Im Rahmen der Evaluierung I wurde das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO teilweise kritisch beurteilt

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle,

­ den Bericht über die Evaluierung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 61 HBauO (Evaluierung II) zur Kenntnis nehmen (Teil A der Mitteilung),

­ das Zweite Gesetz zur Änderung der Hamburgischen Bauordnung beschließen (Teil B der Mitteilung). Teil A Bericht über die Evaluierung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 61 HBauO (Evaluierung II)

1. Ausgangssituation

Die Neufassung der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) ist am 1. April 2006 in Kraft getreten. Mit der vom 8. Dezember 2009 hat der Senat der Bürgerschaft über die Erfahrungen bei der Durchführung der neuen Hamburgischen Bauordnung berichtet (Evaluierung I) und die daraus resultierenden Änderungsvorschläge zur HBauO vorgelegt. Das am 27. April 2010 verkündete Gesetz zur Änderung der HBauO ist am 1. September 2010 in Kraft getreten.

Im Rahmen der Evaluierung I wurde das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO teilweise kritisch beurteilt. Insbesondere die Bauaufsicht und die Dienststellen des Fachrechts äußerten Befürchtungen, dass der eingeschränkte Prüfumfang dazu führe, dass Anforderungen aus dem Bauordnungsrecht wie auch aus anderen Rechtsbereichen vielfach nicht eingehalten würden und so Gebäude mit rechtlichen und tatsächlichen Mängeln entstehen könnten.

Eine stichhaltige Bewertung dieser Befürchtungen war innerhalb des für die Evaluierung I vorgegebenen Zeitraums von nur zwei Jahren noch nicht möglich. Da erst sehr wenige Gebäude existierten, die nach einem vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt worden waren, bestand kaum Gelegenheit, sich von den tatsächlichen baulichen Verhältnissen dieser Vorhaben ein Bild zu machen. Der Senat hat deshalb beschlossen, dass die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Zusammenarbeit mit den Bezirken eine gesonderte Evaluierung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens (Evaluierung II) zu einem späteren Zeitpunkt durchführt und über die Erfahrungen und die sich hieraus ergebenden Änderungsbedarfe der HBauO bis zum Juni 2011 gegenüber Senat und Bürgerschaft berichtet.

Die vorgelegte Drucksache besteht insofern aus zwei Teilen: Teil A mit dem Bericht über die Evaluierung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens und Teil B mit der Änderung der HBauO.

2. Ziel der Evaluierung

Das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO ist ein schnelles und schlankes Verfahren, das innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist von einem oder zwei Monaten zur Genehmigung oder bei Überschreitung der Bearbeitungsfrist zur Genehmigungsfiktion führt. Evaluierung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach §61 HBauO (Evaluierung II) und Änderung der Hamburgischen Bauordnung (HBauO)

Geprüft wird nur die grundsätzliche Zulässigkeit des Bauvorhabens. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hinsichtlich anderer betroffener Fachrechtsbereiche muss durch die Antragsteller in Eigenverantwortung sichergestellt werden. Die zusätzlich zur Baugenehmigung erforderlichen Fachrechtsgenehmigungen sind eigenständig vom Bauherrn bei den jeweiligen Fachrechtsdienststellen zu beantragen.

Das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO wird durchgeführt für die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Wohngebäuden und überwiegend Wohnzwecken dienenden Gebäuden bis zur Hochhausgrenze, für kleine Gewerbebauten und für die Beseitigung baulicher Anlagen.

Die Bauaufsichtsbehörde prüft

­ die Zulässigkeit nach den §§ 14, 29 bis 37 des Baugesetzbuchs (BauGB), nach den weiteren Festsetzungen eines Bebauungsplans und nach auf § 172 BauGB gestützten Verordnungen (Erhaltungsverordnungen),

­ die Einhaltung der Abstandsflächen nach § 6 HBauO,

­ beantragte Abweichungen im Sinn von § 69 HBauO sowie

­ die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach den §§ 14, 15 und 17 des Bundesnaturschutzgesetzes.

Die Evaluierung soll zum Einen Aufschluss darüber geben, ob und in welchem Umfang die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO nicht bauaufsichtlich geprüften Anforderungen eingehalten werden.

Zum Anderen soll das Untersuchungsergebnis im Hinblick auf die zukünftige Ausgestaltung des Verfahrens bewerten werden.

3. Vorgehensweise

Die Evaluierung erfolgte unter der Federführung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Zusammenarbeit mit den Bezirken. Mit der statistischen Auswertung beauftragte die BSU die Forschungsgruppe gdp aus Hamburg.

Untersucht wurden Anforderungen des Bauordnungsrechts und des Fachrechts, die nicht zum Prüfumfang des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gehören und deren Nicht-Einhaltung im Rahmen der Evaluierung der Neufassung der HBauO (Evaluierung I) problematisiert wurde.

