Integrationsfachkräften in den Jobcentern

Die Vorteile der zentralen Zuweisung:

Die Vorteile der zentralen Zuweisung werden von einigen Integrationsfachkräften in den Jobcentern und allen Gesprächspartnern im AGH-Center insbesondere in der deutlichen Verwaltungsvereinfachung für die Jobcenter gesehen. Einige Integrationsfachkräfte heben hervor, dass ohne das AGH-Center in den Jobcentern ein hoher zusätzlicher Verwaltungsaufwand geleistet werden müsste, wenn die gesamte Administration für die Arbeitsgelegenheiten in direktem Kontakt und in unmittelbarer Auseinandersetzung mit den einzelnen Trägern, inklusive Ausschreibung und Einkauf der Projekte, Abrechnung, Kontrolle und Intervention bei Problemen dort erbracht werden müsste. Sie sehen es als fraglich an, ob dieser zusätzliche Arbeitsaufwand von den Jobcentern zu bewältigen wäre, auch wenn das Personal aus dem AGH-Center in die Jobcenter anteilig rückübertragen würde.

Einige Integrationsfachkräfte in den Jobcentern äußern explizit, dass sie die durch die im AGH-Center geleistete Arbeit eingesparte Zeit gerne dazu nutzten, sich ihrer genuinen Aufgabe, der Arbeits- oder Ausbildungsvermittlung, intensiver zu widmen.

Außerdem würde nach Ansicht einiger Integrationsfachkräfte das AGH-Center für eine Verlässlichkeit der Zuweisung und Bereitstellung der AGH-Stellen sorgen, die bei einer Administration über die einzelnen Jobcenter in der Weise nicht gegeben wäre. Von einigen Integrationsfachkräften wird in diesem Zusammenhang sehr klar das Erfordernis einer gleichmäßigen Trägerauslastung für Hamburg als Ganzes gesehen, welches eine relativ schwierige Aufgabe darstelle, die aus der eingeschränkten Perspektive der einzelnen Jobcenter kaum zu leisten sei.

Einige Integrationsfachkräfte gehen zudem davon aus, dass das AGH-Center aufgrund seiner spezifischen Expertise und seines Gesamtüberblicks über das verfügbare Stellenportfolio eine ­ auch für den Kunden ­ passendere Stellenvermittlung bieten könne als noch so engagierte Integrationsfachkräfte, weil diese immer nur einen bestimmten Ausschnitt aus dem AGH-Angebot kennen könnten und somit möglicherweise nicht sehen könnten, ob es außerhalb ihres Sicht- und Erfahrungshorizontes noch geeignetere Stellen für ihren Kunden gäbe als jene, die sie aufgrund ihrer eingeschränkten Trägerkenntnis als am besten geeignet ansähen.

Diese Sicht stellt auch die im AGH-Center durchgängig geäußerte Auffassung dar. Man ist dort überzeugt, dass die Vermittlung in Arbeitsgelegenheiten durch das AGH-Center in einer Qualität geleistet würde, wie sie bei einer dezentralen Zuweisung nicht möglich wäre, weil man einen über einen viel besseren Überblick über das Gesamtstellenangebot der AGHTräger verfüge als in den Jobcentern.

Von den mit der zentralen Zuweisung einverstandenen Integrationsfachkräften wird die zeitliche Zäsur zwischen der Einbuchung des Intake-Termins und der definitiven Zuweisung durch das AGH-Center zudem als durchaus hilfreich angesehen. Sie räume den Kunden die Möglichkeit ein, sich auf diese relativ einschneidende Veränderung, die der Antritt einer Arbeitsgelegenheit bedeute, längerfristig vorbereiten zu können. Es würde in vielen Fällen den „Druck" aus der Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit nehmen, wenn man Kunden nicht verpflichten müsse, gleich am nächsten oder übernächsten Tag den Gang in das AGH-Center IAB/ISG ­ Evaluation von Beschäftigung schaffenden Maßnahmen nach § 16d und 16e SGB II in Hamburg anzutreten. Die Vereinbarung, sich erst in vier bis fünf Wochen dort melden zu müssen, könnte die Bereitschaft zur Einwilligung in eine Arbeitsgelegenheit auch erhöhen.

