Grundschule

82. Sitzung am 24.02.116308 spielen. Ich sehe, es wird zuerst festgestellt, was gut ist, nämlich dass das Klassenlehrerprinzip und die Fortbildung gut sind. Das brauchen wir hier nicht beschließen, das ist nicht dramatisch. Dann wird gesagt, dass es eine Richtlinie geben soll, womit die Schulleiterinnen und Schulleiter aufgefordert werden, eine ganze Handvoll Dinge, unter anderem moderne Lehr- und Lernmethoden sowie eine Kooperation der Lehrerinnen und Lehrer, für die Verbesserung der Unterrichtsqualität und Jahrgangsteams zu machen, (Abg. Güngör [SPD]: Das haben wir beschlossen!) Sie wissen vielleicht, dass das in den Grundschulen schon geschieht und man dort zum Teil über die Bildungsbehörde und die politische Führung verärgert ist, dass das nicht richtig wahrgenommen wird. Bevor wir hier so etwas beschließen, dass wir denen noch einmal mit einer Richtlinie auf das Fahrrad helfen müssen, würde ich doch einmal mit denen darüber diskutieren und einmal schauen, was dort schon geleistet wird und was dann wirklich in welcher Weise unterstützt und vorangebracht werden kann. Als ich es gelesen habe, hatte ich erst gedacht, es sei schon der 1. April, denn wenn man sich vorstellt, man versucht, Lehrer zu bekommen, die ein Mangelfach haben, sind das heutzutage wirklich scheue Rehe, und die suchen sich ihre Schulen selbst aus. Wenn ich einen Lehrer für Mathematik und Physik habe und dem erzähle, du kommst jetzt in den Pool und fährst dann Tag für Tag in die Schulen ­ am besten in Bremen Nord stationiert, damit man auch nach Bremerhaven kommt und in die Stadt hinein, vielleicht auch auf der Weser entlang, weil der Verkehr im Augenblick so schlecht läuft ­, dann wird das doch zum Witz.

Das ist doch ein Witz, solch ein Pool.

(Beifall bei der SPD)

Wir finden dafür keine Menschen, das kann ich Ihnen jetzt schon ganz eindeutig sagen. Diese Menschen, die Mangelfächer studiert haben, suchen sich im Zweifelfall bei uns die Schulen aus und nicht wir die Schulen für sie. So ist es inzwischen, weil wir in Konkurrenz mit Niedersachsen und anderen Bundesländern stehen.

Ein solcher Pool ist auch aus pädagogischen Gründen natürlich merkwürdig, das muss ich schon einmal sagen.

Was soll denn der Lehrer machen, der, ich weiß nicht wie oft in der Woche, hin und her wechselt?

Soll er die Kinder überhaupt kennenlernen, oder ist er fachlich so darauf, dass er sie allein durch seinen Unterricht begeistert? Ich kann mir das fachlich im Ernst überhaupt nicht denken, was Sie damit wollen, und ein Versetzungskarussell in Gang zu setzen, ist natürlich. Legen Sie mir bitte erst einmal vor, wie Sie das überhaupt bewerkstelligen wollen! Ich könnte Ihnen aber eines mitteilen ­ und das habe ich hier schon mehrfach getan, glaube ich ­, die Minimierung von fachfremdem Einsatz ist absolut wichtig. Insofern teile ich Ihre Auffassung an dieser Stelle, aber ein jahrelang gewachsenes System ist da. Das lässt sich nicht ohne Weiteres umsteuern. Die Schulen konzentrieren sich im Augenblick voll auf die Schulentwicklung. Alle Hochachtung muss man denen dazu sagen, glaube ich, was dort in den letzten drei Jahren seit der Schulgesetznovelle bewältigt worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, Frau Dr. Mohr-Lüllmann, Sie haben sich keinen Gefallen getan, wenn Sie jetzt sozusagen unterstellen, unsere Lehrkräfte machen schlechten Unterricht und direkt daraus folgen schlechte PISAErgebnisse.

(Beifall bei der SPD)

So einfach ist die bildungspolitische Welt leider nicht. Sicherlich wird ein Anteil dabei sein, aber kein Experte kann Ihnen nachweisen, wie hoch dieser Anteil ist. Was wir Ihnen aber natürlich einmal zum Denken geben können: Warum erreichen denn einige Schüler hervorragende Leistungen? Warum haben wir denn eine Spitzengruppe, die mit Bayern, oder Sachsen durchaus vergleichbar ist? Was ist denn da los? Da scheinen Lehrer doch auch anständigen Unterricht machen zu können. Ich glaube, es ist wesentlich komplizierter, dass es mit lernförderlichem Klima zu tun hat, dass wir wirklich große Sprachprobleme und eben auch einen hohen Anteil an Kindern haben, die aus bildungsfernen Familien kommen. Das haben uns die Experten inzwischen auch ins Stammbuch geschrieben. An der sozialen Entkopplung müssen wir arbeiten. Ich glaube, mit dem jetzigen Verfahren, das wir wählen, sind wir da auf dem richtigen Weg.

