Kreditnehmer aus der Finanzbranche
Für Kreditnehmer aus der Finanzbranche (Banken, Versicherungen, Fonds) ist zentral der UB Kreditrisikomanagement für das Zweitvotum zuständig.
Jeder Kreditantrag ist von den Markt-UBs mit einem vorläufigen Rating zu versehen, das von der Marktfolge überprüft und anschließend verbindlich festgesetzt wird.
Stimmen Erst- und Zweitvotum überein, wird die Kreditvorlage dem jeweiligen Entscheidungskompetenzträger (zum Beispiel M1-Leiter, zwei Vorstände, Gesamtvorstand) gemäß der Zuständigkeitsrichtlinie vorgelegt (siehe dazu die folgende Tabelle). Weichen die Voten voneinander ab, wird die Vorlage je nach Konstellation entweder auf die nächst höhere Votierungskompetenz- oder Zuständigkeitsstufe übertragen.
c. Ratings
Die Ankaufsentscheidung im Bereich des Kreditersatzgeschäfts beruhte weitgehend auf externen Ratings. Zwar wurden auch intern entwickelte Risikodeterminanten herangezogen, deren Diskussion nach dem Eindruck von Freshfields allerdings „eher einen komplementären und deskriptiven als einen entscheidungssteuernden Charak1166
§ 5 Abs. 2 der Votierungsrichtlinie der HSH Nordbank (= Kredithandbuch Register 1.2.1), Stand 12.10.2007, PUA0508/1, Bl. 605; in früheren Fassungen der Votierungsrichtlinie wurde nicht danach unterschieden, ob die Analyse des Adressenausfallrisikos vom MarktUB oder von der Marktfolge vorgenommen wurde (vgl. die älteren Fassungen in PUA508/1, Bl. 591 ff.).
Gemäß § 11 Abs. 4 der Satzung der Bank ist die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich für den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten, Schiffen oder Flugzeugen, soweit im Einzelfall der auf die Bank entfallende Gegenstandswert 0,25 % des im letzten Jahresabschluss ausgewiesenen haftenden Eigenkapitals der Bank nach dem KWG übersteigt.
Den M1-Leitern „Markt" sind die jeweils zuständigen Regional Heads gleichgestellt.
Den M2-Leitern „Markt" sind die General Manager der ausländischen Niederlassungen gleichgestellt. ter besaß. Insbesondere enthielten die Kreditvorlagen regelmäßig keine Aussagen zu den Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verlustquoten bei Ausfall."
Die HSH Nordbank besaß jedenfalls bis zum Jahre 2008 auch keine internen Ratingverfahren für Verbriefungen und strukturierte Produkte (zum Beispiel Liquiditätsfazilitäten)1, war also für diesen Produktbereich mit einem Volumen von mehr als 30 Mrd. EUR zwingend auf externe Ratings angewiesen.
Die Verwendung externer Ratings enthob die HSH Nordbank jedoch nicht der Verpflichtung, sich ein eigenes Urteil über das Adressenausfallrisiko zu machen.
Da laut Freshfields den bankeigenen Risikodeterminanten keine praktische Bedeutung für die Entscheidung zukam (siehe oben), zeugt die Übung der HSH Nordbank von einer insoweit laxen Prüfungspraxis. Vieles spricht dafür, dass insoweit die Vorgaben der MaRisk BTO 1.4. nicht erfüllt sind.
Eindeutig ist dies jedoch nicht.
Insbesondere existieren soweit ersichtlich keine eindeutigen Aussagen der BaFin zu dieser Frage aus der Zeit vor der Neuveröffentlichung der MaRisk im August 2009.
Dass die externen Ratingeinschätzungen nicht das dem CIP tatsächlich innewohnende Risikopotenzial wiedergegeben haben, belegt schon der Umstand, dass die durchschnittlichen Ratings trotz der Finanzkrise bis 2008 nahezu konstant geblieben sind,1180 obwohl die im CIP gebündelten Transaktionen ab dem Jahre 2007 tatsächlich erheblich höhere Ausfallrisiken aufwiesen, die sich wenig später in konkreten Wertberichtigungsbedarf beziehungsweise Wertverluste umwandelten.
d. Businesspläne und Schnellankaufverfahren
Bei den missverständlich sogenannten Business Plänen handelt es sich der Sache nach um Rahmenkreditbeschlüsse. Diese wurden seit dem Jahre 2004 für das Kreditersatzgeschäft vom Vorstand beschlossen. Freshfields stellt die durch die Businesspläne festgelegten „qualitativ strategischen Vorgaben" für die Schaffung einer einheitlichen Strategie für das Kreditersatzgeschäft heraus.
Diese Sichtweise dürfte jedoch etwas zu kurz greifen. Mit den Business Plänen wurde der HSH N Sec der Abschluss von derivativen Kreditgeschäften mit einem Gesamtvolumen von bis zu 3 Mrd. EUR innerhalb der eher weit gezogenen Parameter gestattet.
