Die additive Sprachförderung wird vor allem in der Vorschule durchgeführt dagegen kaum in Kindertagesstätten

Erkenntnisse zur Sprachförderung in Vorschule und Kindertagesstätte

Bereits vor Beginn ihrer Schulzeit wird der Sprachförderbedarf der viereinhalbjährigen Hamburger Kinder untersucht. Rund ein Viertel der Kinder weist deutliche sprachliche Defizite auf. Diese Kinder bekommen je nach Förderbedarf eine integrative oder sogar eine additive Sprachförderung.

Die additive Sprachförderung wird vor allem in der Vorschule durchgeführt, dagegen kaum in Kindertagesstätten. So führte laut Drs. 19/4681 im Schuljahr 2009/2010 nur die Kindertagesstätte Kandinskyallee additive Sprachförderung für zehn Kinder durch, alle anderen 1.453 Kinder mit Sprachförderbedarf besuchten Vorschulen.

Die vorschulische Bildung und insbesondere die vorschulische Sprachförderung gelten als entscheidende Beiträge für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem und bessere Bildung für Schüler aus benachteiligten Elternhäusern. Trotz dieser großen Bedeutung gibt es nur wenige Untersuchungen über die Wirksamkeit der vorschulischen Sprachförderung.

So kritisieren unter anderem namhafte deutsche Bildungsexperten in der Zeitschrift „Die Zeit" (10. Juni 2010): „Selbst die Sprachförderung leidet darunter, dass bislang niemand die Effekte der verschiedenen Bemühungen... wissenschaftlich valide miteinander verglichen hat." Petra Stanat, Leiterin des Instituts für Qualitätssicherung im Bildungswesen, sagt dazu: „Wir probieren viel aus, aber die Effekte und Wirkmechanismen kennen wir meist nicht."

Deshalb frage ich den Senat:

1. Welche Untersuchungen über die Qualität der Hamburger Sprachförderung für Kinder vor der Schulpflicht gibt es?

2. Welche wesentlichen Ergebnisse hatten diese Untersuchungen?

Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) hat in den Jahren 2006 bis 2009 Längsschnittstudien zur Sprachentwicklung von Elementarkindern in Hamburger Kindertageseinrichtungen durchgeführt.

Ein Aspekt war die Evaluation eines Sprachförderprogramms (nach Roger Loos) zum Zweitsprachenerwerb. Im Ergebnis wurde bei diesem eine begrenzte Wirkung in Bezug auf bestimmte Gruppen von Kindern festgestellt.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine frühe Förderung im Lebensalter der Kinder, eine diagnosegestützte, individuelle Deutschförderung in Kleingruppen, eine Präzisierung der Sprachförderung im Kita-Alltag sowie die intensive Unterstützung und Beratung der Familien bezüglich der häuslichen Sprachförderung wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Sprachförderung sind.

Als Risikofaktoren für einen erfolgreichen Erwerb deutscher Sprachkenntnisse wurden eine späte institutionelle Förderung und fehlender Kontakt der Kinder zu deutschsprachigen Familien ermittelt.

Die Qualität der Sprachförderung in Hamburger Schulen wird seit 2005 durch ein laufendes Monitoring der Umsetzung des Hamburger Sprachförderkonzepts überprüft.

Über die Ergebnisse wird jährlich durch das Referat für Standardsicherung und Testentwicklung des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung berichtet, (siehe: http://www.schulenfoerdern.de/schulportal/index.php?page=20). Der Bericht über das Monitoring der Fördermaßnahmen im Schuljahr 2008/2009 liegt vor. Darin wird auch über die Qualität der Sprachförderung im Vorschulalter berichtet. Allerdings wurden bisher die Wirkungen der vorschulischen Sprachförderung nicht gesondert aufgeführt, sie wurden als Teil der summarischen Ergebnisse der Sprachförderung (zum Beispiel die Quoten erfolgreich geförderter Kinder) für Vorschul- und Grundschulkinder zusammen dargestellt. In den zukünftigen Monitoring-Berichten sollen die Ergebnisse der vorschulischen Förderung gesondert aufgeführt werden.

Die Quote der innerhalb eines Schuljahres erfolgreich geförderten Kinder (kein weiterer additiver Sprachförderbedarf erforderlich) liegt in der Grundschule einschließlich der Vorschulklassen bei 39,5 Prozent der geförderten Kinder (vergleiche MonitoringBericht 2008/2009, Seite 67). Diese Quote ist nach den Ergebnissen des Monitorings umso höher, je früher die Förderung einsetzt.

Eine gesonderte Untersuchung der Kinder mit einem ausgeprägten beziehungsweise besonders ausgeprägten Sprachförderbedarf, die im Jahr vor der Einschulung eine VSK oder eine Kita besuchten und nachmittags eine zusätzliche schulische Sprachförderung erhalten haben, hat hochsignifikante Zuwächse in den sprachlichen Kompetenzen der geförderten Kinder ergeben (vergleiche Monitoring-Bericht 2005/2006, Seite 49 folgende). Allerdings musste zum Nachweis dieser Effekte aus ethischen und rechtlichen Gründen auf eine Kontrollgruppe aus nicht geförderten Kindern verzichtet werden

3. Welche Konsequenzen hält der Senat für sinnvoll, um die Qualität der Sprachförderung vor der Schulpflicht zu verbessern?

Die Überlegungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.

4. Welchen Grund hat es, dass ­ wie in Drs. 19/4681 dargestellt ­ Kindertagesstätten in der Regel keine additive Sprachförderung anbieten?

Gemäß § 28a Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) handelt es sich bei der additiven Sprachförderung um eine schulische Maßnahme. Die betroffenen Kinder sind verpflichtet, im Jahr vor der Einschulung eine Vorschulklasse (VSK) oder auf Antrag eine Kita zu besuchen und an additiven Sprachfördermaßnahmen teilzunehmen. Sofern in einer Kita acht oder mehr Kinder mit einem ausgeprägten Sprachförderbedarf im Jahr vor ihrer voraussichtlichen Einschulung betreut werden, kann die Förderung auch in den Räumen der Kita erfolgen.

5. Über die Wirksamkeit vorschulischer Förderung in Kita und Vorschule gibt es unterschiedliche Aussagen. So behauptete die Leiterin des Diakonischen Werks, Landespastorin Stoltenberg, dass die Kita der erfolgreichere Bildungsträger für Kinder bis sechs Jahre sei. Demgegenüber erklären Mitarbeiter des Landesinstituts für Lehrerbildung, dass das Institut zu anderen Ergebnissen gekommen sei. Welche Studien liegen über die Sprachfördererfolge von Kita und Vorschule in Hamburg vor?

6. Gegebenenfalls zu welchen Ergebnissen kommen diese Studien in Bezug auf die Sprachfördererfolge von Kita und Vorschule in Hamburg?

Eine Studie zur Auswertung der im Rahmen von Längsschnitterhebungen angefallenen Daten nimmt die Entwicklung von Kindern nach dem Vorstellungsverfahren für Viereinhalbjährige bis zur Einschulung in den Blick. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Bericht über das Monitoring zur Sprachförderung im Schuljahr 2008/2009 veröffentlicht (siehe: http://www.schulenfoerdern.de/schulportal/index.php?page=20).

Eine Studie, die Effekte der Sprachförderung in Kitas und Vorschulklassen systematisch vergleicht, liegt noch nicht vor.