Billigkeitsentschädigungen für Behelfsheime und damit einhergehende soziale Ungerechtigkeiten

Nach dem Ende des ZweitenWeltkrieges herrschte im zerbombten Hamburg allgemeiner Wohnungsnotstand. Unter größten Mühen und finanziellen Entbehrungen errichteten Kleingärtner sogenannte Behelfsheime mit behördlicher Baugenehmigung, die über Jahre hinweg als Wohnraum genutzt wurden und den Druck auf den überlasteten Wohnungsmarkt verringerten.

Mit dem Erlaß einer Richtlinie zur Entschädigung von Behelfswohnbauten entschied der Senat 1959, dass dieses Engagement durch Entschädigungen abgegolten werden sollte.Viele, meist ältere Kleingärtner und deren Erben beklagen heute, dass die zum damaligen Zeitpunkt getätigten Investitionen sowie die laufenden Aufwendungen für die Instandhaltung heute nur noch vermindert und nicht etwa verzinst entschädigt werden. Sie fühlen sich deshalb ob ihres Engagements für die Allgemeinheit benachteiligt.

Die allgemeine Wohnungsnot zwang nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dazu, auch in Kleingärten, die ihrer Bestimmung nach kein Bauland sind, eine winterfeste Bebauung in Selbsthilfe zuzulassen, um kurzfristig den Wohnungsmarkt zu entlasten. Die Bezeichnung „Behelfsheim" drückt dabei aus, daß es sich um eine dem Wesen nach provisorische Unterkunft handelt.

Von mehr als 40 000 dauernd bewohnten Behelfsheimen im Jahre 1950 hat sich der Bestand bis heute auf weniger als 3000 Behelfsheime verringert. Davon befinden sich 1478 auf stadteigenen Kleingartenflächen.Mehr als 50 Jahre nach Kriegsende werden die Behelfsheime allerdings in den meisten Fällen nicht mehr von den ursprünglichen Eigentümern, sondern von nachfolgenden Generationen bewohnt, die nicht für sich geltend machen können, in Zeiten größter Wohnungsnot für eine eigene Unterkunft gesorgt und damit die Stadt entlastet zu haben.

Auf der Grundlage des „Handlungskonzeptes für Behelfsheime und Behelfsheimgebiete in Hamburg" (Drucksache 9/1788 vom 8. Januar 1980) sowie mit der Zahlung von Behelfsheimentschädigungen im Billigkeitswege nach den in der Anfrage genannten Richtlinien des Senats soll den Behelfsheimeigentümern der Übergang zu neuen Wohn- und Lebensformen erleichtert werden. Nach und nach sollen die Behelfswohnbauten zur Wiederherstellung geordneter stadtplanerischer und bauordnungsrechtlicher Zustände beseitigt werden.

Voraussetzungen für die Gewährung der Billigkeitsentschädigung sind unter anderem die Beendigung der dauernden Wohnnutzung, die Räumung sowie die Aufgabe des Eigentums am Behelfsheim. Entschädigte Behelfsheime sind nach den Senatsrichtlinien und dem oben genannten Handlungskonzept grundsätzlich abzubrechen.

Will ein ehemaliger Dauerbewohner sein Behelfsheim als Laube weiternutzen, wird auf den sofortigen Abbruch verzichtet. In diesem Falle übernimmt der Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. in seiner Funktion als Hauptpächter der stadteigenen Kleingartenflächen das Behelfsheim (sogenannte Aneignung) und überläßt es dem jeweiligen Parzellenpächter unentgeltlich zur Weiternutzung als Laube. Der Abbruch wird zu einem späteren Zeitpunkt auf Kosten der Stadt durchgeführt. Entsprechend wird verfahren, wenn das frei gewordene Behelfsheim sich auf einem Kleingartengelände befindet, für das die Kündigung für den planerisch ausgewiesenen Zweck absehbar ist.

Der objektbezogene Bestandsschutz ist gewährleistet. Dem Behelfsheimeigentümer bleibt es ­ unter Verzicht auf die Billigkeitsentschädigung ­ unbenommen,

­ Eigentümer des Behelfsheims zu bleiben und das Kleingartenpachtverhältnis fortzusetzen bzw. als Erbe mit Zustimmung des Vorstands des Kleingartenvereins neu zu begründen und das Behelfsheim als Laube weiterzunutzen oder

­ das Behelfsheim (zum Laubenwert) an den nachfolgenden Parzellenpächter zur Weiternutzung als Laube zu verkaufen, sofern der Vorstand des Kleingartenvereins zustimmt.

Es wird davon ausgegangen, dass sich die Fragen auf Behelfsheime auf stadteigenen Kleingartenflächen beziehen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Für die Ermittlung der Höhe der Billigkeitsentschädigung sind nach den Richtlinien über die Entschädigung von Behelfswohnbauten in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 10. November 1959 mit Änderungen vom 25. April 1961, 26. März 1968 und 4. November 1975 gemäß Nummer 2 Absatz 2 die Herstellungskosten ähnlicher im Jahre 1914 errichteter Bauten vervielfacht mit der Richtzahl 11 abzüglich jährlicher Absetzung für Abnutzung maßgeblich, wobei Restwerte von 45 Prozent nicht zu unterschreiten sind.Ist es zutreffend, daß auf diesem Weg Entschädigungen für Behelfsheime ungeachtet ihres tatsächlichen baulichen Zustands gewährt werden? Wenn ja, wie rechtfertigt der Senat diese Praxis?

Nein, die Höhe der Billigkeitsentschädigung orientiert sich auch an Größe und baulichem Zustand des Behelfsheims.

2. Wie rechtfertigt der Senat

a) den Abbruch von als „Gartenlaube" weiterhin nutzbaren Behelfsheimen, obwohl für diese ein objektbezogener Bestandsschutz gilt, und

b) den zur Weiternutzung des Kleingartens erforderlichen Neubau einer Typenlaube (für in der Regel mehr als 20 000 DM) vor dem Hintergrund der Sozialverträglichkeit und Sinnhaftigkeit dieses Verfahrens?

SieheVorbemerkung.Es besteht keinTypenlaubenzwang mehr.Zulässig sind alle Lauben, die der aktuellen Baufreistellungsverordnung entsprechen.

Der zur Weiternutzung des Kleingartens erforderliche Neubau einer Laube ist ­ je nach Anspruch des Parzellenpächters ­ auch weit unter 20 000 DM realisierbar. In einfachster handwerklicher Ausführung ist eine Gartenlaube dann bereits ab ca. 3000 DM zu erstellen.

3. a) Wie viele Behelfsheime gab es ­ aufgeschlüsselt nach den sieben Hamburger Verwaltungsbezirken ­ zum 30. Juni 1999?

Dauernd bewohnte Behelfsheime (Stand: 30.

c) In wie vielen Fällen fand eine Aneignung durch den Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. vor Auszahlung der Billigkeitsentschädigung statt?

d) Falls der Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. alleiniger Aneigner war: Wie erklärt der Senat diesen Sachverhalt?

e) In wie vielen Fällen gab es eine Aneignung vor Auszahlung der Billigkeitsentschädigung durch andere als den Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. für die Jahre 1997, 1998 und das erste Halbjahr 1999?

Siehe Vorbemerkung. Die Anzahl der Aneignungen durch den Landesbund wird statistisch nicht erfaßt und ließ sich in der Kürze der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht ermitteln.