Investorenpläne

Die Prüfung der Investorenpläne durch den Generalplaner nahm insoweit drei Monate in Anspruch und ergab dabei eine für die Beteiligten unerwartet hohe Zahl von Änderungsnotwendigkeiten, die aus Widersprüchen in den Annahmen der Pläne resultierten. Diese Notwendigkeiten waren zum Teil dem Gestaltungsanspruch des Generalplaners zuzurechnen, in ihrer Mehrheit aber den technischen Gegebenheiten geschuldet und führten in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen von den Beteiligten so nicht vorhergesehenen Planungsaufwand, der die Planungskapazität des Generalplaners deutlich überschritt, womit auch die vorgesehene „Anschubplanung" nicht rechtzeitig durchgeführt werden konnte. Hierbei führte teilweise auch die vertraglich geschuldete, jedoch ebenfalls in Verzug gekommene Mitwirkung der ADAMANTA an der Abstimmung der Pläne zu Verzögerungen. Die Gesamtheit der Verzögerungen wirkte sich sodann auch auf die nachfolgenden Planungsphasen aus, z. B. die Planung der technischen Gebäudeausstattung und der nachfolgenden rohbaurelevanten Werkplanung.

Als am 18. Juni 2007 ein gemeinsamer Planungsstand erreicht war, stellten sich bei der Bewertung dieses Vorgangs deutliche Unterschiede in der Rechtsauffassung aufseiten der ReGe zur Rechtsauffassung aufseiten von ADAMANTA heraus. Während die ReGe den Planungsstand als damit definiertes Bau-Soll des vorher geschlossenen Leistungsvertrags ansah, wies ADAMANTA die Verantwortung für die Mehrkosten sowie das Terminrisiko der erfolgten Planungsänderungen der ReGe zu6. Hierbei war insbesondere die Auslegung einer vereinbarten Vertragsmodalität von Bedeutung, die schon nach Angebotsabgabe, aber noch vor Vertragsschluss in den Vertrag aufgenommen worden war: „Der Termin gemäß § 9 Ziffer 2 Nr. 1 (Vorlage der Tektur des Auftragnehmers) wurde mit der Vorlage der Aufteilungspläne [...] erfüllt. Seitens FHH [...] ist diese Tektur des Auftragnehmers in die Generalplanung zu integrieren."

Im Nachgang dieser Verhandlungen und damit über ein Jahr später interpretierte ADAMANTA den damaligen vertraglichen Ist-Zustand dabei in einer fiktiven vorsorglich erstellten und der Stadt übermittelten Klageschrift folgendermaßen: „Mit der Anordnung der Beklagten, die Leistungen aus der Tekturplanung vom 18.06.2006 auszuführen, hat sie geänderte und zusätzliche Leistungen angeordnet."

Die ReGe erwiderte dies mit ihrer bisherigen Rechtsauffassung: „Die Leistungen, für die die Klägerin zusätzliche Vergütung verlangt, sind keine Leistungsänderungen, sondern Bestandteile der vertraglichen Leistung. Diese Leistung wurde nicht geändert, sondern lediglich durch Leistungsbestimmungsrecht konkretisiert."

Dennoch beschloss die ReGe, ihre Rechtsauffassung durch eine andere ebenso renommierte Rechtsanwaltskanzlei prüfen zu lassen, welche dabei zu einem für die Stadt ungünstigen Ergebnis kam: „Soweit die Integration der Investorenplanung Änderungen der Bauausführung, wie sie dem Vertragsschluss zugrunde lag, erforderlich machte, stellt dies eine über den vertraglichen Leistungsumfang hinausgehende zusätzliche bzw. geänderte Leistung dar, für die der Auftragnehmer eine zusätzliche Vergütung beanspruchen kann."

Es erscheint also im Nachhinein zumindest als möglich, dass die ReGe im Juni 2007 gegenüber ADAMANTA möglicherweise zu Unrecht die Begleichung der Mehrkosten für die Integration der Investorenplanung verweigerte und dass diese Verweigerung zum entschiedenen Vorgehen der ADAMANTA in Bezug auf das Nachtragsmanagement beigetragen haben könnte.

Nach einer Notiz der ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG erwies sich dieser neu erkannte rechtliche Zustand jedoch auch dann nicht isoliert für die rechtliche Situation der Stadt und damit für die spätere Kostenentwicklung als problematisch, sondern wurde vielmehr durch die Tatsache verstärkt, dass die vertragliche Konstellation mit dem Generalplaner aufgrund seiner eigenen Entstehungsgeschichte ebenso ungünstig für die Stadt war.

