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Kostenstabiles Bauen Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg

Planänderungsverfahren eine qualifizierte Abwägung über die mögliche Alternative dokumentiert wurde.

- Änderungen des festgelegten Standards zogen weitere damit zusammenhängende Ausführungsänderungen nach sich, ohne dass dies im Planänderungsverfahren transparent dokumentiert und abgewogen wurde.

- Nachtragsforderungen wurden aufgrund eines fehlenden funktionstüchtigen Nachtragsmanagements nicht zeitnah, sondern teilweise erst bis zu zwei Jahre nach Antragsstellung bearbeitet, verzögerten damit die Kostenfortschreibung und verminderten die Steuerungsmöglichkeiten.

Ursachen 91. Als Ursachen für die Mängel können Defizite bei der Wahrnehmung von Prüfungs- und Kontrollaufgaben bei Zuwendungsmaßnahmen,100 unzureichende Kostenkontrolle durch Architekten und Ingenieure,101

Steuerungsfehler des Bedarfsträgers102 sowie mangelndes Kostenbewusstsein der Bedarfsträger benannt werden. Es fehlt an systematisch einsetzbaren Instrumenten, um Steuerungsentscheidungen zeit- und sachgerecht herbeizuführen, transparent zu dokumentieren und die finanziellen Konsequenzen aufzuzeigen.

Handlungsempfehlungen 92. Planungsänderungen und Nachträge können trotz guter Projektvorbereitung, insbesondere bei großen Baumaßnahmen, nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Leitungsaufgabe besteht darin, die Auswirkungen im Hinblick auf Kostensteigerungen zu minimieren. Neben sorgfältiger Bedarfsplanung, Projektvorbereitung und Entwurfsplanung ist es notwendig, im weiteren Realisierungsprozess über erforderliche und nicht erforderliche Planungsänderungen und Nachträge mittels eines standardisierten Verfahrens zu entscheiden.

Das Verfahren zur Kostenkontrolle ist in der VVBau104 zwar geregelt, reicht aber angesichts vorgenannter Defizite nicht aus, um Planungsänderungen und den daraus folgenden Nachträgen zielgerichtet steuernd zu begegnen. Ziel muss es sein, kostensteigernde Änderungen innerhalb der Gesamtprojektkosten auszugleichen und nur im Ausnahmefall durchzuführen.

93. Um die Entscheidung über erforderliche und nicht erforderliche Planungsänderungen transparent zu dokumentieren und gegebenenfalls Kostensteigerungen entgegenwirken zu können, ist die Einrichtung eines Planänderungsmanagements als Bestandteil der Kostenüberwachung durch den Projektsteuerer bei großen und komplexen Baumaßnahmen notwendig. Das Planänderungsmanagement soll anhand von Regelabläufen Ursachen sowie Verursacher von Planungsänderungen und deren Auswirkungen auf Kosten und Termine erfassen. Mit diesem Vorgehen wird eine Entscheidung des Bauherrn aufgrund sachgerechter Interessensabwägung zum Beispiel zwischen Nutzerbelangen, finanziellen und terminlichen Belangen sichergestellt.

VV-Bau vom 15. Dezember 1994, Stand 12/2009, Nr. 2.4.1.3. Der Nutzen besteht u. a. in einer Verbesserung der Entscheidungsfindung, in juristischer Streitminderung sowie erhöhter Transparenz. Das Nachtragsmanagementsystem regelt den Eingang, die Erfassung, die Prüfung und die Bewertung von Nachtragsforderungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht und erfasst regelhaft die möglichen Handlungsalternativen sowie die Auswirkungen zum Beispiel auf Kosten und Termine. Das juristische Vertragsmanagement als ein Bestandteil soll dabei die rechtlichen Möglichkeiten der Nachtragsabwehr sicherstellen. Den Abschluss bilden die Verhandlung der Nachtragsforderungen und die Ergebnisdokumentation.

Die beschriebenen Verfahren sind im Bauwesen allgemein anerkannte Bestandteile der Projektsteuerungspraxis.

Es ist Pflicht des Bauherrn, im Rahmen seiner Projektleitungsverantwortung ab einer wesentlichen Größenordnung ­ in Abhängigkeit von der Komplexität der Maßnahme ­ für ein Planänderungs- und Nachtragsmanagement zu sorgen. Diese müssen als aktive Steuerungsinstrumente zur Unterstützung der Kostensicherheit verstanden und angewandt werden. Darüber hinaus können die dokumentierten Ursachen, Bewertungen und Entscheidungen einen Erfahrungszuwachs bilden, dessen Umsetzung für nachfolgende Maßnahmen von hohem Wert ist.

