Regelmäßig gibt es Presseberichte darüber dass minderjährige Jugendliche zu Nachtzeiten von der Polizei aufgesammelt werden

Kinder und Jugendliche zu Nachtzeiten in Hamburg unterwegs ­ wie wird die Fürsorge- und Erziehungspflicht kontrolliert?

Regelmäßig gibt es Presseberichte darüber, dass minderjährige Jugendliche zu Nachtzeiten von der Polizei aufgesammelt werden. Gegenüber Jugendlichen in diesem Alter besteht jedoch eine Fürsorge- und Erziehungspflicht, der in der Regel die Eltern nachzukommen haben. Nach § 1626 Absatz 1 BGB haben Eltern das Recht, aber auch die Pflicht, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Diese elterliche Sorge umfasst insbesondere auch die Beaufsichtigung minderjähriger Kinder und die Bestimmung ihres Aufenthaltsortes. Auch bestehen gesetzliche Aufenthaltsbeschränkungen. So ist der Besuch von Diskotheken Minderjährigen erst ab 16 Jahren und nur bis 24 Uhr erlaubt, der Besuch von Nachtbars oder -clubs gar nicht.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Wird das Alter von Jugendlichen, die sich nachts ohne Aufsicht im öffentlichen Raum in Hamburg aufhalten, kontrolliert?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja,

a. durch wen werden die Kontrollen veranlasst und vorgenommen?

Ja. Polizeivollzugsbeamte treffen im Rahmen von Maßnahmen der Gefahrenabwehr beziehungsweise bei Verdacht von Straftaten entsprechende Feststellungen. Sie sind auch einer der Aufgabenschwerpunkte der Jugendschutzdienststellen der Polizei.

Im Rahmen ihrer Einsatzplanung führen die Beamtinnen und Beamten der Jugendschutzdienststellen regelhaft an Wochenenden Kontrollen durch.

b. Wie viele derartige Kontrollen wurden in den Jahren seit 2006 und in der ersten Jahreshälfte 2011 vorgenommen (bitte jahresbezogene Angaben)?

c. Wie viele Fälle von Verstößen im Sinne des § 1626 Absatz 1 BGB wurden in den Jahren seit 2006 und in der ersten Jahreshälfte 2011 dabei festgestellt (bitte jahresbezogene Angaben)?

Die erfragten Daten werden von der Polizei statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung wäre eine einzelfallbezogene Auswertung aller infrage kommenden Vorgänge erforderlich, was in der für die zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit dem vorhandenen Personal nicht möglich ist, da es sich dabei allein für das Jahr 2010 um eine sechsstellige Anzahl von Vorgängen handelt.

d. Welche Konsequenzen hat es, wenn eine Kontrolle das Vernachlässigen der Fürsorge- und Erziehungspflicht durch die Eltern nahelegt?

Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles erhalten bei einer möglichen Vernachlässigung der Fürsorge- und Erziehungspflichten die zuständigen Stellen der Bezirksämter wie der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) oder das Familieninterventionsteam (FIT) durch die Polizei Kenntnis von dem Sachverhalt. Sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, sind auch die Ingewahrsamnahme des Jugendlichen gemäß § 13 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) Hamburg und eine anschließende Übergabe an den Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) möglich.

Jede Polizeimeldung wird in der zuständigen ASD-Abteilung beziehungsweise vom FIT auf Handlungserfordernisse überprüft, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer weiteren Bearbeitung als Gefährdungsmeldung im Rahmen des § 8a SGB VIII und der Notwendigkeit eines sofortigen Hausbesuchs. Der ASD bestätigt den Eingang der Polizeimeldung mit einer elektronischen Rückmeldung. Dabei wird der Polizei die zuständige ASD-Abteilung, Name und Telefonnummer der ASD-Fachkraft zur weiteren Kommunikation mitgeteilt.

2. In Gaststätten und bei öffentlichen Tanzveranstaltungen (zum Beispiel in Diskotheken) gelten Alters- und zeitliche Aufenthaltsbeschränkungen.

Werden diese kontrolliert?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja,

a. durch wen werden die Kontrollen veranlasst und vorgenommen?

Die Jugendschutzdienststellen der Polizei führen regelmäßig entsprechende Kontrollen durch. Darüber hinaus kann im Einzelfall jeder Polizeibeamte bei entsprechenden Einsatzanlässen derartige Kontrollen durchführen. Anlassbezogen, zum Beispiel bei Hinweisen und Beschwerden, werden auch Kontrollen durch die bezirklichen Fachämter Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt durchgeführt. Ausführende Personen sind die Lebensmittel- und Gewerbekontrolleure.

Außerdem wird im Rahmen von Abendkontrollen zum Beispiel im Bereich der Lebensmittelüberwachung auch auf die Einhaltung des Jugendschutzes geachtet.

b. Wie viele derartige Kontrollen wurden in den Jahren seit 2006 und in der ersten Jahreshälfte 2011 vorgenommen (bitte jahresbezogene Angaben)?

c. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden seit 2006 und in der ersten Jahreshälfte 2011 jeweils in Gaststätten und bei öffentlichen Tanzveranstaltungen aufgegriffen, weil gegen Alters- beziehungsweise Aufenthaltsbeschränkungen verstoßen wurde?

Die erfragten Daten werden statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung wäre eine einzelfallbezogene Auswertung aller infrage kommenden Vorgänge erforderlich, was in der für die zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit dem vorhandenen Personal nicht möglich ist, da es sich dabei allein für das Jahr 2010 um eine fünfstellige Anzahl von Vorgängen handelt.

d. Welche Konsequenzen hat ein Verstoß gegen diese Beschränkungen für die Eltern und für den Gastwirt beziehungsweise Veranstalter?

Wer als Veranstalter oder Gewerbetreibender einem Kind oder Jugendlichen verbotswidrig den Aufenthalt in einer Gaststätte oder bei einer Tanzveranstaltung gestattet, begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 28 Jugendschutzgesetz (JuSchG). Bei entsprechenden Feststellungen werden Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. In besonders schwerwiegenden Fällen kann im Einzelfall auch ein Strafverfahren eingeleitet werden. Darüber hinaus erhält das Fachamt für Verbraucherschutz des zuständigen Bezirksamts Kenntnis. Bei Verletzungen der Fürsorge- und Erziehungspflichten erhalten die zuständigen Stellen der Bezirksämter wie der ASD oder das FIT Kenntnis von dem Sachverhalt.

Die Reaktionsweisen des ASD gegenüber den Sorgeberechtigten werden dem jeweiligen Einzelfall angemessen gestaltet und können daher die gesamte Beratungs- und Hilfepalette sowie ein Antrag beim Familiengericht auf Einschränkung der elterlichen Sorge sein.