Medienkompetenz durch Medienführerschein erhöhen Medienkompetenzförderung

Betreff: Medienkompetenz durch Medienführerschein erhöhen Medienkompetenzförderung in der digitalen Gesellschaft durch ein Medienkompetenz-Netzwerk Medien prägen unsere Vorstellungen und Erwartungen, vermitteln Wissen und Informationen und sind schlechthin konstituierend für moderne Gesellschaften. Besonders die digitalen Medien tragen maßgeblich zur Entwicklung einer globalen Gemeinschaft bei. So stellt das Internet die offenste und effizienteste Informations- und Kommunikationsstruktur der Welt dar. Die sogenannte digitale Gesellschaft bietet neue individuelle Entfaltungsmöglichkeiten ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens, für die wirtschaftliche Betätigung und für die Wissensgesellschaft. Die Nutzung dieser Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten gehört längst unverzichtbar zum Alltag der überwältigenden Mehrheit der Menschen in unserem Land. Der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen kommt bei der Medienkompetenzförderung ebenfalls eine wichtige Rolle zu. Sie muss in der Lage sein, mit der schnell voranschreitenden technischen Entwicklung Schritt halten zu können. Attraktiv ausgestattete Bücherhallen bieten die Möglichkeit, dass die Nutzerinnen und Nutzer die gesamte Vielfalt der Medienlandschaft von Büchern und Zeitschriften bis hin zu digitalen Medien kennenlernen und insbesondere das Buch als Kulturgut wahrnehmen und nutzen können.

Medienkompetenz ist eine Gesellschaftskompetenz

Die digitalen Medien sind nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickeln sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich in und mit den neuen Medien statt. Die Herausbildung einer „digitalen Gesellschaft" ist mit erheblichen Chancen, aber auch Herausforderungen verbunden. Medien eröffnen einerseits Chancen zu weltweiter Kommunikation, Weltoffenheit und Wissensvermittlung; auf der anderen Seite bergen sie aber auch Risiken und wecken Ängste. Die digitalen Medien haben die Spielregeln der Gesellschaft tiefgreifend verändert. Sie sorgen dafür, dass die Schranken zwischen Sender und Empfänger aufgehoben werden. Sie ermöglichen, Informationen zu teilen, und befähigen die Menschen, über große Distanzen hinweg mit Gleichgesinnten zu kommunizieren, sich zu organisieren und kollektiv zu handeln. Wenn wir diesen Veränderungsprozess begleiten und ihn in positive Bahnen lenken, ist dies eine große Chance für unsere Demokratie.

Für die erfolgreiche Entwicklung der mit der Digitalisierung einhergehenden und verbundenen Chancen für innovative Produktionsprozesse, neuer Formen der Kommunikation und der Teilhabe ist es entscheidend, dass sich die Bürgerinnen und Bürger die Chancen der Digitalisierung auch zunutze machen können. Angesichts der in allen gesellschaftlichen Bereichen weit fortgeschrittenen Digitalisierung kommt Medienkompetenz im Sinne einer „digital Iiteracy" einer Gesellschaftskompetenz gleich: als unabdingbare Voraussetzung für eine Teilhabe an Ausbildung, Arbeit, Politik und Gesellschaft. Für die individuelle Entwicklung und ldentitätsbildung ebenso wie für die Entwicklung des Gemeinwesens in der digitalen Welt sind Fähigkeiten zur Informations- und Wissensverarbeitung, aber auch zur Informations- und Wissensaufbereitung, zur interaktiven Kommunikation und zur kritischen Auseinandersetzung mit Medieninhalten notwendiges Rüstzeug.

Medienkompetenz ist dabei eine unverzichtbare Schlüsselqualifikation in unserer Informations-, Wissens- und Kommunikationsgesellschaft. Es ist deshalb Aufgabe der Politik, Medienkompetenz nicht nur als ein Thema der Bildungspolitik zu begreifen, sondern sie auch zum Gegenstand eines neuen, integrierten Medienrechts zu machen, das insbesondere auf Vernetzung unterschiedlicher Institutionen und Akteure setzt. Es ist notwendig, eine verbindliche Kommunikation zwischen den vielfältigen Komponenten der Medienkompetenz ­ Politik, Verbraucherschutz, Jugendschutz, Eltern, Bildungsinstitutionen, Bürgermedien, Medienproduzenten und Kindern und Jugendlichen ­ aufzubauen. Noch immer bestehende „digital gaps" (digitale Kluft) müssen erkannt und geschlossen werden. Ziel einer Förderpolitik muss es unter anderem sein, die Verantwortung, aber auch Chancen der Einzelnen für eine vielfältige Medienlandschaft zu zeigen, zu stärken und einzufordern. Gleichzeitig muss sie gute Inhalte fördern und mithelfen, gemeinsame Grundwerte auch über Staatengrenzen hinweg aufzuzeigen.

