Rechtsfolgenbelehrungen

Wird in Hamburg bei Hartz IV immer noch sanktioniert, obwohl die Rechtsfolgenbelehrungen nach den verwandten Textmustern rechtlich absolut unzureichend sind?

Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg führte zuletzt im rechtskräftigen Urteil vom 18.08.2010 (Az.: L 5 AS 78/09) aus, dass die mit den von der Bundesagentur für Arbeit über deren IT-Verfahren (insbesondere „A2LL") erstellten Sanktionsentscheidungen bei Meldeaufforderungen rechtswidrig sind, weil sie inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und auch nicht durch hinreichend konkrete Rechtsfolgenbelehrungen legitimiert sind.

Die verwendeten und von „A2LL" angebotenen Formulierungen in den Verfügungssätzen weisen danach generell einen konkreten Einzelfallbezug nicht auf. Auch sind die verwendeten und von „A2LL" angebotenen Rechtsfolgenbelehrungen derart standardisiert, dass sie nur abstrakt alle denkbaren Arten von Verletzungen und deren Folgen aufzählen. Hinreichend belehrt wird der Adressat aber nur, wenn nur die konkrete Meldeaufforderung, an deren Nichtnachkommen nachteilige Folgen geknüpft werden, ausdrücklich benannt wird und der konkrete Adressat sich damit durch die auf den jeweiligen Einzelfall konkret umgesetzte Belehrung direkt angesprochen fühlt.

Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn mehrere Varianten von Meldepflichten zur Auswahl gestellt werden und dem Hilfebedürftigen die Auswahl überlassen wird, ob eine und gegebenenfalls welche der genannten Varianten für ihn einschlägig ist. Konkret wird zudem vom LSG bemängelt, dass in der einschlägigen standardisierten Passage die fragliche Meldepflicht lediglich durch einen Hinweis auf deren gesetzliche Grundlage umschrieben wird. Es ist aber mit dem Zweck der Rechtsfolgenbelehrung nicht zu vereinbaren, dass deren Inhalt nur unter Hinzuziehung des Gesetzestexts zu erschließen ist.

Letztlich hat das LSG auch bemängelt, dass die standardisierten Rechtsfolgenbelehrungen in den Eingliederungsvereinbarungen über diejenigen in den Meldeaufforderungen noch weit hinausgehen und neben der Belehrung über die Meldepflicht auch die über pflichtwidriges Verhalten hinsichtlich der dort sogenannten Grundpflichten sowie über gemeinsame Vorschriften erfassen und damit keinerlei Konkretisierung mehr aufweisen.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften von team.arbeit.hamburg ­ Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II (team.arbeit.hamburg) und der Bundesagentur für Arbeit ­ Regionaldirektion Nord ­ wie folgt:

1. In welcher Art und Weise wird bei team.arbeit.hamburg bei den standardisierten Meldeaufforderungen dafür gesorgt, dass die verwendeten Rechtsfolgenbelehrungen hinreichend konkret gefasst sind?

2. In welcher Art und Weise wird bei team.arbeit.hamburg bei den standardisierten und mit einzufügenden Freitexten zu gestaltenden Eingliederungsvereinbarungen für eine hinreichende Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrungen im Einzelfall gesorgt?

Die Texte für die standardisierte Meldeaufforderung (Einladungsschreiben) und die Vorlagen für die Gestaltung einer konkreten Rechtsfolgenbelehrung im Einzelfall bei der Erstellung einer Eingliederungsvereinbarung wurden seit 2007 wiederholt angepasst. Diese Anpassungen ermöglichen eine individuellere Erstellung der Rechtsfolgen und berücksichtigen die Entwicklungen der Rechtsprechung. Zuletzt erfolgte eine Änderung der Rechtsfolgenbelehrungen für die Eingliederungsvereinbarungen im März und für Einladungen im April dieses Jahres.

3. In welcher Art und Weise wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18.08.2010 ­ Az.: L 5 AS 78/09 ­ in der Verwaltungspraxis von team.arbeit.hamburg umgesetzt?

Die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit betreffen die Leistungen, für die gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) die Bundesagentur der gesetzliche Leistungsträger ist. Sie sind für team.arbeit.hamburg verbindlich. Die hamburgischen Fachanweisungen und fachlichen Vorgaben betreffen die Leistungen, für die gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 SGB II die Freie und Hansestadt Hamburg der gesetzliche Leistungsträger ist. Sie sind ebenfalls für team.arbeit.hamburg verbindlich. Es obliegt der Bundesagentur für Arbeit und der Freien und Hansestadt Hamburg als Träger von team.arbeit.hamburg, die Weisungen an die höchstrichterliche Rechtsprechung beziehungsweise ständige Rechtsprechung anzupassen. Die Entscheidung des Landessozialgerichtes Hamburg nimmt auch Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 17. Dezember 2009. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2.

4. In welcher Art und Weise werden generell Urteile des Landessozialgerichts Hamburg in Verwaltungsanordnungen und in die Verwaltungspraxis von team.arbeit.hamburg umgesetzt, bei denen entgegenstehende Handlungs- und Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit (Dienstanweisungen) bestehen?

5. In welcher Art und Weise werden generell Urteile des Landessozialgerichts Hamburg betreffend die kommunalen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verwaltungsanordnungen und in die Verwaltungspraxis von team.arbeit.hamburg umgesetzt?

6. In welcher Art und Weise und unter welchen Voraussetzungen werden bei den von der Rechtsstelle von team.arbeit.hamburg getroffenen Entscheidungen einschlägige präjudizielle Entscheidungen des Landessozialgerichts Hamburg beachtet und auch tatsächlich befolgend umgesetzt? team.arbeit.hamburg nutzt bei abweichenden Rechtsansichten des Landessozialgerichtes Hamburg die gesetzlichen Rechtsmittel. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.

7. In welcher Art und Weise kann in Ansehung der bestehenden IT-Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit dennoch für die Erteilung jeweils hinreichend konkreter Rechtsfolgenbelehrungen im Einzelfall gesorgt werden? Welche Umgehungslösungen sind denkbar und in welcher Art und Weise werden diese auch tatsächlich realisiert?

Keine.

8. In welcher Art und Weise ist bei team.arbeit.hamburg ein Controlling installiert worden, um die in der Vergangenheit getroffenen und in Ansehung der neuen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hamburg rechtswidrigen Sanktionsentscheidungen bei Meldeverstößen rückwirkend zu korrigieren?

Es handelt sich bei dem Urteil um eine Einzelfallentscheidung. Ein spezielles Controlling gibt es nicht.

9. In welcher Art und Weise können durch in Ansehung der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hamburg nachträglich als rechtswidrig erkannte Sanktionsentscheidungen Betroffene für eine Wiederaufnahme und Korrektur der getroffenen Entscheidung sorgen?

Es handelt sich bei dem Urteil um eine Einzelfallentscheidung. Im Übrigen wird auf § 330 Absatz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verwiesen.