Asbestgefahr ernst nehmen ­ Asbestkataster einführen

Im vergangenen Jahr wurde in 117 Hamburger Sporthallen Asbest gefunden. Bei Kabelarbeiten im Rahmen der Initiative „Schulen ans Netz" wurden nun erneut Asbestbelastungen in Schulgebäuden festgestellt. In beiden Fällen wurde die Asbestbelastung nur zufällig aus Anlass von Sanierungsarbeiten aufgedeckt. Denn noch immer gibt es über Asbestbelastungen in öffentlichen Gebäuden keine statistische Erfassung ­ obwohl man weiß, dass in Schulgebäuden und anderen öffentlichen Gebäuden jahrelang Asbest verbaut wurde. So kommt es, dass niemand weiß, wo in den Gebäuden jenes Asbest schlummert, das bei Umbaumaßnahmen wieder freigesetzt werden und damit seine Gefährlichkeit entwickeln kann ­ gerade dort, wo sich unsere Kinder, aber auch viele Hamburgerinnen und Hamburger regelmäßig aufhalten.

Aus Anlass der aktuellen Asbestfunde will die Freie und Hansestadt Hamburg Medienberichten zufolge alle 400 Schulen auf Schadstoffe überprüfen lassen. Dabei sollen allerdings die zu nehmenden Proben auf ein Minimum beschränkt werden. Angesichts der von Asbest ausgehenden massiven Gesundheitsgefahr erscheint das nicht vertretbar: Asbestfasern, die in die Lunge gelangen, können eine sogenannte Asbestose auslösen. Asbestose gehört zu den Staublungenerkrankungen, die Langzeitfolgen wie Lungen- und Rippenfellkrebs zur Folge hat. Rippenfellkrebs führt innerhalb kurzer Zeit zum Tod.

Hamburg kann sich angesichts des von Asbest ausgehenden Risikos nicht auf ein „Asbestkataster Iight" beschränken, sondern muss ein Asbestkataster bekommen, das auf umfassenden Probenahmen basiert und über Schulgebäude hinaus alle öffentlichen Einrichtungen mit einbezieht.

Doch nicht nur in öffentlichen Einrichtungen ist Asbest ein Problem. Auch im Privatbereich wurde Asbest auf vielfältige Weise genutzt, bis der Stoff 1993 in Deutschland und 2005 auch EU-weit verboten wurde. Als Baustoff ist Asbest in sehr vielen Gebäuden enthalten, zum Beispiel als Asbest-Zement in Dacheindeckungen, in Kunststofffußböden, Isolierplatten, Fliesenklebern, Wandputzen und Außenwandverkleidungen.

Aber auch in älteren Elektrogeräten, Kupplungen, Bremsbelägen, Maschinen und technischen Anlagen sowie in Heizungen ist Asbest auch heute noch allgegenwärtig.

Bei Sanierungsarbeiten besteht auch im Privatbereich die Gefahr einer Exposition.

Das ist Heimwerkern nicht immer bewusst. Sie wissen oft nicht, dass es schon gefährlich sein kann, „schnell mal eben" eine alte Zwischendecke herauszureißen oder das Garagendach von Moos und Schmutz zu befreien, und dass es nicht erlaubt ist, kritische Baustoffe privat zu lagern oder weiterzuverwenden. Durch diese Unwissenheit gefährden Heimwerker nicht nur sich selbst, sondern unter Umständen auch Dritte: Bauschutt am Straßenrand beispielsweise kann Passanten und Entsorger gefährden.

Aufklärung für Privatpersonen über Asbestbelastungen und Umgang mit Asbest ist zwar auf der Internetseite des Amtes für Arbeitsschutzes vorhanden (Drs. 19/5483).

Im Interesse der Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburger und um ihr Problembewusstsein zu schärfen, müssen diese Informationen jedoch aufgestockt und für ihre Verbreitung gesorgt werden. Erforderlich ist hier insbesondere die Veröffentlichung eines Katalogs aller auch heute noch mit Asbest belasteten oder potenziell belasteten Materialien.

Abbruch und Sanierung von Asbestprodukten dürfen nur durch Fachbetriebe durchgeführt werden. Laut Senatsantwort wird allerdings nur gut die Hälfte der ordentlich angemeldeten Baustellen kontrolliert. Soweit Fälle illegaler Asbestentsorgung bekannt wurden, wurden keine Bußgelder verhängt; ob in diesen Fällen Strafverfahren eingeleitet wurden, ist dem Senat nicht bekannt (Drs. 19/6832). Hier ist eine konsequentere Verfolgung und Ahndung des illegalen Umgangs mit Asbest angezeigt.

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, folgende Maßnahmen zur Minimierung der von Asbest ausgehenden Gefahren zu ergreifen und der Bürgerschaft über die eingeleiteten Schritte bis zu ihrer Plenarsitzung am 15. Dezember 2010 Bericht zu erstatten:

1. Systematische Erfassung der Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen, in denen Asbest verbaut wurde.

2. Erstellung eines auf umfassenden Probeentnahmen basierenden Asbestkatasters für alle Hamburger Schulen und öffentlichen Einrichtungen wie beispielsweise Kindertagesstätten, Horte, Häuser der Jugend und Hochschulen, auf das die jeweiligen Hausmeister, Leitungen, Eltern- und Schülervertretungen und Sanierungsfirmen Zugriff haben.

3. Informationen an alle Schulleitungen und Leitungen der jeweiligen öffentlichen Einrichtungen, Hausmeister und Eltern- und Schülervertretungen, mit denen auf die Gefahr von Asbest hingewiesen wird.

4. Information der Schulbau Hamburg (SBH) über den Sachverhalt und Hinweis, dass Kontrolle und Aufklärung der mit der Sanierung von Schulen beauftragten Firmen durch das Amt für Arbeitsschutz vorgenommen wird.

5. Ausweitung der Kontrollen bei angemeldeten Asbestsanierungen und verdachtsunabhängige Kontrollen von Baustellen auf mögliche illegale Asbestsanierung und -entsorgung.

6. Aufklärung der Öffentlichkeit über die Gefahren, die von Asbest insbesondere bei privaten Sanierungen ausgehen, und Veröffentlichung eines Katalogs aller auch heute noch mit Asbest belasteten oder potenziell belasteten Materialien.

7. Konsequente Verfolgung illegalen Umgangs mit Asbest.