82. Sitzung am 24.02.11 6309

Insofern freue ich mich darüber, dass die Fraktion vorschlägt, dass wir einmal in einer Richtlinie festlegen, was denn sozusagen beim Unterrichtseinsatz leitend ist. Dazu gehören sicherlich das Klassenlehrerprinzip, das Jahrgangsteammodell und auch, dass möglichst auch ein fachlicher Einsatz passiert. Ein solcher Lehrereinsatz ist ein schwieriges Werk einer Schulleitung. Es gibt regelmäßig in jedem Schuljahr sogar bei den Lehrerinnen und Lehrern Tränen, weil man sich mit solch einem Lehrereinsatz natürlich auch auf seinen Arbeitsplatz einrichten muss. Hier ist schon der Musiklehrer erwähnt worden. Das zweite Fach wird nicht mehr abgedeckt, ist gesagt worden. Es ist auch gefragt worden: Sollen wir ihn denn 28 Stunden in allen Gruppen der Schule einsetzen? Was ist denn das für ein Unterricht, der da entsteht? Das geht so leider nicht, wie Sie es sich vorstellen.

Eine Schulleitung muss Kompromisse zwischen den Schülerinteressen, Lehrerinteressen und den Elterninteressen schließen. Das einmal in den Prinzipien einer Richtlinie aufzuschreiben, halte ich für absolut richtig. Wir können unseren Schulen übrigens auch nicht vorwerfen, den Schulleitungen schon gar nicht, dass ein fachfremder Unterrichtseinsatz beispielsweise in Englisch in der Grundschule stattfindet. Wenn eine Deputation und ein Senator Englischunterricht in der Grundschule einführen, und es sind keine ausgebildeten Lehrkräfte dafür vorhanden, dann muss mit Fortbildungen gearbeitet werden, und dann ist der Unterrichtseinsatz zunächst einmal fachfremd. Nun diskutieren wir, ob wir Englisch wieder abschaffen wollen. Wenn ich das vorschlagen würde, hätte ich wahrscheinlich auch eine tolle Debatte.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Oder wie lange dauert es?) Oder wie lange dauert es? Ganz genau. Da ist es eben die Frage, bekommt man den Englischunterricht auf ein Niveau, das in Klasse fünf wirklich anschlussfähig ist. Oder nehmen wir das Thema Gesellschaft und Politik. Wer ist denn da eigentlich fachfremd eingesetzt? Der Politiklehrer, der Geschichtslehrer oder der Geografielehrer? Welcher ist es denn eigentlich, der Politik und Gesellschaft unterrichtet?

Oder wenn wir das Fach Naturwissenschaften nehmen ­ das international nur so unterrichtet wird, nicht getrennt in Biologie, Physik und entsprechend Chemie ­, wer ist denn dann da der Fachfremde?

Ist es der Chemielehrer, der Biologie unterrichtet?

Der hat in seinem Studium auch eine ganze Menge davon mitbekommen. Wer ist denn da fachfremd? Ich will das nicht relativieren, verstehen Sie mich nicht falsch, aber es ist auch nicht so einfach, die Zahlen zu lesen, die hier auf dem Papier stehen.

Daher denke ich, ist es absolut richtig, wenn hier vorgeschlagen wird, dass wir einmal eine Richtlinie schreiben, damit wir nicht den Schulleitungen anlasten, was wir in Teilen an dieser Stelle auch selbst politisch zu verantworten haben. Ich finde, hier ist angesagt, dass wir das gemeinsam angehen. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass eine Lehrkraft aus ihrer Fachlichkeit heraus lebt, der Unterricht daraus lebt und dass Kinder nur zu begeistern sind, wenn man diese Fachlichkeit hat und sie herüberbringen kann. Deshalb ist es ein ganz großes Interesse, dass wir den fachfremden Lehrereinsatz minimieren, wir aber auch bestimmte Prinzipien, wie beispielsweise das Klassenlehrerprinzip oder das Jahrgangsprinzip, dabei berücksichtigen. Das können wir den Schulleitungen dann bitte nicht vorwerfen. ­ Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Abg. Dr. Buhlert (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist jetzt gerade von der Senatorin auf den zweiten Aspekt, auf den ich eingehen wollte, nämlich die Frage, wie wir es mit der Fachlichkeit in Naturwissenschaften sehen, hingewiesen worden. Wie sehen wir es denn mit jemandem, der Physik und Sport als Fach hat. Darf der nicht Mathematik unterrichten? Ich glaube, jemand, der Physik für das Lehramt studiert hat, ist in der Lage, auch eine Fachlichkeit für Mathematik mitzubringen. Insofern müssen wir dann auch jeweils diskutieren, wie es die Schulleiterinnen und Schulleiter schaffen, ihr Personal mit all den Fähigkeiten möglichst optimal einzusetzen. Ich glaube aber nicht, dass man das von oben in Richtlinien verordnen kann, wenn Sie über das, was wir als gute Schule vereinbart haben, noch hinausgehen. Wir haben das mit den Richtlinien guter Schule eigentlich schon geschrieben. Ich erwarte, dass dies mit der nötigen Flexibilität, die in den einzelnen Schulen aufgrund der großen Unterschiede, die wir da haben, erforderlich ist, auch umgesetzt wird.