Es handelt sich um die folgenden 22 Anforderungen aus sieben Rechtsbereichen: I. Bauordnungsrecht/Hamburgische Bauordnung (HBauO)

­ § 10 HBauO ­ Kinderspielflächen

­ § 12 HBauO ­ Gestaltung i.V.m. § 81 HBauO ­ Gestaltungsverordnungen

­ § 37 HBauO ­ Aufzüge

­ § 45 HBauO ­ Abstellräume

­ § 48 HBauO ­ Fahrradplätze

­ § 48 HBauO ­ Stellplätze i.V.m.F. ­ gesetzlich geschützte Biotope

­ § 4 BaumschutzVO ­ Fällen von Bäumen

­ § 26 HmbNatSchG a.F. ­ Fällen von Bäumen i. d. Vegetationsperiode/v. WHG i.V.m. § 28 HWaG u.

Es wurden die folgenden fünf Fallgruppen gebildet, die den Anwendungsbereich des vereinfachten Genehmigungsverfahrens abbilden: Fallgruppe 1: Neubau von Einfamilienhäusern, Doppelhäusern, Reihenhäusern, Fallgruppe 2: Neubau von Mehrfamilienhäusern, Fallgruppe 3: Neubau von Gewerbebauten,

Fallgruppe 4: Umbauten, Fallgruppe 5: Abbrüche.

In einem Halbjahr werden in Hamburg ca. 2000 Genehmigungen im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO erteilt. Auf Anraten der Forschungsgruppe gdp wurde die Evaluierung auf eine Stichprobengröße von insgesamt 210 Fällen begrenzt, d.h. auf ca. 10 % der Grundgesamtheit.

Die Auswahl der Fälle erfolgte anonymisiert. Drei Fälle konnten nicht ausgewertet werden, so dass insgesamt 207

Fälle die Datenbasis bildeten. Die fertiggestellten Bauvorhaben mit einer Baugenehmigung nach § 61 HBauO standen sowohl in den fünf Fallgruppen als auch in den Bezirken in sehr unterschiedlicher Anzahl zur Verfügung.

Die Verteilung der Fälle auf die Fallgruppen berücksichtigt diesen Umstand.

Die Untersuchung der Fälle erfolgte durch Mitarbeiter

­ teilweise auch durch ehemalige Mitarbeiter ­ der bezirklichen Bauaufsicht und der jeweils betroffenen Fachbehörden. Geprüft wurde anhand der bei der bezirklichen Bauaufsicht vorhandenen Unterlagen und durch Besichtigungen vor Ort. Vorgaben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gewährleisteten ein einheitliches Vorgehen.

Die Untersuchung zur Evaluierung fand in der Zeit vom 21. September 2009 bis 14. Dezember 2009 statt.

Geprüft wurde zunächst, ob die jeweilige Anforderung für das Vorhaben beachtlich ist, d.h. ob sie in dem jeweiligen Einzelfall tatsächlich erfüllt werden muss. Nicht jede Anforderung gilt für jede Fallgruppe und innerhalb einer Fallgruppe nicht für jeden Einzelfall. So gilt z. B. die Forderung eines Aufzugs nach § 37 HBauO grundsätzlich nicht für die Fallgruppen 1 (Einfamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser), 3 (Gewerbe) und 5 (Abbrüche) und innerhalb der Fallgruppe 2 (Mehrfamilienhäuser) erst ab einer Höhe von 13 m. Für die Fallgruppe 5 (Abbrüche) gelten von Vornherein nur wenige der überprüften Anforderungen.

Es folgte die Prüfung, ob die Anforderung in den Fällen, in denen sie beachtlich ist, erfüllt ist. Dabei wurde unterschieden zwischen der Einhaltung der im jeweiligen Fachrecht formulierten Anforderung (inhaltliche Prüfung) und der Erforderlichkeit, eine eigenständige Fachrechtsgenehmigung zusätzlich zur Baugenehmigung zu beantragen (formale Prüfung).

Eine Anforderung galt als erfüllt, wenn

­ die Anforderung des jeweiligen Fachrechts eingehalten wurde bzw. eine beantragte Abweichung erteilt wurde oder

­ die erforderliche eigenständige Fachrechtsgenehmigung erteilt wurde bzw. die Anzeige erfolgte.

Die Prüfergebnisse wurden in für diesen Zweck entwickelten Checklisten festgehalten und der Forschungsgruppe gdp zur Auswertung zugeleitet. Die Erfassung und Auswertung der in den Checklisten erfassten Daten erfolgte durch die Forschungsgruppe gdp.

4. Ergebnis

Der insgesamt erreichte Erfüllungsgrad für alle geprüften Anforderungen beträgt 66,8 %, d.h. 66,8 % der Anforderungen wurden vollständig erfüllt. Dabei schneidet die Fallgruppe 1 (Einfamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser) mit einem Erfüllungsgrad von 79,3 % am besten ab gefolgt von der Fallgruppe 2 (Mehrfamilienhäuser) mit 76,5 %. Umbauten erfüllten die Anforderungen zu 57,2 % und Abbrüche zu 58,3 %.