Medienkompetenzförderung in der Schule

Die „Medienerziehung" ist in Hamburg unter anderem in einem der sogenannten neun Aufgabengebiete geregelt, die fächer- und lernbereichsübergreifend angelegt sind. So sollen fachliche Grenzen überschritten und vernetztes Denken und Handeln gefördert und eine Vielzahl von Lehrpersonen in die Pflicht genommen werden. Genauso wie Spracherziehung eine Aufgabe ist, die jedem Unterrichtsfach zuzuordnen ist, muss jedes Fach auch die in seinem Bereich nutzbaren Medien beachten und ihre sinnvolle Nutzung fördern.

Laut dem Bildungsplan Aufgabengebiete dient die Medienerziehung der eigenständigen Orientierung der Kinder in der medialen Welt und fördert systematisch die selbstbestimmte Nutzung der Medienangebote und -möglichkeiten: „Dies erfordert nicht nur eine sichere Bedienung und Handhabung von Geräten und Programmen, sondern auch eine reflektierte Wahrnehmung, um zwischen Darstellung und Realität unterscheiden zu können. In diesem Sinne bezieht sich eine umfassende Medienkompetenz auf die Bereiche Kommunikation, Information, Visualisierung, Gestaltung und Analyse/Reflexion."

Die Medienerziehung ist in den Bildungsplänen geregelt. Sie sollten jedoch auf ihre Aktualität und auf ihren Konkretisierungsbedarf hin überprüft und verlässlicher in den Schulen berücksichtigt werden. Es sollte sichergestellt sein, dass sie der rasanten Entwicklung im Bereich digitale Medien nicht hinterherhinken. Eine andere, entscheidende Frage ist jedoch, ob die Inhalte dieser Pläne den Schülerinnen und Schülern im Unterricht auch tatsächlich vermittelt werden. Gerade bei fächerübergreifenden Themengebieten besteht oft das Problem, dass sie im alltäglichen Unterricht vernachlässigt werden. Nur eine Bestandsanalyse kann einen Hinweis darüber geben, ob eine umfassende Medienerziehung auch tatsächlich in den Schulen stattfindet. Dabei kann eine Überprüfung durch die Schulinspektion der richtige Weg sein.

Medienkompetenzförderung ist mehr als nur das Lehren des sicheren Umgangs mit gängigen Anwendungen und Grundkenntnissen über die Technik, wie es häufig mit dem sogenannten Medienführerschein diskutiert wird.

Führerscheine sind eine Lizenz zum „benutzen dürfen". Das macht noch keine Aussage über das „Können", was sich nur über eine Alltagspraxis beweist. Wir möchten, dass Medienführerschein-Erwerber die Praxis im Umgang mit digitalen Medien und Internet für sich erschließen können. Deshalb kann ein Medienführerschein nur als

Teil eines vernetzten Angebotes betrachtet werden, das nachhaltig Medienkompetenz stärkt und nutzbar macht für Lernen, Innovation, Integration und Partizipation.

In der Gesamtheit geht es vor allem um den verantwortungsvollen, sicheren und kritischen Umgang mit Daten, Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten in der digitalen Medienwelt. Das muss vermittelt, erlernt und erfahren werden, um sich als mündiger Bürger in der demokratischen Gesellschaft zu bewegen. Die SPD-Fraktion will alle Punkte in ihrem Zusammenspiel stützen und nicht einzelne herausstellen. Nur wer die digitalen Medien in diesen Dimensionen beherrscht, kann die Chancen erkennen und ist gegen ihre negativen Seiten gewappnet. Ziel ist es, die Adressaten der Medienkompetenzförderung nicht zu belehren, sondern sie mit einzubeziehen, ihnen positive Angebote zu machen und sie so zum gleichberechtigten Träger von Information zu machen.

Medienpädagogische Ausbildung stärken

Bislang gibt es in der Lehreraus- und -weiterbildung in Hamburg keine verbindlichen mediendidaktischen und medienpädagogischen Inhalte. Für pädagogische Fachkräfte müssten dagegen in allen Ausbildungsgängen medienpädagogische Inhalte fester Bestandteil sein. Berufsbegleitende Angebote sind ergänzend dazu notwendig, um Nachholbedarf und kontinuierliche Sicherung der Standards zu erreichen, und um der dynamischen Entwicklung der digitalen Medien gerecht zu werden.

Außerschulische Kinder- und Jugendarbeit

Die Förderung von Medienkompetenz muss in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit verstärkt und vor allem mit großer Kontinuität betrieben und in ihrer Qualität überprüft werden. Verbindliche Qualitätsstandards und Überprüfungsroutinen fehlen bisher. Denn gerade dort bietet sich die Chance, Kinder mit geringen familiären Bildungschancen zu erreichen und gleichzeitig kulturelle und soziale Bildungsaspekte zu betonen, die über leistungsorientierte Ziele hinausgehen. Eine Kooperation zwischen außerschulischer Kinder- und Jugendarbeit sowie Schule ist anzustreben.

