Belegungspraxis der Abschirmstation in der JVA Suhrenkamp

Am 10. August 1998 ist in der JVA Suhrenkamp die neu eingerichtete Abschirmstation in Betrieb genommen worden.Sie soll Gefangene, bei denen die Gefahr besteht, dass sie mit Drogen handeln, von den übrigen Gefangenen isolieren.

Mit Beschluß vom 18. Mai 1999 hat das Landgericht Hamburg in einer Strafvollzugssache einem Gefangenen recht gegeben, der gegen seine Verlegung von der JVA II in die Abschirmstation der JVA Suhrenkamp geklagt hatte. Der Beschluß (605 Vollz 142/98) kritisiert mit deutlichen Worten, dass die Einweisungskommission denjenigen Gefangenen zu leicht geglaubt habe, die den Antragsteller beschuldigt hatten, in der Anstalt II Drogengeschäfte und Erpressungen im großen Stil zu betreiben. Das Gericht stellt fest, „daß auch die Schaffung einer Abschirmstation für Drogendealernicht ermöglicht, einen Gefangenen ohne hinreichend konkretenVerdacht von anderen Insassen abzusondern". Die Kammer verkenne nicht „die Schwierigkeiten, verläßliche Aussagen gegen Drogendealer und Geldeintreiber sowie andere Insassen, die Mitgefangene terrorisieren und quälen, zu erhalten". Dem Entstehen einer nicht mehr durchschaubaren und kaum kontrollierbaren Gefangenensubkultur könne jedoch nicht dadurch begegnet werden, „daß unter Berücksichtigung der dadurch entstandenen Schwierigkeiten die Voraussetzungen für den Nachweis von Vorfällen, die zum Anlaß für Eingriffe in bestehende Rechte von Gefangenen genommen werden, weiter gesenkt" werden.

Ich frage den Senat:

1. Wieviel Personen sind seit der Eröffnung der Abschirmstation dort untergebracht worden?

Seit Eröffnung der Abschirmstation am 10. August 1999 sind dort bis zum 17. August 1999 insgesamt 31 Personen untergebracht worden. Am 17. August 1999 befanden sich 17 Gefangene dort. 15 Gefangene sind bisher von dieser Station verlegt oder entlassen worden; eine Person befindet sich nach Entlassung (Abschiebung) und erneuter Einreise wieder dort.

2. Mit welcher Begründung erfolgte jeweils die Unterbringung?

Auf die Abschirmstation werden Gefangene verlegt, bei denen die Gefahr besteht, dass sie während der Haft mit Betäubungsmitteln handeln.

3. In wieviel Fällen haben betroffene Gefangene bisher mit welchem Erfolg gegen ihre Verlegung auf die Abschirmstation Widerspruch eingelegt bzw. vor der Strafvollstreckungskammer gegen die Verlegung mit welchem Ergebnis geklagt?

Bisher wurden in zwölf Fällen Widersprüche eingelegt, die sämtlich zurückgewiesen worden sind. Zwei Gefangene haben daraufhin bei der Strafvollstreckungskammer einen Antrag gemäß §109 Strafvollzugsgesetz gestellt. Der Antrag eines Gefangenen auf Rückverlegung ist von der Strafvollstreckungskammer abgewiesen worden. Bei dem zweiten Antrag handelt es sich um das der Kleinen Anfrage zugrundeliegende Verfahren.

4. Teilt die Justizbehörde die Ansicht der Strafvollstreckungskammer, dass es „für die Verlegung des Antragstellers (und damit auch in vergleichbar anderen Fällen) in eine andere Anstalt ohne Vorliegen eines hinreichend konkreten Tatverdachts aus wichtigem Grund" keine Rechtsgrundlage gibt?

Falls tatsächlich kein hinreichend konkreter Tatverdacht besteht: Ja.

5. Welche Anstrengungen unternimmt die Justizbehörde im Einzelfall, um ernstzunehmende Beschuldigungen von interessegeleiteten Denunziationen zu unterscheiden?

6. Welche Prüfmaßstäbe setzt die Justizbehörde an, um einen „hinreichend konkreten Tatverdacht" zu begründen?

Die Justizvollzugsanstalten bewerten die gemachten Angaben aufgrund ihrer Kenntnisse über die einzelnen Personen und prüfen sie so eingehend wie möglich auf ihre Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit. Hierbei werden alle relevanten Erkenntnisse der mit den Gefangenen befaßten Bediensteten, insbesondere Erkenntnisse aus Funden bei Revisionen, aus Verhaltensbeobachtungen durch Bedienstete, aus weiteren Hinweisen anderer Gefangener sowie ggf. aus anhängigen Ermittlungsverfahren berücksichtigt.

7. Welche Konsequenzen wird die Justizbehörde aus der Feststellung der Strafvollstreckungskammer ziehen, dass §152 StVollzG keine selbständige Rechtsgrundlage für eine Verlegung in eine andere Anstalt während einer laufenden Vollstreckung darstellt?

Die Justizbehörde teilt diese Ansicht der Strafvollstreckungskammer.

8. Wie bewertet die Justizbehörde im Hinblick auf den weiteren Betrieb der Abschirmstation den Hinweis der Strafvollstreckungskammer, dass Gefangene bei hinreichend konkretem Verdacht auf anstaltseigene Sicherheitsstationen gemäß §17 Absatz 3 StVollzG untergebracht werden könnten?

Mit der Einrichtung der Abschirmstation hat die Justizbehörde von dem Differenzierungsgebot des §141 Absatz 1 StVollzG Gebrauch gemacht. Danach sind für den Vollzug der Freiheitsstrafe in verschiedenen Anstalten oder Abteilungen Haftplätze vorzusehen, in denen eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleistet ist.

Dementsprechend ist in der Justizvollzugsanstalt Suhrenkamp eine Abschirmstation für Gefangene eingerichtet worden, bei denen der Verdacht des Drogenhandels innerhalb des Vollzuges besteht.

Die Justizbehörde ist der Auffassung, dass sie dadurch, d.h. durch den Gebrauch des in §141 Absatz 1 StVollzG vorgesehenen Differenzierungsgebotes, in wirksamerer Weise dem Drogenhandel innerhalb des Vollzuges begegnet als durch die Heranziehung des §17 Absatz 3 StVollzG.

9. Hat die Justizbehörde im Lichte der der Anfrage zugrundeliegenden Entscheidung der Strafvollstreckungskammer dieVoraussetzungen für dieVerlegung der übrigen auf der Abschirmstation untergebrachten Gefangenen überprüft? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

Überprüfungen finden in regelmäßigen Abständen statt. Sofern es aufgrund neuer Erkenntnisse keine Anhaltspunkte mehr für eine Beteiligung am Drogenhandel in der Anstalt gibt, die einen konkreten Tatverdacht rechtfertigen würden, wird der Gefangene wieder zurückverlegt.

10. Wird die Justizbehörde aufgrund der von der Strafvollstreckungskammer festgestellten Mängel bei der Prüfung eines konkreten Tatverdachtes und aufgrund der mahnenden Kritik an der Ausrichtung der Abschirmstation besondere Konsequenzen ziehen? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht?

Die Justizbehörde hat den einen Einzelfall betreffenden Beschluß der Strafvollstreckungskammer zum Anlaß genommen, die Anforderungen an eine Verlegung im Lichte der Rechtsprechung mit den betroffenen Anstalten erneut zu erörtern.