Migration

10. Säule Opferschutz „Handeln gegen Jugendgewalt"

Das Handlungskonzept „Handeln gegen Jugendgewalt" wurde um eine 10.Säule „Opferschutz" ergänzt. In Anlehnung an das Handlungskonzept „Handeln gegen Jugendgewalt" definiert sich die Zielgruppe grundsätzlich aus Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, die Opfer unmittelbarer oder mittelbarer Gewalt ­ im Schwerpunkt durch jugendliche Gewalttäter ­ werden. Im Rahmen des Handlungskonzeptes soll hier die Perspektive der Opfer Würdigung finden.

Die BSB bereitet im Hinblick auf das Handlungskonzept und auf weitere Maßnahmen gegen Jugendgewalt einen Bericht für die Bürgerschaft über den Umsetzungsstand der Maßnahmen und die Ergebnisse der Evaluation vor. Darin werden auch die Opferschutzmaßnahmen dargestellt. Die Berichtsdrucksache wird noch im Jahr 2010 vorgelegt werden.

Kommission des Senats gegen Gewalt im öffentlichen Raum

Einzelne Gewaltvorfälle, die sich in der Mitte des Jahres 2010 ereigneten, haben in ihrer zeitlichen Häufung und Intensität dazu geführt, dass der Senat eine Kommission unter Federführung des Senators der BIS unter Beteiligung der Senatoren der BSG, der JB und der BSB eingesetzt hat, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie man dieser Entwicklung von Gewalt im öffentlichen Raum wirksam begegnen kann.

Die Kommission des Senats gegen Gewalt im öffentlichen Raum hat ihre Arbeit am 5. Juli 2010 aufgenommen. In einem intensiven, interdisziplinären Austausch zwischen Expertinnen und Experten aus den Bereichen Jugend- und Sozialarbeit, Schule und Berufsbildung, Staatsanwaltschaft, Justiz und Polizei wurde ein Lagebild zur Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum erstellt sowie eine Reihe von Vorschlägen für Maßnahmen erarbeitet.

Die Kommission hat zudem festgestellt, dass die zuständigen Behörden und bezirklichen Stellen bereits eine Vielzahl an Projekten, Konzepten und Maßnahmen gegen Gewalt durchführen, die für sich genommen sinnvoll und zielführend sind.

Zu nennen sind insbesondere: das Handlungskonzept gegen Jugendgewalt (u.a. Durchsetzung der Schulpflicht, Cop4U, „Early Starter", Fallkonferenzen), die Maßnahmen gegen Gewalt auf St. Pauli (Videoüberwachung, Waffenverbot, Glasflaschenverbot, Polizeipräsenz), täterorientierte und beschleunigte Fallbearbeitung (Intensivtäterkonzept, PROTÄKT, PriJuS), begleitende Sozialarbeit sowie bildungs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sowie

Sicherheitskonferenzen auf Bezirksebene etc.

Die Kommission des Senats wird in diesem Kontext konkrete Maßnahmen beschließen, die die Bereiche justizielle und gefahrenabwehrende Verfahren sowie Präventionsarbeit betreffen.

Die Kommission wird dem Senat im Januar 2011 einen gesonderten Bericht vorlegen.

3. Weitere spezielle Gewaltphänomene

Hasskriminalität, Rechtsextremismus/Rassismus Hasskriminalität Hasskriminalität bezeichnet Gewalttaten, die sich gegen eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung, Rasse, Religion, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Geschlechtszugehörigkeit, sexuellen Orientierung, Behinderung, Weltanschauung, ihres äußeren Erscheinungsbildes, gesellschaftlichen Status oder gegen sonstige Lebensstile richten. Das Ziel ist meist die Erniedrigung dieser ganzen Personengruppe durch die exemplarische Tat an einem tatsächlichen oder vermeintlichen Mitglied, um so die einschüchternde Botschaft der Ablehnung und des Hasses zu verbreiten. Es handelt sich damit nicht nur um Taten, die auf eine individuelle Person abzielen, sondern die sich gegen eine bestimmte Gruppe richten.

Somit wird durch die Gewalttaten - die nicht selten im öffentlichen Raum stattfinden - nicht nur das individuelle Opfer traumatisiert, sondern die gesamte Opfergruppe verunsichert und verängstigt.