Die strategischen, eine Einheitlichkeit bewirkenden Vorgaben stellen sich der Sache nach lediglich als die kompetenziell notwendige Beteiligung des Vorstandes an großvolumigen Kredit(ersatz)geschäften dar. Weder die aufsichtsrechtlichen Vorgaben noch die internen Regelwerke der HSH Nordbank hätten es zugelassen, Transaktionen mit einem Volumen von 1 Mrd. EUR und mehr in das Ermessen der Geschäftsleitung der HSH N Sec zu stellen.
Die mit den Business Plänen verbundene Minderung der Kontrolle durch den Vorstand wurde noch dadurch verstärkt, dass gerade die Business Pläne für den Bereich strukturierter Wertpapiere die Möglichkeit zum Geschäftsabschluss im sogenannten Schnellankaufverfahren (auch: Fast Track Procedure) vorsahen.
Bei dem Schnellankaufverfahren handelt es sich um einen vereinfachten und dadurch auch verkürzten Kreditvergabeprozess mit speziellen Genehmigungsregeln auf Basis eines standardi1175
Bei Transaktionen im Schnellankaufverfahren konnte insbesondere auch eine detaillierte Risikoanalyse unterbleiben. Den internen Unterlagen der HSH Nordbank zufolge sollte mit dem Schnellankaufverfahren ermöglicht werden, in bestimmten Assetklassen „zeitnah agieren"1, also schneller als im herkömmlichen Kreditvergabeprozess kontrahieren zu können. Der Kreditentscheidungsprozess, der im regulären Verfahren mehrere Wochen bis zu einige Monate in Anspruch nahm, wurde auf wenige Tage verkürzt.
Die Verkürzung der Prüfung sollte durch die Vorgabe enger Rahmenbedingungen kompensiert werden, die jedoch im Laufe der Zeit abgesenkt wurden.
Auch sollte dem im Schnellankaufverfahren erfolgten Geschäftsabschluss nachträglich eine detaillierte Analyse des Engagements folgen, die im Falle einer negativen Nachvotierung zur kurzfristigen Beendigung des Engagements hätte führen können.
KPMG fasst seine Bedenken hinsichtlich des verkürzten Ankaufverfahrens zutreffend folgendermaßen zusammen: „Wir halten die bei der HSH praktizierte Modifizierung des Kreditgenehmigungsprozesses im Bereich der Credit Investments in Ansehung der Komplexität der angekauften Produkte für nicht sachgerecht und sind der Überzeugung, dass die sukzessiven Vereinfachungen in den Kreditprozessen des CIP auch zu Schwächen im internen Kontrollsystem der Bank geführt haben."
Ein wesentlicher Teil der Verluste der Jahre 2007 und 2008 stammt aus Engagements in synthetische CDOs, die unter Anwendung des Schnellankaufverfahrens erworben wurden.
Schließlich ist der Umstand hervorzuheben, dass sämtliche vom Vorstand gefassten Rahmenbeschlüsse in Kombination mit der Zulassung des Schnellankaufverfahrens vom Vorstand im Umlaufverfahren getroffen wurden, also außerhalb von Vorstandssitzungen ohne gleichzeitige physische Präsenz.
Berücksichtigt man die mit diesen Beschlüssen freigegeben Geschäftsvolumina, spricht die Wahl des Umlaufverfahrens, das eine Diskussion der Vorstandsmitglieder über etwaige Bedenken und Risiken von Angesicht zu Angesicht grundsätzlich nicht zulässt, für mangelndes Risikobewusstsein, jedenfalls aber mangelnde Risikokultur des Vorstands im Zusammenhang mit derivativen Finanzinstrumenten. Als weiteres Indiz für den Umgang mit deren Risiken mag der (Einzel-)Beschluss über den Ankauf synthetischer CDOs vom 17.03. gewertet werden, mit dem der Vorstand die von der Marktfolge in Zweitvotum vorgeschlagene Reduzierung von 1 Mrd. EUR auf 500 Mio. EUR rückgängig machte und das Volumen wieder auf 1 Mrd. EUR erhöhte, insoweit also gegen den ausdrücklichen Rat der für die Beurteilung des Adressenausfallrisikos zuständigen Organisationseinheit entschied.
e. Die Interne Revision der HSH Nordbank
Die Interne Revision der HSH Nordbank war unzureichend mit Personal ausgestattet und hat möglicherweise deshalb zum Teil gravierende Fehlentwicklungen in der Bank nicht erkannt.
Die BaFin weist zu Recht darauf hin, dass die Abschlussprüfer der KPMG im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses 2008 wesentliche „Feststellungen" (Bezeichnung der BaFin für Mängel), denen die BaFin „zum Teil besonders gravierenden Charakter" beimisst, von der Revision nicht oder nicht ausreichend erkannt worden sind.