Die Nachteile der zentralen Zuweisung:

Einige der befragten Integrationsfachkräfte in den Jobcentern sehen nur Nachteile in der zentralen Steuerung über das AGH-Center. Als gravierendstes Problem wird bei dieser kritischen Sicht die Störung des Betreuungsprozesses durch die zusätzliche Einschaltung einer dritten, auch räumlich getrennten Instanz mit weiteren Gesprächspartnern gesehen. Dieses grundsätzliche Problem ließe sich auch durch eine sehr kurze Wartezeit bis zum IntakeGespräch nicht lösen, sondern nur mildern. Es widerspräche dem mit der Einführung des SGB II intendierten Prinzip der „Leistung aus einer Hand" und sei ungut für den Integrationsprozess, v.a. bei Fallmanagement-Kunden, wenn man für die Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit den Kunden zu einem Dritten übermitteln müsse. Denn der oder die Dritte brächte eine andere Auffassung und Vorgehensweise sowie andere Wertvorstellungen ein, ginge von anderen Voraussetzungen und anderen Kenntnissen über die Kunden aus als der/die Hauptbetreuer/in im Jobcenter. Im AGH-Center könnten sich die Vermittler/innen nur kurz mit den Kunden befassen, während man im Jobcenter einen kontinuierlichen Betreuungsprozess aufbaue. Jede zusätzliche zeitliche Zäsur und Einschaltung einer weiteren Stelle würde bei Kunden/innen mit komplexen Profillagen das Risiko deutlich erhöhen, eine Stelle letztendlich doch nicht, wie im Gespräch mit der Integrationsfachkraft besprochen und eingewilligt, antreten zu wollen. Die Unterbrechung des Betreuungsprozesses durch das AGH-Center sei in diesen Fällen eindeutig negativ zu betrachten. In dieser zeitlichen und personellen sowie institutionellen Zäsur wird bei dieser Auffassung eine grundlegende Quelle für den zusätzlichen, aber vermeidbaren Verlust im Zuweisungsprozess gesehen.

Eine differenzierte Variante diese Auffassung sieht dieses Problem nicht auf alle SGB-IIKunden gleichermaßen zutreffend an, sondern nur für psychisch labile und im Grunde mit der Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit nicht einverstandene Kunden. Für die nicht näher quantifizierte Gruppe der unproblematischen und motivierten Klientel sei die Einschaltung des AGH-Centers kein Problem.

Im Kontext dieser kritischen Haltungen zur aktuellen Praxis des AGH-Centers wird ebenfalls betont, dass man den Kontakt zu den Trägern lieber vor Ort, mit speziellen hierfür zuständigen Ansprechpartnern im Jobcenter hätte. Man verspricht sich von einem kürzeren Draht zu den Trägern, individuelle Probleme der Kunden viel einfacher und effizienter lösen zu können als über den „großen Apparat" des AGH-Center.

Beklagt wird bei dieser Auffassung ebenfalls, dass es zwischen den Jobcentern und dem AGH-Center praktisch keinen Austausch gäbe und seitens des AGH-Center nichts unternommen würde, das Kommunikations- und Schnittstellenproblem zu lösen. In einigen Fällen wird die Kommunikation zwischen AGH-Center und Jobcenter als verbesserungswürdig bezeichnet. Es käme immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Integrationsfachkräften und dem AGH-Center über den sinnvollen Einsatz einer Arbeitsgelegenheit für einen Kunden.

