Schließung der Arbeitsgruppe Scientology?

Noch Anfang des Jahres 2009 hatte der Senat auf Nachfrage betont, es sei „beabsichtigt, die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Scientology mit dem gleichen Engagement und im gleichen Umfang wie in der Vergangenheit fortzuführen" (Drs. 19/2208). Ende 2009 hat der Senat dagegen entschieden, „die inhaltliche Arbeit der Arbeitsgruppe Scientology" zwar „fortzusetzen", den Personalbestand der Arbeitsgruppe jedoch „abzusenken". Durch eine „Neuorganisation" der Dienststelle sollten ab dem Haushaltsjahr 2011 jährlich Einsparungen in Höhe von 140.000 Euro erzielt werden (Drs. 19/4733, 19/4777). Seinerzeit verfügte die Dienststelle über 4,5 Stellen der Vergütungsgruppen E 6 bis E 15, das entspricht Personalausgaben in der Größenordnung von jährlich 275. Euro.

Noch am 6. August 2010 hat der Senat meine Nachfrage in Drs. 19/6888, welche Änderungen in Arbeit und Ausstattung der Dienststelle absehbar sind, unbeantwortet gelassen und ausgeführt,

· an der Einschätzung der Gefährlichkeit der Scientology-Organisation habe sich nichts geändert,

· Planungen für öffentlichkeitswirksame Maßnahmen der Arbeitsgruppe in den kommenden Jahren seien noch nicht abgeschlossen und

· im Senat gebe es zu dem Beschluss, den personellen Aufwand der Arbeitsgruppe Scientology um 140.000 Euro zu reduzieren, keine Neuigkeiten.

Nun heißt es aus der Innenbehörde, die Arbeitsgruppe Scientology werde zum 31. August 2010 geschlossen.

Ich frage den Senat:

1. Welche Entscheidungen, Planungen und Überlegungen gibt es mit Blick auf die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Scientology?

a) Welche Entscheidungen wurden im Zusammenhang mit der Vorgabe, die Aufwendungen für die Arbeitsgruppe Scientology zu senken, jeweils wann genau getroffen? Welche Maßnahmen wurden im Einzelnen jeweils wann umgesetzt?

b) Welche Veränderungen werden im Einzelnen ab dem 1. September 2010 eintreten? Wird es insbesondere wie bisher noch eine Unterstützung Ratsuchender geben und durch wen?

c) Trifft es zu, dass die Dienststelle in der Innenbehörde auf eine Person reduziert und damit de facto aufgelöst werden soll?

d) Wie ist dieses Vorgehen zu erklären vor dem Hintergrund, dass der Senat zunächst einen Erhalt der Arbeitsgruppe in vollem Umfang zugesagt (Drs. 19/2208) und dann eine Absenkung des Personalbestands ab 2011 um etwa die Hälfte beschlossen hat (Drs. 19/4733)?

Zum 1. September 2010 werden in Umsetzung des in der Pressemittelung vom 27. November 2009 bekannt gemachten Senatsbeschlusses die bisherigen Aufgaben der Arbeitsgruppe Scientology (AGS) innerhalb der Behörde für Inneres neu verteilt:

Die Aufklärung der Öffentlichkeit und der staatlichen Institutionen über das gefahrvolle Wirken der Scientology-Organisation sowie zum Beispiel auch die Aus- und Fortbildung von Multiplikatoren wird als ministerielle Aufgabe die jetzige Leiterin der AGS, Frau Ursula Caberta, in der Behörde für Inneres weiterhin wahrnehmen.

Für die Beratung von Einzelpersonen und Unternehmen bis hin zur Betreuung von Scientology-Aussteigern ist der Hamburger Verfassungsschutz zuständig. Er kann schon jetzt kontaktiert werden. Ansprechpartner ist Herr Manfred Napieralla. Kontakt: Tel. 040-244443 beziehungsweise E-Mail poststelle@verfassungsschutz.hamburg.de.

e) Bisher sind der Arbeitsgruppe Scientology 4,5 Stellen zugewiesen.

Wie viele Stellen welcher Wertigkeit sollen es künftig sein und welche zeitlichen Planungen gibt es dazu?

