Protokollen des Aufsichtsrates

Aus den bekannten Vorstandsprotokollauszügen ist ersichtlich, dass dem Vorstand zu vielen TOP Vorlagen als Entscheidungsgrundlage gedient haben. Über Art, Qualität und Umfang konnte der PUA jedoch bis zum Abbruch der Untersuchung keinen Beweis erheben, da die Bank dem Ausschuss mit den Protokollauszügen solche Vorlagen nicht vorgelegt hatte. Ferner wird aus den Protokollauszügen deutlich, dass der Vorstand zu vielen Beratungen Mitarbeiter der Bank, insbesondere aus der M1-Ebene, hinzugezogen hat.

Ergänzend ist aus den Protokollen des Aufsichtsrates ersichtlich, dass der Vorstand an den Sitzungen des Aufsichtsrates und seiner Ausschüsse regelmäßig teilgenommen hat. In diesen Sitzungen hat der Vorstand über die Themen, die in anderen Komplexen dieses Berichtes im Detail behandelt werden, berichtet und gegebenenfalls auch Fragen von Gremienmitgliedern beantwortet.

Aus den dem Ausschuss vorliegenden Unterlagen des Aufsichtsrates wird ebenfalls deutlich, dass der Vorstand die gesamte Organisation der Gremien über einen Vorstandsstab abgewickelt hat, der wiederum die Kommunikation mit den Vertretern der Anteilseigner gepflegt und betreut hat.

Schließlich hat der Vorstand mindestens ab 2008 in mehreren Ausschüssen der Hamburgischen Bürgerschaft zur Lage der Bank berichtet, der PUA hat insoweit die Drucksachen der Hamburgischen Bürgerschaft herangezogen.

b. Aufsichtsrat Ausweislich der dem PUA vorliegenden Urkunden und der vernommenen Zeugen können zur Begleitung der Geschäftspolitik durch den Aufsichtsrat die folgenden Tatsachenfeststellungen und Bewertungen getroffen werden. Die Darstellung der Aktivitäten der Aufsichtsratsmitglieder beschränkt sich im Hinblick auf den gesamten Untersuchungsgegenstand auf die Anteilseignervertreter, die von der FHH in den Aufsichtsrat der Bank entsandt worden waren.

aa. Aufsichtsratsmitglieder

Es handelt sich bei dem Aufsichtsrat um ein mitbestimmtes Organ, das je zur Hälfte mit Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmerseite besetzt worden ist.

Für den Untersuchungsauftrag des Ausschusses war im Wesentlichen die Tätigkeit der von der FHH entsandten Anteilseignervertreter von Bedeutung.

Diese waren:

- Alexander Otto (09.07.1999 ­ 01.07.2009),

- Senator a.D. Dr. Wolfgang Peiner (von Fusion bis 30.04.2009, Vorsitzender vom 01.01.2007 bis 01.07.2009),

- Senator a.D. Gunnar Uldall (von Fusion bis 07.02.2007),

- Senator a.D. Dr. Michael Freytag (07.02.2007 bis 17.03.2010).

Die von der FHH entsandten Aufsichtsratsmitglieder haben neben dem Aufsichtsrat selbst folgenden Ausschüssen angehört:

- Dr. Peiner: Risikoausschuss (2003 ­ Beginn PUA), 01.11.2006 ­ 05.09.2008 Vorsitzender, ab 05.09.2008 stellvertretender Vorsitzender; Vermittlungsausschuss ab 2003; Prüfungsausschuss ab 2003;675

- Dr. Freytag: Präsidialausschuss ab 07.03.2008.

§ 6 Abs. 2 der Satzung HSH Nordbank, PUA0002, Bl. 16, S. 2.

Hauptversammlungsprotokoll vom 07.02.2007, Notar Dr. Diekgräf, UR-Nr. 592/2007D, PUA0164, Bl. 3.

AR-Protokoll vom 18.08.2003, S. 11 ­ 12, PUA0004, Bl. 147 f.

