Minderjährige Alkoholtestkäufer

Laut aktuellen Presseberichten befürwortet Frau Senatorin Prüfer-Storcks den Einsatz jugendlicher Alkoholtestkäufer. Vorbild hierfür seien Testkäufe, die in Niedersachsen und Rheinland-Pflanz durchgeführt wurden. Obwohl die Senatorin rechtliche Bedenken einräumte, wird laut Medienberichten zurzeit ein Konzept erarbeitet.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, welchen Einfluss die Durchführung der Testkäufe auf die Einhaltung des Jugendschutzes in Niedersachen und Rheinland-Pfalz hatte?

Wenn ja, wie viele Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz gab es vor und nach dem Einsatz von minderjährigen Testkäufern in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz?

Die Gesamtzahl der Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz (JuSchG) können nur geschätzt werden, es ist von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer auszugehen. Die Zahl der festgestellten Verstöße gegen § 9 JuSchG wird in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen auf Landesebene nicht statistisch erfasst. Niedersachsen erfasst aber die Ergebnisse der seit 2008 durchgeführten Testkäufe statistisch. Demnach wurden im

4. Quartal 2008 bei 151 von 277 durchgeführten Testkäufen Verstöße festgestellt. Im

4. Quartal 2010 waren es 270 von 773. Das entspricht einem Rückgang von 54 Prozent auf 35 Prozent.

Inwiefern hat sich der Alkoholkonsum Minderjähriger in den genannten Bundesländern nach der Durchführung der Testkäufe im Vergleich verändert?

Niedersachsen und Rheinland-Pfalz führen keine länderspezifischen Erhebungen zum Alkoholkonsum Minderjähriger durch. Die Anzahl von in Rheinland-Pfalz wohnhaften Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 15 Jahren, die mit einer akuten Alkoholintoxikation vollstationär in einem Krankenhaus behandelt worden sind, ist laut Statistischem Bundesamt seit dem Jahr 2008 (235 Fälle) gesunken (2009: 198 Fälle).

In Niedersachsen wurden im Jahr 2008 450 Fälle verzeichnet, im Jahr 2009 447

(Quelle: Statisches Bundesamt (Destatis), Krankenhausdiagnosestatistik, Wiesbaden 2011). Für 2010 liegen noch keine statistischen Daten vor. Ob die dargestellten Veränderungen im Zusammenhang mit durchgeführten Testkäufen stehen, ist der zuständigen Behörde nicht bekannt.

In welcher Form werden die jugendlichen Testkäufer in Niedersachen und Rheinland-Pfalz vor, während und nach der Durchführung der Testkäufe pädagogisch begleitet?

Wenn nein, warum hat der Senat keine Anstrengungen unternommen, sich entsprechende Informationen aus anderen Bundesländern einzuholen?

In Niedersachsen ist die Durchführung von Testkäufen in einem Runderlass geregelt.

Vor dem ersten Einsatz erhalten die Jugendlichen eine Schulung. Während des Einsatzes werden die Jugendlichen durch geschultes Personal der Polizei beziehungsweise der Ordnungsämter begleitet. Nach erfolgtem Einsatz erfolgt durch das begleitende Personal eine Nachbereitung.

Die Handlungsempfehlungen des zuständigen Landesministeriums in Rheinland-Pfalz sehen vor, dass eine sorgfältige Auswahl und Aufklärung sowie eine angemessene pädagogische Vorbereitung der beziehungsweise des Minderjährigen vor dem ersten Einsatz als Testperson zu gewährleisten ist. Die Testperson darf nicht eingesetzt werden, wenn Gespräche mit der beziehungsweise dem Jugendlichen zu dem Ergebnis führen, dass der Einsatz als Testkäufer für die Entwicklung nicht förderlich sein kann.

Weiter wird in der Regelung empfohlen, den Testkauf in einem Gespräch mit der beziehungsweise dem Minderjährigen pädagogisch nachzubereiten. Ein weiterer Einsatz als minderjährige Testperson kommt nicht in Betracht, falls pädagogische Aspekte dies nahelegen.

Informationen zur konkreten Umsetzung dieser Vorgaben liegen nur aus ausgewählten Städten vor. Dort werden die dargelegten Handlungsvorgaben umgesetzt.

