Ich möchte an dieser Stelle amnesty international auch für 30 Jahre Engagement zu diesem schweren Thema sehr

Ich glaube, das sagt alles aus, was man zur Todesstrafe sagen muss. Es ist ein auslaufendes Modell, auch das sagt amnesty, es sind immer weniger Staaten. Trotz alledem geht es aber um jeden einzelnen Menschen, der verurteilt wird, wartet und dann teilweise auch hingerichtet wird.

Ich möchte an dieser Stelle amnesty international auch für 30 Jahre Engagement zu diesem schweren Thema sehr danken.

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt aber noch eine andere konkrete bremische Dringlichkeit, weshalb wir heute über dieses Thema sprechen.

Im Anschluss an unsere Sitzung, um 18 Uhr, findet auf dem Marktplatz eine Aktion Städte für das Leben, Städte gegen die Todesstrafe statt. Es gibt eine Initiative seit 2001, die in über 80 Städten Deutschlands und in über 700 Kommunen in der Welt im November ­ wir machen das am 18. November, sonst ist es häufig am 30. November ­ diesen Aktionstag begeht. Die Initiative, die aus Italien stammt, wünscht sich, dass wichtige Denkmäler oder Gebäude beleuchtet werden, um ein sichtbares Zeichen gegen die Todesstrafe zu setzten. Sie wünscht sich auch, dass es dazu einen politischen Beschluss gibt, der das noch einmal unterstützt sowie auch gerade die Menschen unterstützt, die diese politische Arbeit meistens ehrenamtlich durchführen.

Deshalb würde ich sehr darum bitten, dass wir heute eine breite Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag hier in der Bürgerschaft finden, indem wir zum einen diese Initiative, an der teilzunehmen, der Bürgermeister schon am 12. November alle Bürgerinnen und Bürger aufgerufen hat, sehr unterstützen. Indem wir außerdem deutlich machen, dass wir nach wie vor für die Abschaffung der Todesstrafe sind und uns auch für diese Abschaffung einsetzen. Indem wir zum anderen eine Solidarität um ein Einzelbeispiel von Mumia Abu-Jamal in seinem Kampf gegen die Hinrichtung unterstützen, auch amnesty international dadurch sagen, dass wir ihre Arbeit wichtig finden. ­

Vielen Dank! Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Abg. Dr. Güldner (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich finde es hervorragend, dass wir in dieser Bremischen Bürgerschaft, in diesem Landtag, ab und zu ­ nicht so oft, aber ab und zu ­ über die Grenzen unseres Landes Bremen hinausschauen und uns politisch als gewählte Abgeordnete dieses Landes auch mit Fragen beschäftigen, die im Rest der Republik ­ wie dieses Thema hier zur Abschaffung der Todesstrafe ­ und auch auf der ganzen Welt eine Rolle spielen. Damit werden wir auch dem Auftrag der Wählerinnen und Wähler in Bremen gerecht. Die Frage der Abschaffung der Todesstrafe ist eine ganz elementare, und ich finde es sehr gut, dass wir uns heute hier in dieser Bremischen Bürgerschaft dazu äußern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Es geht meines Erachtens ­ und das ist manchmal eine kleine Einschränkung, die einige machen ­ gerade nicht nur darum, denjenigen zu helfen, die möglicherweise zu Unrecht zum Tode verurteilt wurden.

Sondern der Kampf gegen die Todesstrafe ist ein viel konsequenterer Kampf. Es ist der Kampf für jeden Menschen ­ auch wenn er möglicherweise zu Recht im Sinne der Straftat verurteilt worden ist ­, dafür zu sorgen, dass er oder sie auf keinen Fall von dem Staat, der ihn dazu verurteilt hat, zu Tode gebracht und für jeden Menschen auf dieser Welt, die Todesstrafe abzuschaffen. Das ist ein so weitgehender Punkt, dass wir ihn heute auch so beschließen sollten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN)

