DATENSCHUTZ IM NICHT-ÖFFENTLICHEN BEREICH

1. Videoüberwachung

Videoüberwachung im öffentlichen Nahverkehr:

Nachdem auch die HADAG Fähren mit Videoüberwachungstechnik ausgestattet worden sind, werden in Hamburg nun alle öffentlichen Verkehrsmittel videoüberwacht.

Die Erörterungen mit der HADAG über die Einführung von Videotechnik auf allen Fähren konnte im Berichtszeitraum abgeschlossen werden (vgl. 21. TB, 19.1). Auf den Fähren der HADAG wurden jeweils 2-4 Kameras im Fahrgastraum, 2 für die Rampen und 1 im Maschinenraum installiert. Die Kameras sind auf einen Monitor geschaltet, der sich im Schiffsführerstand befindet und von dem Schiffsführer beobachtet wird. Außerdem findet eine Aufzeichnung der Aufnahmen statt, die nach Ablauf von 24 Fahrzeugbetriebsstunden (48 Zeitstunden) automatisch überschrieben wird, wenn keine Auswertung erfolgt.

Gründe für den Einsatz von Videotechnik sind der zunehmende Vandalismus und vermehrte Diebstähle auf den Fähren sowie die Gewährleistung der Sicherheit der Fahrgäste beim Ein- und Ausstieg. Der Schiffsführer kann den Vorgang des Anlegens und Ablegens, bei dem hydraulische Rampen abgesenkt und angehoben werden, auf dem Monitor beobachten und so gefahrenträchtige Situationen frühzeitig erkennen. Die Überwachung des Maschinenraums geschieht aus technischen Gründen. Da die Fähren nur mit dem Schiffsführer als Besatzung fahren, soll der Schiffsführer durch eine Videoüberwachung des Maschinenraums frühzeitig z.B. Feuer- und Rauchentwicklung erkennen können. Die HADAG führte als Gründe für die Videoüberwachung eine Reihe von Vorfällen an, die sowohl gefährliche Einund Ausstiegssituationen als auch Vandalismus und weitere Straftaten betrafen.

Nach §6b BDSG ist Videoüberwachung nur zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte für das Vorliegen überwiegender schutzwürdiger Interessen der Betroffenen bestehen. Wichtig dabei ist, dass allein das Motiv einer allgemeinen abstrakten Gefahrenvorsorge, etwa für den Schutz des Eigentums, nicht ausreicht. Vielmehr müssen belegbare Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass schwerwiegende Beeinträchtigungen drohen und es diese abzuwehren gilt. Solche belegbaren Tatsachen hat die HADAG vorgebracht.

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hält die Argumentation der HADAG für nachvollziehbar

Es ist nicht ersichtlich, dass der durch die Videotechnik beabsichtigte Zweck ­ Sicherheit der Fährgäste, Verhinderung und Aufklärung von Diebstählen ­ auf andere Weise ebenso gut erreicht werden könnte. Zwar könnten die genannten Zwecke möglicherweise auch durch den Einsatz von mehr Personal auf den Fähren erreicht werden. Dies würde aber zu einem erheblichen finanziellen Mehraufwand und zu spürbaren Fahrpreiserhöhungen für die Kunden führen. Wir halten daher bei Abwägung der wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der HADAG mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten der Fahrgäste die Videoüberwachung auf den Fähren für vertretbar. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass Maßnahmen zur Verhinderung eines Missbrauchs der Videoaufzeichnungen von der HADAG mit uns abgesprochen worden sind.

Beschwerden zur Videoüberwachung auf den HADAG Fähren liegen uns bisher nicht vor. Wir haben in den letzten Jahren auch keine Beschwerden zur Videoüberwachung in U-Bahnen, S-Bahnen und Bussen im Stadtgebiet erhalten. Dies mag daran liegen, dass die Bürger sich zunehmend an Videoüberwachung gewöhnen und diese unkritisch hinnehmen oder möglicherweise aufgrund mehrerer gravierender Vorfälle Videoüberwachung im öffentlichen Nahverkehr als unerlässlich für die eigene Sicherheit ansehen.

Videoüberwachung in Schwimmbädern:

Die zunehmende Videoüberwachung in den Hamburger Schwimmbädern stößt auf datenschutzrechtliche Bedenken.

Bei einer im Jahr 2008 begonnenen Überprüfung stellten wir fest, dass in den Schwimmbädern der Bäderland GmbH zunehmend Videotechnik eingesetzt wird.

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hält Videoüberwachung nach §6b BDSG auch in Schwimmbädern aus Sicherheitsgründen in besonders gefahrträchtigen Bereichen (Rutschen) und zur Verhinderung sowie der Ermöglichung einer nachträglichen Aufklärung von Straftaten durch die Polizei in einem gewissen Rahmen für vertretbar. So wurde in der Vergangenheit mit der Bäderland GmbH abgesprochen, dass die in den Umkleiden befindlichen Schließfächer überwacht werden dürfen, wenn es ausreichend überwachungsfreie und als solche gekennzeichnete Umkleidemöglichkeiten für die Schwimmbadnutzer gibt. Auch eine auf besondere Wertschließfächer gerichtete Videokamera wurde als zulässig angesehen. Bei der Anbringung von weiteren Kameras ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Nutzer eines Schwimmbads in der Regel ihre Freizeit dort verbringen und dabei nicht beobachtet werden wollen. Zur Verhinderung von Straftaten reichten daher nach unserer Auffassung in der überwiegenden Zahl der Fälle neben der auf die Schließfächer gerichteten Videokameras eine Überwachung des Eingangsbereichs des Schwimmbads und eine erhöhte Aufmerksamkeit des Personals aus.

