Kreditersatzgeschäfts

Aus heutiger Sicht ­ nach der schwersten weltweiten Finanzkrise seit 80 Jahren ­ ist erkennbar: Das Volumen des Kreditersatzgeschäfts der Bank als ein wesentliches Element ihres Geschäftsmodells war vor dem Hintergrund ihres niedrigen Eigenkapitals zu groß. Beide Banken brachten etwa 13 Milliarden Euro in die neu gegründete AG ein ­ 26 Milliarden Euro. Das ist dann im Späteren auf maximal 30 Milliarden erhöht worden. Aber dieses Volumen hat sich eben im Grundsatz von der Größenordnung und der relativen Bedeutung nicht geändert. (...) Die Geschäfte des Vorstands wurden durch Stellungnahmen und Einschätzungen der Ratingagenturen untermauert.

Strategie war die Anlage in Papiere mit insgesamt, mit dem Investment-Grade und einem Rating in der A-Kategorie."

Auf die Frage, ob man sich infolge der Erfahrung der Verluste bei den strukturierten Investments Corvus und Nerva, die mit Barclays getätigt wurden, besondere Gedanken gemacht habe hinsichtlich der Risikoeinschätzung für spätere Zeiten, erklärte der Zeuge Dr. Peiner, er könne sich nicht erinnern, in welcher Form diese Fragen diskutiert wurden.

Nach Auskunft von Frau Simonis hat sie die Entscheidung für Luxemburg mitgetragen, weil der Vorstand vorgetragen habe, dass dieses die einzige Möglichkeit sei, um auf internationalen Geldmärkten halbwegs vernünftig dastehen zu können.

2. Kreditersatzgeschäft der Vorgängerinstitute (Drs. 13/3360, Nr. 2.)

Welche Kreditersatzgeschäfte/CIP-Portfolien der Vorgängerinstitute Hamburgische Landesbank und Landesbank Schleswig-Holstein haben die HSH Nordbank belastet und unter welcher Verantwortung sind diese Geschäfte hinsichtlich der Hamburgischen Landesbank vorgenommen worden?

Ausweislich der dem PUA vorliegenden Urkunden können die folgenden Tatsachenfeststellungen und Bewertungen zum vorgenannten Beweisthema getroffen werden:

a. Belastende Kreditersatzgeschäfte der Vorgängerinstitute

Die HLB hat Kreditersatzgeschäfte im Sinne der oben genannten Definition seit den frühen Neunzigerjahren betrieben, anfangs durch Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen, Pfandbriefen und Schuldscheindarlehen, in den späten Neunzigerjahren zunehmend auch in Form von Asset Backed Securities (ABS).

In gleicher Weise hatte die LBSH langjährig Kreditersatzgeschäfte betrieben. In den Jahren 2000 bis zum Geschäftsjahr 2002 stieg das Volumen in Kiel insoweit von 6,5 Mrd. EUR auf 13,7 Mrd. EUR. Das Portfolio der HLB lag im Jahr 2002 bei 23 Mrd. EUR.

Beide Portfolien waren in der Struktur vergleichbar, wobei die LB Kiel stärker auf komplexer strukturierte Papiere ausgerichtet gewesen ist als die HLB, in deren Portfolio die Single Names überwogen.

Im Jahr 2010 beschrieben als „Gewöhnliche Anleihen einzelner Emittenten, zum Teil in Bewertungseinheiten [...] außerdem Credit Default Swaps auf Einzeladressen" (PUA0077, Bl. 19).

LB Kiel relativ gesehen geringer.

Während die HLB im Zeitraum 2001 und 2002 einen Betrag von 155 Mio. EUR wertberichtigen musste, lag bei der LBSH im Zeitraum 2000 bis 2002 der Wertberichtigungsbedarf bei 127 Mio. EUR.

aa. „Corvus" und „Nerva"

Die Vorgängerinstitute HLB und LBSH hatten jeweils in die von der Barclays Bank gemanagten CDOs „Corvus" (LBSH) sowie „Corvus" und „Nerva" (HLB) investiert. Ob das Engagement der HLB zum VIP gehört, war in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu ermitteln. Der Anteil der HLB betrug 440 Mio. USD („Corvus" und „Nerva"). Im Jahr 2005 betrug das Gesamtengagement der HSH Nordbank 591 Mio. EUR.

Wegen des Anteils der LB Kiel hat die HSH Nordbank Klage gegen die Barclays Bank wegen Missmanagements und Missellings erhoben.

Der Vorwurf der HSH Nordbank bezieht sich darauf, dass das tatsächliche Risikoprofil der Tranchen „Nerva" und „Corvus" nicht dem bei Verkauf dargestellten Risikoprofil entsprochen habe und die Barclays Bank im Laufe des Managements der CDOs in weitere ­ kurz vor einer Abwertung stehende ­ eigene CDOs investiert habe, die zum Teil identische Kreditrisiken enthalten hätten, wodurch es nicht nur zur Abwertung, sondern auch zur Bildung von Klumpenrisiken gekommen sei. „Trustee-Berichte" über die Portfolien seien der HSH Nordbank lange Zeit vorenthalten worden.

