76er Denkmal (Kriegsklotz) und Gegendenkmal

Das 76er Denkmal (Kriegsklotz) am Dammtor wurde am 15. Mai 1936 eingeweiht. Es ist ein Zeitdokument der NS-Geschichte. Am 4. Januar 1947 kündigte der damalige Senator Hartenfels erstmals an, sehr bald Pläne zur Veränderung vorzulegen. Ende 1979 wurde ein Ideenwettbewerb vom damaligen Kultursenator Professor Tarnowski angekündigt, der zwei Jahre später umgesetzt wurde. Im September 1982 traf die Jury ihre Entscheidung: Drei der über 100 Entwürfe wurden mit 5000 DM ausgezeichnet, weitere fünf Arbeiten mit je 3000 DM.

Sowohl die ausgezeichneten als auch alle anderen Entwürfe verschwanden trotz gegenläufigerVersprechungen seitens der Kulturbehörde in derVersenkung.Statt dessen erhielt der Bildhauer Alfred Hrdlicka ­ selbst Jurymitglied ­ den Auftrag für die Umgestaltung des Platzes.

Ich frage den Senat:

1. Woran lag es, dass keiner der Wettbewerbsvorschläge Grundlage für die spätere Umgestaltung des Platzes wurde?

Unter der Voraussetzung, dass das Denkmal von 1936 erhalten bleiben sollte, wurde 1981 ein offener Künstlerwettbewerb für ein Gegendenkmal ausgeschrieben.Bereits die Preisvergabe von dreimal 5000 DM und fünfmal 3000 DM ließ erkennen, dass die Jury von keinem der Entwürfe so überzeugt war, daß sie ihn mit einem ersten Preis auszeichnete und für die Ausführung vorschlug. Die Kunstkommission lehnte daraufhin die Ausführung eines der Wettbewerbsentwürfe ab und empfahl, die Architekten, die einen der preisgekrönten Entwürfe vorgelegt hatten, bei der Platzgestaltung zu beteiligen.

Anschließend empfahl die Kunstkommission am 30. November 1982 einstimmig, den Bildhauer Alfred Hrdlicka mit dem Entwurf für ein Gegendenkmal zu beauftragen. Nach öffentlicher Präsentation dieser Entwürfe und einstimmigem Beschluß der Kunstkommission sowie Information im Senat wurde der Ausführungsauftrag am 14. September 1983 an Professor Hrdlicka vergeben. Die Zusammenarbeit zwischen den Architekten und Professor Hrdlicka wurde in der Planungsphase jedoch so schwierig, daß sie abgebrochen werden mußte.

2. Was hinderte die Kulturbehörde daran, ihre Ankündigung umzusetzen, eine Dokumentation mit Abbildungen aller Entwürfe herauszubringen?

Die Kulturbehörde hat im November 1982 in der Zeitschrift „Kultur für alle" über die Ergebnisse desWettbewerbs berichtet und drei preisgekrönte Entwürfe abgebildet.

Auf eine Dokumentation aller Wettbewerbsentwürfe ist verzichtet worden, zumal mit der Publikation „Ein Kriegsdenkmal in Hamburg" der Autorengruppe Hedinger, Jaeger u.a. eine fundierte Aufarbeitung der historischen Hintergründe um das 76er Denkmal geleistet wurde.

Darüber hinaus sind zwei Aufsätze in der Publikation „Kunst im öffentlichen Raum. Anstöße der 80er Jahre", Köln 1989, der Entstehung des Gegendenkmals gewidmet.

3. Hat die Behörde dies noch vor? Oder könnte sich die Behörde vorstellen, z.B.lediglich eine Dokumentation der preisgekrönten Entwürfe herauszubringen?

Nein.

4. Der 1983 geschlosseneVertrag zwischen der Stadt und dem Wiener Bildhauer Hrdlicka sah die Lieferung von vier Teilen bis Ende 1986 vor. Im September 1986 wurde der zweite Teil geliefert, Teil drei „Soldatentod" und Teil vier „Frauenbild" fehlen bis heute und sollen auch nicht mehr errichtet werden. Das Gegendenkmal blieb damit unvollständig. Gedenkt der Senat eine künstlerische Ergänzung oder Umgestaltung des 76er Denkmals und Gegendenkmals etwa hin zu einem integrierten Mahnmal vorzunehmen und diesbezüglich z.B. einen Ideenwettbewerb zu initiieren?

Nein.

5. 1985 ließ die Kulturbehörde mehrere Text-Bild-Tafeln installieren, die einerseits wichtige Fakten zu der Geschichte des Kriegsdenkmals sowie Erläuterungen zur Konzeption des Gegendenkmals andererseits enthielten.1993 wurden diese von der Kulturbehörde mit der Begründung wieder abgebaut, dass sie zu oft besprüht worden seien. Hält der Senat es für gerechtfertigt, dass alles, was besprüht wird, abgebaut werden sollte?

Wenn ja, wie oft muss das 76er Denkmal noch besprüht werden, bis es abgebaut bzw. gesprengt wird?

Wenn nein, weshalb hält der Senat das Fehlen von Hinweis- und Erläuterungstafeln für sinnvoll?

Diente die Entfernung der Tafeln der „Förderung der intellektuellen Auseinandersetzung" (Drucksache 14/1569), oder teilt der Senat die Auffassung, dass das Gegendenkmal ohne Erläuterungen dazu neigt, abgetrennt zu wirken?

Die Erläuterungstafeln wurden wiederholt beschmiert, beschädigt und teilweise zerstört, so dass sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen konnten. Deshalb wurden sie entfernt.

Nach der Anfangsinformation erschien es sinnvoll, die individuelle Auseinandersetzung der Betrachter mit beiden Monumenten nicht mehr durch eine Interpretationsvorgabe zu beeinflussen.

6. Erachtet der Senat es als Möglichkeit, die Hinweis- und Erläuterungstafeln wieder zu installieren? Wann könnte dies geschehen?

Eine neue Texttafel mit Hinweisen wird derzeit in der Kulturbehörde entworfen und voraussichtlich noch in diesem Jahr aufgestellt.

7. Bewertet der Senat die Umgestaltung des Platzes als geglückt und abgeschlossen?

Wenn nein, welche sonstigen Maßnahmen, die über die Vorschläge in Fragen 4 und 6 hinausgehen, zieht der Senat in Betracht? Wann sollte dies geschehen?

Der Senat sieht es nicht als seine Aufgabe an, künstlerische Entscheidungen zu bewerten.