Informationspolitik zum Tod eines Gefangenen in der JVA Fuhlsbüttel

Am Nachmittag oder Abend des 3. April 2011 verstarb der Strafgefangene Holger L. in seinem Haftraum in der JVA Fuhlsbüttel im Alter von 42 Jahren.

Am 5.4.2011 war aufgrund einer Pressemeldung den Medien zu entnehmen, dass es einen Todesfall in der JVA gegeben habe. Der Vater von Herrn L., dessen Anschrift bekannt ist, wurde nicht informiert. Die Lebensgefährtin, die ihn regelmäßig besuchte, wurde nicht informiert. Der Verteidiger wurde nicht informiert. Die Deputierten der Justizbehörde, die seit Jahren die gleichen Pressemeldungen wie die Medien bekamen, wurden nicht informiert. Der für Herrn L. zuständige Suchtberater der externen Suchthilfe AS erfuhr vom Tod des Herrn L. zufällig. Von ihm erfuhr es der Verteidiger am Nachmittag des 6.4.2011 zufällig. Da wussten die Angehörigen immer noch nicht Bescheid.

Der Anstaltsleiter erklärte auf Nachfrage des Verteidigers, die Angehörigen seien informiert, nur beim Verteidiger sei das vergessen worden. Am 15. April 2011 erhielt die Lebensgefährtin von Herrn L. einen Beileidsbrief des Anstaltsgeistlichen. Hier erfuhr sie vom Tod ihres Lebensgefährten. Der Vater von Herrn L. erfuhr es erst von ihr.

Bei einem Anruf in der JVA wurde die Lebensgefährtin zur Vollzugsleiterin durchgestellt, die sie sofort an den Abteilungsleiter verwies und nicht mit ihr sprechen wollte. Der Abteilungsleiter verwies an die Polizei und erklärte, er könne nichts sagen. Die Polizei erklärte, sie kenne die Lebensgefährtin nicht, könne keine Auskunft geben und verwies wieder an die JVA. Die Lebensgefährtin war kurz vor dem Zusammenbrechen und musste sich in ärztliche Behandlung begeben.

Dieses vorausgeschickt frage ich den Senat:

1. Gibt es in Hamburger Haftanstalten Regeln für die Information von Angehörigen verstorbener Gefangener?

Wenn ja, welche?

In den Gesetzen zum Hamburger Justizvollzug (§§ 67 Hamburgisches Strafvollzugsgesetz (HmbStVollzG) und Hamburgisches Jugendstrafvollzugsgesetz (HmbJStVollzG) sowie § 47 Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz (HmbUVollzG)) ist geregelt, dass die Anstalten die Angehörigen oder die gesetzlichen Vertreter unverzüglich informieren. Im Einzelfall kann die Information auch nach vorheriger Absprache zwischen Anstalt und Polizei durch die Polizei erfolgen. In diesem Fall ist es bedauerlicherweise zu einem Missverständnis in der JVA Fuhlsbüttel gekommen. Dort wurde angenommen, dass die Information der Angehörigen durch die Polizei erfolgt sei.

2. Wird zwischen gesetzlich Verwandten und nicht Verwandten (Lebenspartner/-innen) differenziert?

Die gesetzlichen Vorschriften verpflichten ihrem Wortlaut nach nur zu einer Benachrichtigung der Angehörigen oder ihrer gesetzlichen Vertreter. In der Praxis werden darüber hinaus auch andere nahestehende Personen informiert, sofern dazu Anlass besteht.

3. Ist die Information von Verteidigern/-innen vorgesehen? Wird ihnen bei unklarer Todesursache eine Teilnahme an der Obduktion angeboten?

Nein.

4. Was geschieht mit persönlichen Gegenständen, Briefen und Sachen aus der weggeschlossenen Habe? An wen und wann werden sie herausgegeben?

Die persönlichen Gegenstände aus dem Besitz eines verstorbenen Gefangenen werden in der Justizvollzugsanstalt erfasst und umgehend an zur Entgegennahme des Nachlasses berechtigte Personen ausgehändigt.

5. Wann und durch wen erfolgt die Freigabe der Leichen?

Die zuständige Staatsanwaltschaft gibt den Leichnam eines verstorbenen Gefangenen frei, sobald die Obduktion abgeschlossen oder ein Fremdverschulden am Todeseintritt zweifelsfrei auszuschließen ist.

6. Wie und wo erfolgt die Bestattung von Verstorbenen ohne Angehörige?

Für Verstorbene ohne Angehörige findet eine öffentliche Beisetzung auf dem Friedhof in Öjendorf statt. Die Trauerfeier wird von der Friedhofsverwaltung gestaltet.

7. Stimmt der Senat der Feststellung zu, dass die Informationen über einen Todesfall an die Angehörigen zumindest von der Vollzugsleitung weiter bearbeitet werden sollten und diese auch mit den Angehörigen zu sprechen hat?

Ja.