Es ist sehr interessant, wenn man sich das noch einmal anschaut ­ die Vorrednerinnen haben schon einige Zahlen genannt ­, 2 390 Hinrichtungen wurden im Jahr 2008 vollzogen. Es ist interessant einmal zu schauen, in welchen Ländern das stattfindet. Das ist nämlich doch ziemlich heterogen, auf Deutsch würde man sagen, es sind sehr unterschiedliche Länder, die diese Hinrichtungen durchführen. Allein 90 Prozent sämtlicher Hinrichtungen weltweit finden in China und im Iran statt. Allein mindestens 1 780 im letzen Jahr in China und 346 im Iran. Das sind knapp 90 Prozent. 97 Prozent, also fast alle Hinrichtungen, finden weltweit in fünf Staaten statt. Neben der Volksrepublik China und dem Iran sind es Saudi-Arabien, die USA und Pakistan.

Es ist insofern von Interesse sich anzuschauen, welche unterschiedlichen Länder glauben, dass sie letztendlich auf das Mittel der Strafe, den Menschen das Leben zu nehmen, nicht verzichten können. Ich habe schon öfter einmal gehört, dass das ein Beispiel oder ein Kriterium dafür sei, dass wir es hier mit einem starken Staat zu tun haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer nicht in der Lage ist, sein Land zu regieren, Recht und Gesetz durchzusetzen und das Land nach vorn zu bringen ohne auf die Todesstrafe zu verzichten, ist ein schwacher und kein starker Staat.

Insofern ist das der völlig falsche Ausdruck!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN) Schauen wir uns die Beispiele an: Im Iran, in dem jetzt gerade in diesen Tagen sehr viele Menschen, die für die Demokratiebewegung nach dem Wahlbetrug im Iran auf die Straße gegangen sind, zum Tode verurteilt werden, und wo diese Hinrichtungen, im Unterschied zu anderen Ländern, auch tatsächlich durchgeführt werden. China, das versucht, seine neoliberale Wirtschaft mit einem brutalen, autoritären Politikmodell zu kombinieren, und daraus einen, wie ich finde, hässlichen starken Staat zu machen, der sich aber in der Antwort auf die Frage, könnten wir uns auf dieser ökonomischen Grundlage, die wir heutzutage in China haben, nicht auch Demokratie leisten, in der Tat auch als schwacher Staat herausstellt.

Nehmen wir die USA! Ich finde, die dürfen wir hier an dieser Stelle auf gar keinen Fall ausnehmen. Gerade weil sie als Demokratie ganz offensichtlich auch nicht in der Lage ist oder glaubt, sich nicht in der Lage zu sehen ­ die jeweiligen Regierungen und Mehrheiten ­, ohne die Todesstrafe auszukommen. Ich glaube, man muss keinen platten Antiamerikanismus unterstellen, weil die USA ein sehr zerrissenes Land ist, in dem sie innerhalb von 50 bis 100 Meilen Differenz Kulturen haben, die einerseits unheimlich fortschrittlich sind, die Dinge weitertreiben, auch gerade in der lokalen Demokratie, in vielen sehr fortschrittlichen Dingen, die dort passieren, in denen wir hier noch einen gewissen Nachholbedarf hätten, und wo sie andererseits über die Grenzen im nächsten Staat Kulturen haben, die autoritär, die teilweise gewalttätig sind, und die ganz militant zum Beispiel auch auf die Todesstrafe zurückgreifen wollen, um das Recht des Stärkeren durchzusetzen. Teilweise auch religiös geprägt, das muss man sagen. Da wäre dann wieder ein kleiner Schwenk zu dem Land, das ich vorher erwähnt habe, nur mit einer anderen Religion.

