Lärmschutzmaßnahmen für Züge im XFEL-Tunnel in Osdorf

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Clausthal-Zellerfeld hat als Planfeststellungsbehörde zum Thema XFEL von DESY am 20. Juni 2006 einen umfangreichen Planfeststellungsbeschluss für den Bau und den Betrieb des Röntgenlasers XFEL einschließlich der für seinen Betrieb notwendigen Anlagen und Gebäuden erlassen.

DESY, das Deutsche Elektronen-Synchrotron, lässt seit knapp einem Jahr für seinen „European XFEL"-Röntgenlaser das Erdreich zwischen Schenefeld und Bahrenfeld durchbohren. Während der Arbeiten sackte bereits zweimal Erdreich über dem Schacht ab, was bereits Gegenstand Parlamentarischer Anfragen war (vergleiche Drs. 19/7899, 19/7992 und 20/1073).

Durch den Tunnel fährt stündlich mehrfach ein Zug, der Bauelemente und Bauschutt transportiert. Bürgerinnen und Bürger ­ viele Hauseigentümer und Mieter ­ klagen beispielsweise über Lärm und Vibrationen besonders in der Nacht. Obwohl im Planfeststellungsbeschluss mehrfach hervorgehoben wird, dass der Lärm bei den Bau- und Tunnelarbeiten auf ein Mindestmaß beschränkt werden soll. Vor Ort wird der Wunsch geäußert, dass DESY zumindest von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens eine Nachtruhe ermöglicht.

Bei Durchsicht des Planfeststellungsbeschlusses fällt diesbezüglich auf, dass dort eine solche Schallübertragung „mit Sicherheit" ausgeschlossen wird.

Diese Annahme spiegelt jedoch nicht die Realität vor Ort wider.

Daher frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der „European XFEL GmbH" und des „Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY" wie folgt:

1. Wie beurteilen die zuständigen Behörden den Umstand, dass die Schallübertragung durch die Überdeckelung des Tunnelbauwerks entgegen der Annahme des Planfeststellungsbeschlusses von der Bevölkerung nicht nur störend wahrgenommen wird, sondern auch die Nachtruhe zum Teil erheblich beeinträchtigt wird?

Die European XFEL GmbH und das DESY haben aus Sicht der zuständigen Behörden alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, derartige Auswirkungen zu vermeiden. Da aller bisherigen Erfahrung nach die Bodenüberdeckung eines Tunnels in der Stärke von 12 bis 25 m ausreichend vermeidet, dass Lärm aus dem Tunnelvortrieb an die Geländeoberfläche gelangt, hat die Planfeststellungsbehörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), keine zusätzlichen geräuschmindernden Maßnahmen angeordnet. Die vorgegebenen Richtwerte der Allgemeinen Verwal tungsvorschrift Baulärm (AVV) wurden und werden beim Tunnelvortrieb eingehalten.

Dies wurde durch Lärmemissionsmessungen bestätigt.

2. Welche Konsequenzen wurden und werden gezogen?

Die Anwohnerinnen und Anwohner über und neben der Tunneltrasse sind vor Beginn der Arbeiten durch das DESY-Nachbarschaftsbüro umfassend über den Einsatz der Tunnelbohrmaschine und der Tunnelbahn im Rahmen des Tunnelvortriebes und über eventuell auftretende Auswirkungen informiert worden.

Einem Beschwerde führenden Anlieger wurde mit Schreiben vom 13.07.2011 angeboten, in seinem Haus Lärmimmissionsmessungen durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen durchzuführen. Das Angebot blieb bisher ohne Resonanz.

Zudem wurden Lärmschutzmaßnahmen geprüft (siehe Antwort zu 11). Aktuell liegt der Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) als im Verfahren für eine Stellungnahme zuständige Behörde eine vom Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft dem Senat zugeleitete Petition vor, die Lärmbelästigungen durch die Tunnelarbeiten insbesondere während der Ruhezeiten zum Gegenstand hat.

Der Senat wird innerhalb der nach dem Gesetz über den Eingabenausschuss geltenden Frist Stellung nehmen.

3. Wie beurteilen die zuständigen Behörden den Vorschlag der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, dass die Tunnelbahn zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht mehr durchgeführt werden, um die Nachtruhe einzuhalten?

