Entgrenzung der Arbeit durch Leiharbeit, Befristungen, Überstunden, gesundheitliche Gefährdung durch psychische Belastungen Arbeitsunfähigkeiten

Betreff: Entgrenzung der Arbeit durch Leiharbeit, Befristungen, Überstunden, gesundheitliche Gefährdung durch psychische Belastungen Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen nehmen zu, die Anzahl unbezahlter Überstunden und der Anteil an befristet eingestellten Beschäftigten steigen, der Anteil an Zeitarbeit wächst. Und immer seltener werden Arbeitszeiten erfasst, die sogenannte Vertrauensarbeitszeit weitet sich aus. § 3 Arbeitszeitgesetz ordnet an, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf. Nach § 3 Satz 2 Arbeitszeitgesetz ist in Ausnahmefällen eine Ausdehnung auf werktäglich zehn Stunden zwar jederzeit zulässig. Voraussetzung ist aber, dass innerhalb eines sogenannten Ausgleichszeitraumes von sechs Monaten oder 24 Wochen ein Durchschnitt von acht Stunden werktäglich erreicht wird. Die Einhaltung der Regelungen wird von der Gewerbeaufsicht, auch auf Anfrage, kontrolliert und ist mit Ordnungs- und Strafvorschriften bewehrt. Werden Überstunden vorsätzlich nicht wahrheitsgemäß dokumentiert, ist dies ein Betrugsdelikt. Das gilt auch dann, wenn Arbeitszeiten zehn Stunden überschreiten. Es ist Aufgabe der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, auf die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften zu achten. Dazu ist eine ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeitszeit erforderlich.

Das Amt für Arbeitsschutz hat den gesetzlichen Auftrag, den Arbeitsschutz in Hamburger Betrieben zu überwachen sowie Unternehmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu beraten und zu unterstützen. Hierfür können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch prüfen, ob der Arbeitsschutz eingehalten wird. In einer Eigendarstellung heißt es, dass unterschiedliche Elemente für den Arbeits- und Gesundheitsschutz eingesetzt werden, um den gesetzlichen Auftrag zu erreichen. Dabei wird besonderen Wert auf die Kooperation mit den Beteiligten gesetzt, um gemeinsam den Herausforderungen einer sich ständig verändernden Arbeitswelt begegnen zu können. Man wolle mit verschiedenen Strategien und Impulsen systematische Prozesse in den Betrieben anstoßen, um eine wirksame und vor allem nachhaltige Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Das Amt für Arbeitsschutz berichtet jährlich in einem statistischen Jahresbericht differenziert über seine vielfältige Überwachungstätigkeit. Gegenstand dieses Berichts ist neben der Zahl der wahrgenommen Dienstgeschäfte unter anderem auch die Personalausstattung des Amts. Die jährlichen Berichte können beim Amt für Arbeitsschutz bestellt und ab dem Bericht 2003 auch über das Internet unter http://www.hamburg.de/berichte-statistik/ abgerufen werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Welchen Zusammenhang sieht der Senat zwischen ständigen und unbezahlten Überstunden und ansteigender Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und somatischer Belastungen?

Überstunden leisten Arbeitnehmer dann, wenn sie die vertraglich oder tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschreiten. In der Regel wird dabei die gesetzlich zulässige Arbeitszeit eingehalten. Der zuständigen Behörde liegen keine validen Daten vor, die es ermöglichen, eine Relation zwischen solchen Überstunden und ansteigender Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und somatischer Belastung herzustellen.

2. Welchen Zusammenhang sieht der Senat zwischen der Ausweitung von Leiharbeit und Befristungen und ansteigender Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und somatischer Belastungen? Gibt es gesonderte Aussagen für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter selbst?

Der zuständigen Behörde liegen keine statistischen Daten hinsichtlich psychischer Belastungen bedingt durch Leiharbeit in Hamburg vor.

Unabhängig hiervon trägt er jedoch die Einschätzung der Träger der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (Bund/Länder/Unfallversicherungsträger) mit, die sich in ihrem Arbeitsprogramm „Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Zeitarbeit" widerspiegelt, wonach psychische Faktoren bei Leiharbeitnehmern einen überproportional hohen Einfluss auf das Gesundheitsrisiko haben.

3. Welche Strategien hat das Amt für Arbeitsschutz entwickelt, um den Arbeitsschutz zu überwachen und den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu fördern und aufgrund welcher Erkenntnisse wurden sie entwickelt? Bitte einzeln auflisten. Gibt es dazu konkrete Verwaltungsvorschriften und wenn ja, welche?

4. Welches sind die „unterschiedlichen Elemente", die das Amt für Arbeitsschutz einsetzt, um den gesetzlichen Auftrag für den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erfüllen?

