Tideelbemanagement und IBA-Pilotprojekt Kreetsand

Im Koalitionsvertrag vom 17. April 2008 wurde festgelegt, dass Hamburg gemeinsam mit den Nachbarländern und dem Bund ein Tideelbekonzept mit dem Ziel erarbeitet, naturnahe Vordeichflächen zu schaffen und dadurch den Tidenhub der Elbe mittel- bis langfristig um bis zu 50 cm zu reduzieren. Die Hamburger Behörden sollten in dieser Legislatur entsprechende Maßnahmen auf Hamburger Gebiet umsetzen und hierbei insbesondere folgende Maßnahmen auf eine Realisierung prüfen: Kreetsand, Spadenländer Spitze, Spadenländer Ausschlag, Billwerder Insel und Ellerholz.

Für den Fall einer Realisierung einzelner oder aller Teilflächen soll gemeinsam mit weiteren sie verbindenden Wasserflächen sowie bestehenden Naturschutzgebieten die Entwicklung des Naturschutzgebietes „Auenlandschaft Norderelbe" vorbereitet werden.

Mit dem Pilotprojekt Kreetsand ­ dem ersten Projekt im Rahmen des Tideelbekonzepts der Hamburg Port Authority (HPA) ­ will die IBA beispielhaft die Anpassung der Tideelbe an den Klimawandel demonstrieren, indem auf der Ostseite der Elbinsel Wilhelmsburg zusätzlicher Flutraum für die Elbe geschaffen wird. Dabei soll durch eine hohe gestalterische und landschaftliche Qualität des Gebiets auch der Naturschutz- und Freizeitwert gesteigert werden.

Am 16. Februar 2010 hat der Senat die Auenlandschaft Norderelbe als 31.

Naturschutzgebiet ausgewiesen und in der Verordnung die Schaffung eines Prieles bei Kreetsand festgelegt. Das ursprünglich beabsichtigte Plangenehmigungsverfahren zur Priel-Herstellung wurde vor seinem Abschluss angehalten und durch ein Planfeststellungsverfahren ersetzt. In diesem Verfahren fand am 1.10.10 der Erörterungstermin statt, doch erging noch kein Planfeststellungsbeschluss. Infolgedessen kann nicht wie vorgesehen in 2010 mit den Arbeiten begonnen werden.

Nun hat Wirtschaftssenator Ian Karan angekündigt, das Pilotprojekt als Ausgleichsfläche für die Elbvertiefung einzuplanen.

Ich frage den Senat:

1. Ist geplant, den im Rahmen des Tideelbemanagements herzustellenden Priel bei Kreetsand als Ausgleichsmaßnahme für die geplante Elbvertiefung anrechnen zu lassen, und wenn ja,

a. was sind die Gründe für die Umplanung?

b. weit wann ist dies geplant?

c. wer ist bei der Planung federführend?

d. wer ist an der Diskussion über diese Planung seit wann beteiligt und in welcher Form?

e. wird die Zuständigkeit für das Tideelbeprojekt nach der Umplanung wechseln?

Der Abbau beziehungsweise die Umwandlung der Tideenergie durch Schaffung oder Neuanbindung tidebeeinflusster Flachwasserbereiche an die Tideelbe ist einer der drei Eckpfeiler des Tideelbekonzepts, um hierdurch den Tidenhub und den von der Tideströmung bewirkten stromauf gerichteten Sedimenttransport zu dämpfen (siehe Drs. 18/6207). Die Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand ist hierfür ein bedeutendes Pilotprojekt. Gleichzeitig entspricht die Maßnahme in vollem Umfang den Schutzzwecken des Naturschutzgebiets Auenlandschaft Norderelbe. Da die Maßnahme außerdem die an ein Projekt der Internationalen Bauausstellung (IBA) zu stellenden Qualitätskriterien erfüllt und sie eine erhebliche Bedeutung für die Landschaftsgestaltung und den Erlebniswert der Elbinsel Wilhelmsburg haben wird, haben Hamburg Port Authority (HPA) und IBA Hamburg GmbH vereinbart, sie als IBA-Projekt zu qualifizieren. Unabhängig davon erfolgt die Finanzierung der Maßnahme vollständig durch die HPA.

Im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens für die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe sind die hierfür zuständigen Genehmigungsbehörden des Bundes und der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) im Rahmen der Prüfung der Planungsunterlagen zu dem Ergebnis gekommen, dass erhebliche Auswirkungen auf Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete (FFH-Schutzgebiete), die von der Fahrrinnenanpassung betroffen sind, nicht ausgeschlossen werden können. Die Vorhabensträger haben daraufhin in einer 3. Planänderung die erforderlichen Unterlagen für eine FFHAbweichungsprüfung einschließlich der hierfür erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen (= ökologische Ausgleichsmaßnahmen) vorgelegt. Im anschließenden Beteiligungsverfahren haben die beteiligten Naturschutzverwaltungen teilweise die Ableitung und den Umfang der vorgesehenen Kohärenzsicherungsmaßnahmen kritisiert. Vor diesem Hintergrund haben sich die Vorhabensträger im Sinne einer rechtlichen Absicherung des Planfeststellungsbeschlusses dazu entschlossen, die im Rahmen des Tideelbekonzepts ohnehin geplante Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand vorsorglich als zusätzliche Kohärenzsicherungsmaßnahme für die geplante Fahrrinnenanpassung anrechnen zu lassen. Hierdurch wird weder die planerische Ausgestaltung noch die Projekt- und Kostenträgerschaft der Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand oder ihre Qualifikation als IBA-Projekt geändert.