Wir haben Schulen, wie zum Beispiel die Grundschulen in Strom und Seehausen, da werden Sie niemals ein Fachlehrerprinzip hinbekommen, weil sie einfach viel zu klein sind. Das sind Dorfschulen, so wie wir sie früher vielleicht hatten. Da wir diesen Unterricht in den Grundschulen vor Ort wollen und nicht abschaffen wollen, müssen wir sehen, dass die Personen in Seehausen und Strom beispielsweise möglichst breit qualifiziert sind. Insofern können wir das gar nicht alles über einen Kamm scheren. Für solche Grundschulen, die im Prinzip nur eine oder eineinhalb Lehrkräfte haben, werden wir auch keine Richtlinien brauchen, sondern sie können das selbst und wissen auch, wo ihre Defizite liegen. Es ist in der Tat so, wer für sein Fach brennt, wer das kann, der hat die Methodenvielfalt und den Spaß daran, es zu vermitteln. Wir dürfen aber nicht verkennen, auch über die Grundschulen hinaus, Lernen ist Beziehungsarbeit zwischen dem, der unterrichtet, und

82. Sitzung am 24.02.116310 denen, die er unterrichtet. Darauf kommt es ganz viel an. Das ist Pädagogik, das zeichnet das aus.

Wir haben einen großen Teil in der Bildung, der daran krankt, dass es Lehrerinnen und Lehrer gibt, die eigentlich Probleme damit haben, Kinder zu mögen, diese dann für den Unterricht anzunehmen, und denen es manchmal auch lästig ist, dass Kinder in der Schule sind. Das dürfen wir nicht vergessen.

Dort müssen wir auch sehen, dass es Probleme und Nach-, Fort- und Weiterbildungsbedarf gibt, denn es sind auch Problemfälle, die wir als Eltern, als Mitglieder einer Bildungsdeputation schlichtweg wahrnehmen, dass es gefrustete Lehrer gibt. Diesen Frust abzubauen, gilt es dann eben auch.

Es gibt also ganz viele Lösungen dafür. Wir brauchen keine weitere Richtlinie, deswegen beantrage ich hier für die Gruppe der FDP, dass über den Antrag der Koalition getrennt abgestimmt wird, sodass wir dem ersten Punkt zustimmen und den zweiten Punkt ablehnen können, weil wir denken, was da in der Richtlinie geregelt wird, ist geregelt und in der Verantwortung der Schulleitung gut aufgehoben.

Das muss nicht weiter einer rechtlichen Bestimmung zugeführt werden. ­ Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Abg. Frau Dr. Mohr-Lüllmann (CDU): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur noch ganz kurz, Frau Senatorin. Erst einmal stelle ich ja fest, dass Sie auch zu der Erkenntnis gekommen sind, dass dieser fachfremde Unterricht unbedingt minimiert werden sollte.

(Abg. Frau Busch [SPD]: Das hat nie jemand bestritten!)

Das haben Sie so gesagt, und darüber bin ich auch dankbar, dass diese Zahlen einfach für sich sprechen.

Was ich nur auf jeden Fall noch einmal richtigstellen möchte, Frau Senatorin, ist, dass ich mich nicht dazu geäußert habe, dass Lehrer schlechten Unterricht machen, ganz im Gegenteil, fachfremder Unterricht ist Ausdruck eines falschen Lehrereinsatzes.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe nicht gesagt, dass die Lehrer schlecht sind.

Das habe ich mitnichten gesagt, das möchte ich hier auf jeden Fall korrigieren. Ich würde aber auch noch darum bitten, dass. (Abg. G ü n g ö r [SPD]: Schlechter Unterricht haben Sie gesagt!) Herr Güngör, ich bin so froh, dass die Senatorin und auch die Grünen sich wenigstens konstruktiv dazu geäußert haben.

(Beifall bei der CDU)

Ihr Beitrag hinterlässt wirklich nicht die Spur in meinem Bildungsspeicher. Ich möchte noch einmal sagen, Frau Senatorin, schön wäre es aber doch auch, wenn diese groben Zahlen, sage ich einmal, vielleicht einmal heruntergebrochen werden könnten auf die einzelnen Schulen, damit jeder weiß, an welcher Schule es besonders dramatisch aus unserer Sicht ist und an welcher Schule hier Abhilfe geschafft werden könnte. Dann wäre die Sache mit dem Pool vielleicht auch etwas anderes, weil es gar nicht jede Schule betrifft. Das wollte ich nur noch einmal klarstellen. ­ Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Zuerst lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/1626 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, Abg. Tittmann [parteilos],

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. Müller [parteilos]) Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.

Hier ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Zuerst lasse ich daher über die Ziffer 1 des Antrags abstimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrags der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der 17/1675 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Abg. Müller [parteilos])