Desolate Gesundheitszustände bei obdachlosen Menschen in Hamburg

Nach den Ergebnissen einer Studie zur Morbidität obdachloser Menschen in Hamburg „Mobil 2008" (siehe wohnungslos 2/11, Seite 53 fortfolgende) ist die gesundheitliche Situation bei obdachlosen Menschen in Hamburg überraschend und erschütternd zugleich. Mehr als die Hälfte der obdachlosen Menschen in Hamburg leidet danach an mindestens vier (!) Erkrankungen. Die Situation ist erschreckend, da nur eine Basisversorgung ­ wenn überhaupt ­ in Form einer Akut- oder Notfallversorgung angeboten wird, jedoch keine Einbindung in eine krankheitsangemessene dauerhafte Regelversorgung erfolgt.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die Gesundheitsversorgung wohnungsloser und obdachloser Menschen erfolgt grundsätzlich im Rahmen des Regelsystems. Alle Angebote des Gesundheitssystems stehen auch diesen Personengruppen zur Verfügung. Die hier angesprochene Basisversorgung obdachloser Menschen erfolgt in zusätzlichen Angeboten der Wohnungslosenhilfe für Personen, die das Regelsystem nicht in Anspruch nehmen oder bei denen die versicherungstechnischen Voraussetzungen ungeklärt sind.

1. Welche verlässlichen Gesundheitsdaten über wohnungslose und obdachlose Menschen in Hamburg liegen dem Senat für die Zeit seit 01.01.2005 bis heute überhaupt vor?

Für Obdachlose und wohnungslose Menschen liegen zu Krankheiten, gesundheitlichen Beschwerden und zur Sterblichkeit (und damit auch zur Lebenserwartung) bundesweit und auch für Hamburg keine regelhaften Routinestatistiken vor.

2. Wie viele psychisch kranke wohnungslose und obdachlose Menschen gibt es geschätzt in Hamburg seit dem 01.01.2005 (bitte nach Jahren sowie nach Alter, Geschlecht und Nationalität aufgliedern)?

3. Wie viele organisch schwer kranke wohnungslose und obdachlose Menschen gibt es geschätzt in Hamburg seit dem 01.01.2005 (bitte nach Jahren sowie nach Alter, Geschlecht und Nationalität aufgliedern)?

4. Wie hoch liegt die geschätzte durchschnittliche Lebenserwartung obdachloser Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 (bitte nach Jahren sowie nach Alter, Geschlecht und Nationalität aufgliedern)?

Eine differenzierte Schätzung im Sinne der Fragen ist nicht möglich, da keine geeigneten Basisdaten vorliegen.

5. Wie hoch liegt das Sterbealter rechtsmedizinisch untersuchter verstorbener obdachloser Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 (bitte nach Jahren und nach Geschlecht aufgliedern)?

Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) wie folgt:

Das Institut für Rechtsmedizin (IfR) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) führt keine Statistik über die Ergebnisse der dort durchgeführten äußeren und inneren Leichenschauen nach Kriterien, die eine Beantwortung der konkreten Fragestellung ermöglichen.

Aus einer retrospektiven wissenschaftlichen Untersuchung von 2006 aus dem IfR unter Beteiligung beziehungsweise mit Unterstützung unter anderem der zuständigen Dienststellen im Landeskriminalamt zur Analyse von Todesfällen beziehungsweise -ursachen bei Wohnungslosen ergab sich jedoch bei der damaligen Auswertung von insgesamt 307 Todesfällen wohnungsloser Menschen (davon 272 männlich und 35 weiblich) im Zeitraum 1999 ­ 2004 ein durchschnittliches Todesalter dieser Verstorbenen von circa 46,5 Jahren, wobei das durchschnittliche Todesalter der weiblichen Verstorbenen bei 43,3 Jahren lag.

Nach Einschätzung des Instituts hat sich das durchschnittliche Todesalter der dort untersuchten verstorbenen wohnungslosen Menschen auch in den vergangenen Jahren bis heute gegenüber den in der oben angegebenen wissenschaftlichen Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen für die Jahre 1999 ­ 2004 nicht wesentlich verändert.

6. Welche Erkenntnisse oder Schätzungen hat der Senat zum Zahnstatus obdachloser Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 (bitte nach Jahren und nach Alter, Geschlecht sowie nach Anzahl fehlender Zähne aufgliedern)?

7. Welche Erkenntnisse oder Schätzungen hat der Senat zu Häufigkeit und Chronifizierung der bestehenden Erkrankungen im Rahmen der Multimorbidität obdachloser Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 (bitte nach Jahren, nach Krankheitsarten, nach Alter und Geschlecht aufgliedern)?

Eine differenzierte Schätzung im Sinne der Fragen ist nicht möglich, da keine geeigneten Basisdaten vorliegen.

8. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, wie viele obdachlose Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 an Tuberkulose erkrankt sind (bitte nach Jahren sowie nach Alter und Geschlecht aufgliedern)?

10. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, wie viele obdachlose Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 HIV-infiziert, an ARC oder sogar an Aids erkrankt sind (bitte nach Jahren sowie nach Alter und Geschlecht aufgliedern)?

11. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, wie viele obdachlose Menschen in Hamburg seit dem 01.01.2005 an Hauterkrankungen erkrankt sind (bitte nach Jahren sowie nach Alter und Geschlecht aufgliedern)?

Die zur Beantwortung benötigten Daten wurden statistisch nicht erfasst.

12. Welche kostenfreien Möglichkeiten der Körper- und Textilpflege (Duschgelegenheiten, Waschcenter/Salon) bestehen aktuell für obdachlose Menschen in Hamburg?

13. Wie wird in Hamburg aktuell die gesundheitliche Basisversorgung in Form einer Akut- oder Notfallversorgung für obdachlose Menschen sichergestellt und welche Landesmittel werden hierzu eingesetzt?

Grundsätzlich muss eine Akut- oder Notfallversorgung von obdachlosen Menschen im Rahmen des Gesundheitssystems erfolgen. Zusätzlich können die Angebote zur ärztlichen Versorgung, die im Rahmen der Obdachlosenhilfe bestehen, in Anspruch genommen werden.Zahnmobil" des Caritasverbandes Hamburg e. V. Wahlperiode

14. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, wie obdachlose Menschen in Hamburg in das bestehende medizinische Regelleistungssystem eingebunden sind?

15. Auf welche Art und Weise plant der Senat, mehr obdachlose Menschen als bisher in das bestehende medizinische Regelleistungssystem einzubinden?

Die empirische Untersuchung „Obdachlose auf der Straße lebende Menschen in Hamburg 2009" ergab, dass 64,9 Prozent aller und 77, 3 Prozent der deutschen Befragten krankenversichert waren.

Darüber hinaus liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie obdachlose Menschen in Hamburg in das medizinische Regelsystem eingebunden sind.