Aufhebung des Nachtflugverbots

Wirtschafts- und Umweltbehörde haben am 19. April 2010 beschlossen, das „Nachtflugverbot" in Hamburg vorübergehend aufzuheben. Für die ersten beiden Nächte nach der Freigabe des deutschen Luftraums sollen die in Hamburg geltenden Nachtflugbeschränkungen pauschal aufgehoben werden. Ob weitere Aufhebungen notwendig seien, würde ­ so die Umweltsenatorin ­ „nach Lage der Dinge" entschieden werden. Neben Regelungen für die allgemeine Luftfahrt wurde auch über den Airbus-Werksverkehr entschieden.

Ich frage den Senat:

1. Wann und von wem wurde die Entscheidung getroffen, die in Hamburg geltenden Beschränkungen des Luftverkehrs für die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr aufzuheben?

Am 18. April 2010 wurde die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) gebeten, für die beiden Nächte nach Freigabe des deutschen Luftraums durch den Bundesverkehrsminister die für den Hamburger Flughafen geltenden Nachtflugbeschränkungen aufzuheben. Die Entscheidung hierüber wurde gemeinsam zwischen der Behörde für Wirtschaft und Arbeit und der BSU sowie der Flughafen Hamburg GmbH getroffen.

2. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde die Entscheidung getroffen?

Die örtlichen Flugbeschränkungen sind im Luftfahrthandbuch (AIP AD 2.20 EDDH) festgeschrieben. Rechtsgrundlage ist § 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Luftverkehrsgesetz.

Der Fluglärmschutzbeauftragte kann von den dort genannten Regelungen im Einzelfall insbesondere dann Ausnahmen zulassen, wenn dies zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder in Fällen besonderen öffentlichen Interesses erforderlich ist.

Im vorliegenden Fall handelt es sich sowohl um die Vermeidung erheblicher Störungen des Luftverkehrs als auch um ein besonderes öffentliches Interesse.

3. Wurde bei dieser Entscheidung der Fluglärmschutzbeauftragte beteiligt, informiert oder konsultiert?

a. Wenn ja ­ wann, in welcher Form und mit welchem Ergebnis?

b. Wenn nein ­ warum nicht?

Ja, der Fluglärmschutzbeauftragte wurde auch zu den Krisensitzungen hinzugezogen.

Er hat dieser Vorgehensweise zugestimmt, damit nächtliche Störungen über einen längeren Zeitraum so weit wie möglich vermieden werden und den Fluggesellschaften Planungssicherheit bis zu einem regulären planmäßigen Flugbetrieb ermöglicht wird.

4. Wie viele Menschen waren zum Zeitpunkt der Entscheidung auf dem Gelände des Flughafens an ihrer Weiterreise gehindert?

Zwischen dem Zeitpunkt der Sperrung des Luftraums und dem Zeitpunkt der Entscheidung zur Lockerung der Nachtflugbeschränkungen konnten am Flughafen Hamburg über 170.000 Passagiere ihre Reise nicht antreten.

5. Wer entscheidet jeweils wann nach welchen Vorschriften über die Verlängerung der „Aufhebung der Beschränkungen des Luftverkehrs in der Zeit zwischen 23.00 und 6.00 Uhr"?

a. Für welchen Zeitraum wird eine Verlängerung jeweils ausgesprochen?

b. Wie oft und für welche Zeit insgesamt ist eine Verlängerung zulässig?

Zuständig für die Zulassung von Ausnahmen von den Einschränkungen des Nachtluftverkehrs ist der Fluglärmschutzbeauftragte. Ausnahmen werden sehr restriktiv und nur in besonderen Situationen erteilt, wenn dies zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder in Fällen besonderen öffentlichen Interesses erforderlich ist.

In der Nacht vom 21. auf den 22. April 2010 und der Folgenacht wurden die Nachtflugbeschränkungen generell aufgehoben. Eine Verlängerung dieser Ausnahme war nicht notwendig.

6. Wird der Fluglärmschutzbeauftragte bei der Entscheidung über eine Verlängerung einbezogen?

a. Wenn ja ­ in welcher Form?

b. Wenn nein ­ warum nicht?

Entfällt.

7. Wer entscheidet über die Freigabe des Luftraums?

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) entscheidet in Rücksprache mit der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) und dem Deutschen Wetterdienst (DWD) über die Freigabe des Luftraums.

8. Nach welchen Kriterien und auf welcher Rechtsgrundlage wird die Entscheidung getroffen?

Die International Civil Aviation Organization gibt im sogenannten Volcanic Ash Contingency Plan (ICAO EUR Doc 019) vor, dass in sogenannten contaminated areas Freigaben für Flüge im Instrumentenflugbetrieb (IFR-Flüge) nicht erteilt werden dürfen.