Von den 4,5 Stellen der AGS sollen 1,5 Stellen künftig für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben weiterverwendet werden, und zwar in der Wertigkeit 1 Stelle E 15 und 0,5

Stelle E 11.

2. Trifft es zu, dass die bisherigen Räume der Arbeitsgruppe Scientology aufgegeben werden? Wie ist der Sachstand mit Blick auf die Unterbringung ihrer Mitarbeiter?

a) Wer hat die Kündigung der Büros ausgesprochen und wann genau?

Zu welchem Zeitpunkt werden die Räumlichkeiten aufgegeben?

b) Wer hat die Kündigung veranlasst, wann und aus welchen Gründen? Wann und inwiefern ist die Arbeitsgruppe Scientology beziehungsweise ihre Leitung in diesen Vorgang eingebunden worden?

c) In welchen Räumen soll die Arbeitsgruppe Scientology (beziehungsweise ihre Nachfolger) künftig tätig sein?

Die von der AGS zurzeit genutzten Räume in der Admiralitätsstraße von rund 300 m2 Fläche werden für den künftigen Zuschnitt der Wahrnehmung der Aufgaben der Arbeitsgruppe nicht benötigt. Sie wurden daher auf Veranlassung der Amtsleitung vom Gebäudemanagement des Amtes für Innere Verwaltung und Planung der Behörde für Inneres am 15. Juli 2010 fristgemäß zum 31. Januar 2011 gekündigt. Die mit der Wahrnehmung der bisher von der AGS wahrgenommenen Aufgaben betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen im Bürogebäude der Behörde für Inneres im Johanniswall untergebracht werden.

3. Zuletzt war laut Senat vorgesehen, die Arbeit der AG Scientology fortzusetzen, aber „in der Weise neu zu konzipieren", dass ab dem Jahr 2011 „eine Reduzierung des Aufwands in Höhe von 140.000 Euro erreicht wird".

a) Auf welchen Erwägungen beruhte die Entscheidung, den Aufwand um 140.000 Euro zu reduzieren, wie kam diese Höhe der Einsparvorgabe zustande?

b) Bleibt es bei der Vorgabe, den Aufwand um 140.000 Euro zu reduzieren?

c) In welchem Umfang soll der „Aufwand" nach aktuellem Stand reduziert werden und ab wann?

Im Rahmen der Umsetzung des Senatsbeschlusses von Ende 2009 und unter Berücksichtigung der bereits beim Landesamt für Verfassungsschutz wegen der Beobachtung der Scientology-Organisation vorhandenen Kapazität ist vorgesehen, den Aufwand um weitere 30.000 Euro zu verringern. Um die Beratungsaufgabe wahrnehmen zu können, ist vorgesehen, dem Landesamt für Verfassungsschutz zur Wahrnehmung der Beratungstätigkeit eine 0,5 Stelle E 11 zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Im Einvernehmen mit der Leiterin der AGS wurde die Verlagerung der Beratungstätigkeit auf den 1. September 2010 vorgezogen.

4. Wer soll künftig die bisher der Arbeitsgruppe Scientology obliegenden Aufgaben wahrnehmen?

a) Anfang 2009 hat der Senat betont, die Arbeitsgruppe Scientology in der BfI leiste eine „wichtige und erfolgreiche Arbeit bei der Aufklärung über das gefährliche Wirken der Scientology-Organisation".

Wer wird diese Aufgabe künftig in welchen Umfang wahrnehmen?

Siehe Antwort zu 1.

b) Die Arbeitsgruppe Scientology ist seit 2001 oberste Landesjugendbehörde für den Bereich des Jugendschutzes bezüglich neuer religiöser und ideologischer Gemeinschaften und Psychogruppen. Wer wird diese Aufgaben künftig in welchem Umfang wahrnehmen?

Diese Aufgabe der Obersten Landesjugendbehörde für den Bereich des Jugendschutzes wird als ministerielle Aufgabe von Frau Ursula Caberta in der Behörde für Inneres wahrgenommen.

c) Die Arbeitsgruppe Scientology hat Unternehmen, Familien und Institutionen im Zusammenhang mit der Scientology-Organisation beraten und unterstützt. Wer wird diese Aufgaben künftig in welchem Umfang wahrnehmen? Ab wann können sich Ratsuchende an wen wenden?

d) Die Arbeitsgruppe Scientology hat Aussteiger aus der ScientologyOrganisation betreut. Wer wird diese Aufgaben künftig in welchem Umfang wahrnehmen? Ab wann können sich Ratsuchende an wen wenden?

e) Wer wird das Archiv der Arbeitsgruppe Scientology übernehmen und verwalten?