Der Tunnelbau wurde am 23.07.2011 soweit abgeschlossen, dass seither zwischen 22 und 6 Uhr in der Regel nur noch circa ein bis zwei Züge verkehrten. Seit dem 08.08.2011 wird die Tunnelbauinfrastruktur zurückgebaut, sodass in der Regel circa vier Züge zwischen 22 und 6 Uhr verkehren. Der Rückbau soll Mitte September 2011 endgültig abgeschlossen sein, sodass danach die Tunnelbahn nicht mehr fahren wird.

Aufgrund der weit fortgeschrittenen Arbeiten und der bereits abgeschlossenen Einsatzplanung von Arbeitskräften und Geräten würde eine zeitweise Stilllegung der Tunnelbahn zu einer überproportionalen Verlängerung der Bauarbeiten und der damit verbundenen Tunnelfahrten führen. Da nach bisheriger Planung die Tunnelfahrten bereits Mitte September 2011 beendet sein werden, erscheint die Umsetzung des Vorschlages auch im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner nicht zielführend.

Im Übrigen siehe Antwort zu 2.

4. Wie viele der oben genannten „Tunnelbahnen" fahren derzeit stündlich/täglich durch den besagten Tunnel?

Siehe Antwort zu 3.

5. Führen DESY oder die Überwachungsbehörden im und außerhalb des Tunnels Lärmmessungen durch?

Wenn ja, welche, wo und mit welchen Ergebnissen?

Im Tunnel wurden keine Messungen durchgeführt.

Außerhalb des Tunnels wurden folgende Messungen im Bereich der offenen Baugrube „Am Osdorfer Born" durchgeführt:

Vor Beginn der Bautätigkeit eine Messung vom 05.03.2008 bis zum 20.03.2008. Die Mittelungspegel lagen zwischen 46 und 55 Dezibel (dB(A)) tagsüber und 42 bis 50 dB(A) nachts. Die Maximalpegel lagen bei 72 bis 89 dB(A) tagsüber und 67 bis 84 dB(A9) nachts.

Weitere Messungen wurden baubegleitend durchgeführt vom 01.06.2009 bis zum 02.09.2010 und am 12./13.04.2011. Dabei wurden insbesondere die Immissionswerte in der Nacht im Bereich der Wohnungen rund um die Baugrube gemessen. Die Immissionsrichtwerte von 35 dB(A) wurden bei den der Baugrube am nächsten zugewandten drei Wohnungen zwischen 1 und 3 dB(A) kurzfristig überschritten. Alle anderen 25 ermittelten Werte lagen zwischen 27 und 35 dB(A). Die kurzfristige zulässige Überschreitung von 5 dB(A) wurde dabei kein einziges Mal ermittelt.

Weitere Messungen außerhalb des Tunnels an anderen Orten wurden nicht durchgeführt, weil die Werte für den an der Geländeoberfläche auftretenden Körperschall bei einer dämpfenden Bodenüberdeckung des Tunnels von 12 bis 25 m wesentlich geringer sind.

6. Bis wann wird die Tunnelbahn im Rahmen der Baumaßnahmen (inklusive Rückbau des Bohrers et cetera) durch den Tunnel voraussichtlich noch in Betrieb sein?

Siehe Antwort zu 3.

7. Welche geräuschdämmenden Vorkehrungen sind von DESY bei der Vorbereitung der Tunnelbohrungen geplant und realisiert worden? Bitte ausführen.

Da eine Bodenüberdeckung eines Tunnels in der Stärke von 12 bis 25 m erfahrungsgemäß ausreichend vermeidet, dass Lärm aus dem Tunnelvortrieb an die Geländeoberfläche gelangt und der Tunnelvortrieb nach dem modernsten Stand der Technik durchgeführt wurde, sind keine zusätzlichen geräuschmindernden Maßnahmen geplant und realisiert worden.

8. Wie bewerten die zuständigen Behörden die Anwohnerklagen in Bezug auf den Lärm der Züge im Tunnel?

Die zuständigen Behörden nehmen Anwohnerklagen sehr ernst und lassen sich regelmäßig von DESY und der European XFEL GmbH informieren.