Entscheidungen über Sperrungen oder Freigaben des Luftraums beruhen auf Analysen und Beratungen des bei der DFS angesiedelten Krisenstabs, bestehend aus Experten des BMVBS, der DFS, des DWD, des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung sowie EUROCONTROL.

9. Auf welcher Rechtsgrundlage wird der Airbus-Werksverkehr in der Nacht zugelassen?

Nachtflüge können nach § 25 Absatz 1 Nummer 2 Luftverkehrsgesetz in Verbindung mit § 15 Luftverkehrsordnung als Außenstart- und -landeerlaubnis zugelassen werden.

a. Warum und von wem wurde ein Antrag auf Zulassung des Werksverkehrs in der Nacht gestellt?

Wer entscheidet über die Zulassung des Airbus-Werksverkehrs in der Nacht?

Aufgrund der seit Sperrung des Luftraums ausgefallenen Werksflüge und der damit einhergehenden Beeinträchtigung des Produktionsprozesses hat die Airbus Operations GmbH am 20. April 2010 einen Antrag auf vier nächtliche Flugbewegungen gestellt. Über einen solchen Antrag entscheidet die Oberste Landesluftfahrtbehörde.

b. Für welchen Zeitraum wurde der Airbus-Werksverkehr zugelassen?

Für den Sonderlandeplatz Finkenwerder gilt eine Betriebszeit von montags bis samstags 6 bis 22 Uhr, ausgenommen an gesetzlichen Feiertagen.

c. Werden auch beim Airbus-Werksverkehr Verlängerungen des „Nachtflugverbots" erwogen?

Eine Verlängerung des „Nachtflugverbots" kann es nicht geben, weil nächtlicher Flugbetrieb auf dem Sonderlandeplatz Finkenwerder ohnehin nicht zugelassen ist.

d. Wenn ja ­ warum und unter welchen Bedingungen?

Entfällt.

10. Zurzeit wird in Deutschland unter „kontrollierten Sichtbedingungen" geflogen.

a. Was bedeutet diese Formulierung genau? „Kontrollierter Sichtflug" ist ein Verfahren zur Durchführung von Sichtflügen im kontrollierten Luftraum der Klasse C. Dieser beginnt über Deutschland in der Regel in einer Höhe von 10.000 Fuß (circa 3.280 Meter) über dem Meeresspiegel. Über größeren Flugplätzen ist der kontrollierte Luftraum aufgrund der Vielzahl der Flugbewegungen bis auf unter 1.000 Meter abgesenkt. Die DFS erteilt für Flüge durch diesen Luftraum Flugverkehrskontrollfreigaben und gibt den Luftfahrzeugführern Flugparameter wie Kurs, Höhe und Geschwindigkeit vor.

b. Ist in der Nacht das Fliegen unter „kontrollierten Sichtbedingungen" möglich?

Ja.

c. Welche Mindestflughöhe muss beim Fliegen unter kontrollierten Sichtbedingungen eingehalten werden?

Es gelten die in § 6 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) definierten Mindestflughöhen.

Über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten, Industrieanlagen, Menschenansammlungen, Unglücksorten sowie Katastrophengebieten beträgt die Sicherheitsmindesthöhe mindestens 1.000 Fuß (circa 300 Meter) über dem höchsten Hindernis in einem Umkreis von 600 Metern, in allen übrigen Fällen 500 Fuß (circa 150 Meter) über Grund oder Wasser. Die Sicherheitsmindesthöhe darf nur unterschritten werden, soweit es bei Start und Landung notwendig ist.

d. Welche Sicherheitsbedingungen gelten beim Fliegen unter kontrollierten Sichtbedingungen noch?

Siehe Antwort zu 10. a. Zudem dürfen Flüge nach Sichtflugregeln nur durchgeführt werden, wenn die in Anlage 5 zur LuftVO definierten Bedingungen erfüllt sind. Diese beinhalten neben der Gewährleistung einer ständigen (Funk-)Hörbereitschaft folgende Mindestwetterbedingungen: Boden- und Flugsicht fünf Kilometer, Abstand von Wolken in waagerechter Richtung 1,5 Kilometer, in senkrechter Richtung 300 Meter, Hauptwolkenuntergrenze 450 Meter über Grund oder Wasser.

e. Werden die Vorschriften zum Lärmschutz unter kontrollierten Sichtbedingungen verändert?

Nein.

f. Wenn ja ­ in welcher Weise?

Entfällt.