Steuer

Ziel muss es sein, den Bedarfsträger zu befähigen, seine fachliche und organisatorische Verantwortung bei Baumaßnahmen umfassend, vollständig und fehlerfrei wahrnehmen und sich auf den dafür erforderlichen, begleitenden Grundstock baulichen Sachverstands ­ zum Beispiel eingebettet in eine zentrale, erfahrene, schlanke und beständige Projekteinheit mit hoher Professionalität ­ stützen zu können. Alternativ käme nur der aufwendige Aufbau eigenen baufachlichen Sachverstands bei den verschiedensten Bedarfsträgern in Betracht, wodurch allerdings einem Kompetenzverlust in fachübergreifenden Fragen nicht Einhalt geboten würde.

Baucontrolling

Für große Bauvorhaben mit höchsten Anforderungen an Steuerung und Spezialkenntnisse wird eigener oder externer baufachlicher Sachverstand nicht ausreichen, um Kostensteigerungen zu vermeiden. Auch Entscheidungen, die der Bedarfsträger aus unangemessenem Eigeninteresse trifft und die unwirtschaftlich sind, können dadurch nicht mit Sicherheit verhindert werden. Hierfür bedarf es eines systematischen Controllings über alle Bauphasen von der Bedarfsermittlung bis hin zum Projektabschluss. Die KGSt empfiehlt dafür den Aufbau eines zentralen und unabhängigen Bauinvestitionscontrollings, das bei Bauvorhaben zu beteiligen ist und auch Notwendigkeits- und Dringlichkeitsprüfungen einschließlich deren Abgleich mit der gesamtkommunalen Interessenslage durchführt. Zu den Aufgaben des Bauinvestitionscontrollings zählen u. a. auch

- Angemessenheits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung,

- Sicherstellung der Anwendung geeigneter Planungs-, Kostenermittlungs- und Steuerungsmethoden,

- Sicherstellung der Vollständigkeit der Planung,

- Sicherstellung der Einhaltung von Planungsvorgaben und

- Gewährleistung von Transparenz hinsichtlich der Kosten und Projektstände über alle Bauphasen.

Das Bauinvestitionscontrolling soll eine fachkundige, bedarfsträgerunabhängige und zentrale Instanz wahrnehmen, die Steuerungsunterstützung aus gesamtkommunaler Sicht leistet.

Zu den oben angegebenen Aufgaben sind in Hamburg zwar eine Vielzahl von Einzelregelungen an unterschiedlichen Stellen vorhanden, ein systemischer Ansatz im Sinne einer Konzeption für ein projektumfassendes hamburgisches Bauinvestitionscontrolling fehlt hingegen. Es bleibt den Behörden als Bedarfsträgern selbst überlassen, wie sie ihrer Verantwortung als Bauherr über alle Projektphasen gerecht werden (vgl. Tz. 19). Die Bedarfsträger werden ihrer Verantwortung oftmals aus Unkenntnis über ihre Funktion und Aufgabe als Bauherr nicht gerecht. Trotz fehlender baufachlicher Kompetenz vergeben sie wichtige Aufgaben nicht. In der Folge werden Kostenabweichungen nicht erkannt und Konsequenzen hieraus nicht zeitnah gezogen.

Zum Beispiel: Feststellungen zum Umbau des ZOB Bergedorf, aktuell Jahresbericht 2010, Tzn. 466 bis 482 „Erweiterungsbau des Bernhard-Nocht-Instituts".

Kostenstabiles Bauen Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg

Der Rechnungshof empfiehlt, die Einrichtung eines Baucontrollings zu prüfen, das die Durchführung von großen Bauprojekten über alle Bauphasen unabhängig überwacht. Er sieht die Möglichkeit, diese Aufgabe der Technischen Aufsichtsinstanz, die gegenüber der jeweiligen Behördenleitung berichtspflichtig ist, als eigenständige, unabhängige Controllingaufgabe zu übertragen.

Zumindest hält er es für erforderlich, den Bauherren zur Unterstützung der Steuerungs- und Entscheidungsprozesse und zur nachgehenden Projektauswertung die Konzeption eines Baucontrollings auf Behördenebene verbindlich ­ zum Beispiel durch eine Ergänzung der VV-Bau und der Ingenieurbaurichtlinien

­ vorzugeben. Auf dieser Grundlage kann der Bauherr dann erkennen, welche Aufgaben zu seinen Bauherrenpflichten zählen und entscheiden, wie er diesen gerecht werden kann.

Angesichts der anstehenden Großprojekte (Abschluss Elbphilharmonie, bauliche Auswirkungen der Schulreform, bauliche Entwicklung der Universität, Erhaltung der Infrastruktur, Bau der Stadtbahn, Umgehung Finkenwerder) sollte auch in die Prüfung einbezogen werden, ob an zentraler Stelle im Sinne des KGStVorschlags ein übergreifendes Baucontrolling zu implementieren ist (zum Beispiel bei der Finanzbehörde).

