Referendare

Meine Frage zielte aber auch auf andere Bundesländer. Können Sie mir sagen, wie das dort gehandhabt wird?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Staatsrat!

Staatsrat Othmer: In den anderen Bundesländern ­ ich nenne einmal die norddeutschen Bundesländer ­, zum Beispiel in Schleswig-Holstein, gibt es Wechselmöglichkeiten bis zu acht Monate, allerdings mit der Maßgabe, dass sie sich vorher wieder beworben haben müssen, und erst wenn sie in der Bewerbung erfolgreich waren, wird geprüft, ob die vorherigen Zeiten angerechnet werden können. Das heißt, es ist nicht automatisch sicher, dass sie nach dem achten Monat weitermachen können, sondern sie müssen sich neu bewerben. Die Frage ist in Niedersachsen ähnlich geregelt. Auch dort geht es darum, dass jemand, der wechseln will, sich neu bewerben muss, und dann wird über die Anrechnung entschieden. Da geht es sogar soweit, dass sie die bis zu neun Monate zulassen. Ich will aber auch gleich begründen, warum das in Hamburg und Bremen anders ist.

Hamburg und Bremen sind Stadtstaaten, wir haben im Verhältnis eine deutliche Überanfrage an Referendarplätzen, das ist in Niedersachsen nicht immer der Fall. Niedersachsen ist inzwischen soweit, dass es auch Menschen mit nicht so guten Noten einen Referendarplatz zuweist. Wir haben die Situation, dass relativ viele, die nicht gleich zum Zuge kommen und nicht auf Wartelisten stehen wollen, sich in Bremen und in Niedersachsen bewerben. Wir müssen schon aufpassen, dass man nicht über den Umweg mit einer schlechteren Note in Niedersachsen eingestellt wird, um dann anschließend durch die Härtefallregelung nach Bremen wechseln zu können. Daher macht die Regelung, die die beiden Stadtstaaten, Hamburg und Bremen mit ihrem Umfeld getroffen haben, einen Sinn und benachteiligt die Bremer Referendare deshalb nicht, denn jeder Wechsler, der von Niedersachsen nach Bremen käme, würde sonst einem gut geeigneten Referendar in Bremen einen Platz wegnehmen. Das hielte ich nicht für gerecht.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Frau Böschen (SPD): Ich habe eine Verständnisfrage, Herr Staatsrat. Wenn aber Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Regelung haben, dass bei einem Wechsel. Ich glaube, wir sind uns einig, dass solche Wechsel wirklich in einer ganz kleinen Anzahl praktiziert werden, zumindest meine Kenntnis ist, dass sie zahlenmäßig keine große Rolle spielen.

Wenn aber ein junger Mensch im Referendariat aus unterschiedlichen Gründen ­ auch Mobbing, habe ich mir sagen lassen, kann da manchmal eine Rolle spielen ­ jetzt so einen Bundeslandwechsel in Angriff nehmen möchte und sich wie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Bremen neu bewerben müsste, wäre doch nicht die Situation gegeben, dass mit einem schlechteren Abschluss hier jetzt ein vorrangiger Zugang in das Referendariat möglich wäre.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Staatsrat!

Staatsrat Othmer: Frau Abgeordnete, Sie haben recht. Wenn man davon ausginge, dass der Bewerber vorher aus dem Referendariat in Niedersachsen ausschiede und sich dann neu bewerben würde, dann würde auch die Dreimonatsregel nicht gelten. Die Dreimonatsregel gilt nur, wenn man unter Anrechnung dieser drei Monate in Bremen das Referendariat weiterführen will. Wenn jemand ausscheidet, kann er sich wieder normal in das Verfahren in Bremen integrieren und kann auch ausgewählt werden, wenn die Noten das hergeben.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Frau Böschen (SPD): Liegen Ihnen Informationen vor, wie viele Fälle es in den letzten drei bis vier Jahren, also so lange Sie in Bremen tätig sind, diesbezüglich gegeben hat?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Staatsrat!

Staatsrat Othmer:Ganz wenige, Frau Abgeordnete, weil diese Regelung gegriffen hat. Die meisten wollten sich gerade nicht neu bewerben, sie wollten nicht auf die Warteliste, wegen ihrer Noten, und haben dann, nachdem sie nachgefragt haben, davon Abstand genommen, weil sie entweder mit ihren Noten nicht zum Zuge gekommen wären oder aber, weil sie nicht neu beginnen wollten, sondern ihre Ausbildung in Bremen nach dem vierten, fünften, sechsten Semester fortsetzen wollten. Es hat genügend Anfragen gegeben, aber sie haben dann aus diesen Gründen davon Abstand genommen.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Frau Böschen (SPD): Ich habe Sie richtig verstanden, dass in solch einem Fall, wie wir ihn gerade beschrieben haben, immer noch die Möglichkeit bliebe, aus dem Referendariatsverhältnis des heimischen Bundeslandes auszuscheiden, um über eine Neubewerbung unter Berücksichtigung der vorhandenen Noten zu versuchen, in Bremen einen Referendariatsplatz zu bekommen?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Staatsrat!