Rassismus und Rechtsextremismus

Das wesentliche Merkmal rechtsextremer und rassistischer Einstellungen ist die Abwertung von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund oder anderer Lebensform. Sie entladen sich in Beschimpfungen, Beleidigungen, Drohungen, Diskriminierungen bis hin zu körperlichen Attacken. Einem erhöhten Risiko, zum Opfer eines solchen Übergriffs zu werden, unterliegen insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund, Homosexuelle, Obdachlose, Dunkelhäutige, nicht-rechte Jugendliche, Jüdinnen und Juden, Muslime und Persönlichkeiten, die sich öffentlich gegen den Rechtsextremismus engagieren. Ein besonderes Augenmerk gilt daneben dem Rassismus durch bzw. unter Migrantinnen und Migranten.

Die in der Polizeistatistik zu politisch motivierter Kriminalität erfassten Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund sind im Verlauf der letzten Jahre auf 30 Fälle pro Jahr kontinuierlich angestiegen.

Eine Ausnahme bildet das Jahr 2008: Hier ist die hohe Zahl von 45 rechtsextremen Gewalttaten auf die Ausschreitungen während der 1.Mai-Demonstration zurückzuführen, die größtenteils von angereisten Rechtsextremisten begangen wurden (vgl. Verfassungsschutzbericht Hamburg 2009).

Die Zahl rechts motivierter Gewalttaten in Hamburg lag 2009 sogar bei 40 Fällen. Die Dunkelziffer ist allerdings schwer einzuschätzen, weil die Opfer rechtsextremer und rassistischer Übergriffe selten Anzeige erstatten und auch in den Hamburger Opfer58 beratungsstellen bisher kaum in Erscheinung treten. Grund dafür ist oft Unkenntnis sowie das Misstrauen innerhalb bestimmter Opfergruppen gegenüber staatlichen bzw. staatlich finanzierten Institutionen. Außerdem wird in den Hamburger Opferberatungseinrichtungen das Kriterium „rechtsextreme bzw. rassistische Gewalt" bisher nicht erfasst.

Inhalt der Maßnahmen

Im Hinblick auf Hasskriminalität

Die Arbeitsstelle Vielfalt der JB widmet sich der Aufgabe, das Thema „Hasskriminalität" systematisch für Hamburg aufzuarbeiten. Im Fokus steht vor allem die besondere Wirkweise von Hasskriminalität auf die Gruppe, der das Opfer (vermeintlich) angehört. Dieser soll durch eine opferorientierte Perspektive entgegengewirkt werden. Hierfür wird die Arbeitsstelle Vielfalt ein Expertinnen- und Expertennetzwerk aufbauen, mit dem Ziel, den Hamburger Behörden, der Polizei und den Beratungseinrichtungen der verschiedenen Opfergruppen ein Forum zum gegenseitigen Austausch zu schaffen.

Im Hinblick auf Rassismus und Rechtsextremismus

Die Arbeitsstelle Vielfalt koordiniert die Maßnahmen Hamburgs gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Darunter fällt die Steuerung des Bundesprogramms „kompetent. Für Demokratie" des BMFSFJ (ab 2011: „Toleranz fördern ­ Kompetenz stärken"), aus dem zum größten Teil die Arbeit des Mobilen Beratungsteams Hamburg gegen Rechtsextremismus (MBT) finanziert wird. Seit Ende 2008 bietet das MBT eine Erstberatung für Opfer rechtsextremer Übergriffe an und vermittelt bei Bedarf an andere Beratungseinrichtungen. Hier gilt es, unter den potentiellen Opfergruppen rechtsextremer und rassistischer Gewalt für die Unterstützungsangebote zu werben, die durch das MBT und andere Opferberatungseinrichtungen (Weißer Ring, Opferhilfe, ÖRA) angeboten werden. Parallel dazu arbeitet die Arbeitsstelle Vielfalt daran, dass in den Beratungsstellen die Opfer rassistischer und rechtsextremer Gewalt als solche erkannt werden und das nötige Hilfsangebot bereitgestellt wird.

In diesem Zusammenhang hat die Arbeitsstelle Vielfalt den Auftrag zur Erstellung einer wissenschaftlichen, qualitativ angelegten Studie zum Hamburger Beratungsangebot für Opfer rassistischer und rechtsextremer Übergriffe an die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) vergeben. Dabei wird es auch um die unterschiedlichen Opfergruppen, deren Erfahrungen und Zugangsmöglichkeiten zu Beratungsangeboten gehen.

Im Rahmen ihrer Koordinationsfunktion im Bereich Rassismus und Rechtsextremismus ist die Arbeitsstelle Vielfalt federführend beauftragt mit der Erstellung eines Hamburger Landesprogramms gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Neben der Benennung der vorhandenen Interventionsleistungen geht es vor allem um die Vernetzung der vorhandenen Präventionsangebote mit unterschiedlichen Altersgruppen. Insgesamt wird der Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren gegen Rechtsextremismus und Rassismus eine große Bedeutung zugemessen.