Im juristischen Sinn sind den zuständigen Behörden bisher keine Klagen in Bezug auf den Lärm der Züge bekannt.

Da zudem die Lärmmessungen unter den erlaubten Grenzwerten lagen, wurde kein Anlass für weitere Maßnahmen gesehen. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.

9. Welche und wie viele Anwohnerklagen sind DESY sowie den zuständigen Behörden seit dem Beginn der Tunnelarbeiten bekannt? Welche Schwerpunkte haben diese Beschwerden und wie konnte diesen gegebenenfalls entsprochen werden? Bitte ausführen.

Befragungen der Anwohnerinnen und Anwohner ergaben, dass die Tunnelbohrmaschine in dem unmittelbaren Umfeld, in dem sie jeweils arbeitete, etwa vier bis fünf Tage zu hören war, wobei je nach Standort zum Teil ein Vibrieren wahrgenommen wurde. Der Einsatz der Tunnelbahn wurde auf Befragen vielfach als nicht besonders störend wahrgenommen. Insgesamt waren etwa 170 Haushalte von dem Einsatz der Tunnelbahn betroffen, davon haben sich 42 Haushalte gegenüber dem DESY-Nachbarschaftsbüro zur Problematik der Tunnelbaumaßnahme geäußert, aber keine Beschwerde eingelegt. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.

10. Sind vor dem Hintergrund der Klagen der Anwohnerinnen und Anwohner zusätzliche geräuschdämmende Vorkehrungen zu treffen?

Wenn ja, welche und ab wann?

Wenn nein, warum nicht?

Geräuschdämmende Vorkehrungen können aufgrund des Baufortschritts während des Tunnelvortriebs nicht mehr getroffen werden. Aufgrund des Rückbaus der Anlagen ist zudem mit einer fortschreitenden Reduzierung von Auswirkungen zu rechnen (siehe Antwort zu 3.).

11. In Korrespondenz mit den Anwohnerinnen und Anwohnern argumentiert DESY, dass die Durchführung weiterer Lärmschutzmaßnahmen bei der Tunnelbahn wirtschaftlich nicht vertretbar sei.

Um welche Maßnahmen handelt es sich dabei und welcher finanzielle Aufwand fiele bei der Realisierung an?

Geprüft wurde die Verlegung von Neoprenmatten unter dem Gleis der Tunnelbahn, die unter Umständen zu einer geringen Geräuschdämmung geführt hätte. Der Bauherr und die ausführende ARGE haben den Ansatz nach eingehender Prüfung nicht weiter verfolgt, weil die Matten durch das Gleismaterial und die hohe Belastung durch den Zug schnell zerstört worden wären und ein Dämmerfolg nicht wahrscheinlich war. Die Dämmung hätte Zusatzkosten von voraussichtlich mindestens 1.005.000 Euro verursacht.

12. Hat DESY den Anwohnerinnen und Anwohnern zur Klärung der Beeinträchtigung zusätzliche Lärm- und Erschütterungsmessungen angeboten?

Wenn ja, wie lange sollten diese andauern und wer soll diese im Einzelnen durchführen? Welchen Anwohnern wurde dieses Angebot in welcher Form unterbreitet? Wie sehen die Ergebnisse der etwaigen Messungen aus? Bitte ausführen.

DESY hat auf entsprechende Äußerungen der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner eine Begutachtung durch einen öffentlich bestellten, unabhängigen Sachverständigen über einen Zeitraum von 24 Stunden angeboten.

Das Angebot wurde nicht angenommen.

13. Welche Grenzwerte muss DESY im Rahmen der Tunnelarbeiten einhalten? Bitte für Tag- und Nachtzeiten angeben und ausführen, wer diese kontrolliert.

Es gibt keine speziellen Grenzwerte für Tunnelarbeiten. Die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm betragen für reine Wohngebiete am Tag in der Zeit von 7 Uhr bis 20 Uhr 50 dB(A), in der Nacht von 20 Uhr bis 7 Uhr 35 dB(A), in den genannten Zeiträumen für vorwiegend Wohngebiete 55 dB(A) beziehungsweise 40 dB(A), für gewerbliche Anlagen und Wohnungen 60 dB(A) beziehungsweise 45 dB(A). Diese Werte dürfen kurzfristig bis 5 dB(A) überschritten werden.