Staatsanwaltschaft

Bekämpfung der Drogenkriminalität

Mit Datum vom 20. August 1999 erklärt die Justizbehörde: „Zum Nachweis der Gewerbsmäßigkeit sind bei einem Handel mit geringen Mengen ­ Rauschgiftbriefchen oder -kügelchen ­ in der Regel drei bis vier Fälle notwendig.... Um die Gewerbsmäßigkeit zu belegen, übernimmt die Polizei Erkenntnisse aus der Datei Drogenszene St.Georg in die Ermittlungsakte."

In derselben Erklärung wird der Innensenator wie folgt zitiert: „DieVerfügung ist ein großer Fortschritt für die Polizei, weil sie jetzt wirkungsvoller gegen Dealer vorgehen kann. Das betrifft vor allem gewerbsmäßige Dealer, die nur vergleichsweise kleine Drogenmengen bei sich tragen und die aus diesem Grund bisher nur schwer zu verfolgen waren."

Auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 15/2095 vom 4. November 1994 antwortete der Senat auf die Frage: Bei bis zu welchen Mengen der einzelnen Rauschmittel hält es der Senat für richtig, von einer Strafverfolgung abzusehen, und wie steht der Senat generell zu einer strafrechtlichen Verfolgung von Drogendelikten?: „Entsprechend der Rundumverfügung des leitenden Oberstaatsanwalts beim Landgericht Hamburg vom 10.November 1992 werden unter bestimmtenVoraussetzungen konsumbezogene Drogendelikte nicht verfolgt, wenn es sich um Erwerb und Besitz von nicht mehr als einer Streichholzschachtel Cannabis, 1 g Heroin oder 1 g Kokain handelt. Dies steht im Einklang mit der vom Senat seit längerem betriebenen Politik der schrittweisen Entkriminalisierung der Drogenkonsumenten und -abhängigen."

Auf meine Frage: Wie beurteilt der Senat die Gefahr, dass der organisierte Drogenhandel sich auf Handelsmengen kleineren Umfangs umstellt und sich somit der Strafverfolgung entzieht? antwortete der Senat: „Der Senat antwortet nicht auf hypothetische Fragen."

Ich frage den Senat:

1. Räumt der Senat ein, dass er fünf Jahre benötigt hat, um zu erkennen, dass es sich 1994 nicht um hypothetische Fragen, sondern um Realität im Drogenhandel handelte? Wenn nein: Warum nicht?

Nein. Der Senat hat bereits 1995 mit seinen in der Drucksache „Stadtentwicklungspolitische Maßnahmen für St.Georg" (Drucksache 15/3622) dargestellten sicherheits- und ordnungspolitischen Maßnahmen den Anzeichen einer solchen Entwicklung Rechnung getragen. Insbesondere hat der Senat mit den „Operativen Maßnahmen zur Strafverfolgung" eine Strategie entwickelt, die gestattet, gegenüber organisierten Drogenhändlern den Nachweis der Erwerbsmäßigkeit des Drogenhandels auch dann zu führen, wenn sie nur mit jeweils geringen Mengen illegaler Drogen angetroffen werden. Diese Maßnahmen wurden und werden laufend modifiziert und weiterentwickelt. Die „Allgemeine Verfügung zur wirksameren Bekämpfung von Straßendealern" ist ein weiterer Baustein im Rahmen dieses Vorgehens.

2. Welche rechtlichen Voraussetzungen für die Verfügung haben sich in den letzten fünf Jahren geändert, und warum benötigt der Senat fünf Jahre, um auf der Hand liegende Erkenntnisse in politisches Handeln umzusetzen?

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Betäubungsmittelgesetzes zur Bekämpfung von Drogendealern haben sich in den letzten fünf Jahren nicht geändert. Die Schwierigkeiten bei der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Beweisführung hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit bei geringen Mengen an Betäubungsmitteln haben hingegen gezeigt, dass das Zusammenwirken zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren weiter verbessert werden muß, um den Gerichten Ermittlungsergebnisse zuzuleiten, die in entsprechenden Fällen eine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ermöglichen.

Dies ist durch die Allgemeine Verfügung der Behörde für Inneres und der Justizbehörde zur wirksamen Bekämpfung von Straßendealern vom 10. August 1999 geschehen.

3. Ist der Senat der Auffassung, dass die mit dem 20. August 1999 verkündete Bekämpfung der Drogenkriminalität nicht mehr mit einer Entkriminalisierung der Drogenkonsumenten und -abhängigen im Einklang steht? Wenn ja: Handelt es sich hierbei um eine neue vom Senat beschlossene Linie in der Bekämpfung der Drogenkriminalität? Wenn nein: Welche Erkenntnisse haben den Senat bewogen, eine gemäß Erklärung vom 20. August 1999 veröffentlichteVerfügung zur Drogenbekämpfung nunmehr nicht länger als eine gegen die Entkriminalisierung der Drogenkonsumenten und -abhängigen gerichtete Politik zu sehen?

Mit dem Erlaß der Allgemeinen Verfügung der Behörde für Inneres und der Justizbehörde zur Anwendung des § 31a Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes vom 10. August 1999 und derjenigen zur wirksamen Bekämpfung von Straßendealern wird die Linie der Trennung hilfebedürftiger Drogenkonsumenten einerseits und andererseits Drogendealern, deren Verhalten mit repressiven Maßnahmen zu begegnen ist, konsequent fortgesetzt. Im übrigen siehe auch Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 16/2912.

4. Wie wird der Senat sicherstellen, dass es zur Umsetzung auf der Hand liegender Erkenntnisse in der Drogenpolitik nicht wieder eines Zeitraums von fünf Jahren bedarf?

Der Senat hat zeitgerecht gehandelt und wird das ­ entsprechend der jeweiligen Entwicklung ­ auch in Zukunft tun (siehe dazu auch Antworten zu 1. und 2.).