Wohnhaus

Wohn- und Mietverhältnisse in der Rehhoffstraße 1

Das denkmalwürdige Gebäudeensemble in der Rehhoffstraße 1, Häuser 1 bis 3, im Stadtteil Neustadt ist 1912/1913 errichtet worden. Die darin befindlichen, außerordentlich klein geschnittenen „Wohnungen" ­ im Normalfall umfassen sie einen Raum zwischen 8 und 9 Quadratmetern, je 30 Personen auf der Etage können eine Dusche, eine kleine Küche und drei Toiletten nutzen ­ sind zu einem monatlichen Preis von 152 bis 250 Euro (exklusive der 100 Euro für Nebenkosten) vermietet. Von Beginn an war das Gebäude für Seeleute und Arbeiter/-innen gedacht gewesen, seit Langem wird es als Männerwohnheim genutzt.

Ein grundlegender Wandel trat im Sommer 2009 ein, als der dänische Investor „Core Property Management" das Ensemble erwarb und schnell deutlich machte, die Häuser entmieten und zu teuren Appartements für Singles umbauen zu wollen. Dies scheiterte bisher daran, dass die Anlage durch eine in der Südlichen Neustadt seit 1995 wirksame Soziale Erhaltenssatzung samt Umwandlungsverordnung vor solcherart Eingriffen geschützt ist. Der Versuch, den Komplex aus der Erhaltensverordnung zu entlassen, wurde von der zuständigen Behörde bereits einmal abgelehnt. Die Soziale Erhaltensverordnung ist zuletzt am 9. Dezember 2008 um weitere fünf Jahre verlängert worden, also zunächst bis Ende 2013 in Kraft.

Dennoch halten die Bemühungen des Eigentümers an, das Wohnhaus nach und nach zu entmieten, teilweise offenbar mit recht dubiosen Methoden. Nur noch etwa die Hälfte der Zimmer ist bewohnt, neue Mietverträge werden nicht mehr ausgestellt, die zuletzt vereinbarten sind befristet, Nebenkostenabrechnungen unterbleiben seit etwa einem Jahrzehnt. Viele Mieter/-innen haben Angst, ihr zum Teil seit Jahrzehnten bewohntes Zimmer zu verlieren beziehungsweise aus dem Gebäude herausgemobbt zu werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. In welchen Zusammenhängen haben welche Behörden in den vergangenen Jahren ­ insbesondere seit dem Jahre 2009 ­ mit dem Gebäudeeigentümer und den Mietern/-innen zu tun gehabt?

2. Worum ging es bei den Kontakten und welche Ergebnisse beziehungsweise Vereinbarungen wurden dabei gezeitigt?

Beim zuständigen Bezirksamt ist am 22. Dezember 2009 ein Bauantrag auf Umbau und Umnutzung der Ein-Zimmer-Räume in Ein-Zimmer-, Zwei-Zimmer- und DreiZimmerwohnungen eingereicht worden. Im Zusammenhang damit bestand Kontakt zum Architekten und später auch zum Rechtsanwalt des Grundeigentümers. Bei den Kontakten ging es um Fragen des Genehmigungsverfahrens (Nachforderung von Vorlagen). Am 8. Oktober 2010 ist ein ablehnender Bescheid erteilt worden.

3. Welche etwaigen Untersuchungen zum Zustand des betreffenden Gebäudes sind mit welchen Ergebnissen von wem bisher gegebenenfalls wann durchgeführt worden? Welche weiteren Untersuchungen sind eventuell vorgesehen?

Dem zuständigen Bezirksamt liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

4. Viele Bewohner/-innen leben unter schwierigen sozialen Bedingungen, für einen größeren Teil wird die Miete vonseiten der Sozialbehörde übernommen. Gab es seitens der Behörden angesichts der exorbitant hohen Mieten bisher Überprüfungen ob ihrer Rechtmäßigkeit (Wucher et cetera)?

Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Wenn nein, warum nicht?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu § 5 Wirtschaftsstrafgesetz obliegt dem zuständigen Bezirksamt als Bußgeld verhängende Stelle die Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „Ausnutzung eines geringen Angebots". Das bedeutet, das Bezirksamt muss im Einzelfall beweisen, dass der betroffene Mieter sich in Gesamt-Hamburg ­ und nicht etwa nur in dem in Rede stehenden Stadtteil ­ nicht angemessen mit Wohnraum versorgen kann. Dieser Beweis ist im Einzelfall kaum zu führen.

5. Das Ensemble in der Rehhoffstraße 1 ist als denkmalwürdig eingestuft, eine Unterschutzstellung zumindest angedacht. Wie ist im Moment der Stand der Bemühungen um eine Unterschutzstellung und welche Position bezieht dazu das Denkmalschutzamt?

6. Wovon ist abhängig, ob das Gebäude als denkmalgeschütztes Gebäude eingestuft wird und wann ist mit der Einleitung respektive einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen?

Eine Unterschutzstellung ist derzeit nicht vorgesehen. Denkmalschutz dient dem Erhalt der Gebäude. Dieses Ziel wird auch durch die mit der zuständigen Behörde abgestimmten Planungen erreicht.

Die Unterschutzstellung eines erkannten Denkmals würde vorgenommen, wenn geplante Maßnahmen das Gebäude wesentlich verändern würden.

