Soziale Schieflage im Taxengewerbe

In Hamburg fahren gegenwärtig 3.482 zugelassene Taxen, etwas weniger als in den vergangenen Jahren. Trotzdem klagen Angestellte aus verschiedenen Gründen sowie Taxen-Unternehmer/-innen über geringere Einnahmen.

Auch wenn im Zwischenbericht des Gutachtens über die wirtschaftliche Lage im Taxigewerbe von Linne + Krause über die wirtschaftliche Lage des Hamburger Taxengewerbes auf die Steigerungen von Erlösen und Auslastungen verwiesen wird, sind die Zuwächse so gering, dass sie die allgemeinen Teuerungen sowie die Inflation nicht ausgleichen können.

Die Anzahl der Taxen ist nach Einschätzung der Verbände zu hoch, sodass zu viele Standzeiten entstehen. Einig sind sich die Verbände in der Kritik an der sogenannten Karenzminute (verkehrsbedingte Wartezeit von der ersten bis zur 60 Sekunde bei zum Beispiel Stau, Stop and Go, rote Ampeln während ein Taxi eine Person befördert), deren Abschaffung zu von den Taxenunternehmen prognostizierten höheren Einnahmen führen würde. Fahrer/-innen fordern ein gesichertes Grundeinkommen, gerade kleinere Taxenunternehmen kämpfen ums Überleben.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Nach welchen Kriterien entscheidet der Senat über die Anzahl der zugelassenen Taxen?

Der Senat entscheidet nicht über die Anzahl der zugelassenen Taxen. Genehmigungen für den Taxenverkehr werden nach §§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 9 fortfolgende des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) von der zuständigen Behörde erteilt.

Zu den Voraussetzungen siehe §§ 13 Absatz 1, 26 Nummer 2 PBefG.

2. Wie beurteilt der Senat die Auslastungen und die damit einhergehende Wirtschaftlichkeit der Taxen?

Nach den Ergebnissen des Gutachtens zur wirtschaftlichen Lage des Taxengewerbes in Hamburg betrugen im Jahr 2010 die durchschnittlichen Besetztkilometer der Taxen 46,8 Prozent, die restlichen 53,2 Prozent wurden ohne Fahrgast gefahren. Eine Taxe war zeitlich zu durchschnittlich 27,4 Prozent mit einem Fahrgast besetzt (Besetztzeit).

Die Besetztzeit hängt jedoch erheblich von der unternehmerischen Betriebsform ab; für eine Taxe mit Funkanschluss betrug diese im Durchschnitt 29,5 Prozent, für eine Taxe ohne Funkanschluss 21,8 Prozent. Der wirtschaftliche Einsatz von Taxen hängt maßgeblich von der Reaktion auf die jeweilige Nachfrage und der Attraktivität von

Taxen für die Kunden ab. Während sich ein großer Anteil von Taxenunternehmern insofern marktgerecht verhält, wären bei den Übrigen Verbesserungen des nachfragegerechten Verhaltens wünschenswert. Zu bestimmten Tageszeiten kommt es immer wieder zu ­ nicht durch die Nachfrage gerechtfertigten ­ übermäßigen Konzentrationen von Taxen an einigen bekannten Orten, während gleichzeitig in anderen Gegenden Fahrgäste mangels Vorhandenseins von (Funk-)Taxen nicht bedient werden können. Im Übrigen siehe Drs. 20/1103.

3. Wie erklärt sich die Differenz im Zeittarif ab der 61. Sekunde?

Das Wartegeld von 25 Euro pro Stunde wird nur erhoben, wenn die Stillstandszeit, die während der Inanspruchnahme der Taxe entsteht, länger als 60 Sekunden dauert, und nur für den Teil dieser Stillstandszeit, der über 60 Sekunden hinausgeht. Diese Regelung in § 2 Absatz 4 der Taxenordnung berücksichtigt, dass Wartezeiten, die über eine Minute hinausgehen, überwiegend von den Kunden veranlasst sind, sodass der Preisaufschlag durch das Wartegeld gerechtfertigt ist. Kürzere Stillstandszeiten sind hingegen überwiegend verkehrsbedingt und von den Kunden nicht zu beeinflussen.