4.10 Kostenübernahmen Feststellungen

In den letzten Jahren wurden immer wieder Fälle festgestellt, in denen Hamburg bei der Realisierung öffentlicher Bauinvestitionen Kosten getragen hat, ohne hierzu rechtlich verpflichtet gewesen zu sein. Kostenbeiträge öffentlicher oder privater Unternehmen, des Bundes108 oder von Einzelpersonen wurden nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erhoben, wodurch im Betrachtungszeitraum in insgesamt 27 Fällen verdeckte Kostensteigerungen in Höhe von mindestens 17,6 Mio. Euro entstanden sind. Die aufgrund von Abrechnungsmängeln festgestellten verdeckten Kostensteigerungen von insgesamt 20 Mio. Euro wurden damit zu 88 % durch falsche Kostenübernahmen verursacht (vgl. Abbildung 8). Ursachen

In der überwiegenden Anzahl der Fälle war zumindest die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung Dritter bereits vor Baubeginn erkennbar. Dennoch wurde nicht auf eine vollständige und rechtzeitige Einnahmeerhebung ­ wie sie das Haushaltsrecht vorgibt (§ 34 Absatz 2 LHO und hierzu erlassene VV) ­ hingewirkt.

Nach der gesicherten Haushaltsfinanzierung des Bauvorhabens hatte die Refinanzierung der Kosten aus Kostenbeiträgen Dritter keinen bzw. keinen angemessenen Stellenwert.

Handlungsempfehlungen

Der Rechnungshof empfiehlt, dass die Bedarfsträger künftig in den Kostendarstellungen der Bau- und Kostenunterlagen nach §§ 24/54 LHO erklären, ob und in welcher Höhe Kostenbeiträge Dritter zu erwarten sind und zu welchem Zeitpunkt diese eingefordert werden können. Soweit Gründe für Kostenbeiträge nach Vorhabensbeginn eintreten, sind diese zu dokumentieren und zum frühestmöglichen Zeitpunkt geltend zu machen. Entsprechende Regelungen sollten in die für den Hochbau sowie den Tief-, Ingenieur- und Landschaftsbau geltenden VV aufgenommen werden.

5 Übergreifende Handlungsoptionen

Die vorgenannten Handlungsempfehlungen beziehen sich jeweils auf konkrete Vorbereitungs- und Realisierungsschritte. Einen weiteren Beitrag zu mehr Kostensicherheit und zur Beseitigung vorhandener Schwachstellen im hamburgischen Bauwesen können folgende, über alle Phasen eines Vorhabens hinweg wirkende strategische Maßnahmen leisten:

Baufachliche Kompetenz

Eine wesentliche Voraussetzung für die angemessene Wahrnehmung von Bauherrenkernaufgaben ist baufachlicher Sachverstand.

Ohne aktive und fachkundige Mitwirkung der Verwaltung stellt sich kein Erfolg ein; dafür müssen die qualitativen und quantitativen Voraussetzungen gegeben sein. Der Sachverstand ist nicht nur für Vorhaben des staatlichen Hoch- und Tiefbaus, sondern auch für den Bereich der Zuwendungsbauten notwendig. Bei Hochbauten werden die Bedarfsträger ohne eigene baufachliche Kompetenz in besonderem Maße auf die Hochbaudienststellen zur Übernahme auch von Bauherrenkernleistungen angewiesen sein. Im November 2002 hatte der Senat die Zusammenführung der bei den Bezirksämtern und unterschiedlichen Fachbehörden angesiedelten Hochbaudienststellen bei der BSU entschieden. Bis 2008 wurde die Zahl der Hochbaudienststellen von ursprünglich sieben auf drei verringert und gleichzeitig der Vergabeanteil von Architekten- und Ingenieurleistungen an freiberuflich Tätige erhöht. Zum 1. Januar 2010 wurde das Sondervermögen „Schule ­ Bau und Betrieb" gegründet, in dem zwei Hochbaudienststellen sowie die Schulbauabteilung der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) aufgegangen sind. Welche Konsequenzen die vom Senat vorgesehene Gründung eines Sondervermögens „Hochschulen" auf die noch verbleibende Hochschulbaudienststelle mit derzeit 37

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wird, ist noch nicht abschließend geklärt.

Damit ist auch die Frage ungeklärt, inwieweit andere Bedarfsträger künftig noch auf baufachlichen Sachverstand der Hochbaudienststellen zurückgreifen können.

Angesichts dieser Entwicklung hält es der Rechnungshof für erforderlich, im Zusammenhang mit der Neuorganisation des öffentlichen Hochbaus sicherzustellen, dass die Bedarfsträger weiterhin auf städtischen baufachlichen Sachverstand zurückgreifen können.