Arbeitsbedingungen von Lokführern und Lokführerinnen

Die Arbeitsbedingungen von Lokführern und Lokführerinnen haben sich laut Aussagen von Gewerkschaften, Verkehrsvereinen und Presseberichten durch die Liberalisierung des Bahnverkehrs und die zunehmende Privatisierung drastisch verschlechtert.

Der Vorwurf: Es gäbe eine Grauzone, in der die Überprüfung der Einhaltung von einfachsten Standards der Arbeitswelt, wie die Einhaltung von Arbeitszeiten, Ausbildungsbedingungen und die Erlangung eines „Führerscheins mit Betriebserlaubnisblättern", stattfindet.

Derzeit seien 26.000 Lokführer und Lokführerinnen bundesweit auf den Schienen, es gäbe aber einen Fachkräftemangel. Dies führe auch zu Aufweichungen von Sicherheitsbestimmungen.

In Hamburg sind neben der Hamburger Hochbahn AG und der S-Bahn Hamburg GmbH mehrere private Bahnunternehmen ansässig. Daher ist es von Interesse, welche Möglichkeiten die Behörden der Stadt haben, die Arbeitsbedingungen zu überprüfen und gegebenenfalls gegen Verstöße vorzugehen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Die Fragen wurden teilweise auf Grundlage von Auskünften vom zuständigen Eisenbahn-Bundesamt, der Eisenbahnunfalluntersuchungsstelle des Eisenbahn-Bundesamtes und von Eisenbahnverkehrsunternehmen beantwortet.

1. Für welche Bahnunternehmen sind das Amt für Arbeitsschutz und gegebenenfalls weitere Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg zuständig?

Das Amt für Arbeitsschutz ist für die Bahnunternehmen zuständig, die in Hamburg ihren Betriebssitz haben.

Für die übrigen Bahnunternehmen wie beispielsweise der Hamburger Hochbahn, der Altona-Kaltenkirchen-Neumünster Eisenbahn oder Hafenbahn liegen die Vollzugsaufgaben jeweils im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt beziehungsweise den Bezirksämtern sowie bei der Hamburg Port Authority.

Die Hamburger Hochbahn AG verfügt über eine Zulassung als Eisenbahnverkehrsunternehmen, führt aber derzeit keinen Eisenbahnbetrieb durch. Somit werden auch keine Lokführer und Lokführerinnen im Sinne dieser Anfrage beschäftigt und es werden auch keine Bahnhöfe im Sinne des Eisenbahnverkehrsrechts bedient. Die Ant worten zu den Fragen beziehen sich auf das von der Hamburger Hochbahn AG betriebene U-Bahn-System, welches jedoch nicht den rechtlichen Bestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, sondern der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen unterliegt.

Straßenbahnen: Hamburger Hochbahn AG (als U-Bahn)

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) ist die Technische Aufsichtsbehörde für die Hamburger Hochbahn AG im Sinne des § 54 Absatz 1 Personenbeförderungsgesetz und des § 5 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen. Der Abschnitt drei der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen regelt diejenigen Anforderungen an Betriebsbedienstete, die von der Technischen Aufsichtsbehörde überwacht werden. Die Überwachung der Einhaltung weiterer Gesetze, die ebenfalls für die HOCHBAHN gelten (Arbeitsschutzgesetz, Umweltschutzgesetze et cetera), erfolgt durch die jeweils zuständige Behörde.

2. Sind das Amt für Arbeitsschutz und gegebenenfalls weitere Behörden auch für die Kontrolle der Arbeitszeiten der Lokführer und Lokführerinnen der Bundesbahn und anderer Bahnunternehmen zuständig, die Hamburger Bahnhöfe ansteuern?

Nein.

3. Gibt es regelmäßige Überprüfungen, ob die Vorschriften für Bahnhöfe, die zum Beispiel schwer anzusteuern sind, von Lokführern und Lokführerinnen gelesen und geübt werden?

Wenn nein, warum nicht? Welche speziellen Vorschriften gelten für die Bahnhöfe im Hamburger Stadtgebiet? Wie gestaltet sich hierzu die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Hamburg, den Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Netzbetreiber?