Ganz egal, ob es nun um die Durchsetzung einer Einheitspartei geht, die ihr ökonomisches Modell durchsetzen will, ob es sich nun um religiöse Fundamentalisten im Iran oder um Demokraten ­ nicht im Sinne der Partei, sondern im Sinne des politischen Systems ­ in den USA handelt, wir müssen allen sagen ­ und zwar von Deutschland aus mit vollem Recht, das wir hier mit unserer Geschichte haben ­, dass wir grundsätzlich immer und zu allen Zeiten diese Todesstrafe, die sie glauben anwenden zu müssen, ablehnen. Wir machen hier keine Unterscheidung, egal, um welches System und welches Land es sich dabei handelt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Insofern danke ich auch amnesty international und vielen Gruppen, die dieses Thema über viele Jahre hinweg hochgehalten haben.

Ich würde mich freuen, wenn viele von uns auf dem Marktplatz mit amnesty international und dem Bürgermeister nachher diesen Tag würdig begehen. Ich würde mich auch freuen, wenn die Bremische Bürgerschaft geschlossen in dieser Position nach außen tritt. Geschlossen vielleicht ohne den einen oder anderen, auf den wir in dieser Frage gut verzichten könnten! ­ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN) Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Abg. Rohmeyer (CDU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir christliche Demokraten sprechen uns selbstverständlich gegen jede Form der Todesstrafe aus. Deutschland hat sich sehr bewusst als neu geschaffener Rechtsstaat sehr deutlich gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Auch in Europa hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass die Todesstrafe anachronistisch ist. Wir müssen dafür werben, dass dieses Bewusstsein andere Staaten in der Welt erreicht. Herr Dr. Güldner hat sehr ausführlich dargestellt, welche Bandbreite von Staaten das ist. Jedes rechtsstaatliche Verfahren kann einen Fehler haben, und dieser Fehler kann in unserer Rechtsverfassung geheilt werden. In Staaten, in denen für Kapitalverbrechen zum Beispiel die Todesstrafe vorgesehen ist, kann er nicht mehr geheilt werden. Dieses Argument allein muss für die Abschaffung der Todesstrafe sprechen, neben dem der Staat jemandem das Leben nimmt.

Wir führen hier diese Debatte aus einem ganz bestimmten Grund, und wir waren etwas zerrissen, wie man mit dem ursprünglich vorgelegten Antrag der LINKEN umgeht. Darum sind wir sehr froh, dass die Koalition dann noch einen Antrag vorgelegt hat. Denn ich will auch ganz deutlich sagen, was nicht gehen kann, ist, dass ein Parlament die Solidarität mit jemandem, der in einem Rechtsstaat von einem ordentlichen Gericht, bestätigt durch verschiedene Verfahren, verurteilt wurde, einfach so einmal erklärt. Dafür ist dieser konkrete Sachverhalt viel zu komplex, und niemand von uns kennt die Beweise und Zeugenaussagen. Dafür gibt es in den Vereinigten Staaten ein sehr umfangreiches Verfahren.

Zuletzt ­ Frau Troedel hat es ausgeführt ­ hat der Oberste Gerichtshof am 6. April 2009 die Annahme eines Wiederaufnahmeverfahrens abgelehnt, aber weitere Verfahren laufen dort zurzeit. Es ist nicht an uns, über das rechtsstaatliche Verfahren der Gerichte dort zu entscheiden. Entscheidend ist, dass wir sagen, wir müssen auch die Vereinigten Staaten von Amerika auffordern, das Prinzip der Todesstrafe zu überwinden. Ich hoffe, dass sich auch der US-Präsident Obama zu einer deutlichen Aussage dazu durchringen kann. Diese vermissen viele von ihm. Es ist auch vor dem Hintergrund wichtig: Wenn man mit Staaten wie dem Iran, Kuba und Russland spricht, muss auch ein Staat wie die Vereinigten Staaten von Amerika, ein sehr alter demokratischer Staat, dort eine Vorbildfunktion haben.

