Überprüfung von Gefährdungsbeurteilungen

Für Arbeitgeber besteht seit Juli 2010 unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten die Pflicht der Erstellung und der Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsstätte. In Abhängigkeit von der praktizierten Überprüfungsdichte und -häufigkeit seitens der zuständigen Behörden könnte diese im Grundsatz notwendige Regelung insbesondere für kleinere Unternehmen eine bürokratische Belastung darstellen.

Mit Wirkung vom 27.07.2010 wurde § 3 in die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) eingefügt. Gemäß Absatz 3 hat „der Arbeitgeber (...) die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeiten zu dokumentieren." Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) können die zuständigen Aufsichtsbehörden Einsicht in die Dokumentation nehmen.

Ich frage den Senat:

1. Bestand vor Einfügen des § 3 ArbStättV durch die Verordnung in 2010 eine Pflicht zur Anfertigung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung seitens der nun gesetzlich betroffenen Arbeitgeber? Haben sich die Anforderungen geändert?

Ja. Allerdings ergab sich die Verpflichtung, dass Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten eine vereinfachte Dokumentation ihrer Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen hatten, lediglich aus einer von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern gemeinsam getragenen Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes in Verbindung mit dem Arbeitssicherheitsgesetz (vergleiche Anlage 2 der unter der Antwort zu 3. vorgestellten Leitlinie). Mit der Änderung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) wurde diese Verpflichtung nunmehr ausdrücklich festgeschrieben.

2. Welche Aufsichtsbehörden sind nach § 22 Absatz 1 Satz 1 ArbSchG in Hamburg zuständig, um die gemäß § 3 ArbStättV nötigen dokumentierten Gefährdungsbeurteilungen einzusehen? Wenn mehrere Aufsichtsbehörden zuständig sind, wie teilen sich die Kompetenzen und Arbeitsbereiche auf? Wie viele Mitarbeiter sind explizit für das Einsehen und die Überprüfung von Gefährdungsbeurteilungen für Hamburg zuständig?

Zuständig für die Überwachung hinsichtlich des Arbeitsschutzgesetzes und damit auch der auf dieses Gesetz gestützten ArbStättV ist grundsätzlich die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz -„Amt für Arbeitsschutz"-. Ausgenommen hiervon ist die Überwachung hinsichtlich dieser Bestimmungen auf Baustellen. Dort ist die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt -„Amt für Bauordnung und Hochbau"- zuständig. Die Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung ist untrennbarer Bestandteil eines ganzheitlichen Überwachungsansatzes zum Arbeitsschutz. Für diese Aufgabe stehen insgesamt 71 Aufsichtskräfte zur Verfügung.

3. Nach welchen Kriterien wird grundsätzlich Einsicht in die Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen genommen? Nach welchen Kriterien werden Gefährdungsbeurteilungen überprüft? Welche Auswirkungen haben unzureichend angefertigte Gefährdungsbeurteilungen?

Die durch das Arbeitsschutzgesetz und das Sozialgesetzbuch VII verbindlich vorgegebene Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) hat das Ziel, Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch einen effizient und systematisch wahrgenommenen Arbeitsschutz zu erhalten, zu verbessern und zu fördern. Im Rahmen der GDA haben sich die für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden und die Unfallversicherungsträger auf einheitliche und für die Aufsicht verbindliche Kriterien für die Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen, ihre Überprüfung und die Maßnahmen der Aufsichtsbehörden bei unzureichenden Gefährdungsbeurteilungen verständigt.

Die Kriterien und die Auswirkungen bei unzureichend angefertigten Gefährdungsbeurteilungen sind in der GDA-Leitlinie „Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation" veröffentlicht (nachzulesen unter http://www.gda-portal.de/gdaportal/de/pdf/LeitlinienGDA?__blob=publicationFile&v=2).

Als Auswirkungen ergibt sich hieraus zusammenfassend, dass der Arbeitgeber bei nicht oder nicht angemessen durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen in der Regel schriftlich aufgefordert wird, die Gefährdungsbeurteilung in einer angemessenen Frist durchzuführen beziehungsweise nachzubessern und die Dokumentation vorzuhalten.

Ergänzt wird diese Maßnahme um eine Beratung des Arbeitgebers durch die Aufsichtsbehörde. Die Einhaltung der Anordnung wird von der Behörde nachverfolgt.

4. Gibt es Ausnahmen von der Pflicht zur Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung?

Nein.

5. Wie häufig und durch welche Stellen wurde nach Inkrafttreten der neuen Regelung Einsicht in die Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen von Arbeitsstätten genommen? Bitte tabellarisch auflisten nach Monat und zuständiger Stelle sowie angeben:

a. in wie vielen Fällen keine Dokumentation vorgelegen hat

b. wie häufig ein Bußgeld angeordnet worden ist

c. wie hoch das gegebenenfalls angeordnete Bußgeld durchschnittlich war.

Das Amt für Arbeitsschutz nimmt grundsätzlich bei Betriebsbesichtigungen Einsicht in die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung, so auch seit dem 27. Juli 2010 in die nach § 3 ArbStättV vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung. Seit diesem Stichtag fanden relativ gleichmäßig auf die Monate verteilt insgesamt 677 Besichtigungen in Betrieben mit weniger als zehn Arbeitnehmern statt. Dabei wurde in 58 Betrieben festgestellt, dass die Arbeitsschutzorganisation (hierunter werden unter anderem die Bereiche Gefährdungsbeurteilung sowie sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung zusammengefasst) nicht den grundlegenden gesetzlichen Vorschriften entspricht. Bußgelder wurden bisher nicht verhängt. Den Betrieben wird generell die Möglichkeit gegeben, die Dokumentation in einer angemessenen Frist nachzuholen.