Fördert die Schulbehörde Schwarzarbeit und Sozialversicherungsbetrug?

In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 20/1554) erklärt der Senat, er wolle an der Praxis der Honorarverträge festhalten und diese sogar noch ausweiten. Damit soll offenbar die versprochene „Nachhilfe für alle" und Ausweitung der Ganztagsschulen auf billige Art finanziert werden.

Gleichzeitig wollen Senat und Schulbehörde die Honorarverträge „seriös" gestalten.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. In der Antwort auf die SKA der Fraktion DIE LINKE heißt es: „Eine zentrale Erfassung der durch die Schulen abzuschließenden Honorarverträge erfolgt nicht".

Welche Daten von Honorarverträgen und Honorarkräften werden in den Schulen, der Schulbehörde und an anderer Stelle in welcher Form erfasst? Bitte genau darstellen.

Honorarverträge sind mit allen zugehörigen Vertragsdaten (siehe Drs. 20/1554) von den Schulen abzuschließen und dort aufzubewahren. Darüber hinaus sind die Schulen gehalten, bei jährlichen Zahlungen von mehr als 1.500 Euro an eine Honorarkraft bis zum 30. April des Folgejahres eine Meldung an das zuständige Finanzamt Barmbek-Uhlenhorst abzugeben. Die Honorarabrechnungen werden nach Prüfung durch die Schule an die rechnungssachbearbeitende Stelle der für Bildung zuständigen Behörde zur Zahlbarmachung übersandt. Dort wird jeder Zahlungsempfänger als Kreditor mit den üblichen Stammdaten (Bankverbindung, Anschrift) erfasst.

Eine darüber hinausgehende umfassende zentrale Erfassung der Vertragsabschlüsse und Vertragsinhalte erfolgt nicht.

2. In welchem finanziellen Umfang haben die Schulen in den letzten fünf Jahren Honorarkräfte beschäftigt?

Im Selbstbewirtschaftungsfonds Schulen wurden auf dem SAP-Sachkonto „Honorare, Entgelte für Dienstleistungen" in den Jahren 2006 bis 2010 Ausgaben in folgender Höhe (in Euro) gebucht:

3. Wie viele Lehrerstellen beziehungsweise Vollzeitäquivalente entsprechen diesem finanziellen Umfang? Bitte für die letzten fünf Jahre darstellen.

(Umrechnung der Gesamtausgaben aus 2. auf der Grundlage eines Budget-Personalkostenwerts von 66.300 Euro je Lehrerstelle A 13)

a. Aus welchem Haushaltstitel werden Honorarkräfte bezahlt?

Die Veranschlagung der Honorarmittel erfolgt bei den Haushaltstiteln 3100 bis 3140.429.78 „Personalausgaben". Die Bewirtschaftung dieser Mittel erfolgt zusammen mit anderen Haushaltsmitteln gemäß Artikel 17 Haushaltsbeschluss im Selbstbewirtschaftungsfonds Schulen. Da die Mittel im Selbstbewirtschaftungsfonds untereinander deckungsfähig sind, können die Schulen den Mitteleinsatz flexibel gestalten.

4. Vor über zehn Jahren wurde unter einem SPD/GAL-Senat unter der schönen Bezeichnung „Kompetenz plus" mit der Umwandlung von Lehrerstellen in Honorarmittel begonnen.

Werden daran der Gesamtpersonalrat und die Schulpersonalräte beteiligt?

a. Wenn ja, in welcher Form?

b. Wenn nein, warum nicht?

Entsprechend den Verfahrensregeln zur „Richtlinie Kompetenz Plus" hat die Schulleitung die Grundsätze, nach denen Aufgabenbereiche durch Honorarzahlung in einer Schule organisiert werden, gegenüber der Schulkonferenz und der Lehrerkonferenz, zu der auch die im Schulpersonalrat befindlichen Lehrkräfte gehören, offenzulegen und zu vertreten. Die Entscheidung der Schulleitung, Stellen zu sperren und im Rahmen von „Kompetenz Plus" in Geld umzuwandeln, unterliegt nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz allerdings nicht der Mitbestimmung durch die Schulpersonalräte beziehungsweise den Gesamtpersonalrat.