Das amerikanische Bewusstsein ­ wir merken das in vielen Berichten aus Übersee ­ ist in Teilen noch sehr alten Vorstellungen, sehr alttestamentarischen Vorstellungen verhaftet. Ein Klima der Aufklärung dort würde auch sicherlich dazu beitragen, dass auch dies überwunden werden kann. Ich hoffe es zumindest, denn, wie gesagt, die Vorstellung, dass der Staat als Strafe das Leben nehmen kann, haben wir in Europa seit vielen Jahren und Jahrzehnten überwunden, und wir hoffen, dass dies auch weltweit entsprechend überwunden werden kann.

Dem Antrag werden wir zustimmen. ­ Danke!

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Abg. Dr. Möllenstädt (FDP): Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auch die FDP tritt für die Abschaffung der Todesstrafe, für die Verhinderung ihrer Vollstreckung und natürlich ausdrücklich auch auf ein Recht auf ein faires Verfahren überall in der Welt ein. Der Staat hat nicht das Recht, Menschen das Leben zu nehmen, egal welcher Straftat sie beschuldigt worden sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe die Hoffnung, dass die Debatte, die wir hier führen, einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, dass die Todesstrafe als eine Form der Strafvollstreckung auch in den Staaten überwunden werden kann, die dieses Instrument heute noch aufrechterhalten.

Auch wir sind der Überzeugung, dass es sich um ein zu rechtfertigen ist.

(Beifall bei der FDP)

Der vorliegende Antrag, den die Koalitionsfraktionen und DIE LINKE eingebracht haben, findet in den ersten beiden Punkten, die ja auch von der Koalition dort eingebracht worden sind, voll unsere Zustimmung. Ganz klar, da haben Sie uns vollständig an ihrer Seite. Es ist sehr richtig, dass wir uns auch als Parlament dazu äußern. Mir und uns als Fraktion geht es aber ähnlich wie dem Kollegen Rohmeyer, der eben auch deutlich gemacht hat, dass es ausgesprochen schwierig ist, über einen Einzelfall, in dem eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt worden ist, hier ein Urteil zu sprechen. Das kann nicht Aufgabe dieses Hauses sein.

Ich bitte um das Verständnis, dass wir in jedem anderen Fall auch an die Opfer zum Beispiel denken müssen, auch daran denken müssen, wie sie sich fühlen. Hier ist ein Gewaltverbrechen verübt worden, und es ist jemand dafür verurteilt worden. Ob er wirklich schuldig ist, können wir nicht sagen, kann ich nicht sagen. Ich glaube auch, das wird den meisten Kolleginnen und Kollegen so gehen, dass uns da einfach zu wenige Kenntnisse vorliegen.

Wenn Sie aber den dritten Punkt Ihres Antrages sehen, ist dort ein konkreter Name benannt worden.

Ich glaube, es ist schon sehr sinnvoll, dass wir uns mit diesem Einzelfall einmal beschäftigen. Ich halte es in der Tat für wesentlich, dass hier ein schweres Gewaltverbrechen an einem Polizisten verübt worden ist.

(Abg. Frehe [Bündnis 90/Die Grünen]: Könnte!)

Auch dies würde in der Sache die Vollstreckung nicht rechtfertigen. Gleichwohl erwarten Sie, dass wir hier in einem Einzelfall ein Urteil sprechen und uns sozusagen auf die Seite einer Person stellen, die wir nicht kennen, die ich nicht kenne, die die meisten von Ihnen nicht kennen, und deshalb würden wir es eher mit der Aussage von Steve Lopez im Time Magazine vom 23. Juli 2000 halten: Mumia Abu-Jamal, they picked the wrong guy to carry the flag! Möglicherweise ist diese Person nämlich der falsche Flaggenträger für das Ziel, das wir alle teilen und unterstützen. Aus diesem Grunde werden wir den ersten beiden Punkten Ihres Antrags zustimmen. Zu dem letzten Punkt werden wir uns aus dem genannten Grund enthalten. ­ Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP) Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Bürgermeister Böhrnsen: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Möllenstädt, es ist nicht meine Aufgabe, einen Antrag zu verteidigen, der aus der Mitte der Bürgerschaft kommt.