanden oder Nachfragen an den Träger zu richten. So enthalten die Qualitätssicherungsberichte bei insgesamt 42 Fällen zum Beispiel

­ in 25 Fällen keine Angaben zur Zielerreichung, Mangelhafte Berichter stattung durch Einrichtungen Keine einheitliche Erhebungs methodik Mangelhafte Prüfung der Qualitätssicherungsberichte