AR-Protokoll vom 07.03.2008, S. 14, PUA0016, Bl. 288.

bb. Art und Weise beziehungsweise Methoden der Geschäftsbegleitung:

Die genannten Aufsichtsratsmitglieder haben jeweils regelmäßig an den Sitzungen des Aufsichtsrates und der jeweiligen Ausschüsse teilgenommen. Die Beweisaufnahme des PUA hat diesbezüglich keine Auffälligkeiten ergeben, die für den Untersuchungsgegenstand von Bedeutung wären.

Auffällig ist in der Gesamtschau der Aufsichtsratsprotokolle jedoch, dass nennenswerte Initiativen von Aufsichtsratsmitgliedern und inhaltliche Diskussionsbeiträge zu den Grundsatzfragen der Geschäftspolitik der HSH Nordbank jedenfalls bis zum Ausbruch der Finanzkrise nicht beziehungsweise nur in Einzelfällen dokumentiert sind. Ob dies auf die Art der Protokollführung oder auf andere Umstände zurückzuführen ist, hat der PUA wegen des vorzeitigen Abbruchs der Untersuchung nicht ermittelt.

Als Beispiel für vorstehende Feststellung wird auf die Aufsichtsratssitzung vom 05.09.2007 verwiesen, in der die Anregung des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Peiner dokumentiert ist, das CIP-Portfolio solle kritisch überprüft werden.

Im Übrigen finden sich keine nennenswerten Vorschläge des Vorstandes zu einer grundlegenden Frage der Geschäftspolitik, denen der Aufsichtsrat nicht gefolgt wäre.

Für die Fragestellungen des Untersuchungsauftrages ist schließlich festzuhalten, dass der Aufsichtsrat sich mit allgemeinen Fragen von bankweiter Bedeutung beschäftigt hat. Einzelgeschäfte wurden in aller Regel im Risikoausschuss behandelt. In § 8 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates sind die Aufgaben des Risikoausschusses wie folgt definiert: „a. Prüfung der Adressausfallrisiken, der operativen Risiken und der Marktpreisrisiken,

b. Überwachung der Risikosteuerung und

c. Zustimmung zu Organkrediten gemäß § 15 KWG."

Der Aufsichtsrat hat bis 2007 regelmäßig quartalsweise getagt, ab 2008 hat sich der Sitzungsrhythmus deutlich erhöht. Er tagte nahezu monatlich. Die Vertreter der FHH haben regelmäßig an den Sitzungen teilgenommen.

c. Senat und Bedienstete der Hamburger Behörden

Auf der Seite der Anteilseignerin FHH ist die Begleitung der Bank im Wesentlichen durch die Beteiligungsverwaltung im Amt 3 der Finanzbehörde erfolgt. Zusätzlich hat es einige wenige Kontakte von Senatsmitgliedern in dieser Funktion mit der Bank oder anderen Anteilseignern gegeben.

aa. Personen

Von der FHH wurde der jeweilige Präses der Finanzbehörde in den Aufsichtsrat entsandt, sodass auf diese Tätigkeit hier nicht erneut eingegangen wird. Hinzuweisen ist darauf, dass ab der Fusion der Landesbanken zur HSH Nordbank bis Februar 2007 neben dem Finanzsenator auch der Wirtschaftssenator in den Aufsichtsrat entsandt worden war. Nachdem der damalige Finanzsenator Dr. Peiner zwar von seinem Amt zurückgetreten war, aber neben dem neuen Finanzsenator Dr. Freytag nach wie vor dem Aufsichtsrat angehörte, ist der jeweilige Wirtschaftssenator nicht mehr Mitglied des Aufsichtsrates gewesen.

Neben dem jeweiligen Präses der Finanzbehörde war der Erste Bürgermeister Ole von Beust in einige wenige Kontakte mit dem Vorstandsvorsitzenden der Bank sowie in die Kontakte mit anderen Anteilseignern eingebunden.

Für den Untersuchungsgegenstand kommt der Tätigkeit der Beteiligungsverwaltung in der Wirtschaftsbehörde keine große Bedeutung zu, da diese sich in allen Fragen mit der Beteiligungsverwaltung der Finanzbehörde abgestimmt hat, die gegenüber der Bank federführend aufgetreten ist. Auf eine eigenständige Darstellung der Tätigkeit der Mitarbeiter der Wirtschaftsbehörde wird daher verzichtet.