Allgemeine Risikoprävention

Für komplexe Großprojekte mit Gesamtkosten über 100 Mio. Euro und mit bestimmten Risikofaktoren hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung festgestellt, dass diese besonders anfällig für außergewöhnliche Preissteigerungen von bis zu 100 %115 sind. Um dem vorzubeugen, sollten über die bisherigen Handlungsempfehlungen hinaus weitere Vorkehrungen baufachlicher und vertraglicher Art getroffen werden:

- Der Einsatz flexibler Konstruktionen, Elementbauweisen und unabhängig voneinander herstellbarer Bauabschnitte bewirkt eine hohe Anpassungsfähigkeit und vermindert im Zuge der Bauausführung die Risiken aus veränderten Anforderungen (Nutzerbedarfe, technische Anforderungen).

- Die Lösung der Bauaufgabe mittels einfacher, allgemein anerkannter und wenig komplexer Bauteile und Konstruktionen mindert das Ausführungs- und Kostenrisiko.

- Für die Ermittlung der Kosten sollte mit dem Planer ein Standard vereinbart werden, der eine hohe Kostensicherheit gewährleistet. Zum Beispiel sollte dazu auch ein Vergleich mit Kosten ähnlich komplexer und großer Bauvorhaben sowie eine Einschätzung und Bewertung von Kostensteigerungsrisiken unter Berücksichtigung der spezifischen Bauaufgabe117 in eine solche Vereinbarung gehören.

Zum Beispiel: vorhandene Bausubstanz, Schadstoffbelastungen, Unikatcharakter einer Bauaufgabe. Dabei identifizierte Schwachstellen (zum Beispiel unklare, kostentreibende vertragliche Dreiecksverhältnisse) sind konsequent zu beseitigen.

- Die durch Festpreisverträge suggerierte Kostensicherheit ist kritisch zu hinterfragen, da auch hier bei erforderlichen und nicht erforderlichen Planungsänderungen Nachtragsforderungen entstehen können, die in der Regel dem Wettbewerb entzogen sind.

- Die Risikobetrachtung ist in den Prüfungsinhalt der Technischen Aufsicht einzubeziehen. Sie sollte auch Teil der bewilligungsbegründenden Unterlagen werden.

6 Stellungnahme der Verwaltung

Die Verwaltung sieht in dem Bericht des Rechnungshofs eine umfassende Schwachstellenanalyse und in der Bündelung der Handlungsempfehlungen in Leitlinien einen Beitrag, um in die Komplexität des Bauens der öffentlichen Hand eine konkrete Orientierung mit Aussicht auf reale Verbesserungen einbringen zu können. Sie beabsichtigt, den Bericht durch eine überbehördliche Arbeitsgruppe umsetzungsorientiert auszuwerten. Der umfangreiche Katalog der Empfehlungen verdeutliche, dass eine Verbesserung bei der Genauigkeit von Kostenprognosen bzw. der Kostensteuerung von diversen Randbedingungen abhänge.

Einzelne Maßnahmen ließen sich relativ zügig umsetzen, viele Optimierungsschritte würden aber eine umfangreiche Anpassung der Regelwerke sowie erhebliche Eingriffe in die Ablauf- und Aufbauorganisation der Bauverwaltung erfordern. Um eine gemeinsame Sichtweise aller betroffenen Behörden und städtischen Dienststellen herzustellen, bedürfe es vor Umsetzung derartiger Maßnahmen einer intensiven Diskussion bzw. Abstimmung. Die Optimierung einer verwaltungsinternen Kompetenz mit dem Ziel eines kostenstabileren Bauens könne nur dann erfolgreich sein, wenn Prozess- und Organisationsstrukturen langfristig geschaffen und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet würden.

Die Verwaltung hat zu Einzelpunkten mitgeteilt:

- Zu Projektorganisation, Baukostencontrolling und Risikosteuerung sei die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs mit weitreichenden organisatorischen und finanziellen Konsequenzen verbunden. Deshalb müsse vorher grundsätzlich geklärt werden, welches Maß an Planungs- und Controlling-Kompetenz in den Baudienststellen künftig vorgehalten werden solle. Zu ermitteln sei, welcher Mix aus verwaltungsinternem und externem Sachverstand fachlich geboten und wirtschaftlich sinnvoll sei. Im Hinblick auf die Einschaltung externer Dienstleister müssten Aspekte wie Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, Schnittstellen-/Kontrollaufwand sowie Abhängigkeiten und monetäre Folgen einbezogen werden.

- Sie unterstütze die Forderung, sicherzustellen, dass die Bedarfsträger weiterhin auf städtischen Sachverstand zurückgreifen können.