2. Was sind die Folgen der bisher nicht beabsichtigten Umwidmung des Tideelbeprojekts in eine Ausgleichsmaßnahme?

Es erfolgt keine Umwidmung der Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand, sondern es ist lediglich die Anrechnung als zusätzliche Kohärenzsicherungsmaßnahme für die geplante Fahrrinnenanpassung vorgesehen. Die Maßnahme bleibt weiterhin unverändert eine Maßnahme des Tideelbekonzepts.

a. Wird das bisherige Umsetzungskonzept, bei dem das bereits rückgedeichte ehemalige Spülfeld Spadenländer Busch/Kreetsand tiefer gelegt und ein Priel gebaggert werden soll, inhaltlich verändert und wenn ja, wie?

b. Hängt die Möglichkeit der Umsetzung des Tideelbeprojektes unter neuer Zweckbestimmung von der Genehmigungsreife der Elbvertiefung ab?

Nein.

c. Welche zeitlichen Veränderungen ergeben sich aus den veränderten rechtlichen Voraussetzungen und Folgen nach der Umwidmung?

d. Zu welchen Verzögerungen würde die planerische Zwecksetzung beim Pilotprojekt Kreetsand gegebenenfalls führen und warum?

e. Wie wären die Verzögerungen mit der IBA/igs 2013 verträglich?

Um die Anrechenbarkeit als Kohärenzsicherungsmaßnahme für die geplante Fahrrinnenanpassung zu ermöglichen, ist eine zeitliche Abfolge der jeweiligen Genehmigungsakte rechtlich insofern erforderlich, als der Planfeststellungsbeschluss für die Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand erst nach dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses für den Fahrrinnenausbau erfolgen kann. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung weiterer Randbedingungen wie zum Beispiel des Rodungsverbots im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. September gemäß § 39 Absatz 5 Bundesnaturschutzgesetz zwangsläufig eine Verzögerung des Baubeginns für die Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand.

Es kann jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass wie bisher zur IBA 2013 erste Teilflächen in Kreetsand als tidebeeinflusstes Flachwassergebiet hergerichtet sein werden.

f. Würde eine Ausgleichsmaßnahme „Kreetsand" gleichzeitig IBA/igsProjekt sein können und wenn ja, warum?

Ja. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 1. e., 3. und 5. d.

3. Welches Ziel wurde mit der Maßnahme Kreetsand ursprünglich verfolgt?

Siehe Antwort zu 1.

a. Kann es nach einer weiteren Vertiefung der Elbe noch erreicht werden oder muss es neu definiert werden?

Ja. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 1. e., 3. und 5. d.

b. Wie wirkt sich die Umsetzung des Projekts Kreetsand auf den Tidenhub im Hafen und der Unterelbe aus?

Die mit der Maßnahme erreichbare Reduzierung des Tidenhubs in der Unterelbe und im Hafen wird wie geplant im Bereich einiger Zentimeter liegen.

4. Wie wirkt sich die Umwidmung der Maßnahme auf die weiteren Instandhaltungs- und Pflegemaßnahmen aus?

a. Wird das Ziel einer hohen gestalterischen und landschaftlichen Qualität für Freizeit- und Naturschutz aufrechtzuerhalten sein und wenn ja, in welcher Form?

b. Ist weiterhin geplant, den Priel auszubaggern, sodass hier eine möglichst große Wassermenge bei Flut einströmen und bei Ebbe langsam ausströmen kann?

Die Maßnahme bleibt unverändert. Es sind daher keine Auswirkungen zu erwarten. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 1. e., 3. und 5. d.

5. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand des IBA-Projekts Kreetsand? Ist es bereits abgeschlossen?

Die Maßnahme befindet sich momentan im Planverfahren.

a. Wenn ja, seit wann und mit welchen Ergebnissen?

Entfällt.

b. Wenn nein, wird das Projekt überplant und gestaltet unter der neuen Zielsetzung?

Nein.

c. Wie viele Mittel und vom wem waren für das Tideelbeprojekt bereits bereitgestellt und wie viel Geld ist bereits abgeflossen?

Insgesamt sind 37.580.000 Euro für die Maßnahme vorgesehen, von denen bis 30. September 2010 495.000 Euro für Planungsleistungen abgeflossen sind.

d. Wer ist Kostenträger, wenn das Projekt als Ausgleichsmaßnahme fungiert?

Siehe Antwort zu 1.

e. Werden die gegebenenfalls bereits abgeflossenen Beträge an den bisherigen Kostenträger rückerstattet?

f. Wenn ja, wann und in welcher Höhe?

g. Wenn nein, warum nicht?

Entfällt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 1. e., 3. und 5. d.