2. Bis wann wird die Behörde ein eigenes Konzept für jugendliche Alkoholtestkäufer vorlegen und inwieweit wird die Bürgerschaft damit befasst?

Die zuständige Behörde entwickelt derzeit ein entsprechendes Konzept unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben in Abstimmung mit den Bezirksämtern. Der Zeitpunkt der Fertigstellung steht noch nicht fest. Über eine Befassung der Bürgerschaft wird nach Vorlage des Konzepts entschieden werden.

3. Wie beurteilt der Senat die rechtlichen Bedenken gegen den Einsatz von jugendlichen Alkoholtestkäufern, die unter anderem von der Kinderkommission des Deutschen Bundestages formuliert wurden? Wie möchte der Senat diese Bedenken ausräumen?

Die Kinderschutzkommission des Deutschen Bundestags hat in ihrem Beschluss vom 4. Juni 2008 Testkäufe mit Kindern aus „ethischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Gründen" abgelehnt und ausgeführt, das Kindeswohl erfordere „eine uneingeschränkte Einhaltung der Schutzbestimmungen für Kinder". Dem schließt sich der Senat an und lehnt Testkäufe durch Kinder ab.

Alkoholtestkäufe mit jugendlichen Minderjährigen sind dagegen zulässig, soweit sie von den zuständigen Behörden durchgeführt werden und die jugendlichen Testkäuferinnen und -käufer keine Gelegenheit haben, erlangte alkoholische Getränke zu konsumieren. Zu beachten ist auch, dass die Testkäuferinnen und -käufer das Verkaufspersonal nicht durch erhebliches Drängen oder falsche Angaben zum Gesetzesverstoß verleiten dürfen.

4. Von welcher Dienststelle sollen die jugendlichen Testkäufer betreut werden und inwieweit ist geplant, Akten über die einzelnen jugendlichen Testkäufer zu führen?

5. In welcher Form sollen die minderjährigen Jugendlichen vor, während und nach der Durchführung der Testkäufe pädagogisch begleitet werden?

6. Welche minderjährigen Jugendlichen möchte der Senat als jugendliche Alkoholtestkäufer einsetzen? Wie sollen sie angeworben werden und wie soll ein Auswahlverfahren nach welchen Kriterien ausgestaltet sein?

7. Sollen die jugendlichen Testkäufer für ihren Einsatz entlohnt werden?

Wenn ja, inwiefern?

8. Wie viele Einätze pro jugendlichem Testkäufer über welchen Zeitraum beabsichtigt der Senat jeweils?

Siehe Antwort zu 2. Im Übrigen hat sich der Senat noch nicht mit den Fragen befasst.

9. Welche Alternativen sieht der Senat, um den Jugendschutz effektiv durchzusetzen?

Kontrollen ohne den Einsatz jugendlicher Testkäuferinnen und -käufer sind nach Einschätzung der zuständigen Behörde im Vergleich weniger effektiv, weil bei einem konkreten Verstoß die direkte Abgabe an Kinder oder Jugendliche durch die Gewerbetreibende beziehungsweise den Gewerbetreibenden meist nur schwer nachgewiesen werden kann. Dennoch behalten sich die zuständigen Behörden vor, weiterhin solche Kontrollen insbesondere bei Großveranstaltungen durchzuführen. Darüber hinaus soll weiterhin bei allgemeinen Kontrollen und Begehungen mit Informationen zum Jugendschutz auf das Verantwortungsbewusstsein der im Einzelhandel und der Gastronomie Tätigen eingewirkt werden.

10. Warum hat der Senat seine Pläne hinsichtlich jugendlicher Testkäufer nicht in der entsprechenden Pressemitteilung vom 20.09.2011, in der es um Daten zur Verbreitung des Suchtmittelkonsums und der Situation suchtkranker Menschen in Hamburg ging, dargelegt?

Im Mittelpunkt stand die Bekanntgabe der Daten zur Verbreitung von Suchtmitteln und die Inanspruchnahme des Hilfesystems. Es bestand kein Anlass, in der Presseerklärung auf bestimmte Vorhaben einzugehen.