Die Überwachungstätigkeit des Amtes für Arbeitsschutz ist eingebettet in die Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz der EU sowie der darauf basierenden Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie. Kernelemente der Strategie des Amts für Arbeitsschutz (siehe auch http://www.hamburg.de/contentblob/584306/data/d5-abs.pdf) sind:

a. Branchen- sowie gefährdungsorientierte Beratung und Überwachung der Betriebe

b. Festlegung von Beratungs- und Überwachungsschwerpunkten im Rahmen koordinierter Arbeitsprogramme der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie

c. abgestimmtes Vorgehen der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden und der Unfallversicherungsträger bei der Beratung und Überwachung der Betriebe (§ 20a Absatz 2 Nummer 4 Arbeitsschutzgesetz)

d. Durchführung gemeinsamer Arbeitsschutzprojekte mit Sozialpartnern im Rahmen der ArbeitsschutzPartnerschaft Hamburg

Darüber hinaus wird die Einhaltung des Arbeitsschutzes in gesetzlich geregelten Anzeige- und Antragsverfahren (Arbeitszeit, Mutterschutz, Kinderarbeitsschutz, ASiG, GefStoffV et cetera) sowie in konzentrierten Genehmigungsverfahren (zum Beispiel Baugenehmigungsverfahren gemäß § 62 Hamburgische Bauordnung) überprüft. Zur Durchführung der EU-Verordnung über Lenk- und Ruhezeiten im gewerblichen Straßenverkehr werden Betriebskontrollen auf der Basis eines europaweit eingeführten Risikoeinstufungssystems durchgeführt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

5. Welchen konkreten Erfolg hatten die jeweiligen Strategien des Amtes für Arbeitsschutz, den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu fördern, und wo haben die Strategien nichts oder zu wenig bewirkt? Bitte einzeln auflisten.

Der Erfolg der Überwachungstätigkeit des Amts für Arbeitsschutz ist an den Zielen der Gemeinschaftsstrategie EU und im Gesamtkontext der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie zu bemessen (siehe Antwort zu 3. und 4.). Mit Ergebnissen der in diesem Zusammenhang vorgesehenen Bewertungen ist frühestens in zwei Jahren zu rechnen.

6. Wie viele Betriebe wurden in den letzten fünf Jahren auf Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes überprüft und mit welchen Ergebnissen? Bitte nach Branchen und Betriebsgröße aufschlüsseln.

Die erbetenen Angaben sind in Tabelle 3.1 des statistischen Jahresberichts des Amts für Arbeitsschutz veröffentlicht (siehe Vorbemerkung).

7. Welche Frequenz hat das Arbeitsschutztelefon in den letzten fünf Jahren gehabt und wie hoch war daran der Anteil anonymer Anzeigen?

In den letzten fünf Jahren wurde das Arbeitsschutztelefon wie folgt frequentiert:

Durchschnittlich 1 Prozent der Anfragen wird anonym gestellt.

8. Welche Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes werden vorrangig gemeldet? Bitte die zehn häufigsten angeben.

Nur circa 5 Prozent der Anrufe haben Beschwerden zum Inhalt, 2 Prozent sind Meldungen schwerer Arbeitsunfälle, der überwiegende Teil der Anrufe beinhaltet Anfragen zu verschiedenen Arbeitsschutzthemen. Hierbei gibt es folgende Häufigkeit der Themen (bezogen auf 2009):

Mutterschutz 22 Prozent

Arbeitsstätten 16 Prozent

Arbeitszeit 15 Prozent

Gefahrstoffe 13 Prozent.

Die restlichen 34 Prozent der Anfragen berühren die Themen Arbeitsschutzorganisation, technischer Arbeitsschutz, Strahlenschutz, Jugendarbeitsschutz und arbeitsrechtliche Fragen.

9. Werden dem Amt für Arbeitsschutz Überlastungsanzeigen von Beschäftigten aus Hamburger Krankenhäusern zugeleitet und wenn ja, wie oft geschieht dies und wie wird damit umgegangen?

Ja, dem Amt für Arbeitsschutz werden gelegentlich Überlastungsanzeigen von Beschäftigten aus Hamburger Krankenhäusern zugeleitet. Eine Anzeigepflicht gegenüber dem Amt für Arbeitsschutz aufgrund einer staatlichen Arbeitsschutzvorschrift besteht jedoch nicht. Eine statistische Auswertung der eingegangenen Überlastungsanzeigen wurde nicht durchgeführt.

Bei den Überlastungsanzeigen geht es in der Regel um Verstöße gegen Tarifverträge, die keine Verstöße gegen staatliche Arbeitsschutzvorschriften wie zum Beispiel Arbeitszeitgesetz darstellen. Das Amt für Arbeitsschutz bearbeitet die Überlastungsanzeigen wie Beschwerden (siehe auch Antwort zu 10.).

In welchem Umfang und in welchem Verhältnis wurde nach anonymen Anzeigen, nach der Zuleitung von Überlastungsanzeigen oder anderen Meldungen Kontakt mit den Sicherheitsfachkräften, dem betriebsärztlichen Dienst, den Geschäftsleitungen und den Betriebs-, Personalräten und Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitervertretungen aufgenommen?