Versicherung

Anrechnung ausländischer Renten auf die Grundsicherung im Alter nach SGB XII

Ein Teil der in Hamburg lebenden Einwanderer ist bereits im Erwerbsalter und mit Berufserfahrung nach Deutschland gekommen. Diese Menschen haben in ihrem Herkunftsland häufig bereits einen Rentenanspruch erwirtschaftet, der jedoch ­ je nach Rechtslage des jeweiligen Landes ­ durch den Wegzug nach Deutschland auch verfallen kann. Häufig sind diese Rentenansprüche aufgrund der geringen Lohnniveaus der Herkunftsländer sehr niedrig. Bei der gleichen Personengruppe ist gleichzeitig häufig die in Deutschland erworbene Rente nicht höher als der Satz der Grundsicherung im Alter nach SGB XII.

Einen Sonderfall stellen die russlanddeutschen Spätaussiedler dar, deren Arbeitsleistung in der Sowjetunion nach dem Fremdrentengesetz in Deutschland auch für ihre deutschen Rentenansprüche anerkannt wird. Allerdings ist die Höhe der so anerkannten Fremdrente ebenfalls zumeist niedriger als der Satz der Grundsicherung im Alter nach SGB XII.

Seit einiger Zeit werden Spätaussiedler-Rentner zur Beantragung ihrer russischen Rentenzahlung aufgefordert. Die Aufforderung wird mit einer Ankündigung von Kürzungen der Grundsicherung verbunden, welche auch durchgeführt werden. Dabei wird häufig nicht berücksichtigt, ob die Rentenansprüche tatsächlich praktisch und in angemessener Frist durchsetzbar sind. Die russische Rente muss jährlich beantragt werden, was lange Wartezeiten vor dem Generalkonsulat der Russischen Föderation bedeutet und umfangreiche Arbeit beim Ausfüllen von Formularen mit sich bringt. Angesichts der komplizierten Rechtslage ist dennoch nicht immer gewährleistet, dass Anträge auf russische Renten innerhalb einer angemessenen Frist korrekt und vollständig bearbeitet werden. Diese Faktoren führen teilweise zu einer finanziellen Notlage aufgrund von Rentenkürzungen auf der deutschen Seite ohne entsprechende tatsächlich eintreffende Ausgleichszahlungen der russischen Seite.

Der bürokratische Aufwand des gesamten Ablaufs beschäftigt eine Vielzahl von Mitarbeitern in den Verwaltungen beider Länder und führt zu hohen, vermeidbaren Bürokratiekosten für die jeweiligen Steuerzahler.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen zum Teil auf Grundlage von Angaben der Deutschen Rentenversicherung Nord (DRV Nord) wie folgt:

1. Welche Rechtslage gilt für Empfänger von Renten, die gleichzeitig Rentenansprüche aus anderen Ländern, insbesondere aus Russland vorweisen? In welcher Höhe sind die Ansprüche gegeneinander aufzurechnen

a) für Empfänger von Renten nach dem Fremdrentengesetz, die keinen Anspruch auf Grundsicherung nach SGB XII haben,

b) für Empfänger von Renten nach dem Fremdrentengesetz, deren Rentenhöhe dazu führt, dass sie einen Anspruch auf Grundsicherung nach SGB XII haben,

c) für Empfänger von Renten aus in Deutschland erworbenen Rentenansprüchen?

Für Empfänger von deutschen Renten, die gleichzeitig Rentenansprüche aus anderen Ländern, insbesondere Russland, haben, findet § 31 des Fremdrentengesetzes Anwendung: Soweit dieselben anzurechnenden Zeiträume Grundlage für die jeweiligen Rentenansprüche sind, erfolgt eine Anrechnung der ausländischen Rente in voller Höhe auf die deutsche Rente.

Werden Leistungen der Grundsicherung im Alter beantragt, sind stets Renten als vorrangige Leistung auf den Leistungsanspruch anzurechnen.

2. Wie viele Empfänger von Renten nach dem Fremdrentengesetz leben in Hamburg und aus welchen Ländern kommen diese jeweils? Wie hoch sind das Durchschnittsalter dieser Personen sowie die durchschnittliche Höhe der Rente? Wie viele dieser Personen beziehen Leistungen zur Grundsicherung nach SGB XII?

Der DRV Nord liegt kein entsprechend abrufbares Datenmaterial vor. Nach Auskunft der DRV Nord ist eine entsprechende Sonderauswertung in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Wie viele dieser Personen Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB XII beziehen, kann nicht beantwortet werden, da bei der Erfassung von Einkünften im SGB XII nicht zwischen in- und ausländischen Renten differenziert wird.

3. Auf welchem Weg erlangen die zuständigen Stellen Kenntnis von noch nicht eingelösten Rentenansprüchen aus anderen Ländern, insbesondere aus Russland, sowie von der Höhe dieser Ansprüche? Welche Frist wird den Betroffenen zum Geltendmachen dieser Ansprüche eingeräumt?

Leistungen der Grundsicherung im Alter werden nachrangig gewährt. Der Antragsteller auf Leistungen der Grundsicherung im Alter ist daher verpflichtet, eventuell vorhandene vorrangige Ansprüche zu realisieren. Dazu gehören unter anderem auch ausländische Rentenansprüche. Die Sozialdienststellen befragen Antragsteller auf Grundsicherungsleistungen zu Rentenanwartschaften beziehungsweise bestehenden Rentenansprüchen und ermitteln so mögliche vorrangige Ansprüche. Die Leistungsempfänger werden im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten zur Geltendmachung der ausländischen Rentenansprüche aufgefordert. Fristen werden je nach den Umständen des Einzelfalls individuell gesetzt.