AR-Protokoll vom 05.09.2007, PUA0015, Bl. 14.

Geschäftsordnung des Aufsichtsrats, PUA0002, Bl. 43. Amtsleiter im Amt 3 in der Finanzbehörde war ab der Fusion bis zum Beginn des Untersuchungsverfahrens der Senatsdirektor Dr. Rainer Klemmt-Nissen.

Auf Ebene unterhalb der Amtsleitung war ab dem 01.01.2006 der Jurist Andreas Bolenz als Leiter der Abteilung 31 zuständig.

Das für die HSH Nordbank zuständige Referat 312 in der Abteilung 31 leitete zunächst die Justiziarin Christine Laubach.

Ab April 2008 war diese Zuständigkeit im Referat 313 bei dem Bankkaufmann und Juristen Dr. Jörg Arzt-Mergemeier angesiedelt.

bb. Tätigkeitsfelder:

Die Tätigkeit der Beteiligungsverwaltung hatte zunächst zwei Felder, nämlich die Begleitung des Aufsichtsrats sowie der Hauptversammlungen. Zusätzlich hat der PUA einige Einzelaktivitäten ermittelt, bei denen Mitarbeiter der Beteiligungsverwaltung in direktem Kontakt mit der Bank ohne unmittelbaren Gremienbezug tätig geworden sind.

Eine unmittelbare Einbindung des Senats in die Geschäftspolitik der Bank hat es nach dem Stand der Beweisaufnahme zum Zeitpunkt des Abbruchs der Untersuchung nicht gegeben, jedoch hat sich der Senat beziehungsweise der Erste Bürgermeister in Gesprächen mit Vorstandsvorsitzenden und in gemeinsamen Kabinettssitzungen mit der Landesregierung von Schleswig-Holstein mit Fragen, die Gegenstand der Untersuchung waren, beschäftigt.

(1) Hauptversammlungen:

Dem PUA haben sämtliche Protokolle der Hauptversammlungen seit der Fusion vorgelegen.

Auffällig an der Dokumentation der Hauptversammlungen ist, dass ­ bis auf wenige Ausnahmen ­ weder Vorstands- noch Aufsichtsratsmitglieder an der Hauptversammlung teilgenommen haben. Üblicherweise hatten alle Anteilseigner Vollmachten an eine oder gelegentlich auch mehrere Vertreter erteilt, die dann oft einen oder mehrere Anteilseigner in der Hauptversammlung vertreten haben. In vielen Fällen handelte es sich bei den Vertretern nicht um Mitarbeiter der Anteilseigner, sondern um Mitarbeiter der HSH Nordbank, die regelmäßig für den Vorstandsstab der Bank tätig waren. Beispielhaft wird hier auf die außerordentliche Hauptversammlung vom 19.12.2008 verwiesen, in der ein Mitarbeiter des HSH-Vorstandsstabs alle 15 (damaligen) Anteilseigner vertreten hat und als Versammlungsleiter aufgetreten ist.

(2) Aufsichtsrat:

Der wesentliche Teil der Tätigkeit der Beteiligungsverwaltung lag in der Vorbereitung der Aufsichtsratssitzungen der Bank (dazu Details im Abschnitt „Arbeitsweise").

Die jeweiligen Vertreter der FHH im Aufsichtsrat (siehe oben) waren ursprünglich jeweils Präses ihrer Behörde, sodass sie in doppelter Funktion tätig geworden sind.

Einerseits waren sie als Vorgesetzte der Fachämter und -abteilungen ihrer Behörde weisungsbefugt, andererseits hatten sie ihr Aufsichtsratsmandat unabhängig wahrzunehmen.

(3) Senat:

Der Senat oder seine Mitglieder haben in dieser Funktion insbesondere während der Finanzkrise die Geschäftspolitik der Bank vor allem auf Aufsichtsebene begleitet. Hüffer, Aktiengesetz, 8. Auflage 2008, zu § 394 Rz. 28.