Spätfolgen einer Schiffshavarie

Presseberichten von Anfang Juli zufolge sind auch in Hamburg gesundheitliche Schäden bei Männern aufgetreten, die vor zehn Jahren mit der Havarie des niederländischen Frachters „Oostzee" zu tun hatten.

Vorausgesetzt, diese Berichte treffen zu, frage ich den Senat.

Der ca. 3600 BRT große niederländische Frachter „Oostzee" war am 18. Juli 1989 auf dem Weg von Rotterdam nach St.Petersburg, als bei einem Sturm in der Elbmündung die Ladung verrutschte. Ermittlungen ergaben, dass die Fässer unsachgemäß gestaut waren. Ein Teil der rund 3700 Fässer mit der Chemikalie Epichlorhydrin schlug leck, und Gas strömte aus. Der Frachter lief Brunsbüttel an, um die defekten Fässer zu bergen und verseuchte Abwässer abpumpen zu lassen. Die Besatzung wurde rechtzeitig von Bord gebracht.

Anläßlich dieses Einsatzes waren vier Beamte der Hamburger Wasserschutzpolizei in unmittelbarer Nähe des Schiffes dienstlich tätig.Während drei Beamte sich an Bord des Streifenbootes „WS 1" befanden, welches längsseits des MS „Oostzee" lag, hat ein Beamter mit einem Vollschutzanzug und einem außenluftunabhängigen Preßluftatmer das Schiff betreten. Für diese Mitarbeiter liegen keine Dienstunfallmeldungen aus dieser Zeit vor. Einer der vor Ort eingesetzten Beamten ist 1995 im Alter von 54 Jahren aus gesundheitlichen Gründen auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt worden.Eine Auswertung dieser Personalakte ergab keinen Hinweis, dass die Pensionierung im ursächlichen Zusammenhang mit dem damaligen Einsatz stand.

Der zu damaliger Zeit zuständige Cuxhavener Krisenstab forderte auch die Feuerwehr Hamburg in Amtshilfe an. Acht Beamte der Umweltwache fuhren am 19. Juli 1989 zum Einsatz. Unter Vollschutz wurden durch die Beamten an Bord des Schiffes Messungen zur Unterstützung der Einsatzleitung durchgeführt. Die Kräfte der Hamburger Feuerwehr rückten noch am gleichen Tag wieder ab. Auch in diesen Fällen sind dem zuständigen Arbeitsmedizinischen Dienst der Behörde für Inneres bis zum heutigen Tag keine Krankmeldungen von den am Einsatz beteiligten Feuerwehrbeamten bekannt, die im Zusammenhang mit dem Einsatz stehen könnten.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Was wird zur Zeit unternommen bzw. erwogen, um den Geschädigten zu helfen?

Durch arbeitsmedizinische Untersuchungen am 15. Juli 1999 soll bei allen vier seinerzeit unmittelbar am MS „Oostzee" eingesetzten Hamburger Wasserschutzpolizeibeamten überprüft werden, ob Schädigungen vorliegen, die im Zusammenhang mit den damaligen Ereignissen stehen können. Diese Maßnahme wurde am 30. Juni 1999 unmittelbar nach den ersten schleswig-holsteinischen Presseberichten durch die Polizeiführung angeordnet.

Das gleiche gilt für die damals auf der „Oostzee" eingesetzten Feuerwehrbeamten. Die Untersuchung soll durch den Personalärztlichen Dienst wahrgenommen werden. Entsprechende Schreiben an die betroffenen Feuerwehrbeamten sind in Vorbereitung.

2. Welche Vorkehrungen gibt es, um in Zukunft derartige Havarieschädigungen zu verhindern?

Die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen wird in international gültigen Bestimmungen geregelt.