Das Archiv beziehungsweise die Registratur der AGS soll im Bürogebäude der Behörde für Inneres im Johanniswall untergebracht werden.

5. In Drs. 19/2208 hat der Senat erläutert, die Dienststelle verfüge über kein einheitliches Budget, sodass die Sach- und Personalkosten der Arbeitsgruppe nicht gesondert ausgewiesen werden.

a) Welche Angaben sind dennoch dazu möglich, in welcher Höhe beziehungsweise Größenordnung bisher jährlich Kosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der AGS entstanden sind? (Bitte aufschlüsseln nach Personalkosten, Miete, Bürokosten und Öffentlichkeitsarbeit.)

Die Mietkosten für die Räumlichkeiten der AGS beliefen sich in 2009 auf 29.182,92 Euro.

Der Betriebskostenanteil für die AGS belief sich in 2009 auf 7.278 Euro.

Die Ermittlung weiterer Kosten ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand in der für die Benantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

b) Auf welchen Zahlen basierte die Entscheidung, den Aufwand um 140.000 Euro zu reduzieren?

c) Welche Aufwendungen soll es nach derzeitigem Stand in Zukunft geben?

d) Welche Veranstaltungen, Broschüren und vergleichbaren Maßnahmen sind bisher für die kommenden Monate und Jahre geplant?

Welche Vorhaben sind soweit vorbereitet, dass unabhängig von ihrer Durchführung Kosten entstehen und in welcher Höhe? Welche Maßnahmen werden erfolgen, auf welche wird verzichtet?

6. Die Einrichtung der seit Anfang 1993 voll arbeitsfähigen Arbeitsgruppe Scientology in der Innenbehörde basiert auf einem Beschluss des Senats, der wiederum auf ein Ersuchen der Bürgerschaft zurückgeht (Drs. 14/2024). Erst vor wenigen Jahren haben die Fraktionen im Innenausschuss (Drs. 18/5821) ihre Unterstützung für die Arbeit der Dienststelle bekräftigt.

a) Handelt es sich bei der Vorgabe, jährliche Minderausgaben in Höhe von 140.000 Euro bei der Arbeitsgruppe Scientology zu erzielen, um einen ausdrücklichen Beschluss des Senats oder um eine Konkretisierung einer allgemeinen Einsparvorgabe des Senats durch die Innenbehörde?

b) Wer hat wann genau entschieden, auf die Arbeitsgruppe Scientology in ihrer bisherigen Form zu verzichten? Hat der Senat beschlossen, die Organisationseinheit aufzulösen, oder geht die Aufgabe der Dienststelle auf eine Entscheidung der Leitung der Behörde für Inneres zurück?

c) Bedarf es für die anstehende Veränderung der Dienststelle einer Entscheidung des Senats?

d) Ist beabsichtigt, die Bürgerschaft an den Veränderungen zu beteiligen? Hält der Senat es für angemessen, von dem einstimmigen Votum der Bürgerschaft zur Einrichtung der Dienststelle abzugehen, ohne das Parlament erneut zu beteiligen?

Die Aufgaben der AGS werden weiter wahrgenommen, wenn auch im Beratungsbereich in reduziertem Umfang: Ministerielle Aufgaben durch Frau Caberta als Referentin in der Behörde für Inneres und Beratungsaufgaben durch das Landesamt für den Verfassungsschutz. Schon deshalb bedarf es vor Umsetzung der organisatorischen Veränderungen keiner Beteiligung der Bürgerschaft.

7. Im April 2010 hat der Innensenator in einer Pressemitteilung ausgeführt, Hamburg setze sich nach wie vor auf Bundesebene für ein Verbot der Scientology-Organisation und die Einleitung eines vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens ein. Hat sich an dieser Haltung etwas geändert?

Nein.