Auch die DRV befragt Antragsteller hinsichtlich etwaiger ausländischer Rentenansprüche und fordert sie gegebenenfalls zur Geltendmachung dieser Ansprüche auf.

Darüber hinaus erfährt die DRV nur im Einzelfall über Angaben aus dem sozialen Umfeld von solchen Rentenansprüchen.

4. Wie viele Personen sind im Jahr 2010 aufgefordert worden, Rentenansprüche aus anderen Ländern geltend zu machen? Bitte nach Herkunftsland der Rentenansprüche beziehungsweise der Personen getrennt sowie nach Art der bezogenen Leistung auf der deutschen Seite (in Deutschland entstandene Rentenansprüche, Fremdrente, Grundsicherung und so weiter) auflisten.

Diese Frage kann in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden. Allein in den Bezirken müssten mehrere Hundert Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter für die Beantwortung mehrere Tausend Akten manuell durchsehen und zählen.

Bei der Vielzahl der Akten und dem häufigen Wechsel der Zuständigkeiten in den Sachgebieten kann die Frage auch nicht aus der Erinnerung der Sachbearbeitung beantwortet werden. Lediglich aus dem Bezirk Altona liegen Daten aus der Erinnerung der Sachbearbeitung vor: Aufgefordert wurden circa 23 Personen, davon circa 80 Prozent aus den GUS-Staaten, der Rest aus den Staaten Ex-Jugoslawiens. Neben den ausländischen Rentenansprüchen bestehen dort nur Ansprüche auf Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII.

Der DRV Nord ist lediglich bekannt, dass der russische Rentenfonds circa 50.

Renten an in Deutschland lebende Rentenberechtigte leistet.

5. Wie hoch war die durchschnittliche Höhe des Abzugs dieser Leistungen aufgrund vermuteter beziehungsweise tatsächlicher Rentenansprüche im Ausland? Bitte nach Herkunftsland der Rentenansprüche beziehungsweise der Personen getrennt sowie nach Art der bezogenen Leistung auf der deutschen Seite (in Deutschland entstandene Rentenansprüche, Fremdrente, Grundsicherung und so weiter) auflisten.

Die Durchsicht sämtlicher Akten zur Ermittlung der durchschnittlichen Höhe der anzurechnenden ausländischen Rentenansprüche ist in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Aus der Erinnerung einzelner Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den bezirklichen Sozialdienststellen beziffert sich die Höhe der realisierten ausländischen Renten auf Beträge von 30 Euro bis zu mehreren Hundert Euro pro Monat. Bei tatsächlichem Rentenbezug werden diese Renten als vorrangige Leistungen in eben dieser Höhe angerechnet. Entsprechend verringert sich die Leistung der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII.

6. Inwieweit erlangen die zuständigen Stellen bei der Entscheidung über die Kürzung von Leistungen Kenntnis darüber, ob Rentenansprüche von Betroffenen auch tatsächlich geltend gemacht werden konnten? Ist diese Tatsache von Bedeutung für die Bemessung der Höhe der Kürzungen?

Die Leistungsantragsteller sind aufgefordert, Nachweise über den Sachstand vorzulegen. Bis zur tatsächlichen Bewilligung der Renten werden grundsätzlich keine Kürzungen der Grundsicherungsleistungen vorgenommen. In besonders gelagerten Einzelfällen kann bei fehlender Mitwirkung bei der Beantragung ausländischer Renten die Auszahlung der Leistung vorübergehend angehalten werden.

7. Wie hoch ist der Verwaltungsaufwand für die Ermittlung ausländischer Rentenansprüche?

Eine Quantifizierung ist nicht möglich und wäre auch bei manuell vorgenommener Durchsicht der Akten nicht mehr valide rekonstruierbar.

8. Sind dem Senat Unterschiede hinsichtlich der Verwaltungspraxis verschiedener Stellen in Deutschland bei der Ermittlung ausländischer Rentenansprüche sowie den daraus folgenden Konsequenzen für die Betroffenen bekannt?

Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor.

9. Sind dem Senat Verträge mit Staaten bekannt, die eine Abrechnung gegenseitiger Rentenansprüche auf zwischenstaatlicher Ebene erlauben?

Mit welchen Staaten existieren solche Verträge? Führen diese Verträge zu einer Verringerung des bürokratischen Aufwandes für die jeweiligen Staaten? Mit welchen Staaten wäre im Hinblick auf die Zahl der Personen mit Rentenansprüchen ein Abschluss solcher Verträge in der Zukunft denkbar beziehungsweise sinnvoll?

Die Bundesrepublik Deutschland hat mit einer Reihe von Ländern zweiseitige Sozialversicherungsabkommen geschlossen, die eine Abrechnung gegenseitiger Rentenansprüche auf zwischenstaatlicher Basis erlauben.10.

Volksrepublik China 4.4. Zahlenmaterial dazu liegt nicht vor. Geplant ist der Abschluss bilateraler Verträge mit Bosnien-Herzegowina sowie mit Argentinien.