Insbesondere spricht die mangelnde Planbarkeit des Tarifs aus Kundensicht gegen die Einführung der Entgeltpflicht für alle Wartezeiten. Zu erstreben ist ein Tarif, bei dem für gleiche Strecken gleiche Entgelte erhoben werden und der damit für die Kunden transparent ist. Verkehrsbedingte Wartezeiten werden im Übrigen in keinem anderen verkehrsbezogenen Gewerbe vergütet. Weder im Omnibus-, Eisenbahn-, Straßenbahn- oder Untergrundbahn-Verkehr noch im Güterkraftverkehr, geschweige denn im Luft- oder Schiffsverkehr, wird von den Kunden für verkehrsbedingte Wartezeiten ein zusätzliches Entgelt erhoben. Eine Entgeltpflicht für Wartezeiten im Taxenverkehr stellt somit auch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Verkehrsformen dar.

Ein Taxentarif, der eine in einem gewissen Umfang unentgeltliche Wartezeit vorsieht, existiert nicht nur in Hamburg. Nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde gibt es entsprechende Regelungen beispielsweise in Berlin, Braunschweig, Erfurt, Goslar, Kassel, Kiel, Oldenburg (Oldb), im Landkreis Cloppenburg und im Kreis RendsburgEckernförde.

4. Inwiefern fließen die Erkenntnisse über die Auslastungen bei Taxen in die Kriterien zur Bestimmung der Konzessionsanzahl mit ein?

Beim Verkehr mit Taxen ist die Genehmigung gemäß § 13 Absatz 4 PBefG zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Beobachtungszeitraum eingeschaltet werden, der die Entscheidung über die Erteilung neuer Genehmigungen für die Dauer von bis zu einem Jahr aussetzt. Ein solcher sogenannter Konzessionsstopp stellt im Sinne der „Drei-Stufen-Theorie" des Bundesverfassungsgerichts als objektive Berufszugangsregelung den schwersten Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes dar, weshalb die Annahme, die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes sei bedroht, von Verfassungswegen nur unter Anlegung strengster Maßstäbe getroffen werden kann.

In Hamburg liegen die Voraussetzungen nicht vor: Hingegen würde es dem Hamburger Taxenverkehrsmarkt schaden, die Zahl der Genehmigungen jetzt (allein zu Gunsten der aktuellen Genehmigungsinhaber) auf eine fixe Zahl zu beschränken. Die Begrenzung des Marktzutritts ist ein Instrument, das tatsächlich nur bei steigender Nachfrage greift, indem eine Überhitzung des Marktes durch den massenhaften Auftritt neuer Anbieter verhindert werden kann. In Zeiten stagnierender oder sinkender Nachfrage vereitelt ein „Konzessionsstopp" die wirtschaftlich gebotene Reduzierung der Taxenanzahl, weil Genehmigungen dann nicht zurückgegeben, sondern verkauft werden. Folglich weisen deutsche Großstädte, in denen ein „Konzessionsstopp" besteht, eine in Relation zur Einwohnerzahl wesentlich höhere Taxendichte auf als Hamburg (siehe Drs. 18/767).

Nach den Erfahrungen in anderen Städten führt ein „Konzessionsstopp" zum regelmäßigen Handel mit Genehmigungen zum Taxenverkehr. Für die Inhaber von Genehmigungen tritt damit das Interesse an einer Veräußerung ihrer Konzession zu möglichst hohen Preisen an die Stelle des unternehmerischen Interesses am Taxenverkehr. Die Erwerber von Genehmigungen müssen dagegen hohe Beträge aufwenden, um überhaupt Zugang zum Taxenverkehrsmarkt zu erlangen, was die Innovationsfähigkeit beeinträchtigt. Umgekehrt trägt die Erteilung von Genehmigungen an neue Unternehmen, die leistungsfähig und zuverlässig sind, zu einer Weiterentwicklung des Angebots bei.

Im Übrigen siehe Drs. 20/1103.

5. Wie haben sich die Taxentarife in den letzten fünf Jahren entwickelt? Bitte nominal und prozentual auflisten.

6. Was sind die Datengrundlagen hinsichtlich der Berechnung von Tarifsteigerungen?

Gemeinsam mit den Vertretungen des Taxengewerbes wird von der zuständigen Behörde jährlich die gewerbespezifische Kostenentwicklung ermittelt.