Bürgermedien Wichtige Bestandteile einer Politik zur Förderung der Medienkompetenz sind auch in Zukunft Partizipation und Bürgermedien. Gerade in der digitalen Welt werden wir über diese Plattformen Beteiligungschancen sichern. Nicht kommerzielle lokale und regionale Inhalte und Kommunikationsplattformen bedeuten ein Mehr an Vielfalt ­ sie tragen auf lokaler und regionaler Ebene wesentlich zum kulturellen Geschehen und zur Förderung der Kommunikation vor Ort bei. Sie bilden das kommunalpolitische, kulturelle und sportliche Geschehen in ihrer Region ab und laden ein zur Vernetzung. Bürgermedien sind nicht nur ein Ort der Vermittlung von praktischer Medienkompetenz, sondern sind zusätzlich ein Ort der Aus-, Fort- und Weiterbildung geworden. Bürgermedien sind somit auch Instrumente der politisch-demokratischen Bildung in der Mediengesellschaft und ermuntern dazu, sich ehrenamtlich und zivilgesellschaftlich zu engagieren. Der Grundgedanke der Partizipation, der allen Bürgermedien von Anfang an innewohnt, macht sie auch zu idealen Institutionen der Einübung demokratischer Spielregeln. In Hamburg leisten TIDE und das Mediennetz Hamburg e.V. einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Kultur.

Maßnahmen für eine chancenorientierte Medienkompetenzförderung

Für eine chancenorientierte Medienkompetenzförderung, die Partizipation als Prinzip versteht, den sicheren Umgang mit sämtlichen Medienformen vermittelt, die informationelle Selbstbestimmung fördert, sowie allen Bürgern die Möglichkeiten der Teilhabe an dem die Gesellschaft gestaltenden Diskurs sichert, bedarf es eines Gesamtmaßnahmenpakets.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. zu prüfen, inwieweit der Aspekt Medienerziehung im Rahmen der Schulinspektionen integriert werden kann. Im Jahresbericht der Schulinspektion sind gegebenenfalls die Ergebnisse mitzuteilen.

2. zu prüfen, inwieweit ein Medienführerschein Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur Stärkung der Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern sein kann.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Führerschein keine einmalige, punktuelle Bildungsmaßnahme sein darf, sondern vielmehr zu einer kontinuierlichen Medienkompetenzförderung beitragen soll.

3. eine Bestandsaufnahme der außerschulischen medienpädagogischen Aktivitäten durchzuführen, um Umfang und Qualität zu erfassen.

4. zu prüfen, inwieweit für pädagogische Fachkräfte in allen Ausbildungsgängen medienpädagogische Inhalte verbindlicher Bestandteil sein und inwieweit berufsbegleitende Angebote entwickelt werden können, um Nachholbedarf und kontinuierliche Sicherung der Standards zu erreichen, und um der dynamischen Entwicklung der digitalen Medien gerecht zu werden.

5. für die Mitarbeiterfortbildung der Hamburger Verwaltung verbindliche Medienkompetenzinhalte festzuschreiben, um eine sachgerechte Evaluierung und Überprüfung von Projekten möglich zu machen.

6. die Kooperation zwischen außerschulischen Partnern und Schule zu fördern, insbesondere unter Einbeziehung von Eltern, und diese in den bestehenden Strukturen der Stadtteile, zum Beispiel in Vereinen, Verbänden, Schulen, Bücherhallen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Seniorentreffs, Kirchengemeinden, Bürgertreffs und -häusern, Mehrgenerationenhäusern, Volkshochschulen und Beratungseinrichtungen zu verankern und insbesondere außerschulische pädagogische Angebote für Heranwachsende aus Migrationskontexten und bildungsbenachteiligten Milieus bereitzustellen.

7. zu prüfen, inwieweit die Initiative des Hamburger Bürger- und Ausbildungskanals TIDE und des Mediennetz Hamburg e.V., bei der Eltern-Medien-Lotsen qualifiziert werden, weiter ausgebaut werden kann, mit dem Ziel, Eltern-Medien-Lotsen an allen Schulen regelmäßig in allen Klassenstufen zu etablieren und bei regulären Elternabenden regelmäßig eine Einheit der EML einzubeziehen.

8. mit der Medienwirtschaft ins Gespräch zu kommen, wie sie ihre Medieninhalte an den Erfordernissen der Medienpädagogik orientieren kann, und die Medien dazu aufzufordern, sich selbst an der großen Zukunftsaufgabe der Medienkompetenzförderung mit ihren Möglichkeiten zu beteiligen und sich dafür einzusetzen, dass Netzwerke mit Online-Communities, Institutionen der Selbstkontrolle und der Internetwirtschaft geschaffen werden, um sie als Partner und nicht als Gegner von Jugendbildung zu gewinnen.