Staatsrat Othmer: Selbstverständlich, Frau Abgeordnete! Noch eines hinzu: Es gibt natürlich Fälle, die Sie vorhin geschildert haben, es gibt Extremfälle. Auch dort wird man natürlich schauen, ob man diese drei Monate zwingend einhalten muss. Es darf nur nicht so sein, dass man sich über den Umweg von Doppelbewerbungen oder im Flächenland einen besonderen Vorteil verschafft. Das ist der Versuch von Hamburg und Bremen, unseren Referendaren in Bremen gerecht zu werden.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Wir kommen zur sechsten Anfrage, die die Überschrift trägt Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Stahmann, Öztürk, Frau Hoch, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Frau Kollegin Stahmann!

Abg. Frau Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen): Wir fragen den Senat: Erstens: Wie bewertet der Senat den Ehrenkodex der Bremer Sportjugend, der die Vorbeugung sexualisierter Gewalt fördern soll?

Zweitens: Wie bewertet der Senat den Umstand, dass die Sportvereine bisher auf Freiwilligkeit bei der Unterzeichnung des Ehrenkodexes setzen?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Mäurer.

Senator Mäurer: Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat begrüßt die Einführung eines Ehrenkodexes im Sport durch die Bremer Sportjugend. Der Ehrenkodex soll ein Problembewusstsein und eine Kultur des Hinsehens in den Sportvereinen und -verbänden schaffen. Er kann aber nur eine Maßnahme im Rahmen eines Gesamtkonzepts darstellen.

Zu Frage 2: Der Senat hält es für vertretbar, das Vorhaben in einem ersten Schritt auf freiwilliger Basis durchzuführen. Der Landessportbund erarbeitet derzeit weitere, dann verpflichtende Maßnahmen und Erklärungen. Diese sollen die Übungsleiterinnen und Übungsleiter in den Vereinen und Verbänden stärker als bisher in die Pflicht nehmen, dem Thema sexualisierte Gewalt zu begegnen. Diese Absicht wird vom Senat ausdrücklich begrüßt. ­ Soweit die Antwort des Senats!

Präsident Weber: Frau Abgeordnete Stahmann, haben Sie eine Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Senator, bis wann soll der Ehrenkodex verbindlich sein? Denn Sie sprachen davon, es handele sich um einen ersten Schritt, dem weitere folgten.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Senator!

Senator Mäurer: Es ist so, wir respektieren die Autonomie des Sports, und wir setzen darauf, dass die Vereine die Ernsthaftigkeit dieses Themas sehen und dass sie von sich aus aktiv werden. Wir müssen sie dabei unterstützen und ihnen dazu auch fachlichen Rat geben, weil ­ wir wissen es alle ­ es ein ganz sensibles Thema ist, und es ist mit einem Appell nicht getan. Ich denke, dass in der weiteren Diskussion auch geschaut werden muss, wie schnell dies läuft, ob die Vereine von sich aus die Initiative ergreifen oder aber ob es notwendig ist, von staatlicher Seite aus einen etwas höheren Druck auszuüben. Wir haben heute zahlen, durchaus zu sagen, wir zahlen nur dann, wenn wir oder die Vereine die Gewissheit haben, dass dies geschieht.

Das bedeutet, dass man auch durchaus daran denken kann, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis einzuführen. Der Vorteil dieser Regelung besteht darin, dass man dann auch Personen entdecken kann, die im Zusammenhang mit sexuellen Delikten schon einmal aufgefallen sind. Darum geht es. Ich weiß einemverdientenÜbungsleitersagenmuss,wir wollen von dir nach zehn Jahren noch einmal den Nachweis haben, dass das hier alles liebenswert ist und dass du mit Kindern gut umgehst, das ist schwierig.

Ich denke aber, wir müssen dieses Thema ernst nehmen, und wir sollten das in einem vernünftigen Miteinander von staatlichem Einfluss und Sport angehen.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Frau Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Senator, das teile ich alles, was Sie sagen. Gibt es aber ein Datum, was anvisiert worden ist, bis wann eine Verbindlichkeit erzielt werden soll?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Senator!

Senator Mäurer: Nein, wir haben noch kein Datum, weil das eigentlich auch unserer Philosophie widersprechen würde. Wir wollen einmal schauen, wie in den nächsten Monaten dieses Thema in den Vereinen diskutiert wird. Ich bin eigentlich ganz guter Dinge, dass die meisten Vereine die Sensibilität und auch einfach die Vernunft haben, dass sie dieses Thema angehen müssen. Ich glaube, nachdem wir diese Diskussion im Zusammenhang mit den Kirchen hatten, kann der Sport sich diesem Thema nicht entziehen. Ich glaube, je schneller man dieses Thema angeht, desto besser für alle Beteiligten.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Frau Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen): Es gibt ja eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bildungsressort und auch den Sportvereinen. Ich weiß gar nicht, ob Sie als Senator diese Vereinbarung auch mit unterzeichnet haben. Es kommen ja Trainer aus Sportvereinen in die Schulen, die als Lehrertrainer arbeiten, deswegen würde mich interessieren, welche Maßnahmen der Senat ergreift, damit Jugendliche in der Schule vor sexualisierter Gewalt weitreichend geschützt sind und es eben nicht bei einem Ehrenkodex verbleibt, sondern dass dort auch wirklich dafür Sorge getragen wird, dass niemand der vorbestraft ist ­ Sie haben es angesprochen ­ im Schuldienst als Lehrertrainer tätig ist.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Senator!