Durch die „International Maritime Organization" (IMO) werden aufgrund von bekanntgewordenen Gefahrgut-Havarien Verbesserungen und Fortschreibungen der bestehenden Vorschriften initiiert und neu eingeführt. Seit der Havarie der „Oostzee" sind neben der Verbesserung von Stau- und Laschvorschriften (deren Nichtbeachtung mitursächlich für den „Oostzee"-Unfall waren) auch die Verantwortlichkeiten der Stauereifirmen neu festgelegt worden.

Trotz ständiger Anpassung und Entwicklung der internationalen Vorschriftenlage sind Gefahrgut-Unfälle im Seeschiffsverkehr, die überwiegend auf schweres Wetter, Seeschlag und auch menschliches Fehlverhalten zurückzuführen sind, nie ganz auszuschließen.

Die Hamburger Wasserschutzpolizei ist im Hamburger Hafen zuständig für die Überwachung der Einhaltung der Gefahrgutvorschriften. Die durch die Wasserschutzpolizei durchgeführten Kontrollen werden in erster Linie zur Gefahrenabwehr und im Sinne der Prävention (unter anderem zur Verhinderung von Unfällen auf See) betrieben.

Im Falle eines Schadens durch Freiwerden von gefährlichen Gütern ­ ob im Hafen, auf der Elbe oder im hamburgischen Küstenmeer ­ ist die Rolle der Wasserschutzpolizei, analog zu den polizeilichen Aufgaben an Land, auf Absperr- und Sicherungsmaßnahmen beschränkt, um die Gefahrenzonen vor dem Zugang unbeteiligter Dritter freizuhalten. Die technische Ausrüstung der Wasserschutzpolizeibeamten an Bord der Streifenboote dient entsprechend diesem Auftrag ausschließlich der Eigensicherung und beinhaltet ABC-Schutzmaske, Gasspürgeräte und leichte Chemieanzüge.

Ggf. erforderliche Schiffsunfallermittlungen bzw. strafprozessuale Ermittlungen werden von der Wasserschutzpolizei erst nach Bereinigung der Gefahrensituation vor Ort durchgeführt.

Im Rahmen der Ausbildung für Polizeischüler wird innerhalb des Unterrichts im Zusammenhang mit Gefahrgütern bzw. Einsatzlehre auf die Eigensicherung bei Gefahrgutunfällen ausdrücklich eingegangen. Für die Beamten der Wasserschutzpolizei wird dieses im Rahmen eines Zusatzlehrgangs intensiviert. Im übrigen werden verschiedene Fortbildungsveranstaltungen zu diesem Thema angeboten.

Schließlich ist jeder Hamburger Polizeibeamte mit dem Leitfaden LF 371 ­ Eigensicherung im Polizeidienst ­ ausgestattet, der in einem eigenen Abschnitt auch das Verhalten im Zusammenhang mit umweltrelevanten Schadstoffen behandelt.

Die technische Gefahrenabwehr, d.h. die Schadensbekämpfung vor Ort, wird von der Feuerwehr Hamburg mit Beratung und Unterstützung weiterer Behörden und Organisationen zur Bekämpfung von Chemieunfällen sowie speziellen Firmen wahrgenommen.

Die Feuerwehr Hamburg hat speziell für die Schadensbekämpfung im Gefahrstoffsektor, insbesondere für den Hamburger Hafen, im Jahre 1986 die Technik- und Umweltschutzwache eingerichtet. Dort sind speziell auf diesem Gebiet geschulte Feuerwehrbeamte tätig und in der Lage, die Gefährdungen für Personen durch Chemikalien zu beurteilen und die entsprechenden Schutzmaßnahmen vorzunehmen.

Dafür steht ein sogenannter Umweltzug mit spezieller Technik und Chemikalienschutzanzügen zur Verfügung.

Sowohl für die Grundausbildung als auch für die Ausbildung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst ist Gefahrstoffeinsatzlehre ein fester Bestandteil des Unterrichts in theoretischer und praktischer Hinsicht.

3. Entspricht die technische Ausrüstung von Feuerwehr und Wasserschutzpolizei den Gefahrenpotentialen, die in der heutigen Handelsschiffahrt anzutreffen sind?

Ja.