Jobcenter

Das Hamburgische Datenschutzgesetz (HmbDSG) schließt eine Datenübermittlung öffentlicher Stellen (hier: der Bewährungshilfe) an private Dritte ­ wie z. B. die Partnerin des Probanden ­ angesichts der Schweigepflicht ausdrücklich aus. Die Datenweitergabe an andere Behörden wie Polizei, Justizvollzugsanstalt, Arbeitsagentur (Arge) oder Ausländerbehörde lässt das HmbDSG zu, wenn „hierdurch erhebliche Nachteile für das Gemeinwohl oder schwer wiegende Beeinträchtigungen von gewichtigen Rechtspositionen einzelner verhindert oder beseitigt werden sollen" oder sie zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zum Vollzug von Strafen oder zur Beantwortung eines gerichtlichen Auskunftsersuchens erforderlich ist. Diese Übermittlungsermächtigung wird jedoch wieder ausgeschlossen, wenn die übermittelnde Behörde die Daten von einer schweigepflichtigen Person in deren Berufsausübung erhalten hatte. Nicht ausdrücklich geregelt ist die Konstellation, dass die Behörden-Mitarbeiter unmittelbar selbst schweigepflichtig sind. Der Sinn der gesetzlichen Regelung ­ nämlich der Ausschluss einer Weitergabe von Daten, die einem Berufsgeheimnis unterliegen ­ ist jedoch nur dadurch einzuhalten, dass auch in diesen Fällen eine Übermittlung von Bewährungshelfern an andere Behörden nicht erfolgt. Damit bleibt es grundsätzlich bei der Schweigepflicht.

Häufig werden Bewährungshelferinnen und -helfer auch als Zeugen in Ermittlungsund Gerichtsverfahren befragt. In Zivil- und Verwaltungsgerichtsprozessen steht ihnen jedoch ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, da ihnen kraft Amtes Tatsachen anvertraut werden, deren Geheimhaltung geboten ist. Angesichts ihrer Schweigepflicht nach dem StGB müssen die Bewährungshelferinnen und -helfer von diesem Recht auch Gebrauch machen ­ es sei denn, der Proband selbst entbindet sie davon.

In Verfahren nach der Strafprozessordnung gibt es dagegen kein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialpädagogen und Sozialarbeiterinnen und -arbeiter. Hier müssen die Bewährungshelferinnen und -helfer jedenfalls vor der Staatsanwaltschaft und dem Gericht auch von ihren Wahrnehmungen zu den Probanden berichten. Allerdings kann der Dienstherr der Bewährungshelfer, der die Zeugenaussage zu genehmigen hat, dies zum Schutz des Bediensteten verhindern. Auch soweit Bewährungshelfer nicht als Zeuge vernommen werden, sondern im Rahmen von Strafermittlungen von der Polizei um Auskunft gebeten werden (§§161,163 StPO), sind sie mangels Zeugnisverweigerungsrecht als Behörde auskunftspflichtig.

Zusammengefasst: Der Gesetzgeber normiert eine enge Kommunikationsbeziehung der Bewährungshilfe allein zu dem Strafgericht, das die Bewährung beschlossen und den Bewährungshelfer bestellt hat, sowie eine Offenbarungspflicht innerhalb von Straf(ermittlungs)verfahren; im Übrigen werden die Interessen der Probanden jedoch grundsätzlich durch die Schweigepflicht der Bewährungshelfer geschützt.

7. Soziales:

Über 500.000 Sozialdatensätze wurden nicht gelöscht:

Bei drei IT-Verfahren der Jugend- und Sozialämter wurde ein massiver Verstoß gegen die gesetzlich festgeschriebene Löschungsverpflichtung festgestellt. Der Mangel wurde Ende 2009 behoben.

Im Rahmen einer Prüfung des IT-Verfahrens PROJUGA, mit dem die Sachbearbeitung in den Jugendämtern der Bezirke unterstützt wird, wurden wir darauf aufmerksam, dass seit der Inbetriebnahme des Verfahrens vor ca. 13 Jahren noch kein einziger Datensatz gelöscht wurde, obwohl die Aufbewahrungsfrist zum Teil schon seit Jahren erreicht war. Insoweit wurde gegen die Regelung des §84 Abs. 2 SGB X verstoßen, wonach Sozialdaten zu löschen sind, wenn ihre Kenntnis für die rechtmäßige Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist.

Aufgabenbereiche wie z. B. die Einrichtung von Amtsvormundschaften und Pflegschaften sowie die Gewährung von Hilfen zur Erziehung und die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz arbeiten mit PROJUGA. Das zeigt, dass sehr sensible Daten verarbeitet werden. Seit 2006 werden auch die Meldungen zu möglichen Kindeswohlgefährdungen mit PROJUGA verwaltet.

Der Fachlichen Leitstelle, die zur Abteilung IT-Angelegenheiten der Bezirksverwaltung (N/ITB) gehört, war dieser Mangel seit Jahren bekannt. Seit 2002 wurde auch mit größeren Unterbrechungen an einem Konzept zur Löschung gearbeitet. Im Auftrag der Fachlichen Leitstelle hat Dataport im März 2006 ein umfangreiches Konzept vorgelegt. Die Realisierung des Löschkonzepts unterblieb jedoch, weil immer wieder aktuelle Anpassungen an dem Verfahren vorgenommen wurden, so dass die gesetzlich vorgeschriebene Löschung der nicht mehr erforderlichen Daten in Abstimmung zwischen der Fachlichen Leitstelle und dem fachlich federführenden Bezirk immer wieder zurückgestellt wurde.