5. Werden die Personalräte an Schulen bei der Einstellung von Lehrkräften beteiligt oder zumindest informiert?

a. Wenn ja, in welcher Form?

b. Wenn nein, warum nicht?

6. Wer entscheidet darüber, ob die Personalräte beteiligt oder zumindest informiert werden?

Die Einstellung von Lehrkräften, das heißt die Eingliederung einer angestellten oder verbeamteten Lehrkraft in den Dienstbetrieb im Sinne von § 87 Absatz 1 Nummer 2

Hamburgisches Personalvertretungsgesetz unterliegt stets der Mitbestimmung durch die Schulpersonalräte.

7. In Niedersachsen ist auch im Rahmen von Kooperationsverträgen von Schulen mit Privaten, Vereinen und Ähnlichem überprüft worden, ob die von Privaten, Vereinen und Ähnlichem an Schulen entsandten Kräfte sozialversicherungspflichtig sind.

In welchem Umfang sind Private, Vereine und Ähnliche an Schulen tätig?

In welchem Umfang entsenden diese Private, Vereine und Ähnliche Honorarkräfte?

Die von den Schulen geschlossenen Kooperationsverträge werden nicht zentral erfasst. Eine Abfrage bei den Schulen sowie eine Qualitätssicherung durch die zuständige Behörde waren in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit insbesondere aufgrund der Schulferien nicht möglich.

8. Am 27. Januar 2011 hat die Staatsanwaltschaft im Niedersächsischen Kultusministerium eine Razzia wegen des Verdachts des Sozialversicherungsbetrugs durchgeführt. Einen Tag später, am 28. Januar 2011, hat der Abgeordnete Rabe eine Schriftliche Kleine Anfrage zu „Honorarkräften an Hamburger Schulen" an den Senat gerichtet. Auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage „Fördert die Schulbehörde Schwarzarbeit und Sozialversicherungsbetrug?" antwortet der Senat (zu Frage 2 der Schriftlichen Kleinen Anfrage): „Der zuständigen Behörde liegen keine über die Pressemitteilungen hinausgehenden Erkenntnisse über die Honorarverträge in Niedersachsen vor."

Warum haben sich weder die Schulbehörde noch der Schulsenator Ties Rabe um „über die Pressemitteilungen hinausgehende Erkenntnisse über die Honorarverträge in Niedersachsen" bemüht?

Die zuständige Behörde steht in Kontakt mit dem Niedersächsischen Kultusministerium. Die Prüfungen der Staatsanwaltschaft Hannover dauern jedoch noch an. Insoweit konnten noch keine über die Pressemitteilungen hinausgehenden Erkenntnisse aus den dortigen Ermittlungen gezogen werden.

9. In der Antwort zur Frage 3 der SKA heißt es: „Freiberufliche Dienstverträge (Honorarverträge) können abgeschlossen werden, wenn es sich bei der auszuübenden Aufgabe um eine im großen Maße eigenverantwortlich und eigenständig zu erbringende Tätigkeit handelt." Erfüllen die in Anlage 3 der SKA genannten Honorarverträge diesen Sachverhalt?

Ob es sich um eine „im großen Maße eigenverantwortliche und eigenständig zu erbringende Tätigkeit" handelt, ist eine Frage der umfassenden Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls. Alle in der Anlage 3 der Drs. 20/1554 genannten Schulen sind von der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung betroffen, sodass zurzeit die Ergebnisse dieser Prüfung abgewartet werden.