Presseberichten1571 ist zu entnehmen, dass diese Klage über 151 Mio. USD am 14.02.2005 im Wege eines Vergleichs beendet wurde. Bereits in der Risikoausschusssitzung vom 20.09.2004 wurde unter Bezugnahme auf das Klageverfahren „Corvus" berichtet, dass auf das ehemalige HLB-Portfolio von 420 Mio. EUR eine Wertberichtigung von 173 Mio. EUR vorgenom-men worden sei.

Auf dieser Grundlage habe die Vergleichszahlung der Barclays Bank zu einem „positiven Ergebnisbeitrag" geführt.

Über den Inhalt des Vergleichs liegen dem PUA ebenso wenig Informationen vor wie über die Auswirkung auf die Bewertung des sachgleichen ehemalige HLB-Portfolios in Höhe von 440 Mio. USD („Corvus" und „Nerva").

bb. „North Street"

Die HSH Nordbank hat gegen UBS einen Schadensersatzprozess wegen des Engagements North Street angestrengt. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Da sich das Bekanntwerden von Details auf die Parteistellung der HSH Nordbank oder bei etwaigen Vergleichsverhandlungen nachteilig auswirken könnte, erfolgt die Darstellung zur Wahrung der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der HSH Nordbank nur eingeschränkt.

Bei dem Engagement North Street 2001-41574

­ nachfolgend North Street ­ handelt es sich um eine von UBS Warburg für die LBSH nach deren Vorstellungen in den Jahren 2001/2002 strukturierte Finanzierung, bei der ein von UBS Warburg aktiv verwaltetes, variables Immobilien-Portfolio in Höhe von 500 Mio. USD1575

(damals rund 611 Mio. EUR) zunächst von UBS Warburg verbrieft, dann an die Zweckgesellschaft North Street verkauft, sodann dort erneut verbrieft und an Investoren verkauft wurde. Die Verkaufserlöse standen der LB Kiel als Sicherheit (collateral) für die selber herausgegebenen Wertpapiere zur Verfügung.

In der Kreditvorlage (PUA0355, Bl. 178) wird der Kreditnehmer als North Street 2001-4 bezeichnet, an anderer Stelle, z. B. in PUA0132, Bl. 431, als North Street 2002-4. Erklärung ist wahrscheinlich, dass der Antrag aus dem Jahr 2001, die Emission aber erst aus 2002 stammt.

Auf das Investment wurden Abschreibungen vorgenommen (Angaben zur Höhe unterliegen dem Geschäftsgeheimnis).

Der Beschluss über den Kauf von ABS vom 18.02.2002 wurde von Martin Halblaub und vier weiteren Mitarbeitern beantragt und von drei Vorständen genehmigt.

Der Prolongationsbeschluss vom 29.04.2003 wurde von Martin Halblaub und vier weiteren Mitarbeitern beantragt und von vier Vorstandsmitgliedern genehmigt.

Die Transaktion „North Street" scheint für die LBSH eine ­ über das Investment hinausgehende ­ Funktion als Marktöffner gehabt zu haben. „Abweichend von der bisherigen Anlagepolitik" 1581 wurde auch die ­ risikoreichste ­ letztrangige Tranche vollständig angekauft. Das Kreditsekretariat der LBSH stellte hierzu fest, dass sich mit Eingehung der Transaktion „North Street" der „Bestand an mit höheren Risiken behafteten BBB-Notes (...) ausweiten" werde. 1582

Mit North Street bestehe die Möglichkeit der Diversifikation in eine Asset-Klasse (US Immobilien),1583 die im Portfolio der LBSH bis dahin unterrepräsentiert gewesen sei.

Während die bisherige InvestmentStrategie der LBSH auf Buy and Hold ausgerichtet gewesen sei, erfülle North Street dieses Kriterium nur noch formal, da das letztendlich zugrunde liegende Portfolio von UBS Warburg aktiv gemanagt würde.

Außerdem führten die umfassenden Überwachungs- und Berichtspflichten zu einem Know-how-Transfer von UBS an die LBSH, der als „Frühwarnsystem" für diverse USRisiken nutzbar sei.

Betont wurde, dass North Street auch bei Zugrundelegen der historischen Ausfallwahrscheinlichkeiten positive Ergebnisse erzielen werde und UBS Warburg eine langjährige und weitreichende Erfahrung als Portfoliomanager habe.

Bereits im Jahr (...)1588 kam es indes im Portfolio zu Problemen.

Ein Bericht der Internen Revision1590 aus dieser Zeit bemängelt, dass einzelne ABS-Tranchen überwiegend andere ABS-Transaktionen enthielten und damit ein Zugriff auf die tatsächlichen Assets erschwert sei.

Spätestens seit (...)1592 bestanden Zweifel daran, dass der Portfoliomanager im Interesse der HSH Nordbank AG (als Nachfolger der LBSH) handelte.

Hintergrund war die mutmaßlich im Vergleich zu üblichen Vereinbarungen große Gestaltungsfreiheit beim aktiven Fondsmanagement. Am 25.01.2008 hat die HSH in New York Klage gegen UBS Warburg auf 500 Mio. USD Schadensersatz wegen treuwidrigen Vertragsbruches erhoben.

cc. „NS Repack"

Im Risikobericht zum 31.12.20081595 wird eine Transaktion „NS Repack" aus dem Jahr 2000 ­ also aus der Zeit vor der Fusion ­ aufgeführt, die in Höhe von 9,7 Mio. EUR wertberichtigt worden sei.