Freilandstromleitungen durch Wohngebiete
Vom Gelände des ehemaligen Umspannwerks Stadtbahnstraße in Poppenbüttel verläuft noch heute eine alte 110-kV-Stromleitung zum Umspannwerk Stargarder Straße. Diese wird überirdisch durch die Stadtteile Sasel, Wellingsbüttel, Bramfeld, Farmsen-Berne und Oldenfelde geführt und läuft damit unter anderem auch durch den Wahlkreis 13. Es tauchen vermehrt Zweifel über die Sinnhaftigkeit beziehungsweise Alternativlosigkeit dieser veralteten Stromleitung auf.
Zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und insbesondere ihrer Gesundheit gilt es einige Fragen zu klären.
Ich frage den Senat:
Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Angaben der Vattenfall Europe Distribution Hamburg GmbH wie folgt:
1. Wann wurde die 110-kV-Stromleitung, die vom ehemaligen Umspannwerk Stadtbahnstraße in Poppenbüttel zum Umspannwerk Stargarder Straße in Rahlstedt führt, fertiggestellt?
Die Leitung wurde 1956 fertiggestellt.
2. Wie ist der genaue Verlauf dieser Freilandtrasse? (Bitte als Karte beifügen.)
a. Führt diese über Wohngebiete?
Wenn ja, welche?
Ja. Siehe Anlage 1.
b. Führt diese über Schulen?
Wenn ja, welche?
c. Führt diese über Kindergärten und Kitas?
Wenn ja, welche?
Ja. Im Abstand bis zu 80 m unter der Leitung befinden sich die Irena-Sendler-Schule, die Schule Karlshöhe, die Erich-Kästner-Schule und die G 16. Im Abstand bis zu 300 m unter der Leitung befinden sich folgende Kindergärten: Evangelische Kita Simeonkirche, Kita in der Schule Karlshöhe, Kita Montessori - Kindertagesstätte Regenbogen, Kita Naturkindergarten Kokopelli, Hort an der Erich-Kästner-Grundschule, Vorschulklasse an der Peter-Petersen-Schule und Kita Jonni Birckholtz.
3. Welchen ursprünglichen Zweck sollte diese 110-kV-Stromleitung laut Planung erfüllen?
4. Welche Gebiete wurden direkt nach Fertigstellung durch diese 110-kVStromleitung angebunden? (Bitte aufgliedern in Industrie- und Wohngebiete.)
5. Welche Funktion erfüllt diese 110-kV-Stromleitung heute? Welche Gebiete werden heute durch diese 110-kV-Stromleitung versorgt? (Bitte aufgliedern in Industrie- und Wohngebiete.)
Die Leitung dient als Teil eines Ringsystems dem übergeordneten Energietransport und damit der Versorgungssicherheit. Überwiegend wird der östliche Teil Hamburgs, insbesondere die Gebiete Farmsen, Hinschenfelde, Tonndorf, Rahlstedt und Wandsbek, durch dieses System versorgt. Die Funktion der Leitung ist im Laufe der Zeit nicht verändert worden. Im Übrigen siehe Anlagen 2 und 3.
6. Kann ausgeschlossen werden, dass von Freilandstromleitungen eine Gesundheitsgefährdung ausgeht? Welche Gefahrenabschätzungen wurden dazu in Hamburg vorgenommen?
Der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefährdungen durch Hochspannungsfreileitungen wird über die Grenzwerte der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gewährleistet. Diese mit internationalen Empfehlungen übereinstimmenden Werte sind so festgelegt, dass gesundheitsschädigende Wirkungen bei ganztägigem Aufenthalt im Einwirkungsbereich nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis nicht eintreten können.
Seit dem Ende der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts wird ein möglicher Zusammenhang zwischen niederfrequenten Feldern geringer Intensität und Krebserkrankungen auch in epidemiologischen Studien untersucht. Bei Erwachsenen ergab sich kein Nachweis dafür, dass bei lang andauernder Exposition gegenüber niederfrequenten Feldern ein erhöhtes Risiko existiert, an Krebs zu erkranken.
In einigen epidemiologischen Studien wurde bei Kindern, die über längere Zeit Magnetfeldern deutlich unter dem Grenzwert aber oberhalb 0,3 Mikrotesla (µT) ausgesetzt waren, konsistent ein geringfügig, aber signifikant erhöhtes Risiko gefunden, an Leukämie zu erkranken.
Kindliche Leukämie ist eine relativ seltene Krankheit. Ebenfalls selten ist die zeitlich gemittelte häusliche Magnetfeldexposition über 0,3 µT (nur etwa 1 bis 4 Prozent der Kinder sind über 0,3 µT exponiert). Wäre der beobachtete statistische Zusammenhang kausal, dann könnten von den etwa 620 Leukämiefällen pro Jahr bei Kindern in Deutschland etwa drei bis vier auf erhöhte Magnetfeldexpositionen zurückgeführt werden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Einwirkung von niederfrequenten Feldern und dem erhöhten Leukämierisiko konnte bisher allerdings nicht nachgewiesen werden.
Der Stand der wissenschaftlichen Forschung liefert auch nach aktueller Überprüfung keinen Anlass für eine Senkung der gesetzlichen Grenzwerte.
7. Werden in neueren Bebauungsplänen (der letzten drei Jahre) im Nahbereich von Hochspannungsfreileitungen bestimmte Nutzungen dieser Flächen ausgeschlossen?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?
Als Reaktion auf die anhaltenden wissenschaftlichen Diskussionen um mögliche gesundheitliche Auswirkungen von Hochspannungsfreileitungen werden in Hamburg vorsorglich seit Mitte der Neunzigerjahre in neuen Bebauungsplänen im Nahbereich von Hochspannungsfreileitungen in einem Abstand von bis zu 50 Metern vom Lot des äußeren Leiters keine Nutzungen für Wohngebäude und keine baulichen Anlagen, die zum dauernden Aufenthalt von Kindern bestimmt sind, mehr ausgewiesen.
8. Wie groß ist die Fläche, die im Hamburger Stadtgebiet von Hochspannungsfreileitungen überspannt wird? (Bitte in Quadratmetern und Prozent der Gesamtfläche Hamburgs angeben.)
In Hamburg gibt es nach Angaben von Vattenfall Europe Distribution GmbH rund 220 km Hochspannungsfreileitungstrassen der Spannungsebenen 110 kV und 380 kV. Die Trassen sind unterschiedlich breit und verlaufen teilweise parallel. Eine auf die Fläche bezogene Angabe liegt nicht vor. Im Übrigen siehe Drs. 18/6115.