Anfang 2009 legte N/ITB darüber hinaus offen, dass auch in den IT-Verfahren zur Unterstützung der Sozialhilfesachbearbeitung (PROSA) und der Wohngeldsachbearbeitung (DIWOGE) seit der jeweiligen Inbetriebnahme Anfang bzw. Mitte der 90iger Jahre noch keine Datensätze gelöscht wurden. Eine erste Abschätzung, die von der Fachlichen Leitstelle auf unser Drängen vorgenommen wurde, machte schnell das immense Ausmaß des Mangels deutlich. In den drei IT-Verfahren waren über 560.000 Datensätze nicht gelöscht worden, obwohl die Löschungsfrist erreicht war.

Tabelle: Übersicht über die Anzahl zu löschender Datensätze und den Löschstatus

Während bei den Verfahren PROSA und DIWOGE diese Datensätze wenigstens gesperrt, also dem Zugriff der normalen Sachbearbeitung entzogen waren, konnten die Datensätze im Verfahren PROJUGA von der Sachbearbeitung genauso eingesehen werden, wie die aktuell benötigten.

Die Fachliche Leitstelle hat in enger Abstimmung mit uns nach einer eingehenden Erörterung der Missstände eine detaillierte Planung für die Realisierung des Löschens erstellt. Aufgrund der Priorisierung und des großen Einsatzes aller Beteiligten konnten die festgelegten Termine erreicht werden, so dass zum 30. Juni 2009 insgesamt ca. 480.000 Datensätze gelöscht wurden. Die verbliebenen Datensätze konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig gelöscht werden, da sie sich mit Personen in Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften bzw. Bedarfsgemeinschaften befanden, deren Vernichtungsdatum noch nicht abgelaufen war. Für diese komplexen Fälle wurde mittlerweile ebenfalls ein Löschkonzept erstellt. Dieses wurde zum 30. November 2009 vollständig umgesetzt, so dass damit einerseits der gravierende Mangel aus der Vergangenheit behoben ist und andererseits sichergestellt sein wird, dass zukünftig eine Löschung fristgerecht entsprechend der festgeschriebenen Löschungsfristen erfolgen wird.

Baualtersklassennachweis bei SGB II-Leistungen:

Es ist nicht immer erforderlich, den Vermieter bei der Bestimmung der Baualtersklasse einer Wohnung zu beteiligen.

Bei der Bewilligung von „Leistungen für Unterkunft und Heizung" nach §22 SGB II handelt es sich um kommunale Leistungen. Deshalb hat die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) im Hinblick auf ein Urteil des Bundessozialgerichts zur Angemessenheit der Unterkunftskosten, wonach der Wohnungsstandard am konkreten Wohnort zu berücksichtigen ist, in einer Fachanweisung zu §22 SGB II Höchstwerte zu den Kosten der Unterkunft festgelegt. Ein wesentliches Merkmal ist dabei die Bestimmung der Baualtersklasse der Wohnung.

Die Beurteilung der Baualtersklasse erfolgt durch das Jobcenter in der Regel nach dem Baujahr bzw. der Bezugsfertigkeit der Wohnung. Um- und Ausbau sowie Modernisierungen haben gegebenenfalls eine „Verjüngung" der Baualtersklasse zur Folge. Für den Fall, dass der Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht über die notwendigen Angaben über seine Wohnung verfügt, wird ihm ein Vordruck „Nachweis der Baualtersklasse" mit der Bitte, die entsprechenden Nachweise des Vermieters einzuholen, vom Jobcenter ausgehändigt.

Mehrere Betroffene haben sich bei uns über diese Praxis beklagt. Sie waren vom Jobcenter aufgefordert worden, das Formular von ihrem Vermieter oder Hausverwalter ausfüllen zu lassen, ohne auf die Möglichkeit alternativer Datenrecherche hingewiesen worden zu sein. Nachdem wir dies moniert hatten, haben die Jobcenter die Hilfeempfänger darauf hingewiesen, dass die formularmäßige Bestätigung des Vermieters über die Baultersklasse nur benötigt wird, wenn ansonsten keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt werden können. Sofern sich die Baualtersklasse des Mietobjektes nicht bereits aus dem Mietvertrag ergibt, könnten die entsprechenden Angaben beispielsweise in einem Mieterhöhungsschreiben enthalten sein.

Dieses Ergebnis war datenschutzrechtlich nur halbwegs zufriedenstellend. Denn in den Fällen, in denen der Vordruck „Nachweis der Baualtersklasse" beim Vermieter vorgelegt werden muss, erfährt dieser möglicherweise zum ersten Mal, dass sein Mieter Leistungen nach dem SGB II erhält. Dies könnte durchaus zukünftig das Mietverhältnis belasten. Besonders problematisch war, dass von dem Hilfeempfänger verlangt wurde, sein Vermieter möge ihm eine Bestätigung der Gebäudeversicherung über die Sanierung und Modernisierung des Gebäudes vorlegen.