Zusammenfassend führte hauptsächlich die zum Zeitpunkt der Umstellung auf das Forfaitierungsmodell entstandene Problematik zwischen

1. der vertraglich festgelegten einseitigen Planungsverantwortung für die Integration der Investorenplanung und

2. der nicht erkannten, rechtlich bedingten einseitigen Kostenverantwortung sowie

3. der Freigabe der Investorenpläne vor Vertragsschluss

4. ohne die detaillierte Vereinbarung und spätere Einforderung der Mitwirkungsrechte von ADAMANTA an der Integration der Investorenplanung zu hohen Kostensteigerungen für die Stadt.

In den beigezogenen Akten des Senats und der ReGe findet sich kein Schriftstück dazu, dass dieses Planungsrisiko der ReGe zum Zeitpunkt der maßgeblichen Entscheidung bekannt war697 oder die ReGe zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt vor Vertragsunterzeichnung durch externe Berater, die an der Ausgestaltung von Vertragsmodalitäten mitarbeiteten, hierauf hingewiesen worden wäre, sodass im Endergebnis gegenüber den politisch Verantwortlichen aufseiten der Stadt dieser vertragliche Zusammenhang mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bekannt gewesen sein dürfte.

3. Spätere Gegenmaßnahmen aufseiten der Stadt

Die Tragweite der Kostenauswirkungen der unvollständigen Entwurfsplanung sowie der Integration der Investorenplanung wird durch die Vielzahl der nachfolgend beschriebenen seitens der Stadt eingeleiteten Gegenmaßnahmen verdeutlicht.

Die Kulturbehörde hat den Zusammenhang zwischen der unvollständigen Planung und den Nachforderungen von ADAMANTA spätestens im Mai 2008 gegenüber dem Ersten Bürgermeister mitgeteilt. Im Gespräch mit dem Ersten Bürgermeister am 1. Juli 2008 wurde deshalb das Schließen der Planungslücken als wesentlicher Schritt zur Neuaufstellung des Projekts vereinbart. Die interne Bewertung der Behinderungsanzeigen auf Verzögerungen durch fehlende Planung wies insofern am 10. Juli 2008 eine Reihe von Planungstatbeständen auf, die aus Sicht der ReGe dann als tatsächlich mit Kostenrisiken behaftet angesehen worden sind, insbesondere im Bereich der Statik und der TGA. Insofern bestand eine wesentliche Forderung in dem von ADAMANTA vorgelegten Entwurf des Nachtrags 3 vom 29. Juli 2008 in der zukünftigen Verpflichtung der Stadt, die dann noch ausstehenden Planungen vollständig und termingerecht zu liefern. Die Planungsdetaillierung war im Vorwege des Abschlusses des Nachtrags 4 erhöht worden und nach übereinstimmender Einschätzung der ReGe und der ADAMANTA zu 95 Prozent definiert. Mitglieder des Bauausschusses des Aufsichtsrats der Bau KG haben hierbei die funktionale Beschreibung und Kalkulation der restlichen noch nicht geplanten Budgets, die zukünftigen Planungszuständigkeiten sowie die Vollständigkeit und Handhabbarkeit der Bausolldokumentation geprüft und im Ergebnis befürwortet.

V. Vergabeentscheidung auf Grundlage nur eines verbliebenen Bieters

Im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand ­ Identifizierung von Gründen für Kostensteigerungen im Projektverlauf und Zuordnung von Verantwortlichkeiten hierfür aufseiten der FHH ­ ist im Vergabeverfahren bis zum Vertragsschluss mit der ADAMANTA am 18. Dezember 2006 bzw. 1. März 2007 neben dem Themenkomplex „Zeitpunkt der Ausschreibung" bzw. „keine Verschiebung der Ausschreibung wegen fehlender Planreife" die Tatsache in den Blick zu nehmen, dass der Zuschlag letztendlich nur auf Basis von Verhandlungen mit einem einzigen Bieter und des Angebots dieses Bieters, des Konsortiums IQ², erteilt wurde.

Die Frage, ob sich diese Entscheidung vor dem Hintergrund möglicher Handlungsalternativen projektkostensteigernd ausgewirkt hat, lässt sich aus heutiger Sicht seriös nicht abschließend beantworten. Dennoch finden sich Anhaltspunkte dafür, dass der ReGe gerade in der Endphase des Vergabeverfahrens juristische und projektbezogene Zweifel am eigenen Vorgehen hätten kommen können:

Zum Ende der den beiden bevorzugten Bietern gesetzten Frist zur Abgabe letztverbindlicher Angebote am 15. September 2006 gab nur IQ² ein Angebot ab, STRABAG erhob stattdessen eine Vergaberüge. Das IQ²-Angebot wurde von der ReGe als formal unzulässig eingestuft. Die formellen Mängel waren der ReGe schon spätestens am 26. September 2006706 bewusst, das Vergabeverfahren aber erst am 9. November 2006 von der ReGe aufgehoben. Daraufhin wurde das Vergabeverfahren als Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nur mit IQ² neu aufgenommen.