Eculizumab gilt als das teuerste Medikament der Welt eine Ampulle soll 5800 Euro kosten

EHEC-Epidemie ­ Behandlung der an HUS Erkrankten

Die schweren gesundheitlichen Folgen des Hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) sollen mit dem Medikament Eculizumab gemildert und beseitigt werden. Daher läuft seit 28. Mai 2011 die protokollierte Vergabe des Medikaments an ausgewählte Patienten und Patientinnen. Eculizumab war in der Europäischen Union das erste Arzneimittel, das im zentralisierten Verfahren über ein beschleunigtes Beurteilungsverfahren zugelassen wurde. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie weist ausdrücklich darauf hin, dass Nutzen und Risiko in diesem Anwendungsgebiet momentan nicht seriös abgeschätzt werden können.

Eculizumab gilt als das teuerste Medikament der Welt, eine Ampulle soll 5.800 Euro kosten. Es wurde von dem amerikanischen Biotechnologieunternehmen Alexion entwickelt und ist seit 2007 in den USA und in der Europäischen Union als sogenanntes Orphan-Arzneimittel zugelassen. Diese Bezeichnung steht für „Arzneimittel für seltene Leiden". Diese Medikamente gelten wegen ihrer Absatzmöglichkeiten, ihres daher geringen Umsatzes während des gesetzlichen Patentschutzes bei gleichzeitig hohen Entwicklungskosten für die pharmazeutische Industrie als nicht interessant, weil wenig profitabel. Eculizumab wird wegen der EHEC-Epidemie (noch) umsonst verabreicht.

Ich frage den Senat:

1. Wie viele am HU-Syndrom erkrankten Patienten und Patientinnen wurden nach Kenntnis des Senats bislang mit Eculizumab behandelt und in welchem Umfang (Anzahl der Ampullen) jeweils? Bei wie vielen der mit Eculizumab Behandelten ergab sich eine Besserung des HUS, bei wie vielen nicht? Kann bereits eingeschätzt werden, ob die Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes aufgrund der Vergabe von Eculizumab erfolgte?

Eculizumab wurde als individueller Heilversuch in therapeutisch schwierigen Situationen eingesetzt. Eine wissenschaftlich fundierte Aussage hierzu ist nach Aussage der beteiligten Ärzte derzeit noch nicht möglich, zumal es an Vergleichsdaten fehlt. Festzustellen ist jedoch, dass es unter der Therapie mit Eculizumab verschiedentlich zur Besserung von Symptomen kam ­ allerdings ist eine verlässliche Aussage zur alleinigen oder Mitursächlichkeit des Arzneimittels für derart eingetretene Besserungen noch nicht möglich.

3. Wann hat sich das Unternehmen Alexion bereit erklärt, Eculizumab kostenlos zu Verfügung zu stellen? Bis wann soll die kostenlose Bereitstellung erfolgen?

Eculizumab wurde den beteiligten Kliniken seit Beginn der jeweiligen Behandlungen (ab 21.05.2011) unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Eine bestimmte Zeitzusage über die unentgeltliche Bereitstellung hat das Unternehmen dabei nicht abgegeben.

4. Welche Bestimmungen gibt es über „das zentrale Verfahren für das beschleunigte Beurteilungsverfahren", nachdem noch nicht zugelassene Medikamente verabreicht werden dürfen und welche weiteren Medikamente sind nach Kenntnis des Senats in den letzten fünf Jahren nach Durchlauf dieses Verfahrens eingesetzt worden? Seit wann gibt es dieses Verfahren? Wie viele Medikamente haben das Verfahren durchlaufen und wurden dann nicht eingesetzt? Bitte zu den Medikamenten auch den jeweiligen Hersteller angeben.

5. Welche Personen/Institutionen entscheiden in dem in Frage 4. dargestellten Verfahren über die Zulassung?

Gemäß deutschem Arzneimittelgesetz dürfen Fertigarzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ­BfArM­ und/oder Paul-Ehrlich-Institut ­PEI­) zugelassen wurden oder wenn für sie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder der Rat der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß EU-Verordnung 726/2004 erteilt hat. Diese Genehmigungen werden für die EU von der zentralen Zulassungsstelle in London, der EMA (European Medicines Agency), erteilt.

Gestützt auf die Verordnung 726/2004 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Verordnung Nummer 507/2006 vom 29. März 2006 erlassen. Dies ist die Verordnung „über die bedingte Zulassung von Humanarzneimitteln, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen".

Zur Schließung medizinischer Versorgungslücken und im Interesse der öffentlichen Gesundheit können solche bedingten Zulassungen für Arzneimittel erteilt werden, die

· zur Behandlung, Vorbeugung oder ärztlichen Diagnose von zu schwerer Invalidität führenden oder lebensbedrohenden Krankheiten bestimmt sind,

· in Krisensituationen gegen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden oder

· für seltene Leiden bestimmt sind.

Das Verfahren gibt es seit Inkrafttreten der Verordnung 507/2006 am 29. März 2006.

Gemäß Internetinformation hat die EMA seit 2007 sieben bedingte Zulassungen erteilt.

Es ist der zuständigen Behörde nicht bekannt, welche Medikamente davon eingesetzt beziehungsweise nach Durchlaufen dieses Verfahren dann doch nicht eingesetzt wurden. Die Medikamente und die Zulassungsinhaber lauten wie folgt: Medikament Zulassungsinhaber Arzerra Glaxo Group Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ­ 20. Welche Zeiträume sind hier relevant und in welcher Höhe sparen die Hersteller dabei Kosten ein?

Bedingte Zulassungen werden auf der Grundlage weniger umfangreicher Daten erteilt, als dies normalerweise der Fall ist, weshalb eine solche Zulassung schneller erteilt wird als eine normale Zulassung. Über die relevanten Zeiträume und die Einsparungen der Hersteller liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor.

7. Wann könnte ­ zeitlich und fachlich ­ Eculizumab als Medikament gegen die Folgen des HU-Syndroms zugelassen werden?

Wann Eculizumab als Medikament gegen die Folgen des HU-Syndroms zugelassen werden könnte, ist der zuständigen Behörde nicht bekannt. Die fachliche Beurteilung eingereichter Unterlagen obliegt allein der zentralen Zulassungsbehörde.