Beratungsergebnis der abgeschlossenen InsO-Fälle

Annahme in der Bürgerschafts-Drucksache 16/1160, in der von ca. 70 % potenzieller Insolvenzberatungen pro Jahr ausgegangen wurde, hat sich ein noch etwas höherer Prozentsatz von 77,1 % (1266) potenzieller Insolvenzfälle ergeben ­ allerdings hier nur bezogen auf die genannten 1642 Fälle.

Beratungsergebnis der abgeschlossenen InsO-Fälle:

Trotz äußerst zögerlichen Verhaltens der Gläubiger im Hinblick auf das neue Insolvenzrecht ist in mehr als der Hälfte aller Fälle ein außergerichtlicher Vergleich geglückt, so dass die Schuldnerinnen und Schuldner ohne den aufwendigen und teuren Weg über das gerichtliche Verfahren eine Restschuldbefreiung nach den Vereinbarungen des jeweiligen Vergleichs erhalten können. Durch diesen Erfolg wird dem erklärten Ziel des Gesetzgebers Rechnung getragen, die Gerichte nicht unnötig mit Verbraucherinsolvenzverfahren zu belasten. Die Annahme aus der Drucksache 16/1161, wonach sich nur ca. 25 % aller sogenannten Vorverfahrensfälle im außergerichtlichen Einigungsverfahren erledigen lassen, wurde im Berichtszeitraum übertroffen. Der Beobachtungszeitraum ist jedoch noch nicht lang genug, um hieraus fundierte Schlüsse für das künftig zu erwartende Verhältnis der im vorgerichtlichen Bereich zu erzielenden Einigungen gegenüber den bei Gericht zu bearbeitenden Fällen ziehen zu können. Die günstige Quote könnte sich z. B. auch daraus ableiten, dass die positiv abgeschlossenen Fälle auch die am leichtesten lösbaren waren. Diejenigen Schuldnerinnen und Schuldner, die in intensive Beratung aufgenommen wurden, haben im Durchschnitt 90 Tage auf das Erstgespräch warten müssen.

80 Tage waren es von der Rücksendung der Bögen an. Von den zum Erstgespräch Eingeladenen sind nach den Angaben 153 Personen nicht erschienen.

837 Personen (gut 43 %) hatten jedoch am 15. Juni 1999 noch keinen Termin für ein Erstgespräch erhalten und bis dahin im Durchschnitt 137 Tage gewartet (715 von ihnen trotz zurückgesandter Unterlagen). 60 % der auf Erstgespräche Wartenden befinden sich mindestens seit Februar 1999 auf der Warteliste, und fast 35 % dieser Personen warten mindestens seit Ende 1998 auf Termine. Mehr als 11 % aller Fälle warten mindestens seit September 1998. Im Rahmen der Umfrage wurde festgestellt, dass im Juni in den Schuldnerberatungsstellen vorwiegend Fälle bearbeitet wurden, die zwischen 2 und 8 Monaten auf der Warteliste standen mit einem Schwerpunkt beim Jahresende 1998.

Wartezeitenschichtung Stand 15. Juni 1999 daran, dass durchschnittlich ca. 165 Fälle monatlich hinzukommen, die einer ausführlichen Beratung bedürfen, jedoch nur ca. 88 dieser intensiveren Fälle monatlich abgeschlossen werden konnten. Ebenfalls beispielhaft gab es im Mai 1999 122 Neuanfragen, aber nur 63 Erstgespräche.

Sonstige Ergebnisse der Umfrage

In den bisher abgeschlossenen Fällen waren durchschnittlich 6 Gläubiger in jedem Einzelfall vorhanden, während bei den noch laufenden Fällen durchschnittlich mehr als 8 Gläubiger vorhanden sind. Diese hohe Zahl entspricht ebenfalls nicht den Annahmen bei der Konzeption der Schuldnerberatungsstellen mit Insolvenzberatung, wie sie der Drucksache 16/1160 zugrunde gelegt wurde. Damals war man nur von 6 Gläubigern im Durchschnitt ausgegangen. Soweit sich in den Fragebögen Angaben dazu befanden, ob die Schuldnerinnen und Schuldner Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, ergibt sich ein Prozentsatz von ca. 36 %. In 57 % der Fälle, die hierzu Angaben enthalten, war kein pfändbares Einkommen vorhanden.