Für alle Eisenbahnen:

Für Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeugführerinnen (heutige Bezeichnung von Lokführern und Lokführerinnen) gilt die Eisenbahnfahrzeug-Führerschein-Richtlinie VDV 753 beziehungsweise die Triebfahrzeugführerscheinverordnung. Die Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeugführerinnen müssen Streckenkunde haben. Der Eisenbahnverkehrsunternehmer muss das Personal regelmäßig mindestens einmal pro Jahr fortbilden. In regelmäßigen Abständen findet eine Erfolgskontrolle der Kenntnisse und Fertigkeiten der Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeugführerinnen sowie der Nachschulungsverpflichtung der Eisenbahnunternehmer durch das Eisenbahn-Bundesamt statt. Darüber hinaus werden stichprobenartig Kontrollen der Sicherheitsbescheinigung bei Begleitfahrten durchgeführt. Auch die für die Eisenbahninfrastruktur auf Hamburger Territorium zuständige Eisenbahnaufsichtsbehörde kontrolliert stichprobenartig die Führerscheinvoraussetzungen des Fahrpersonals.

Für die S-Bahn Hamburg: Ja. Es gelten die örtlichen Richtlinien für das Zugbegleitpersonal der S-Bahn Hamburg GmbH.

Für Straßenbahnen: Ja. Für die Zugfahrer sind Aufschreibungen zu führen, aus denen insbesondere ihre Tauglichkeit, Ausbildung, Ergebnisse von Prüfungen, Beaufsichtigungen, Unterweisungen und Nachschulungen ersichtlich sein müssen (§ 10 Absatz 5 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen). Zugfahrer sind nach ihrer Ausbildung in regelmäßigen Abständigen nachzuschulen (§ 12 Absatz 4 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen). Die HOCHBAHN schult ihre Zugfahrer einmal pro Jahr und schließt die Schulung mit einem schriftlichen Wissenstest ab. Die Ausbildung umfasst auch eventuelle örtliche Besonderheiten und den Erwerb der Streckenkenntnis für das gesamte U-Bahn-Netz. Die Signalisierung erfolgt im gesamten UBahn-Netz nach einheitlichen Grundsätzen, sodass sich für die Zugfahrer keine wesentlichen Unterschiede beim Ansteuern der einzelnen Haltestellen ergeben. Demzufolge gibt es auch keine haltestellenspezifischen Anweisungen.

Darüber hinaus liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor.

Im Übrigen siehe Antwort zu 7.

4. Sind dem Senat Verstöße gegen gesetzliche Arbeitszeitbestimmungen bekannt und wenn ja, welche gab und gibt es? Ist dem Senat bekannt, ob die Arbeitszeiten bei den in Hamburg ansässigen Bahnunternehmen dokumentiert werden ­ wenn ja, gibt es Auffälligkeiten und welche?

Ja. In den Jahren 2009 und 2010 wurde vom Amt für Arbeitsschutz ein Verstoß gegen gesetzliche Arbeitszeitregelungen in einem Hamburger Bahnunternehmen festgestellt.

S-Bahn Hamburg: Die Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S-Bahn werden dokumentiert.

Im Übrigen liegen dem Senat keine weiteren Erkenntnisse vor.

5. Wie hoch ist die Quote der Leiharbeitskräfte bei den ansässigen Eisenbahnverkehrsunternehmen?

Nach Angaben der Hamburger Hochbahn AG werden im U-Bahn-Betriebsdienst der Hamburger Hochbahn AG keine Leiharbeitskräfte eingesetzt. Bei der S-Bahn Hamburg erfolgt angabegemäß ebenfalls kein Einsatz von Leiharbeitskräften. Im Übrigen liegen dem Senat keine weiteren Angaben vor.

6. Sind dem Senat meldepflichtige Vorfälle bekannt, zum Beispiel das Überfahren von Haltesignalen?

Wenn ja, bitte die Fälle der letzten zehn Jahre angeben. Gibt es diesbezüglich einen Austausch mit beziehungsweise eine Informationsvermittlung durch das Eisenbahn-Bundesamt, sofern das Hamburger Stadtgebiet betroffen ist?

Wenn nein, warum nicht?

Nicht bundeseigene Eisenbahninfrastruktur auf Hamburger Gebiet:

Die Hamburger Aufsichtsbehörde führt seit dem Jahre 2006 eine Statistik der meldepflichtigen Vorgänge. Sämtliche meldepflichtigen Vorfälle haben sich bei Rangierfahrten auf Gütergleisen ereignet. Der Betriebsleiter der Hamburger Hochbahn meldet der Technischen Aufsichtsbehörde Vorkommnisse gemäß § 8 Absatz 4 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen. Das Überfahren von Haltesignalen ist nicht meldepflichtig. Unfälle, bei denen Menschen schwer verletzt oder getötet wurden, sind in der folgenden Statistik erfasst.