IAB/ISG ­ Evaluation von Beschäftigung schaffenden Maßnahmen nach § 16d und 16e SGB II in Hamburg

Eine grundlegendere Kritik des Modells der zentralen Zuweisung argumentiert historisch:

Das AGH-Center sei in einer Zeit geschaffen worden, als man in den Jobcentern selbst noch kaum über Erfahrungen mit Arbeitsgelegenheiten verfügte und sich noch nicht sicher war, was man aus arbeitsmarktpolitischer Perspektive überhaupt von diesem mit dem SGB II neu eingeführten Instrument zu halten habe. Deswegen sei natürlich die Performance in den Jobcentern ­ aber auch bei den Trägern ­ anfänglich sehr schlecht und nachvollziehbar gewesen, dass man diese Aufgabe den Jobcentern aus der Hand genommen habe. Seit geraumer Zeit stünde man aber den Arbeitsgelegenheiten in den Jobcentern eindeutig positiv gegenüber, hielte sie durchgängig für ein wichtiges und wertvolles Instrument des SGB II und hätte weitreichende Erfahrungen damit erworben. Aus diesem Grund sei das AGHCenter jetzt nicht mehr erforderlich.

Allerdings wird auch bei der kritischen Haltung das Problem gesehen, dass durch die hohe Personalfluktuation und die vielen Quereinsteiger in den Jobcentern nicht hinreichend qualifizierte Integrationsfachkräfte zur Verfügung stünden, um die präferierte Vermittlung aus einer Hand durch die Jobcenter flächendeckend kompetent gewährleisten zu können. Hierfür sei eine bessere Personalausstattung erforderlich als derzeit gegeben. Denn die Gewährleistung der gewünschten direkten Vermittlung in AGH auf hinreichendem Niveau hinge stark vom Engagement und der Kompetenz der einzelnen Integrationsfachkräfte ab, und diese sei zugegebenermaßen sehr unterschiedlich. Die große Personalfluktuation in den Jobcentern habe der Qualität der Integrationsfachkräfte sehr geschadet. Diese müsse erst allmählich wieder aufgebaut werden. Aus diesem Grund sei es angesichts der aktuellen schlechten Personalsituation hilfreich, wenn die Integrationsfachkräfte in den Jobcentern durch die Tätigkeit des AGH-Centers entlastet würden und sie sich stärker auf die „Arbeit am Menschen" konzentrieren könnten.

Die Bewertung der Wartezeit durch die Integrationsfachkräfte fällt unterschiedlich aus. Einige halten die Wartezeit, soweit sie zwei Wochen nicht übersteigt, für in der Regel unproblematisch. Andere halten, wie erwähnt, auch eine noch längere Wartezeit für eher hilfreich, weil sie die den Kunden die Möglichkeit böte, sich auf die Zuweisung innerlich und/oder praktisch vorzubereiten oder sogar nun die Initiative zu ergreifen, sich selbst um eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle zu bemühen. Insgesamt wird ­ soweit es nur um eine Bewertung der Wartezeit geht ­ eine Dauer von knapp zwei Wochen als tolerabel angesehen. Das bedeutet, dass die Dauer an sich in der Regel nicht als das wesentliche Problem gesehen wird, sondern wenn, dann die Tatsache, dass das AGH-Center überhaupt eingeschaltet werden muss.

In jedem Fall positiv sei jedoch, dass einzelne (große) Träger nun keinen Druck mehr auf das jeweilige Jobcenter hinsichtlich der Besetzung „ihrer" Kontingente ausüben könnten.

Die geschilderte kritische Auffassung einiger Integrationsfachkräfte über das grundsätzliche Problem der Einschaltung einer weiteren Vermittlungsinstanz wird von den Vermittler/innen im AGH-Center nicht geteilt. Es gäbe aus ihrer Sicht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit besser oder verlustfreier funktionierte, wenn sie direkt im Jobcenter vorgenommen würde. Die ­ aus Sicht des AGH-Centers wenigen ­ Kunden, die sich einer Zuweisung entziehen wollten, würden dies dann nicht bei Intake-Termin.