10. In der Antwort auf Frage 7 der Schriftlichen Kleinen Anfrage der LINKEN heißt es, dass es in zwei Fällen zu gerichtlichen Verfahren gekommen sei. „In einem Fall hat eine über einen Honorarvertrag eingestellte Person im Wege eines gerichtlichen Vergleichs einen unbefristeten Angestelltenvertrag erhalten. Der zweite Fall ist noch nicht abgeschlossen."

Um was für eine Tätigkeit handelte es sich bei der Honorarkraft, die eingestellt werden musste? Um was für eine bei dem noch anhängigen Verfahren?

In dem mit einem gerichtlichen Vergleich abgeschlossenen Fall wurde die Honorarkraft im Regelunterricht eingesetzt. In dem noch anhängigen Verfahren erfolgte der Einsatz als Musiklehrkraft im Rahmen der Freizeitgestaltung an Schule.

11. In der Antwort auf Frage 13 der Schriftlichen Kleinen Anfrage der LINKEN hießt es: „Im Übrigen wurde ein unabhängiger Spezialist für Arbeitsrecht gebeten, die bestehenden Regularien auch in Hinblick auf eine verbesserte Handhabbarkeit für Schulleitungen zu überprüfen." Der Presse ist zu entnehmen, dass die Schulbehörde dazu eine Rechtsanwaltskanzlei engagiert hat.

Um was für eine Rechtsanwaltskanzlei handelt es sich? Bitte nennen.

Was ist der genaue Auftrag für die Rechtsanwaltskanzlei? Bitte ausführen.

Bis wann soll die Rechtsanwaltskanzlei ihren Auftrag erfüllt haben?

Wie hoch ist das Honorar für die Rechtsanwaltskanzlei?

Verfügte die Schulbehörde bis dato in unzureichendem Maße über Spezialkenntnisse in Arbeitsrecht?

a. Wenn nein, bitte begründen.

b. Wenn ja, warum wird dann eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt?

Die zuständige Behörde hat die Kanzlei Jacobsen und Confurius in dieser Sache mit der Bitte um arbeitsrechtliche Beratung mandatiert. Die Kanzlei soll insbesondere die bisherigen Vertragsmuster prüfen und gegebenenfalls Änderungen vorschlagen. Das Mandat ist zeitlich nicht begrenzt, mit einer Erledigung bis Jahresende ist zu rechnen.

Die Beratungsleistung wird nach Aufwand abgerechnet, bis zum 5.Oktober 2011 sind Kosten in Höhe von 5.125 Euro netto angefallen.

Auch in hinreichend mit eigener rechtlicher Expertise ausgestatteten Unternehmen und Behörden ist es Praxis, zu besonderen Fragestellungen im Wege der Qualitätssicherung außenstehende Beratung einzuholen.

12. Was versteht der Senat unter „seriösen" Honorarverträgen an Schulen?

Seriöse Honorarverträge sind für die zuständige Behörde Honorarverträge, die den rechtlichen Vorgaben entsprechen.

13. Mit welchen Nachzahlungen in die Sozialkassen rechnet die Schulbehörde?

Da die Prüfung der Deutschen Rentenversicherung noch am Anfang steht, hat die zuständige Behörde derzeit keine Anhaltspunkte über die Höhe von möglicherweise später zu entrichtenden Nachzahlungen.

14. Schulsenator Ties Rabe soll eine sogenannte „Task Force" eingerichtet haben.

Wer gehört dieser „Task Force" an und warum?

Was ist der genaue Auftrag der „Task Force"?

Die Task Force, die durch den Justiziar der zuständigen Behörde geleitet wird, kann bei Bedarf auf bis zu vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde zugreifen. Die Auswahl der Leitung und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgte nach Eignung und Verfügbarkeit. Die Task Force soll insbesondere die Personalabteilung im stark gestiegenen Beratungsgeschäft der Schulen entlasten und gemeinsam mit der oben genannten Anwaltskanzlei Rahmenbedingungen für laufende und künftige Honorarverträge bestimmen.