Senator Mäurer: Ich glaube, da darf es keine Unterschiede geben, ob ein hauptamtlicher Lehrer Sport unterrichtet oder ob jemand als Ehrenamtlicher aus dem Verein kommt. Den Nachweis, dass man nicht belastet ist, kann man in der Regel über ein polizeiliches Führungszeugnis führen. Das muss für beide Seiten gelten.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Schildt. ­ Bitte sehr!

Abg. Schildt (SPD): Herr Senator, ist Ihnen bekannt, dass der Landessportbund Bremen in Bremen und im Vergleich sogar weiter ­ eine Broschüre zu der Thematik erarbeitet hat, die genau die Fragen meiner Kollegin aufgreift, dass es nicht nur um das Unterschreiben eines Papiers geht, sondern um ein nachhaltig verändertes Verhalten des Hinsehens. Ist Ihnen diese Initiative bekannt, und wie beurteilen Sie diese Kampagne?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Senator!

Senator Mäurer: Diese Initiative ist mir nicht nur bekannt, sondern diese Broschüre liegt auch nebenan auf meiner Bank, und ich habe vorher auch noch einmal hineingeschaut. Deswegen kann ich auch ganz entspannt sagen, dass wir da nicht gegeneinander arbeiten, sondern gemeinsam mit dem Landessportbund, ich glaube, sehr deutlich gesagt haben, dass dieses Thema in der Tat in den Vereinen diskutiert werden muss. Es ist in erster Linie natürlich wichtig für die Kinder, aber es ist auch für die Vereine und für ihre weitere Perspektive ganz entscheidend, dass die Eltern Vertrauen haben, wenn sie ihre Kinder dort abgeben, und wir wissen natürlich, es ist ein riesiges Vertrauen, das man damit verbindet, wenn man Kindern die Möglichkeit gibt, ins Trainingslager zu fahren. Das ist ein Freiraum, den man selten gewährt, und deswegen ist es umso wichtiger, dass die Vereine auch ihrer Verantwortung nachkommen, und ich glaube, dass der Landessportbund dies auch gemeinsam mit den Vereinen voranbringt.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Schildt (SPD): Herr Senator, teilen Sie meine Auffassung, dass diese Problematik, die wir jetzt in der Fragestunde diskutieren, nicht nur ein spezifisches Problem des Sports ist, sondern in alle Sozialeinrichtungen zusammenkommen, dass es eigentlich ein viel breiteres gesellschaftliches Thema ist, das in allen Gesellschaftsgruppen, dort, wo Jugendliche für eine gewisse Zeit in Verantwortung gegeben werden, genauso nachhaltig wichtig ist, dass da das Gleiche getan wird wie in der Frage jetzt um den Bereich Sport? Teilen Sie diese Auffassung?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Senator!

Senator Mäurer: Es ist natürlich völlig klar, dass wir diese Risiken nicht nur im Sportbereich haben, sondern wir haben auch bereits das Thema Kirchen diskutiert. Wir sehen aber natürlich, bei der Polizei spricht man davon, dass man einfach Tatgelegenheiten hat. Das wissen wir natürlich. Das ist im Kindergarten der Fall, das ist in der Schule auch der Fall.

Überall da, wo es im Sportbereich zu körperlichen Kontakten kommt, die im Training dazugehören, ist das natürlich auch potenziell ein Feld für Pädophile, die diese Gelegenheit nutzen und die sich da im Schutze des Sports betätigen, und deswegen ist es umso wichtiger, dass wir genau hinschauen.

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Herr Abgeordneter Schildt, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? ­ Bitte sehr!

Abg. Schildt (SPD): Ist Ihnen auch bekannt, dass die Sportvereine ­ das kann ich aus Bremerhaven sagen ­, die für Jugendarbeit tätig sind, schon das erweiterte Führungszeugnis nachweisen müssen?

Also da, wo Sportvereine im anerkannten Bewegungskindergarten Übungsleiter einsetzen, ist vom Amt für Jugend und Familie darauf hingewiesen, nach den entsprechenden Verordnungen des Bundes, dass das erweiterte Führungszeugnis nachgewiesen wird, also genau von denen, die für das Jugendamt tätig sind.

Im Schulbereich ist es, glaube ich, noch nicht so weit.

Ist Ihnen das auch bekannt?

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Bitte, Herr Senator!

Senator Mäurer: Ja, ich weiß, dass es das gibt, und ich glaube, dass Bremen da auch von Bremerhaven lernen kann.

(Beifall bei der SPD)