Die Bäderland GmbH teilte diese Auffassung jedoch nicht uneingeschränkt. Insbesondere hinsichtlich einer auf ein Drehkreuz zur Sauna gerichteten Videokamera, die dazu dienen soll, ein unbefugtes Betreten durch Personen, die das Eintrittsgeld für die Sauna nicht bezahlt haben, zu verhindern, bestand Uneinigkeit. Bei einer Begehung vor Ort konnte festgestellt werden, dass dieser Zweck durch die angebrachte Kamera aus verschiedenen Gründen nicht erreicht werden kann und die Videoüberwachung daher ungeeignet ist. Die Verhinderung eines unbefugten Betretens des Saunabereichs kann durch andere Maßnahmen erreicht werden. Die Datenschutzaufsichtsbehörde kann auch nicht nachvollziehen, dass die Kamera am Drehkreuz zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen in der Sauna erforderlich sein könnte, was von der Bäderland GmbH ebenfalls behauptet wird. Derartige Übergriffe können auch im Schwimmbad selbst erfolgen, wo keine Videokameras installiert sind. Sollte es aber tatsächlich einmal zu Vorfällen kommen, so wäre es möglich, die „Täter" anhand der Videobilder des Ein- und Ausgangsbereichs zu identifizieren. Mittlerweile hat die Bäderland GmbH die auf das Drehkreuz gerichtete Kamera abgebaut.

Nachgedacht wird von der Bäderland GmbH noch über die Anbringung weiterer Kameras im Bistrobereich eines Schwimmbads, in dem mehrfach nach Betriebsschluss Waren aus dem nicht abschließbaren Tresenbereich und aus abgeschlossenen Kühlschränken entwendet wurden. Wir halten diese Argumentation nicht für ausreichend, die Erforderlichkeit von Videokameras zu begründen. Es gibt andere ebenso geeignete Maßnahmen, z. B. Einschließen der Waren im Tresenbereich und eine genaue Kontrolle des Kühlschrankinhalts und der ausgegebenen Schlüssel für die Kühlschränke, die zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks ausreichen und weniger in die Betroffenenrechte eingreifen.

Insgesamt zeigt auch die Erörterung mit der Bäderland GmbH, dass Videoüberwachungstechnik von vielen Stellen als ein Allheilmittel angesehen wird und die verantwortlichen Stellen sich häufig gar nicht überlegen, ob es andere Möglichkeiten gibt, die beabsichtigten Zwecke zu erreichen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die ständige Präsenz von Kameras einen Überwachungsdruck erzeugen kann, der mit dem Risiko eines Autonomieverlustes der Betroffenen einhergeht. Auch wenn ein komplettes Verbot von Videoüberwachungskameras in vielen Bereichen nicht möglich sein dürfte, wird der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Einzelfällen genau prüfen, ob der Einsatz einzelner Videokameras den Voraussetzungen des §6b BDSG entspricht.

Videoüberwachung in Einkaufszentren:

Bei der Installation von Videoüberwachungstechnik in Einkaufszentren werden die gesetzlichen Anforderungen häufig nicht beachtet.

Durch eine Beschwerde wurden wir auf die umfassende Videoüberwachung in einem modernisierten Einkaufszentrum in Hamburg aufmerksam. Unsere Überprüfung ergab, dass die in Hamburg ansässige Betreibergesellschaft Videoüberwachungstechnik in dem größten Teil der von ihr im Hamburger Stadtgebiet und in anderen Bundesländern betriebenen Einkaufszentren installiert hat. Dabei wurden neben den Ein- und Ausgängen die Ladenstraßen, Eingänge zu einzelnen Geschäften, Rolltreppen, Gastronomie und Ruhebereiche, Kassenautomaten, Zugänge zu den Parkbereichen und die Parkdecks überwacht.

Nach §6b BDSG ist eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interesse der Betroffenen überwiegen. Nach Angaben der Betreibergesellschaft erfolgt die Videoüberwachung in den Einkaufszentren zur Wahrnehmung des Hausrechts. Etwaige Vorkommnisse in der Ladenstraße sollen schnell erfasst werden, damit die Verwaltung schnell eingreifen könne. Zum Beispiel solle so verhindert werden, dass die Ladenstraße zum dauerhaften Aufenthalt oder Hausieren genutzt werden könne. Mit Hilfe der Videoüberwachung solle eine störungsfreie, angenehme Atmosphäre für die Kunden aufrechterhalten werden. Außerdem wird die Videoüberwachung nach Angaben der Betreibergesellschaft eingesetzt, um Straftaten generalpräventiv zu verhindern. Dies sei dann zulässig, wenn sich einschlägige Delikte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ereignen würden, etwa weil es sich um geschäftstypische Straftaten handele, wie Ladendiebstähle in einem Kaufhaus. Im Jahr 2006/2007 habe es mindestens 35

Raubüberfälle, Einbrüche und Einbruchsversuche in den über 70 verwalteten Einkaufszentren gegeben. Außerdem hätten sich zahlreiche Diebstähle im Bereich der Ladenstraße ereignet, z. B. Taschendiebstahl und Diebstahl von Ausstellungsstücken von Mietern. Es sei zu Schlägereien und zu Sachbeschädigungen gekommen, BTM-Delikte hätten sich ereignet und Geldautomaten seien missbräuchlich genutzt worden.