4. Situation außerhalb der bezirklichen Schuldnerberatung

Fachbehördliche Schuldnerberatung:

Neben der allen im jeweiligen Bezirk lebenden Bürgern offen stehenden bezirklichen Schuldnerberatung gibt es

­ entsprechend dem 1990 vom Senat beschlossenen Ausbaukonzept für die Hamburger Schuldnerberatungsstellen ­ noch folgende fachbehördliche Schuldnerberatungsstellen: je eine Schuldnerberatungsstelle für Straffällige bei der Justizbehörde, für jugendliche Bewährungsprobanden bei der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung, sowie für Obdachlose und für erwachsene Bewährungsprobanden in der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Auch sie sind alle nach dem Hamburgischen Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung geeignete Stellen im Sinne von § 305 der Insolvenzordnung. Die Schulden der dortigen Klientel stammen häufig zumindest zum Teil aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen. Solche Forderungen werden von der Restschuldbefreiung nach der InsO nicht erfasst. Deshalb und wegen der hohen Anforderungen, die die InsO an das Verhalten der Schuldnerinnen und Schuldner und ihre Lebensweise für einen sehr langen Zeitraum stellt, findet sich dort bisher ein höherer Anteil an klassischer Schuldnerberatung. Wegen der Besonderheiten in der Situation der Schuldnerinnen und Schuldner muss diese oft intensiver sein als in Durchschnittsfällen.

Verbraucher-Zentrale Hamburg e.V.:

Neben den staatlichen bereits vom Gesetz anerkannten Stellen ist die Verbraucher-Zentrale Hamburg e.V. als geeignete Stelle von der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales anerkannt worden und hält ein Angebot zur Insolvenzberatung aufrecht. Auch dort ist eine Warteliste entstanden, auf der sich 103 Personen befinden und zusätzlich 252 Personen im schriftlichen Vorverfahren (Stand: Juli 1999). Die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanzierte Stelle des Insolvenzberaters läuft zum Jahresende aus. Die Bemühungen, eine Finanzierungsbeteiligung im Sinne des Bürgerschaftlichen Ersuchens zu erreichen, sind gescheitert. Der Bankenverband Hamburg e.V. hat eine finanzielle Unterstützung von Schuldnerberatungsstellen definitiv abgelehnt. Deshalb ist ungewiss, ob die Verbraucher-Zentrale ihre Insolvenzberatung überhaupt über das Jahresende hinaus fortsetzen kann. Sie wird diese zumindest massiv einschränken müssen.

Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werks Schuldnerberatung und Insolvenzberatung wird weiterhin von der ebenfalls als geeignete Stelle nach § 305 der InsO anerkannten Beratungsstelle des Diakonischen Werks angeboten. Dort sind 2 Berater tätig. Ihre Stellen sind auf mehrere Jahre hin gesichert. Es gibt ebenfalls eine Warteliste mit ca. 120 Ratsuchenden (Stand: Juli 1999). III. Situation am Insolvenzgericht:

Der Betrieb des Insolvenzgerichts wurde am 2. Januar 1999 mit 30,5 Mitarbeitern aufgenommen (4 Richter, 9 Rechtspfleger, 17,5 Personen Servicepersonal). Hiervon sind 18 Stellen dem Bereich der Verbraucher-Insolvenzen zuzuordnen.

(3 Richter, 5,5 Rechtspfleger, 9,5 Stellen Servicepersonal). Von den 18 Stellen sind 16,75 Stellen besetzt.