7. Angesichts der jüngsten Entwicklung in der Freien und Hansestadt Hamburg, eine ganze Reihe von Quartieren durch Soziale Erhaltungsverordnungen samt Umwandlungsverordnungen gegen Abriss, Nutzungsänderungen, Luxusmodernisierungen und Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen zu schützen, stellt sich die Frage, wie perspektivisch mit der Südlichen Neustadt nach dem Auslaufen der bestehenden Erhaltungssatzung im Dezember 2013 umgegangen werden soll. Sind bereits Bemühungen im Gange oder zu erwarten, eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Verordnungen zu erreichen?

Wenn ja, wie sehen diese Bemühungen aus?

Wenn nein, wovon wären entsprechende Schritte abhängig und wann ist mit Aktivitäten in dieser Richtung zu rechnen?

Soziale Erhaltungsverordnungen gelten unbefristet, für eine Aufhebung bedarf es eines entsprechenden Senatsbeschlusses. Umwandlungsverordnungen können laut Baugesetzbuch (BauGB) zunächst für maximal fünf Jahre erlassen werden mit der Option weiterer Verlängerungen der Gültigkeitsdauer, sofern die Notwendigkeit dazu nachgewiesen wird.

In Hamburg ist seit 1998 eine Umwandlungsverordnung in Kraft, die für alle beschlossenen Hamburger Sozialen Erhaltungsverordnungsgebiete gilt. Sie wurde bisher dreimal verlängert, zuletzt 2008 für weitere fünf Jahre. Da der Senat über eine erneute

Verlängerung der Umwandlungsverordnung Ende 2013 entscheiden muss, wird aus diesem Anlass die zuständige Behörde im Jahr 2013 eine Erfolgskontrolle des Gesamtinstrumentariums ­ Soziale Erhaltungsverordnung Südliche Neustadt und Umwandlungsverordnung ­ durchführen.

8. Welche Auswirkungen hatten die seit 1995 in Folge gültigen Erhaltungsbeziehungsweise Umwandlungsverordnungen für die Südliche Neustadt bis heute?

Die im Jahr 2008 von der zuständigen Behörde durchgeführte Evaluation hat in der Südlichen Neustadt weiterhin eine dem Hamburger Durchschnitt entsprechende intakte, ausgewogene und vielfältige Bewohnerstruktur nachgewiesen, die aus städtebaulichen Gründen als erhaltenswert anzusehen ist. Sie hat sich unter Gültigkeit der Sozialen Erhaltungsverordnung bis 2008 weiter stabilisiert, bei gestiegener Wohndauer und rückläufiger Fluktuation. Durchgreifende bauliche Veränderungen in Richtung Luxusmodernisierung, sowie Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen in Kombination mit Umbauten, konnten trotz des auf dem Gebiet lastenden Verdrängungsdrucks größtenteils abgewendet werden.

9. Ist dem Senat bekannt, ob die Immobilienfirma „Core Property Management" mit weiteren Objekten in der Südlichen Neustadt oder in anderen Quartieren Hamburgs vertreten ist?

Wenn ja, wo und mit wie vielen Wohn- beziehungsweise Gewerbeeinheiten?

Das Ledigenheim Rehhoffstraße 1 ist Teil eines Baublocks, der vollständig im Besitz der Firma Core German Residential II Hamburg APS & Co. KG ist und von den Straßen Rehhoffstraße, Herrengraben und Paßmannstraße umschlossen wird. Weitergehende Informationen liegen der zuständigen Behörde nicht vor.

10. Im Rahmen einer gültigen Sozialen Erhaltungsverordnung könnte § 24 Absatz 1 Nummer 4 BauGB (Allgemeines Vorkaufsrecht durch die Stadt) in Anwendung gebracht werden, um das Walten und Schalten von Spekulanten zu beschränken. Hat der Senat im Falle der Rehhoffstraße 1 die Möglichkeit des Vorkaufsrechts erwogen?

Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Wenn nein, warum nicht?

11. Hat es seitens des Senats bisher Bemühungen gegeben, die Möglichkeit einer Anwendung von § 27 Absatz 1 BauGB (Abwendung des Vorkaufsrechts) zu prüfen?

Wenn ja, wie sahen diese Bemühungen mit Blick auf das Objekt in der Rehhoffstraße 1 aus und welche Ergebnisse wurden dabei erzielt?

Wenn nein, warum nicht?

Die zuständige Behörde hat den Kaufvertrag im Mai 2009 hinsichtlich des Vorkaufsrechts geprüft. Nach der Ausweisung im Baustufenplan (W4) stand der Stadt kein Vorkaufsrecht nach dem BauGB zu. Aus dem Vertrag war keine geplante Änderung/Umgestaltung, das heißt Umbau, Ausbau, Erweiterung und/oder Nutzungsänderung der baulichen Anlage gemäß § 172 Absatz 1 BauGB ersichtlich.

Die Umbaupläne wurden vom Eigentümer im Dezember 2009 beim Bezirksamt Hamburg-Mitte eingereicht und im Übrigen von dort unter Verweis auf die soziale Erhaltungsverordnung abgelehnt.

12. Hat es Versuche seitens der Behörden gegeben, die frei stehenden Zimmer in der Rehhoffstraße 1 im Rahmen des Winternotprogramms anzumieten?

Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Nein.

13. Gab oder gibt es seitens der Behörden Überlegungen oder auch Initiativen, die vom Rausmobben und der Verdrängung in der Rehhoffstraße 1 bedrohten Bewohner/-innen zu unterstützen beziehungsweise zu beraten?

Wenn ja, was ist in diesem Zusammenhang bisher konkret passiert?

Wenn nein, warum nicht?

Ein Einschreiten wegen unerlaubten Leerstands nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz ist nicht möglich, da das Gesetz nicht auf Wohnheime anwendbar ist.