Die prognostizierte Eingangsbelastung von 4000 Fällen wird sich für das Jahr 1999 nicht realisieren (vgl. Abschnitt II.3.3.). Per 30. Juni 1999 waren 93 Anträge auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen. Es ist allerdings zu erwarten, dass es im zweiten Halbjahr 1999 zu einer Erhöhung der Fallzahlen kommen wird. Per 31. August 1999 lagen beim Insolvenzgericht 161 Anträge auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens vor.

Die per 1. Juli 1999 vorgesehene Aufstockung um 20 weitere Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter (5 Richter, 8 Rechtspfleger und 7 Personen Servicepersonal), die sämtlich für den Bereich der Verbraucher-Insolvenzverfahren vorgesehen waren, ist aufgrund der Eingangssituation am Insolvenzgericht per Beschluss der Lenkungsgruppe ausgesetzt.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren stellt für die Gerichte eine völlig neue Aufgabe dar und führt auch im Justizressort in der praktischen Anwendung noch zu zahlreichen rechtlichen und Verfahrensproblemen. Zu nennen ist z. B. die Abgrenzung der Kleingewerbetreibenden, denen das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet ist, von Unternehmen, für die das Unternehmensinsolvenzverfahren gilt.

IV.

Fazit:

Nach der ersten Auswertung ist festzustellen, dass die Fallzahlentwicklung bei den bezirklichen Schuldnerberatungsstellen hinter den Annahmen der Drucksache 16/1160 zurück bleibt. Allerdings ergeben sich Bearbeitungsrückstände und Wartezeiten auf Insolvenzberatung. Für die bezirkliche Schuldnerberatung ist noch nicht seriös zu bewerten, inwieweit die aufgelaufenen Rückstände auf temporäre Anlaufschwierigkeiten, auf die einmalige Abarbeitung von 1258 Altfällen aus der Zeit vor dem 1. Juli 1998 nach den Regularien des Insolvenzrechts zurückzuführen sind und inwieweit sie ihre Ursache darin haben, dass der Arbeitsaufwand für einen Teil der Fälle höher ist als angenommen. Aus diesem Grunde kommt auch der Beginn einer finanziellen Förderung zusätzlicher, nichtstaatlicher Insolvenzberatungsstellen zumindest gegenwärtig nicht in Betracht.

Für den Justizbereich zeigt sich zumindest für das Jahr 1999, dass die prognostizierten Eingangszahlen nicht erreicht werden. Dies steht im Zusammenhang mit der Situation im vorgerichtlichen Bereich. Auch hier kann noch nicht seriös prognostiziert werden, ob und inwieweit sich die Fallzahlen mittelfristig den Annahmen annähern werden.

Die Bearbeitungsrückstände und Wartezeiten legen es nahe, als Sofortmaßnahme eine Unterstützung durch zusätzliches Personal aus dem Justizbereich zur Abarbeitung der aufgelaufenen Rückstände der bezirklichen Schuldnerberatung und zur Vermeidung unzumutbarer Wartezeiten vorübergehend einzusetzen.

Zum Abbau der in der Anfangszeit sich aufbauenden Wartezeiten hat der Senat eine befristete Ausweitung der personellen Kapazität für Aufgaben der bezirklichen Schuldnerberatung durch Inanspruchnahme von 6 Stellen aus der ersten Rate der Ausstattung des Insolvenzgerichts zuzüglich weiterer Haushaltsmittel im Umfang von rund 170 TDM (ca. 2 Stellen) im Rahmen verfügbarer Personalmittel der Bezirksverwaltung sichergestellt. Der Senat verfolgt damit das Ziel, dass mit diesen ergänzenden Maßnahmen bis Ende 2000 die heute bestehenden Wartezeiten deutlich abgebaut werden können. Er wird die weitere Entwicklung sorgfältig verfolgen und erforderlichenfalls gebotene Konsequenzen ziehen.

V. Petitum:

Der Senat bittet die Bürgerschaft, von dem Bericht Kenntnis zu nehmen.